AW: Vergewaltigung Wie lebe ich weiter?
@SophieA._.
Es ist nicht nachvollziehbar, wie Menschen Äußerungen tätigen können, wie es Deine "Freundinnen" zum Teil gemacht haben. Die Beweggründe für derartige Äußerungen können vielfältig sein, sind aber in Bezug auf Deine Person abolut unwichtig. Die Äußerungen tun Dir nicht gut, so hoffe ich, dass Du diese Menschen meiden kannst.
Es ist absolut richtig, dass keiner das Recht hat, Dir soetwas anzutun. Schuld kann Dich somit nicht treffen, die Schuld liegt allein beim Täter. So spielt also keine Rolle, was Du an hattest oder...oder.... oder, dass Du Dich scheinbar - und ich betone scheinbar - nicht doll gewehrt hast.
Du schreibst:" Man ist einfach so schockiert und voller Angst dass man nichtmal klar denken kann.. physisch sowieso schon unterlegen.. und nach seiner Zeit gab ich es auch auf mich zu wehren und lag regungslos da." Dies kann ich aboslut nachvollziehen, obwohl ich männlich, 55 Jahre alt, nie erleben musste, was Dir angetan wurde.
Ich habe allerdings eine andere Gewalttat durchstehen müssen. Ich wurde angeschossen und kenne daher, was Du beschreibst. In einem Schriftsatz an eine Behörde schrieb ich: “Als er wie im Punkt drei beschrieben auf mich zielte und ich in dem Moment ein Schuss erwartete, erstarrte ich zu einem Stein, keiner Reaktion mehr fähig, was gefühlte Stunden füllte. Ich fühlte mich leer und weiß bis heute nicht, ob dieses Gefühl die Art von Leere widerspiegelt, die man in sich hat, wenn man mit seinem Leben abgeschlossen hat. Ein paar Sätze später schrieb ich: Mein Lebenserhaltungstrip ist darauf nicht geeicht. ( gemeint ist die Notwehr) ."
Warum zitiere ich dies hier für Dich? Auch ich war in einer Situation, in der ich nicht mehr klar denken konnte. Ich hoffe, Dir damit zeigen zu können, dass auch Deine Reaktion auf den Angriff gegen Deine körperliche Unverzehrtheit verständlich ist. Sie ist in unserem limbischen System verankert, welches in uns seit Urzeiten existiert.
Ich würde den Menschen, die dies nicht verstehen und Dich mit Schuldfragen konfrontieren und dumme Antworten geben am liebsten den Kopf waschen, erstrecht da Du noch so jung bist.... aber das ist nun auch nicht wichtig. Wichtig ist vielmehr, Deine eigentliche Frage, wie lebst Du danach weiter?
Diese Frage kann ich natürlich nicht für Dich beantworten. Ich kann Dir aber sagen, wie ich versuche, mit der Tat, die ich erlebte umzugehen. Ich versuche die von mir erlebte Tat als ein Teil meiner Vergangenheit zu akzeptieren und mich wieder dem Menschen anzunähern, der ich vorher war. Ich war offen, fröhlich, auch fremden Menschen gegenüber zugewandt. Heute bin ich eher zurückgezogen und eingeigelt und vermeide bestimmte Situationen. Meine Psychotherapie soll mir dabei helfen, wieder mein altes Ich zu erreichen. Bereits vor der Tat war ich ein Mensch, der in jedem Negativen auch Positives suchte und fand. An jedem schweren Schicksal kann man wachsen . auch wenn dies nun abgedroschen klingt. Ich möchte es gerade auch nach der Tat wieder so sehen können, denn mein Täter konnte nicht erreichen, dass meine Seele sich ändert.
Diese Seele ist der Kern von mir, der egal, was ich erlebe, unzerstörbar ist. Der Täter hat nur den Schlüssel zu meiner Seele etwas verbuddeln können, was aufgrund der für mich unerwarteteten und hilflosen Lage geschehen konnte. Ich werde diese, meine Seele, wieder freibuddeln.
Ich glaube, Du besitzt ebenso einen Kern in Dir, der unzerstörbar ist und ich hoffe für Dich, Du mögest diesen bald wieder freischaufeln können. Ich drücke Dir die Daumen, dass dies bald geschehen wird.
Mit Verständnis und Anteilnahme, KBS