Ich bin ein bisschen late to the party, aber ich hab den Beitrag erst jetzt gelesen und will jetzt doch noch meinen Kommentar dazu abgeben.
Hast du mal Alice Miller gelesen? "Am Anfang war Erziehung"? Das kann ich dir hierzu empfehlen.
Misshandlung durch die Eltern oder sehr frühe Bezugspersonen ist die Misshandlung, die am einschneidensten wirkt. Weil man oft gar nicht erkennen kann oder will, dass es sich um Misshandlung handelt. Ein Kind ist von diesen frühen Bezugspersonen abhängig, sein Leben hängt von ihnen ab. Es MUSS sie lieben, es MUSS ihnen vertrauen. Wenn diese etwas tun, was nicht liebens- oder vertrauenswürdig ist, kann das Kind nicht denken: "Aha, meine Eltern lieben mich nicht, die haben psychisch ne Macke und misshandeln mich". Zum einen hat ein Kind keinen Maßstab dafür und hält das, was ihm in der Kindheit passiert für die Normalität.
Zum anderen ist es einfach lebengefährlich für ein Kind, von den Eltern nicht geliebt zu werden. Das "denkt" (nicht bewusst natürlich, dafür ist es viel zu jung, das ist eher instinktmäßig): Ich hab wohl was falsch gemacht, ich muss mich nur richtig verhalten.
Diese Misshandlungen sitzen sehr tief. Es fällt auch späterhin viel schwerer, einzugestehen, dass jemand, eine so wichtige Bezugsperson v.a., einfach grundlos bösartig war zu einem, einen grundlos gequält hat und nicht "weil man es verdient hat". Je näher die Person einem steht, desto mehr such tman einen Grund, warum das so war. Damit übernimmt man die Verantwortung und das gibt einem eine falsche, eingebildete Aktivität in der Geschichte. Man ist nicht einfach passiv-ausgeliefert, sondern man hat eine "gestaltende" Rolle übernommen. Die hatte man zwar oft in der Realität nicht (zumindest nicht so, wie man das glaubt und sich einredet), aber alles ist besser als die Hilflosigkeit eines Kindes weiter zu spüren. Wenn man selber dazu beigetragen hat, gibt es ja Hoffnung, dass es besser wird, wenn man sich nur ändert. Wenn der andere einfach ein Brutalo mit einem psychischen Knacks ist, gibt es diese Hoffnung nicht.
Wie gesagt: Je früher diese Formen der Misshandlung stattgefunden haben, desto tiefer graben sie sich ins Gehirn. Und zwar wörtlich. Es bilden sich da bestimmte Hirnstrukturen heraus und die kann man nur langsam und nach und nach ummodellieren.
Ja das ist richtig.
Mein Problem an der ganzen Sache ist, dass ich nicht glauben will, dass nur weil es möglicherweise ein solches Muster in der Mutter Kind Beziehung gab, sprich meine Mutter keine Mutter für mich war, dies nun auch wieder so sein soll und ich nur wieder nicht erkenne, dass ich einen bösen Menschen geraten bin. Das erscheint mir irgendwie zu einfach zu sagen, der andere ist Schuld, der hat dich missbraucht, du hast das nur nicht erkannt, weil du in diesem Muster steckst. Es spricht mich dann ja komplett frei von Schuld und Verantwortung, was ich einfach nicht akzeptieren und wahrhaben will. Als erwachsener Menschen trägt man immer selbst die Verantwortung. Es war allein meine Schuld, dass ich diesem Menschen als erwachsene Person vertraut und auf sie reingefallen bin. Völlig unabhängig von der Beziehung zu meiner Mutter. Dieser Mensch bringt seine Erfahrungen mit sich und ich meine. Wenn es dann nicht passt, weil es uns nicht gelingt zu vertrauen, dann hat das nichts damit zutun, dass da Missbrauch im Spiel ist.
Natürlich, manche Verhaltensweisen (Gaslighting, mir meine Wahrnehmung aberkennen, mich wissen zu lassen, da ist ein Problem, dieses aber nicht benennen, ghosten, mich an mir selbst zweifeln lassen, mir nicht glauben, was ich nicht beweisen kann, Grenzen zu überschreiten und es als Hilfe und gut für mich tarnen, mich bloß zu stellen und klein zu halten, etc... ) all das war sicherlich eine Form von Missbrauch in Anbetracht meiner schwierigen Situation. Aber eben den Umständen geschuldet. Dem geschuldet, was wir an Erfahrungen mitbringen. Dieser Mensch kann ebenso wenig etwas für seine Erfahrungen, wie ich dies kann. Diese in neuen Beziehungen auszublenden ist nicht immer einfach, das weiß ich selbst. Daher mein Gefühl, dieser Mensch ist kein schlechter Mensch und wollte mir zumindest am Anfang nicht absichtlich schaden. Was seine Intention am Ende war, da schwimme ich. Ich denke, er ist eben jemand, dem es in erster Linie um sich und seinen Gewinn geht. Sehr vieles spricht dafür, nur habe ich es lange nicht erkannt. Und mit so einem Menschen möchte ich sowieso keinen Umgang. Wenn ich von einem Menschen glaube, dass er mein Vertrauen verdient hat, dann tue ich dies mit ganzen Herzen. Das, was ich zu geben bereit bin. Es heißt nicht, dass ich mehr gebe, als ich kann.
Und weil ich das tue, öffnet das sämtliche Türen für Missbrauch und die Gefahr verletzt zu werden.
Heute passiert mir das nicht mehr. Dieses Tor ist verschlossen.
Um was es mir geht ist einfach erklärt: ich möchte für mich klar bekommen, ob ich tatsächlich erneut Missbrauch unterlegen war, weil ich unbewusst einem Muster aus der Kindheit folge und diesen deshalb nicht als solchen "fühle", oder ob mein Gefühl, dass das alles eben einfach nur schrecklich gelaufen ist aufgrund unserer Erfahrungen und Weltanschauungen. Eine Einordnung würde mir Sicherheit und Klarheit verschaffen, denn natürlich möchte ich sowas nie wieder erleben. Es hat mich einfach zu viel gekostet.
Hat er dein Vertrauen missbraucht?
Ja, wie kein anderer.