Mich überkommt ein großes Schaudern, und ich bekenne zudem, auch große Angst, wenn ich das erneute Aufwärmen dieser Diskussion verfolge. Für mich sieht es so aus, als stünden hinter dem Thema mächtige Interessen. Dabei geht es gar nicht so sehr um ein paar obskure Vereine, die sich mit fragwürdigen Motiven die Sterbehilfe auf die Fahne geschrieben haben.
Wir werden, was zunächst ja positiv ist, heutzutage deutlich älter, als noch die Generation unserer Großeltern. Mit dem zunehmenden Alter stellen sich aber eben auch zunehmend Krankheiten ein, die behandelt werden müssen. Das kostet Geld.
Unsere Alterspyramide steht inzwischen fast auf dem Kopf und eine immer kleiner werdende Generation aktiv Beschäftigter muss die Gelder für eine zunehmende Senioren-Generation aufbringen. Alles bekannt.
Ich erwähne nur nebenbei, dass die Bundesrepublik immer noch und reichlich Geld in militärische Aktionen steckt, in Aktionen, deren Erfolg man als fragwürdig bezeichnen kann. Stichwort: Afghanistan.
Die festen Familienstrukturen zerfallen seit Jahrzehnten, und Familien, in denen mehrere Generationen unter einem Dach leben, werden zur Seltenheit.
Da landen Oma und Opa dann im Altersheim, deren es mehr und mehr gibt, während Schulen wegen Mangels an jungen Menschen geschlossen werden müssen. Mit Altersheimen, Seniorenresidenzen (welch ein Wort) aber lässt sich Geld machen, ganz viel Geld. Mit den Einen verdienen sich Wohlfahrtsverbände eine goldene Nase, mit den Anderen private Investoren.
Hier ernten viele Zeitgenossen auch, was sie selbst gesät haben. Ich erinnere mich einer früheren Kollegin, die mir bei meinem dritten Kind ziemlich unverblümt vorhielt, sie sei ledig, und sie zahle mit ihren Steuern meine Kinder.
Jetzt sinnt man angesichts der Lage auf Abhilfe und dabei fragt man weder danach, was Caritas- und Diakonie-Direktoren verdienen, wie Knete sich Verbände, auch Kirchen in die Taschen stecken, sondern man spart zunächst beim Personal und spart an den personellen und materiellen Zuwendungen für Patienten und Heimbewohner.
Da liegt der Gedanke, je früher ein Patient, ein Heimbewohner geht, was nichts Anderes heißt, als dass er stirbt, doch nahe. Ist ein Bewohner dann noch krank, leidet auch, schleicht sich der Gedanke der Erlösung in die Argumentation.
Das hatten wir schon. Plötzlich ist von "Sterben-Dürfen" die Rede, als handele es sich um ein Geschenk. Ich bin nicht so naiv, um nicht zu wissen, dass es schreckliche Krankheiten gibt, die keine Heilung finden. Aber es sträubt sich mein ganzes Bewusstsein, dass es da Menschen gibt, die entscheiden, wann ein Leben beendet werden kann und wann nicht.
Als Christ sage ich, das dies Sache Gottes ist, nicht die der Menschen. Als Bürger reklamiere ich das Recht auf Leben als das höchste Gut, dass der Staat zu schützen hat. Und da darf niemand ein Leben als Ergebnis einer Kosten-Nutzen-Analyse beenden.
Das ist nicht nur grausam, sondern es greift die Fundamente unseres Wertesystems auf breiter Front an. Es ist zudem ein Hohn, und es zeigt weit sich die Perversion des Denkens schon entwickelt hat, dass man Menschen, die sich einsam fühlen und alleine, diesen Zustand durch die Injektion ersparen will.
Wo sind wir gelandet?
Ich sprach meine religiöse Bindung an, und auf diesem Hintergrund hat mich das öffentliche Engagement des ehemaligen Chef-Protestanten Gisbert Schneider zutiefst irritiert, hat er doch die Tür für den assistierten Suizid meterweit aufgestoßen, ob er das wollte oder nicht.
Ich wage in diesem Zusammenhang die These, dass da gezielt getestet wurde, wie weit man gehen kann, wie weit die Menschen sich dem Anliegen des assistierten Suizids öffnen.
Ja, ich habe Angst, habe Angst, dass auf dem Hintergrund meiner diversen gesundheitlichen Probleme, da irgendwann und irgendwer die Kostenfrage zum alleinigen Kriterium über mein Leben machen könnte, und deshalb sage ich:
"Wehret den Anfängen!"
Burbacher