das ist doch die Sache eines jedes einzelnen.
Solange er sich sein Geld ehrlich erworben hat, kann er doch damit tun und lassen, was er will.
Diesen Satz haben wir nun mehrmals in verschiedenen Versionen gelesen. Ich bin aber der Meinung, dass es nicht so einfach ist.
1. Ist es gut, dass jeder mit seinem Geld tun kann, was er will?
2. Gibt es neben der gesetzlichen Ebene (die jedem das zugesteht) noch eine moralische?
3. Ist man moralisch verpflichtet, den Gebrauch seines Geldes in Relation zu setzen nicht nur zu dem, was man sich selbst noch Gutes damit tun könnte, sondern auch dazu, was man bei Anderen damit Gutes bewirken könnte?
Beispiel: Wenn ich mit hundert Euro mir etwas kaufen könnte, was ich wirklich nicht brauche, mir aber gern mal leisten würde, während eine Hilfsorganisation damit einem Menschen das Leben oder das Augenlicht retten könnte, bin ich dann moralisch verpflichtet, das Geld lieber der Hilfsorganisation zu spenden?
Ich denke, es macht keinen Spaß mehr, wenn man jeden Cent sozusagen aus moralischen Gründen zweimal umdrehen muss, und trotzdem gibt es diesen ökonomischen Zusammenhang nun mal. Die Frage ist, wo zieht man die Grenze?
Ein Problem sehe ich darin, dass Informationen fehlen. Zum Beispiel bei welchen Kleidermarken wird denn wirklich fair bezahlt an die Näherinnen? Bei welcher Hilfsorganisation wird mein Geld denn wirklich sinnvoll verwendet? Wird damit wirklich etwas an den Verhältnissen verändert oder ist es ein Fass ohne Boden?
WAS genau ist es, wofür die Leute stundenlang anstehen? Man könnte ja, wenn man es unbedingt haben will auch ein paar Tage warten, oder? Also das Ding an sich kann es nicht sein, denn das könnte man auch ohne lange anstehen bekommen: Ist es der Drang, der ERSTE sein zu müsse? Hält man es nicht aus, dass evtl jemand anderes das Ding vor einem hat?
Am Ende postet dann der Kumpel XY VOR einem selber ein Photo von sich mit dem neuen Handy und man ist nicht mehr der Erste- mon Dieu!
In den Medien wurde über einen berichtet, ich glaube in Australien war das, der stolz sein neues iPhone vorm Apple Store in die Kameras hielt und dem es dann runterfiel und kaputtging. Schadenfrohes Grinsen auf Millionen Gesichtern weltweit ...
Was fehlt solchen Leuten die sich für einen Gegenstand so reinhängen? Technikbegeisterung oder Statussymobl allein kann es ja nicht sein, denn dafür könnte man auch etwas warten. Hat schon eher was von Suchtverhalten, oder einer Religion!
Ja, Apple inszeniert das Ganze ja auch wie eine Heilslehre und trägt zusätzlich zum Hype bei, z.B. mit der künstlichen Verknappung (Wartezeit, Ausverkauf). In der "Zeit" war neulich ein Artikel darüber. Darin stand, dass manche in der Schlange stehen, um das iPhone sofort weiterzuverkaufen, mit einem Aufschlag natürlich. Die stehen also sozusagen stellvertretend für Leute dort, die gern noch hundert Euro oder so drauflegen, um das nagelneue iPhone zu haben, aber nicht in der Schlange stehen zu müssen.
Apple verkauft seinen Kunden ja nicht nur ein Produkt: Einen Lifestyle, das Gefühl "mit dabei zu sein" usw: All das scheint ja mitzuspielen und man fragt sich: Was läuft gesellschaftlich falsch, dass so viele Leute meinen, sich all das über einen Gebrauchsgegenstand kaufen zu müssen.
Ich hab mal was darüber gelesen, warum Menschen überhaupt Luxusgüter kaufen. Die Qualität alleine kann es ja tatsächlich nicht sein. Nehmen wir mal das Beispiel Kleider: Da gibt es tatsächlich Design-Teile, die schon richtig toll aussehen. Aber gleichzeitig gibt es auch T-Shirts von Luxusmarken, die ein Vielfaches von normalen kosten, und an denen nichts Besonderes dran ist. Oder werden die Poloshirts mit dem Krokodil drauf schöner durch das Krokodil? Es ist letztlich nur ein Symbol, mit dem man zeigt: Ich kann es mir leisten. Genauso wie eine App, die es mal gab, die nichts tat, als jedem durch ein Symbol auf dem Display zu zeigen, dass der Besitzer des Handys eine irrsinnige Summe diese App gekauft hatte. Der Text, den ich gelesen habe, sagt dazu, es gehe nur darum, sich abzugrenzen. Menschen wollen halt gerne was Besonderes sein, besser sein als andere. Und dann fällt mir noch was Anderes dazu ein: In der Natur gibt es Symbole, die dem Weibchen anzeigen, dass das Männchen besonders stark oder gesund ist, und diese Symbole sind auch eigentlich nur Verschwendung. Ein Beispiel ist das Pfauen-Rad.
Und dann muss man auch noch sehen, dass die Maßstäbe sich einfach verschieben können mit dem Maß des Reichtums. Für einen Multimillionär sind 200 Euro vielleicht das, was für unsereins 20 Euro oder auch nur 2 Euro sind. Tausend Euro für ein Handy tun dem nicht weh, der trifft täglich Entscheidungen, bei denen es um weit mehr Geld geht.
Ein Freund von mir, der Programmierer ist, verdient 100Euro netto die Stunde (in der Branche ist das noch nicht mal was besonderes), Eine Krankenschwester oder eine Altenpflegerin verdient...keine Ahnung...vielleicht 10 Euro netto? Ist ihre Leistung nur so wenig wert?
Ja offenbar- leider, denn das Geld schwappt ja nicht in ihre Branche sondern in die Branche des Programmierers, wo dementsprechend hohe Löhne gezahlt werden können.
Das hat verschiedene Aspekte. Zunächst mal: Verdient dieser Programmierer das wirklich als Angestellter oder als Selbständiger? In letzterem Fall kann man das ja nicht so einfach vergleichen.
Dann kommt hinzu, dass die Pfleger und Krankenschwester traditionell auch ein Bereich sind, der sich nicht so leicht zu Gewerkschaften organisiert und streikt. Die Metallarbeiter z.B. sind da durchsetzungsfähiger. (Das war einer der Gründe, warum ich hier im Forum mal geschrieben habe, die Frauen müssen sich auch ändern, d.h. müssen sich ihre Rechte auch erkämpfen lernen.)
Und dann geht es um Angebot und Nachfrage. Klar wird Programmierleistung besser bezahlt, aber u.a. deswegen, weil mit den dadurch geschaffenen Produkten die Produktivität und der Fortschritt stark gefördert werden, während bei der Pflege nur die bereits vorhandenen Möglichkeiten genutzt werden. Und natürlich, weil Mangel an Programmierern herrscht, was wiederum damit zu tun hat, dass nicht jeder das lernen kann.
zB würde ich, wenn ich im Geld schwimmen würde, mir meine Möbel allesamt vom ortsansässigen Schreiner Maßanfertigen lassen
Wenn es nicht darum geht, besonders schöne Möbel zu erhalten, sehe ich darin nicht unbedingt einen Sinn. Die Massenfertigung in Fabriken ist der Hauptgrund für die heutige hohe Produktivität und damit für unseren Wohlstand. Ich sehe daran auch per se nichts Schlechtes. Deine Einzelfertigung erscheint mir deshalb als Verschwendung. Dann würde ich lieber schöne Möbel von der Stange kaufen und die Differenz spenden.
Wenn ich richtig Kohle hätte, würde ich mir nur die besten Lebensmittel kaufen, von denen ich weiß, sie sind Bio, sie sind ökologisch so vertretbar wie möglich produziert und die bei der Produktion tätigen Arbeiter wurden gut bezahlt: DAS wäre für mich ein Luxus, den ich mir gerne gönnen würde, wenn ich richtig KOhle hätte.
Einverstanden. Allerdings löst es nicht wirklich die Probleme, wenn nur der kleine Teil der Bevölkerung, der RICHTIG Kohle hat, sich die fair produzierten Sachen leistet bzw. leisten kann. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Sache, bei der es schon einen positiven Effekt hat, wenn nur ein Teil anders konsumiert. (Jede Plantage mehr, wo nicht gespritzt wird, ist gut und erhält einigen Arbeitern die Gesundheit.)