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Täterloyalität, warum?

F

Falschmacher

Gast
Guten Tag zusammen, ich möchte euch mal was fragen und vielleicht geht ja jemandem auch so.

Ich habe durch mein ganzes Leben immer mal wieder mehr oder weniger starken emotionalen und körperlichen Missbrauch erlebt. Durch Therapie ist mir das bewusst geworden.
Jetzt stelle ich aber fest, dass ich bei Tätern, die mir emotional nichts bedeutet haben, das relativ klar erkennen und so auch akzeptieren kann. Da spüre ich inzwischen auch Wut.
Anders ist es bei Menschen, die mir emotional sehr nahe standen und mir viel bedeutet haben. Meine Mutter zum Beispiel oder ein vermeintlich guter Freund.
Da fällt es mir sehr, sehr schwer, den Missbrauch, den meine Therapeuten klar so benennen (Kontrollzwang mir gegenüber, das übertreten von Grenzen und mich daran schuldig fühlen lassen, mich klein halten, mit Ignoranz bestrafen, etc.) anzuerkennen. Mir fällt es sehr schwer, das als wahr anzuerkennen und suche die Schuld da hauptsächlich bei mir. Mir fällt es schwer, das zu glauben und als wahr anzuerkennen und versuche es vor mir zu leugnen und die Täter in Schutz zu nehmen, weil ich sie auf eine gewisse Art und Weise liebe. Das akzeptieren zu müssen bricht mir das Herz.

Warum ist das so? Warum erkenne, und vor allem fühle ich nicht das, was andere in diesen Menschen sehen? Und woher weiß ich, dass ich falsch liege? Mein Gefühl widerspricht wehement diesen Aussagen, man habe mich missbraucht...

Vielleicht hat hier jemand etwas ähnliches und kann mir sagen, wie ich mein Gefühl oder diese Täterloyalität überwinden kann, ohne dass es mich zerbricht.
 
S

Smoker86

Gast
Hallo,

Das Problem kenne ich gut- das Ding ist, dass es für Menschen wie uns "normal" ist. Wer es nicht anders kennt, wird es auch unter "normal" annehmen und sich keine Gedanken machen!
Als mein Mann mich zu Beginn gut behandelte, war das erstmal richtig komisch- ich war zutiefst verwirrt und kannte es schlicht und einfach nicht. DAS hat mich eher verunsichert als mein Ex-Freund, der mich bewusst klein hielt und bei Auseinandersetzungen mit Schlägen drohte. Weil ich das schlichtweg schon von Kleinkind an so gelernt habe, dass gehört dazu und auch wenn es sich schlecht anfühlt, dass soll so sein.

Und dieses Denkmuster ist auch ein Grund, wieso sich so viele Menschen (auch Männer!) In gewalttätigen Beziehungen befinden, während das Umfeld darüber nur den Kopf schüttelt, weil es für sie offensichtlich ist. (Das in Kombination mit Abhängigkeiten, sozialer Druck, eigene Unsicherheiten und Täterstrategien, dass Thema ist komplex. )

Aber: du machst es schon richtig! Du bist in Therapie, du beginnst zu hinterfragen und zu verstehen. Diese Denkmuster aufzulösen dauert lange.
Und oft ist es auch geknüpft an Scham: wie konnte ich mir das gefallen lassen & wieso habe ich das Offensichtliche nicht erkannt?
Diese Scham blockiert einen. Und da kannst du ansetzen: du wusstest es nichts besser.

Arbeite weiter so gut an dir, denn auch du hast Liebe verdient!
 
F

Falschmacher

Gast
Scham empfinde ich vor allem bei denen, zu denen ich eher keinen emotionalen Bezug hatte. Da vor allem die Tatsache, als grundsätzlich nicht dummer Menschen das nicht durchschaut zu haben.
Bei den Menschen, wo eine emotionale Verbindung da war, empfinde ich starke Trauer, was aus objektiver Sicht ja völlig absurd ist. Ich habe schon lange angefangen, das zu hinterfragen und auf der rationalen Ebene konnte ich den Therapeuten auch schon irgendwie folgen. Aber mein Herz will das alles nicht wahr haben und wünscht sich bis heute noch den Ursprungszustand zurück. Wenn ich dann die Fakten, die für den Missbrauch sprechen, um die Ohren geworfen bekomme, dann ist das immer wieder wie ein Schock und ich fange sofort an zu weinen, das zu leugnen, mir schön zu reden, die guten Seiten (die es ja durchaus gab) zu betonen und genau diese mir zurück zu wünschen. Ich kann mir nicht eingestehen und nicht glauben, dass da Missbrauch von Menschen, die ich doch liebe und sehr schätze und von denen ich es nicht erwartet habe, stattgefunden haben soll und suche bei mir die Fehler, nur um es nicht so akzeptieren zu müssen. Mein Herz hängt an diesen Menschen, obwohl mein Verstand es besser weiß. Obwohl ich weiß, dass diese Menschen mir geschadet, ja wenn man so will, mich manipuliert und missbraucht haben. Das fühlt sich unendlich falsch an. Das zu akzeptieren fühlt sich so an, als würde ich diesen Menschen Unrecht tun.

Daher meine Frage, wie ich diese Gefühle und den Wunsch zurück in diese missbräuchliche Sicherheit los werden kann und akzeptieren kann, dass ich besser ohne diese Menschen dran bin?

Es ist wirklich sehr komplex. Ich leide aber tatsächlich weniger unter dem Missbrauch an sich, als unter der Tatsache, dass mein Herz das alles einfach nicht wahrhaben kann und diese Menschen als gute Menschen sehen will. Da ist ein enormer Graben zwischen dem, was ich fühle und dem, was mir von Therapeuten herangetragen wird. Was nun ist die Wahrheit?
 
F

Falschmacher

Gast
Ich muss aber noch sagen, dass ich seit langer Zeit keinen Kontakt mehr zu diesen Menschen habe und es trotzdem nicht schaffe, sie als das zu sehen, was andere, gerade therapeuten, in ihnen sehen. Ich frage mich deshalb was stimmt und was nicht? Ich meine, wie ist es möglich selber nicht zu spüren, dass diese Menschen mir nichts gutes wollten und nur das gute zu sehen?
Ich habe immer Frauen nicht verstanden, die sich von ihren Partnern grün und blau schlagen lassen und auch noch sagen, dass sie sie lieben. und selber bin ich ganz genau so.
Ich frage mich halt, ob sowas einem auch nicht von Therapeuten eingeredet werden kann? Dass es nicht stimmt, dass diese Menschen es nicht gut mit mir meinten und mein Verhalten daran schuld ist, dass sie Grenzen missachtet, mich bevormundet haben, besser wussten, was gut für mich ist, mich bei Missfallen geächtet haben, etc.
Ich habe meine Grenzen auch nie sehr deutlich gemacht, weil ich sie nicht verletzen wollte.
 

Silan

Aktives Mitglied
Ich glaube bis heute, dass dieser Mensch, von dem gesagt wird, das war Missbrauch, mich grundsätzlich gut behandelt hat.
Grundsätzlich bedeutet: es war zwar meistens so, gab aber durchaus auch anderes...
Weiß natürlich nicht, ob dein Unterbewusstsein dir mit deiner Wortwahl ein Schnippchen geschlagen hat oder du dir der Bedeutung dieses Wortes bewusst warst. Ich kannte sie früher nicht, hab grundsätzlich immer mit ,,Immer'' gleichgesetzt.
Letztendlich wirst du die Entscheidung treffen müssen, was richtig ist. Ich finde es immer schwierig, wenn der Therapeut sagt, das ist so, wenn man selbst noch gar nicht erkannt hat, was war.
Letztendlich würde ich an deiner Stelle den Therapeuten wechseln um mit einem unvoreingenommenem Therapeuten zu prüfen, was bei DIR an Erinnerungen liegen und nicht was der Therapeut aus deinen Aussagen hören mag. Du bist wichtig, wie fühlt es sich für dich an.

Möglich ist es, dass du sowas nicht fühlen kannst. Verdrängung, Abhängigkeit ( vielleicht auch nur auf die Kindheit bezogen, denn eine Mutter ist DER Lebensmittelpunkt für ein Kind, sie nährt, liebt, kleidet, wärmt, schützt, tröstet, gibt Verlässlichkeit etc.pp. und alles schlechte, böse, verletzende ist gefährlich, weil das Uberleben dran hängt. Kinder sind absolut abhängig von ''ihren Erwachsenen'' und halten sowas aus ihrem Gehirn fern. Und je früher das Kind das tun muss, desto besser wird es darin. Und dann kann es auch auf andere Menschen angewand werden. Das nennt sich Dissoziation.
 
F

Falschmacher

Gast
Hallo Silan,
es gab zum Ende hin Phasen in denen ich mies behandelt und getäuscht wurde. Daher dieses Grundsätzlich.
Es besteht kein Kontakt mehr zu dieser Therapeutin, ich denke lediglich über ihre Worte nach.
Für mich fühlt es sich nicht so an. Bei meiner Mutter jedoch in Teilen schon. Daher meine Verunsicherung.
Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht, die ich damals mit der Therapeutin besprochen hatte. Ich habe selber lange gebraucht um zu begreifen, was da passiert ist und ich bin heute davon überzeugt, dass da einfach zwei völlig verschiedene Weltsichten aufeinander geprallt sind. Dieser "Freund" ist schon fast religiös anmutend dem Budo verhaftet. Ich verstehe heute seine damalige Intention und auch seine Enttäuschung. Am Ende hat es aber weniger mit mir etwas zutun, als mit ihm selbst und seiner Weltanschauung. . Daraus haben sich dann zahlreiche Missverständnisse entwickelt, beide fühlten sich nicht mehr gesehen und verstanden. So meine Sichtweise.
Den Missbrauch sieht meine Therapeutin in der Situation in der ich damals war. Ich schwach, er der "Retter", der meine Grenzen nicht achtet. Immer wenn ich versucht habe ihr zu vermitteln, dass ich glaube, dass seine ganze Motivation eben auf dieser "Budophilosophie" beruhte und ich diesem nicht folgen konnte und ihm nicht das geben konnte, was er erwartete, sagte sie nur, dass ich mich nur schon wieder in etwas verstricke, er mich ja genau deshalb als Mittel zum Zweck missbrauchte und zeigte mir zugleich meine Abhängigkeit auf, die auch irgendwie schon gegeben war. Ich glaube, dass sie damit erreichen wollte, dass ich aus diesen Schuldgefühlen heraus komme. Sie war auch nicht die einzige Therapeutin, die da von Missbrauch sprach.
Heute bin ich zwar von diesen Schuldgefühlen weg, das war jedoch nicht ihr verdienst. Nachdem ich mich von dieser Therapeutin losgesagt hatte, fing ich an, mich selbst auf die Suche nach Antworten zu begeben und laß mich in diese "Philosophie" ein, sprach mit Menschen, die da ähnlich tief verwurzelt sind. So ergab nach und nach einiges mehr Sinn und ich glaube daher, dass dieser Mensch zumindest keine böse Absicht hatte, mir zu schaden. Zumindest eine gewisse Zeit lang nicht. Zum Ende hin wurde es schon sehr mies, was ich auch nicht vergessen oder verzeihen kann. Weltanschauung hin oder her.

Dissoziation ist mir nicht fremd und ich glaube auch, dass das keine unwichtige Rolle spielt. Ich bin leider auch ein Meister darin, mieses zu verdrängen ohne das zu merken. Deshalb fällt es mir sehr schwer, da eine Wahrheit zu finden. Es könnte ja auch stimmen, was meine Therapeutin sagte und gänzlich Unrecht hatte sie auch nicht. Es kann ja sein, ich verdränge nur wieder alles schlechte und bin, wie bei meiner Mutter, auch wieder nur Loyal gegenüber Täter.

Herz oder Verstand. Irgendwo dazwischen liegt wohl die Antwort.

Ich bin wichtig und für mich fühlt es sich nach wie vor nicht richtig an. Aber vielleicht ist auch gerade das das Problem. Vielleicht will ich das alles auch einfach nur nicht wahr haben.
 

Bergkristall000

Aktives Mitglied
Warum ist das so? Warum erkenne, und vor allem fühle ich nicht das, was andere in diesen Menschen sehen?
Die Antworten liegen in den psychologischen Begriffen Co-Abhängigkeit und Stockholm-Syndrom. Beschäftige dich mal eingehend damit, du wirst dann sicherlich Heilung finden. Sobald du die Mechanismen gründlich verstanden hast, kannst du nicht mehr zurück zum alten Denken und wirst dich nach und nach immer mehr von toxischen Menschen distanzieren.
 
F

Falschmacher

Gast
Ich bin jetzt kein Experte, aber müsste bei einem Stockholm Syndrom nicht etwas viel gravierenderes passiert sein? Es war für mich zwar sehr schlimm, ist es ja irgendwie auch immer noch, aber entführt wurde ich nun nicht.
 

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