Ich mag die Rauhnächte sehr. Ist eine meiner Lieblingszeiten im Jahr. Die Zeit zwischen Wintersonnwende und Neujahr bzw. zwischen Weihnachten und Dreikönig, der alte Begriff "zwischen den (Kirchen-)Jahren" , ist traditionell die Zeit des Rückzugs und der Stille, der Rückschau und der Neuorientierung.
Ich empfinde das jedes Jahr als sehr passend, sich nach dem Trubel der Weihnachtszeit in die Stille zu begeben, das alte Jahr zu verabschieden und das neue zu begrüßen.
Ich finde es wichtig, sich den Kreislauf des Jahres, der Jahreszeiten und des Lebens bewußt zu machen. Ich arbeite viel mit dem Medizinrad und die Zeit des Nordens, des Reflektierens, der Rückschau, des Träumens, des Planens ist für mich essentiell.
Und natürlich kann und soll man die Kinder da miteinbeziehen. Ihnen vermitteln, daß es eine ruhige Zeit ist, in der bestimmte Arbeiten ruhen. Man muß ihnen ja nicht unbedingt alte Schauergeschichten von der wilden Hatz erzählen, wie man es früher getan hat. Aber es ist doch schön, wenn man Zeit füreinander hat, weil man sich eher dem Inneren und Häuslichen und der stillen Natur zuwendet als den äußeren Ablenkungen und Aktivitäten.
Was kann besser sein, als sich den Kindern zuzuwenden, gemeinsam mit ihnen zu fragen, wie das vergangene Jahr war, zu erforschen, welche Wünsche man für das nächste Jahr hat und zu schauen, welchen Einsatz es braucht, um seine Wünsche zu realisieren.
Du kennst ja sicher das Ritual mit den 13 Wünschen, wobei in jeder Rauhnacht ein Zettel mit einem Wunsch verbrannt und je nachdem wie man es bezeichnen will Spirit/Gott/den Engeln/dem Universum/dem kollektiven Wissensfeld zur Erfüllung übergeben wird und am Ende der Rauhnächte der 13. Wunsch übrig bleibt, um dessen Umsetzung man sich im nächsten Jahr selbst kümmert.
Ich mag dieses Ritual aus verschiedenen Gründen sehr. Zum einen führt es schon in eine innere Klarheit und Orientierung, wenn man sich mal ehrlich damit auseinandersetzt, welche 13 Herzenswünsche man eigentlich aktuell hat. Wenn man da nicht schnell irgendwas notiert, sondern wirklich seine innersten Sehnsüchte erforscht. Das ist oft schon der erste Schritt zur Umsetzung, wenn einem bewußt wird, wie wichtig einem ein bestimmtes Thema ist. Ich überlege schon in dem Moment immer mit, was kann ich jetzt und in den nächsten Wochen und Monaten tun, um die Umsetzung des Wunsches zu unterstützen. Und dann gibt man den Wunsch frei, indem man den Zettel verbrennt. Ein Akt des Vertrauens und des Loslassens. Und gleichzeitig ein Akt der Demut, indem man anerkennt, daß man nicht alles nur selbst in der Hand hat.
Aber dadurch, daß ein Zettel nicht verbrannt wird, erkennt man auch an, daß man nicht alles einfach nur wegwünschen kann, ohne für sich selbst Verantwortung zu übernehmen.
Ich finde das Ritual, wenn man es so bewußt praktiziert, erklärt und begleitet, auch für Kinder geeignet. Das ist auch eine wunderbare Gelegenheit, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Was sind überhaupt Herzenswünsche? Welche Herzenswünsche gibt es? Was können wir gemeinsam tun, um der Erfüllung näher zu kommen? Manchmal muß man bei der Begleitung der Kinder auch etwas unterstützen, um herauszuarbeiten, was für ein Herzenswunsch steht wirklich hinter dem ersten Impuls, damit nicht einfach ein zweiter (materieller) Weihnachtswunschzettel aufgeschrieben wird.
Und ganz abgesehen von allem, ist es meiner Erfahrung nach für die Kinder auch einfach schön, jeden Abend gemeinsam einen Zettel zu verbrennen. Ich habe oft während der Rauhnächte Kinder zu Besuch, da dann Ferien sind. Und das macht allen Freude. Auch die Gespräche vorher und nachher, weil die Kinder sich dann ernstgenommen fühlen und auch selbst aufmerksamer für ihre eigenen Gefühle und Themen sein können.
Außerdem machen wir oft in der Zeit auch im Garten Feuer für Stockbrot und Feuerrituale. Auch Kinder können mit einem Ritual, "was möchtest Du loslassen? Was möchtest Du nicht mitnehmen ins neue Jahr? Was möchtest Du dafür symbolisch verbrennen?" was anfangen.
Geräuchert wird bei mir ganzjährig. Sowohl zur Reinigung als auch zur Meditation. Aber auch weil es einfach gut tut und angenehm riecht. In den Rauhnächten praktiziere ich das aber noch mal sehr viel bewußter mit den unterschiedlichsten im Laufe des Jahres getrockneten Pflanzen und Harzen.
Und auch da kann ich die Kinder gut einbeziehen und sie aufmerksam machen auf die unterschiedlichen Düfte und Wirkungen. Ich lasse oft die Kinder intuitiv entscheiden, welche Pflanzen heute gerade die Richtigen sind zum Räuchern. Auch welche Menge es braucht und wo im Haus oder Garten es heute besonders gebraucht wird. Und dann lesen wir nach, wofür diese Pflanzen stehen, welche Wirkung ihnen zugeschrieben wird und vergleichen das mit unserem Empfinden.
Was ich in den Rauhnächten auch gerne mache, ist eine Art VisionBoard. Das kann man auch prima mit Kindern machen. Das Sammeln von Sprüchen und Bildern, Aufkleben, Beschriften, Malen etc. macht zusammen Freude.
Auch das Thema Träumen findet in den Rauhnächten Raum. Durch die Ruhe und den Rückzug in der Zeit komme ich viel besser dazu, mich an meine Träume zu erinnern und darüber zu sinnieren. Und natürlich kann man auch die Kinder fragen "Was hast Du eigentlich letzte Nacht geträumt?"
Was auch sehr hilfreich für mich ist in den Rauhnächten, ist fotografieren. Ich habe mir angewöhnt, an jedem Tag der Rauhnächte ein besonderes Foto zu machen. Etwas Ungewöhnliches, ein Symbol, ein Orakel etc. Das hat etwas Spielerisches, beinhaltet aber auch die Frage, "wofür steht dieses Bild? Warum fällt mir gerade diese Besonderheit heute auf? Hat dieses Bild eine Botschaft für mich? Warum beschäftigt es mich?" Da heutzutage ja fast jedes Kind schon ein Handy hat, kann man das auch gut mit Kindern machen. Aber auch hier: Begleitung der Kinder und Hinwendung ist nötig, damit es wirklich berühren und verbinden kann.
Ich empfinde die Rauhnächte als ein Geschenk der Entschleunigung, des Ordnens und der Reinigung. Viel in der Natur zu sein und die Zeichen der Natur zu lesen. Sich der Kreisläufe und Zusammenhänge bewußt zu sein. Sich Zeit zu nehmen für die eigenen Bedürfnisse, zu meditieren, sich Zeit zu nehmen für die Klärung und Reinigung des Wohnumfelds, in der Stille kreativ zu sein.