Im Mittelalter hatte man die Vorstellung bzw. Theorie, dass z.B. nicht getaufte Menschen - die Taufe war ein erforderliches Zeugnis des Glaubens an Jesus und den Herrn und somit notwendig zur Erlösung von der Erbsünde, die Jesus für uns auf sich genommen hat - nach dem Tod in den s.g. "Limbus" übergehen.
Diese Theorie betraf v.a. Menschen, die vor dem Tod Jesu bereits verstorben waren (Limbus Patrum) und vor, während oder kurz nach der Geburt verstorbene Kinder (Limbus Infantium).
Es gab die Vorstellung, dass diese Personen, weil sie nicht durch eigenes Verschulden keine Taufe erhalten hatten, deshalb zwar nicht zu Gott ins Paradies eingehen können in die Glückseligkeit, aber im s.g. Limbus über der Hölle eben auch nicht körperlich leiden müssen. Andere Vorstellungen gingen von einer "natürlichen Glückseligkeit" aus. Es gab auch die Überlegung, ob die Seelen nicht vielleicht psychisch leiden, weil sie eben im Limbus nicht bei Gott sein können.
Ein aktuelles Verständnis verneint aber solche Vorstellungen; in der Bibel finden sie sich auch nicht. Es waren nur (weithin anerkannte) Theorien damaliger Theologen, z.B. von Thomas von Aquin oder dem wichtigen Kirchenvater Augustinus von Hippo.
Dante hat den Limbus Patrum in seiner "Göttlichen Komödie" verarbeitet - vor dem Eingang zur Hölle trifft er auf eine ganze Reihe an Dichtern, römischen/trojanischen Figuren, Philosophen und Theoretikern, die sich im s.g. Limbus, in der "Vorhölle" befinden, z.B.:
"Als ich die Brauen hob ein wenig höher, sah ich den Meister derer, die da wissen (gemeint ist Aristoteles), in einem Kreis von Philosophen sitzen. Alle bewundern ihn, es ehrt ihn ein jeder. Dort konnte ich Sokrates und Plato sehen, wie sie ihm vor allen anderen nahestanden. Demokritus, für den die Welt ein Zufall, Diogenes, Anaxagoras und Thales, Empedokles und Heraklit und Zeno. Ich sah den, der die Eigenschaften kennt, ich meine Dioskurides und Orpheus, und Tullius (gemeint ist Cicero), Linus, Seneca den Weisen, Euklid, den Geometer, Ptolemäus, Hippokrates, Galen und Avicenna, Averroes, den grossen Kommentator."
Ist meine Lieblingsstelle von Dante - fasst im Endeffekt die gesamte Grundlage der Philosophiegeschichte des Spätmittelalters und der Renaissance zusammen.