Hallo SENECA,
ich habe lange überlegt, ob es Sinn macht, dass ich dazu etwas schreibe. Ich versuche es mal.
Du sprichst von einer nicht- sexuellen Beziehung, von einer Seelenverwandtschaft. Ich kann gut nachvollziehen, was du damit meinst. Doch ich denke, du läufst in eine Sackgasse.
Du möchtest Antworten, wie so etwas passieren kann. Mal angenommen du bekommst hier diese Antworten (was immer noch Mutmaßungen wären), was dann? Wie soll es weiter gehen? Wie sollen dir diese Antworten helfen?
Wie sollen IHR diese Antworten helfen? Du stehst doch dann an den gleichen Punkt wie jetzt auch: Du kannst ohne ihre Einwilligung nichts für sie tun.
Du malst dir dann noch grausamere Szenarien in deinen Kopf aus, für nichts und wieder nichts. Du quälst dich selbst.
Es gibt so viele Dinge auf dieser Welt, die der Verstand nicht erfassen kann, die sich mit dem Verstand nicht erklären lassen. So wie es für viele in diesem Forum schwer (oder überhaupt nicht) zu verstehen ist, was eine Verbindung wie eine Seelenverwandtschaft ist, wie intensiv sich das anfühlen kann.
Ändere doch mal deinen Blickwinkel und schau darauf, was du für diese Frau getan hast.
Durch dich war sie in der Lage einen Blick in eine andere, freie, offene und selbstbestimmte Welt zu werfen. Du hast ihr gezeigt, welche wundervollen Möglichkeiten das Leben bieten kann, wenn man danach sucht und bereit ist sie zu ergreifen. Kann es sein, dass du ihr damit einen Ausweg gezeigt hast, aber diese Ideen noch reifen muss und die Zeit dafür noch nicht gekommen ist? Kann es sein, dass du damit deine Aufgabe bei ihr erfüllt hast und dass du ihr mehr geholfen hast, als viele Menschen davor? Liegt es jetzt nicht an ihr, sich zu entscheiden? Vollkommen egal, welche Umstände sie umgeben?
Ist diese Entscheidungsfreiheit nicht auch eine Form von Selbstbestimmung und somit etwas, was man zu akzeptieren hat? Egal wie diese Entscheidung ausfällt, egal ob man diese Entscheidung versteht oder gutheißt?
Und wer berechtigt uns darüber zu urteilen, ob etwas gut oder schlecht ist?
Ich weiß, das klingt hart. Auf der einen Seite zieht ihr Ehemann an ihr, auf der anderen Seite ziehst du und ihre Eltern. Spielt es erst mal so eine große Rolle warum gezogen wird? Tust du, auf dieser Ebene betrachtet, nicht dasselbe wie ihr Ehemann? Verstehst du, was ich meine?
SIE muss sich entscheiden! SIE muss Verantwortung für ihr Leben übernehmen! Und sei es nur, um nach Hilfe zu bitten. (was davor war, zählt nicht mehr) Doch diesen Schritt muss SIE machen, das kann ihr niemand abnehmen. Und bis dahin kann ihr auch niemand helfen. Es ist ihre Entscheidung und die habt ihr zu akzeptieren, auch wenn es sehr sehr weh tut.
Kennst du das auch, das eine Sache, die total schmerzte, die sich falsch anfühlte im Nachhinein im Rückblick entscheidend war für dein Leben?
Weil dann dein Leben eine vollkommen andere Richtung genommen hat, als du eigentlich geplant hast und das ohne diese vermeintlich schlechte Sache so nie passiert wäre?
Mit viel Abstand betrachtet stellte sich diese schlechte Sache als ein Glücksfall für dein Leben heraus? Kennst du so etwas aus deinem Leben?
Ich möchte damit nicht sagen, dass die Situation deiner Freundin ein „Glücksfall“ ist.
Aber was wissen wir den schon? Wie begrenzt ist den unser Blick auf das große Ganze?
Welches Recht haben wir zu urteilen?
Du kannst meiner Meinung nach, folgendes tun.
Schreibe ihr einen Brief mit deinen Gedanken, Gefühlen und mit konkreten Hilfsangeboten und hinterlege diesen Brief bei ihren Eltern. Wenn ihre Eltern meinen, dass die Zeit gekommen ist und sie aus ihrer Welt ausbrechen will, erst dann sollen sie diesen Brief weitergeben. Dann liegt es allein an ihr. Mehr kannst du nicht tun. Und das was du getan hast, ist so viel und so viel wert. Mehr geht nicht.
Du musst für dich lernen zu akzeptieren.
Es gibt Sachen, die kann unser Verstand nicht erfassen und erklären. Und jeder Mensch muss seinen Weg gehen, egal wie dieser aussieht.
Du hast mich als Mensch sehr beeindruckt.
Ich wünsch dir alles Gute.
VG