Ich weiß nicht ob ich das richtig verstehe, aber meinst Du damit das negative Gedankenkarussel zu unterbinden?
Ich habe viele Jahre meine Gefühle zu ernst genommen. Ja, Gefühle sind wichtig und manchmal hilfreich, aber zuweilen können sie auch ganz schön nerven, vor allem wenn sie gerade dann "auftauchen", wenn dafür eigentlich nicht die richtige Zeit ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man genau aus diesem Grund seine Gefühle nicht zu ernst nehmen sollte und muss. Sie sind keine "Offenbarung" und kein "Geschenk des Himmel" und erst recht keine unabwendbare Katastrophe. Sie sind ein Produkt Deines Verstandes und als solches kannst Du auch damit aufhören, diese Gedanken zu denken.
Ja, das ist am Anfang nicht so einfach. Aber wenn Du z.B. an einen süßen Hund denkst, der voller Wiedersehensfreude auf Dich zu rennt, dann sind Deine "anderen" Gefühle erst einmal etwas mehr "Nebensache". Es geht nicht um Manipulation, Du sollst Dich nicht "austricksen", denn das wäre irgendwie lächerlich. Deine Gefühle sind das Ergebnis Deiner Gedanken. Es gibt Erinnerungen, Gerüche, Bilder, die mich an sehr traurige, verstörende oder ängstigende Episoden meines Lebens erinnern. Mit diesen Erinnerungen sind Gefühle "abgespeichert", die immer und immer wieder abrufbar sind. Es ist, als ob man sich immer wieder in dasselbe Schwert stürzt, mit dem selben Ergebnis. Wozu sollte man das tun?
Wenn Deine aktuellen Gefühle keine medizinischen Ursachen haben, die Du überprüfen solltest, dann sind sie nach meiner Erfahrung ein Hinweis auf etwas, das Du nicht wahrhaben oder nie mehr erleben möchtest. Dummerweise muss aber genau dies passieren. Du musst sich noch einmal "durchleben", damit Du heute eine bessere Entscheidung treffen kannst, als sie zu verdrängen. Auch in meinem "Fall" war eine der Ursachen eine unglaubliche Wut auf meinen Vater, die mich "dumpf" werden ließ. Mein Vater war bei einem Unfall verstorben, als ich noch jung war und dies veränderte alles. Ich war auf der einen Seite unglaublich traurig, aber auch sehr wütend, dass er sich so "davon gemacht" hatte. Aber diese Wut konnte ich nicht zulassen, nie in Worte fassen. So sperrte sich in mir alles, was nach "Abschied", nach "Ende" roch und ich war immer wütend. Meine Wut auf ihn zuzulassen riss mich fast um. Ich bin noch immer ein wenig wütend, aber ich bin auch dankbar und konnte lernen mit meiner Trauer zu leben.
Wenn für Dich die Ursache Deiner aktuellen Angst und Deiner Trauer nicht greifbar sind, dann rate einfach. Was ist das erste, was Dir gerade einfällt? Oft ist das der erste Schritt, dem weitere folgen können.
Warum sollte man Angst vor der Angst haben? Mit Medikamenten in dieser Richtung bin ich vorsichtig. Ja, sie "normalisieren" das eigene Erleben, wenn man die richtige Medikation "erwischt", aber sie erschweren es einem auch, die Ursachen zu finden. Ich bin kein Mediziner, aber mit Gefühlen kenne ich mich etwas aus. Ich kann und will Dir nicht sagen, was "richtig" ist, denn mein "richtig" kann bei Dir "falsch" sein und umgekehrt. Aber wenn Du anfängst, Dir selbst Schritt für Schritt zu vertrauen, wirst Du DEINEN Weg finden damit umzugehen und das ist der einzige, der funktioniert.
Angst ist kein Krebsgeschwür, ist kein "Ding", das es zu bekämpfen gilt. Sie ist nur ein Gefühl, mehr nicht.
Lass Dir Zeit, denn es eilt nicht, Du kannst nichts verpassen auf diesem Weg. Du hast alles in Dir, was Du brauchst um "voranzukommen" und das einzige Ziel, das es in diesem Fall gibt, bist Du selbst. Es ist eine Reise zu Dir, während derer Du sehen und erleben kannst, was Dich ausmacht. Ja, das ist manchmal zum fürchten und es ist traurig, denn Du hast viel durch machen müssen. Aber es ist kein reißender Fluß, der Dich umbringen kann, das bist einfach nur Du.
"Ganz" zu werden ist immer wieder ein schmerzhafter Prozess. Ich finde es ähnlich einer Planetenentstehung. Es braucht "Einschläge", eine kritische Maße, die alles beschleunigt. Diese kritische Maße der Schwerkraft hast Du gerade erreicht. Deine abgespaltenen "Anteile" werden angezogen und zu Dir zurück geholt und das "kracht" etwas. Du bist eine eigene Welt. So machen das Welten seit Urzeiten. So entsteht die Basis für ein eigenes Leben. Dabei ist irgendwie nichts "unnötig". Hab Vertrauen in Dich. Verzeih mir mein dramatisches Bild, vielleicht kannst Du damit nichts anfangen. Für mich war diese Phase damals sehr dramatisch und ich habe mich mit Händen und Füßen gewehrt. Heute muss ich ein wenig darüber lächeln, aber zum Lachen war es nicht.
Deine "Schwerkraft" ist Dein Selbstvertrauen. Es wird wachsen. Nicht weil es dazu Magie und irgendwelche "Mächte" braucht, oder gar Geheimwissen. Einfach, weil es so sein wird.