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Verlustängste trotz Verlobung

Elisabet

Mitglied
Ach, ich hab einfach vier beschissene Jahre hinter mir, in denen ich nichts, aber auch gar nichts an Ärger ausgelassen habe. Und seit ich meinen Partner kenne, hatte ich zum ersten Mal, seit ich damals abgehauen bin, das Gefühl, dass es wieder bergauf gehen kann. Ich kam damals, wie er, gerade aus einer Beziehung, bei der das nie so gewesen war, und das, obwohl es da weitaus weniger Schwierigkeiten, Probleme und Katastrophen gegeben hatte. Abgesehen davon, dass mein Exfreund die meiste Zeit unserer Beziehung in einer Entzugsklinik verbracht hat.
Na ja, und dann hab ich den Chris kennen gelernt und zum ersten Mal gedacht, ich will noch was vom Leben. Ich will nochmal Karriere machen und heiraten und vielleicht überdenke ich sogar meine Entscheidung mit den Kindern nochmal. Er kann mir das Gefühl geben, dass das alles möglich ist und dass keine Chance zu klein oder zu groß ist, um für sie zu kämpfen und sie anzunehmen. Und weil er das kann, bin ich fest davon überzeugt, dass er kein Betrüger ist, der auf mein nicht vorhandenes Geld oder meinen nicht wirklich attraktiven Körper aus ist. Oder weshalb das restliche Forum auch denkt, dass er "lügt, dass sich die Balken biegen". Denn eine Lüge schafft auch immer Distanz. Und diese Distanz kann ich schon seit langem nicht mehr fühlen.
Deshalb habe ich mich auch so aufgeregt, als das Gerede nicht aufhörte. Er ist der Grund, warum ich nicht gleich wieder irgendwo runtergesprungen bin oder irgendwas genommen habe. Der Grund dafür, dass ich wieder aufgestanden bin und gesagt habe: "Ich will aber trotzdem studieren. Und zwar was mit Latein, weil ich Latein einfach liebe. Scheiß auf Chemie. Ich schäme mich nicht mehr, ein Nerd zu sein!" Und ich finde es nicht fair, dass so jemand hier derartig auseinandergenommen wird. Ich beurteile ihn danach, was er jetzt tut und wie er mit mir und seinen anderen Mitmenschen umgeht - und das, was ich sehe, ist ein Phänomen. Es ist mir, offen gestanden, egal, ob er in Afghanistan war oder nicht und wofür er sein Geld ausgegeben hat. Ich muss dem nicht hinterherlaufen, auch wenn ich das getan habe. Denn das ändert nichts an dem Menschen, den ich kennen und lieben gelernt habe. Und ich bin stolz darauf, die Frau an seiner Seite sein zu dürfen.
Zurück zur letzten Frage. Stimmt, ich bin nicht mit allen von denen gut klargekommen. Eigentlich habe ich nur eine Verhaltenstherapeutin gehabt, mit der das was hätte werden können, aber sie kam zu spät. Damals ging es mir schon so schlecht, dass ich die Entscheidung längst getroffen hatte, Suizid zu begehen und sie konnte nichts mehr tun. Nach meinem Klinikaufenthalt bin ich umgezogen und habe jetzt einen Tiefenpsychologen und einen Psychiater, aber so richtig geholfen hat mir noch keiner von denen.
Ich habe die meisten Therapieformen ausprobiert, die geläufig sind. Und wie gesagt, ich habe eher das Gefühl, dass das alles noch schlimmer wird. Zumindest jetzt gerade, aber ich habe ja auch schon erwähnt, so beschissen ging es mir schon lange nicht mehr.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Die Geschichte mit dem Vater ist jetzt neu hinzugekommen. Meine Anschlussfrage ist daher: Wie sehr - oder wie wenig - haben sich Deine Eltern bemüht, Dich zu fördern, Dein Selbstbewusstsein zu stärken? Wäre es richtig zu sagen, dass Du Dich vorwiegend als die geliebte Tochter Deiner Eltern gefühlt hast?
 

Elisabet

Mitglied
Ich glaube, meine Eltern haben ihr Bestes getan. Hat aber nicht gereicht. In der Ehe, die meine Eltern geführt haben, war für uns Kinder kein Platz. Meinen Vater hätte ich gern mal als Vater gehabt, nicht nur als Ehemann oder Dealer meiner Mutter. Problematisch daran war aber weniger das, was mein Vater mit seinem Doktortitel in Medizin und der damit verbundenen Macht angestellt hat, das hat erst angefangen, mich zu belasten, als ich ins Teenageralter kam. Problematisch war eher meine Beziehung zu meiner Mutter, weil ich immer ihr Spiegelbild sein musste. Aber sie konnte sich selbst nie besonders gut leiden, und so hat sie auch das meiste an mir gestört. Und einerseits will ich nicht sein wie sie, andererseits gefalle ich mir aber auch nicht so, wie ich bin und fühle mich noch zusätzlich schuldig, weil ich meine Mutter nie zufrieden stellen konnte. Deshalb habe ich auch den klassischen Vaterkomplex.
Also, es ist nie um mich gegangen und das tut es heute auch nicht. Meine Eltern wohnen inzwischen in Oslo, mein Vater verdient ein Schweinegeld, die machen immer noch ihre geliebten Luxusreisen, und zwar mehrfach im Jahr, und wenn ich sage: "Papa, ich kann den Semesterbeitrag nicht bezahlen, weil ich noch irgendwas essen muss", kommt nur: "Geh arbeiten. Das tut dir gut."
Sicher, es gibt immer zwei Seiten, und ich war auch nicht immer eine gute und vorbildliche Tochter. Aber es ist ja nicht so, als könnten sie nicht... und ich hab nun keinen kalt gemacht oder so, und hab auch nur ein Studium hingeschmissen und nicht mehrere... Eigentlich gibt es keinen triftigen Grund, mich so gar nicht zu unterstützen. Wegen gesetzlich verpflichtet und so.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Nach meinem Empfinden ist Dein Selbstbewusstsein durch Deine Erlebnisse mit Deinen Eltern empfindlich gestört. Ich habe den Eindruck, Du hast von Dir eine schlechte Meinung, weil Deine Mutter von sich selbst und dann auch von Dir eine schlechte Meinung hatte.

Mit anderen Worten: Du hast das Verhalten bzw. die Einstellung Deiner Mutter Dir gegenüber übernommen.

Kannst Du dem zustimmen?
 

Elisabet

Mitglied
Ich würde dem zumindest nicht widersprechen.
Wie ich vielleicht erwähnt habe, bin ich es leid, das alles immer wieder aufzurollen, ich habe mich damit abgefunden, dass ich nichts mehr daran ändern kann und auch niemals die Anerkennung und Zuwendung meiner Eltern bekommen werde. Natürlich muss noch ein bisschen mehr passieren als das, um einen echt an den Rand des Wahnsinns zu treiben (oder darüber hinaus), aber ich denke, damit hat es angefangen.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Ich würde dem zumindest nicht widersprechen.
Wie ich vielleicht erwähnt habe, bin ich es leid, das alles immer wieder aufzurollen, ich habe mich damit abgefunden, dass ich nichts mehr daran ändern kann und auch niemals die Anerkennung und Zuwendung meiner Eltern bekommen werde. Natürlich muss noch ein bisschen mehr passieren als das, um einen echt an den Rand des Wahnsinns zu treiben (oder darüber hinaus), aber ich denke, damit hat es angefangen.

Für mich wird langsam ein Schuh daraus. Aus meiner Sicht hast Du die abwertende und das Selbstbewusstsein zerstörende Denken Deiner Mutter übernommen. Und wenn wir jetzt zu Deinen Verlustängsten kommen, dann ist die "Mutter in Dir" schuld. Du siehst die Beziehung zu Deinem Freund hinsichtlich Deines Wertes durch die Brille Deiner Mutter.

Sie sagt Dir, dass Du nichts taugst und niemand etwas mit Dir zu tun haben will. Daher ist es völlig verständlich für mich, dass Du Angst hast, dass Dein Freund Dich verlassen könnte.

Ich vermute, dass Deine Verlustängste verschwinden, sobald es Dir gelingt, die Brille Deiner Mutter abzusetzen.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Es stellst sich nur die Frage, wie Du es anstellen kannst, die Brille Deiner Mutter abzulegen.

Ich würde an Deiner Stelle gedanklich so weit wie möglich zurückgehen in Deinen Erlebnissen mit Deiner Mutter und möglichst jedes Ereignis aufschreiben, zumindest mir vor Augen halten, was Deine Mutter in dieser oder in jener Situation abwertend zu sich selbst oder zu Dir gesagt hat.

Und dann sei der Psychotherapeut Deiner "gedachten" Mutter. Widersprich ihr. Zeige ihr mit lieben aber in jedem Fall mit energischen Worten auf, dass sie eine falsche Einstellung zu sich und zu der Tochter hat.

Erkläre ihr, warum ihre Einstellung so abgrundtief falsch ist. Malte Deine Mutter ein negatives Bild - so halte ihr jetzt deutlich ein positives Bild vor Augen. Und das tue bitte so oft - bis Deine "innere Mutter" begriffen hat, dass sie selbst wertvoll ist und ihre Tochter in jedem Fall auch.

Kannst Du der "Mutter in Dir" diese Erklärungen überzeugend und energisch geben? Traust Du Dir das zu?
 

Elisabet

Mitglied
Vielen Dank für deine Worte.
Ich weiß es nicht. Ich meine, wenn ich mich selbst würde vö**** wollen, hätte ich vorhin auch nicht abhauen müssen. Und hätte jetzt auch keinen Ärger am Hals. Und wenn ich einen Grund kennen würde, mich zu heiraten, würde ich mir auch nicht immer die Frage stellen, ob mein Freund einen Fehler macht oder nicht.
Ich muss überhaupt erstmal ein paar Gründe finden, weshalb meine Mutter Unrecht gehabt haben könnte.
Alles, was sie über mich gesagt hat, war ja wahr. Ich war damals übergewichtig, ich habe rote Haare und vorstehende Eckzähne, natürlich will mich keiner haben.
Abgesehen von einem passablen Abitur und einem abgebrochenen Pharmaziestudium bringe ich nichts mit. Sie hat ja leider Recht gehabt. Und ich stehe jeden Morgen auf, schaue in den Spiegel und kämpfe gegen diese Gedanken an, um den Jugendlichen in der Schule, in der ich arbeite, gewachsen zu sein. Aber ich finde keinen Grund dafür, dass diese Gedanken gar nicht berechtigt sind.
 

kraeiouss

Aktives Mitglied
"Studienfachwechsel
Das Kind darf sich bei seiner Berufswahl irren und folglich sein Studienfach wechseln. Das hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 14.03.2001, Az.: XII ZR 81/99 entschieden. Jeder junge Mensch kann sich über seine Fähigkeiten täuschen oder falsche Vorstellungen vom gewählten Beruf haben.
Ein Studienfachwechsel ist aber grundsätzlich nur in den ersten beiden Semestern bzw. im Grundstudium möglich."


Trifft das bei dir zu, müssen deine Eltern dich weiterhin im neuen Studium unterstützen.

Du reflektierst deine Kindheit auf deinen aktuellen Lebensstand. Vielleicht probierst du diese vergangenen Gedanken für eine Zeit ruhen zu lassen, und erstmals an dich zu denken. Sicherlich ist es schwer, die 17 Jahre deiner Kindheit zu verkraften, allerdings wurdest du in deiner Kindheit (falsch?!) "geformt". Nehme dein Leben mit all deinen Rechten und Pflichten nun selbst in die Hand, unter Zuhilfenahme aller Menschen, die dich auf deinem Lebensweg positiv begleiten wollen.

Dein Freund tut dir gut; nimm es doch an solange du es annehmen willst. Dass du sagst, du hättest ihn nicht verdient, ist Unfug. Dieses Empfinden liegt m.E. an deinem derzeitigen geringen Selbstwertgefühl, das nicht sein muss.
Ähnliche Gedanken betr. meiner Beziehung hatte ich früher ebenso. Doch nach einiger Zeit verschwanden sie und wir lebten lange Zeit in einer Beziehung glücklich. Bis heute pflegen wir einen freundschaftlichen und vertrauensvollen Kontakt.

Mach' dich nicht kleiner als es je ein Mensch sein kann und denke in allen Lebenslagen Stück für Stück größer.

In deinem Alter zu heiraten ist sehr früh. Man heiratet in erster Linie aus überzeugter Liebe und nicht, wie ich aus deinen Beiträgen lese, aus Dankbarkeit. Du kannst ihn auch noch nach Beendigung deines Studiums/ deiner Asubildung heiraten, oder auch einige Jahrzehnte und auch länger mit ihm gemeinsam ohne Heirat zusammenleben.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Ich muss überhaupt erstmal ein paar Gründe finden, weshalb meine Mutter Unrecht gehabt haben könnte.
Alles, was sie über mich gesagt hat, war ja wahr. Ich war damals übergewichtig, ich habe rote Haare und vorstehende Eckzähne, natürlich will mich keiner haben.
Abgesehen von einem passablen Abitur und einem abgebrochenen Pharmaziestudium bringe ich nichts mit. Sie hat ja leider Recht gehabt. Und ich stehe jeden Morgen auf, schaue in den Spiegel und kämpfe gegen diese Gedanken an, um den Jugendlichen in der Schule, in der ich arbeite, gewachsen zu sein. Aber ich finde keinen Grund dafür, dass diese Gedanken gar nicht berechtigt sind.
Liebe Elisabet,
aus dem fett markierten Satz folgere ich, dass Du anscheinend die Aussagen Deiner Mutter nie hinterfragt hast.
Genau deshalb - finde ich - ist Deine Aufgabenstellung "ich muss überhaupt erstmal ein paar Gründe finden, warum..." völlig richtig. Ja, bitte mache das.

Meine Empfehlung: Die schlimmsten und schädlichsten Lügen sind oft die, die auch einen Kern Wahrheit beinhalten.
Dass Du damals übergewichtig warst und vorstehende Eckzähne hattest, dürfte der Wahrheit entsprechen. Dass Du deswegen wertlos warst oder nur einen geringen Wert hattest, ist in meinen Augen eine Lüge.

Richtig und wahr wären hingegen sind für mich folgende vorstellbaren Aussagen Deiner Mutter:
"Du bist meine Tochter. Du bist unattraktiv. Deswegen - oder generell - liebe ich Dich nicht und betrachte Dich als wertlos."

Meine Antwort als Tochter wäre heute: "Niemand, Mutter, kann Dir befehlen, mich zu lieben oder als wertvoll zu betrachten. Wenn man einem Kleinkind einen Autoschlüssel in die Hand drückt, so wird es im besten Fall das Auto starten, jedoch nie vernünftig damit fahren können. So wie ich das sehe, Mutter, warst Du nie reif für die Liebe einer Mutter. Eigentlich hättest Du es nicht verdient, mich als Tochter zu haben. Du bist mit mir falsch umgegangen und hast Deine Grundpflichten als Mutter, Liebe und Anerkennung zu geben, sträflich versäumt. Du warst - und bist bis heute - nicht reif für die Aufgabe einer Mutter. Und leider hast Du mir einen Vater gegeben, der auch nicht viel besser ist."

Mir ist nicht langweilig. Ich schreibe hier, weil ich davon überzeugt bin, liebe Elisabet, dass Du ein sehr liebenswerter und wertvoller Mensch bist. Deswegen gebe ich mir die Mühe Dir zu schreiben, weil ich von Deinem Wert überzeugt bin.

LG, Nordrheiner
 
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