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Quarterlife-Crisis - Was ist meine Leidenschaft?

O

overthinker

Gast
Hallo liebes Forum,

ich bin männlich, 27 Jahre alt und erlebe zurzeit eine kleine (oder mittelgroße) Lebenskrise, welche durch die Corona-Situation seit letztem Jahr nicht unbedingt verbessert wurde. Ich weiß nicht so wirklich, was ich mir von diesem Hilferuf erhoffe, vielleicht Zuspruch, vielleicht Tips? Ich muss erstmal meine Gefühle irgendwo loswerden.

Erst einmal zu meinen Lebensumständen: Oberflächlich betrachtet sieht mein Lebenslauf für den neutralen Betrachter wahrscheinlich gar nicht so übel aus - Abitur, Bachelor, Master, Trainee (ohne Lücken) und aktuell im Festvertrag nach dem Trainee. Alles schön und gut, nur leider bringt mir das alles nicht viel, wenn ich nicht wirklich happy bin. Über mein privates Leben lässt sich sagen, dass ich seit ca. 4 1/2 Jahren in einer Beziehung bin. Wir leben allerdings getrennt, da wir beide letztes Jahr zu Beginn des Lockdowns unseren Studienabschluss erreicht haben und dann aus Alternativlosigkeit eine Arbeitsstelle in unterschiedlichen Städten annehmen und uns dort dann alleine zurechtfinden mussten. Das ist soweit auch in Ordnung, da ich im IT Bereich tätig bin und viel bis sehr viel im Home Office arbeiten kann und somit regelmäßig bei ihr zu Hause arbeite.

Soviel zu meinen Lebensumständen. Ich fange einfach mal mit den Gedanken an, die mich aktuell beschäftigen. Mein Hauptproblem ist, dass es sich aktuell so anfühlt, als würde jeder um mich herum an mir vorbeiziehen, sowohl persönlich als auch beruflich. Ein weiteres großes Problem für mich ist, dass ich mir Gedanken um meine Zukunft mache und einfach keine Leidenschaft habe, die mir positive Energie gibt.

Wie äußert sich das? Mein Job ist ok, aber definitiv nicht das wofür ich brenne und nicht besonders gut bezahlt - trotz guter Branche. Bin nur leider nicht im gut bezahlten Entwicklungsbereich tätig, sondern im Bereich Beratung und bin dabei, mein Wissen zu festigen und mir eine solide Basis zu schaffen. Der Agenturbereich zahlt leider auch nicht besonders gut. Ich quäle mich nicht jeden Tag zur Arbeit, aber freue mich auch nicht. In diesem Loch, in dem ich aktuell stecke, macht es Home Office only mir auch nicht einfach, der persönliche Kontakt fehlt mir schon sehr. Wir sind aktuell zu 100% HO angehalten, da die Coronalage aktuell so dramatisch ist. Als ich im Sommer oft im Büro vor Ort war, ging es mir etwas besser. Meine Stärken? Keine Ahnung. Eigentlich nichts besonders. Ich bin zwar nicht auf den Kopf gefallen aber auch nicht überdurchschnittlich clever, nicht besonders mutig oder habe sonst gefragte Skills. Ich kann mich gut selbst reflektieren aber weitere, tolle Stärken fallen mir nicht ein. Hingegen sehe ich Freunde und alte Bekannte, die an mir vorbeiziehen. Mein Kumpel ist mit Leib und Seele Entwickler und schwärmt immerzu von seinem Job. Ich beneide so etwas. Ich weiß gar nicht, was meine Leidenschaft ist. Ich persönlich denke nicht, dass jeder seinen Traum leben muss, aber für meine nächste berufliche Station würde ich mir wünschen, etwas mehr Verbindung zu Themen zu haben, die mir wirklich liegen und meine Stärken zum Ausdruck bringen. Gestern sah ich in den sozialen Medien, dass eine bekannte von mir ihr Jura Staatsexamen bestanden hat. Ich finde so etwas richtig stark und gleichzeitig holt es mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich wohne zudem in einer der teureren Städte Deutschlands, gepaart mit meinem nicht allzu tollen Gehalt fühlt man sich so, als würde man nur arbeiten um sein Leben zu finanzieren. Irgendwie traurig, und das, obwohl ich ganz normal und eher sogar sparsam lebe, und aus einem sehr bescheidenen und unterdurschnittlich verdienendem Elternhaus stamme. Mein Vater ist schon früh verstorben, als ich jugendlich war. Andere aus der Uni steigen mit 60k Jahresgehalt ein und müssen sich mit dieser Perspektive - insofern Krankheit keinen Strich durch die Rechnung macht - finanziell keine Sorgen machen. Andere Freunde haben bereits jetzt ihr erstes Kind bekommen und sind einfach viel weiter im Leben, als ich - zumindest von außen betrachtet.

Hinzu kommt, dass ich mich weder in meiner Stadt noch in der Wohnung meiner Freundin zu Hause fühle, weil ich ständig am pendeln bin und nur eine kleine 1-Zimmer-Wohnung habe. Habe keinen wirklichen Lebensmittelpunkt, weder hier noch da. Wir wollen unbedingt zusammenziehen und zusammen einen Lebensmittelpunkt in meiner Stadt schaffen, da meine Partnerin extrem unzufrieden in ihrem Job ist und aktuell etwas neues sucht. Sobald sie was hat, werden wir diesen Schritt forcieren. Ich hoffe, dass das schon etwas mehr zu innerer Zufriedenheit führt. Sie weint oft wegen ihrer Unzufriedenheit im Beruf und rückblickend kann man sagen, dass das auch die völlig falsche Stelle für sie ist. Allerdings belastet mich das auch und mit ihr möchte ich dann nicht auch noch über meine Probleme reden. Es kommt von außen sowieso immer nur "du machst das schon" oder "du kriegst doch immer alles irgendwie hin", was mich extrem nervt. Habe das Gefühl, dass keiner meine mentale Situation ansatzweise ernst nimmt.

Ich würde gerne Schritte ergreifen, um mein Leben vor allem auch beruflich in die richtigen Bahnen zu lenken. Aber diese Schritte möchte ich überlegt tun, nicht Hals über Kopf und mir fehlen aktuell völlig die Ideen, was man überhaupt tun kann, um seine Stärken und Leidenschaft zu finden. Wenn ich ein konkretes Ziel hätte, könnte ich ja überlegen, welche Schritte zum Erreichen dieses Zieles nötig sind. Aber diese Orientierungslosigkeit und Ziellosigkeit ist glaube ich mein hauptsächliches Problem. Mir fehlen auch Erfolgserlebnisse.

Ich weiß, dass die Suche nach dem Traumjob und das Streben nach dem perfekten Leben nicht die hauptsächlichen Faktoren von Glück sind, und das diese Dinge nicht von heute auf morgen zu erreichen sind, aber ich möchte Dinge verändern, bevor es zu spät wird. Auch weiß ich, dass dieses "Problem" im Vergleich zu anderen Problemen, die hier diskutiert werden, eher lapidar wirkt. Aber ich merke, dass wenn ich nicht langsam etwas unternehme, es mit meiner Psyche und Motivation steil bergab geht.

Danke für die offenen Ohren (oder auch Augen) und ich freue mich auf Austausch.
 
R

RX64

Gast
Hast du mal überlegt, ob es der Jurastudentin insgeheim vielleicht genau so geht wie dir? Und jedem anderen Menschen um dich herum auch? Jeder ist auf sein eigenes Leben fokussiert und viele glauben, dass alle anderen besser abgeschnitten hätten als sie selbst. Deine eigenen Probleme, Fehler, Ängste, Komplexe usw. nimmst du unmittelbar wahr. Von anderen siehst du nur, was diese dich sehen lassen wollen. Toller Abschluss, toller Job, tolles Auto. Natürlich postet die Jurastudentin in sozialen Netzwerken lieber was über ihren Abschluss als über ihre kaputte Beziehung, ihren chronisch irritierten Darm oder was auch immer sie sonst für Probleme haben mag. Natürlich wirst du nie erfahren, dass sie sich vielleicht obsessiv aufs Studium fixiert hat, weil ihr ihr Leben lang vermittelt wurde, dass sie eine Versagerin ist und ein Leben ohne Prädikatsexamen nicht lebenswert.

Dass jemand, der angeblich besser abgeschnitten hat als du, vielleicht tausend Probleme hat, die du nicht hast, siehst du nicht. Aber es ist so. Noch weniger kannst du dir vorstellen, dass diese Person vielleicht sofort mit dir tauschen würde, weil sie dein Leben aus ihrer Perspektive viel "gelungener" findet als ihr eigenes. Aber auch das ist so. The grass is always greener on the other side.

Übrigens gehen tolle Berufe etc. immer mit Verantwortung einher. Ich wäre gerne Oberarzt. Einfach, weil es gut klingt und was her macht. Aber will ich wirklich mal in die Situation kommen, dass mir ein Kind auf dem OP-Tisch unter den Händen wegstirbt? Und ich die Botschaft anschließend den Eltern überbringen muss? - Danke, so gut könnte man mich gar nicht bezahlen. Da sitze ich lieber 40 Jahre am Schreibtisch und addiere Zahlen.

Wie ich es lese, hast du objektiv nicht schlecht abgeschnitten. Vorübergehende Orientierungslosigkeit ist ganz normal, und das wird auch mit steigendem Alter tendenziell nicht besser werden. Geh deinen eigenen Weg, vergleich dich nicht mit anderen und wenn doch, denk dran, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.
 
F

Fliese123

Gast
Ein praktischer Vorschlag: wie wäre es, wenn deine Freundin und du in eine dritte Stadt umziehen (wenn die Lebenshaltungskosten da so groß sind, wo du lebst)?

Ausserdem: wovon träumst du?

Willst du einfach mehr Geld verdienen und ein Nest bauen?

Träumst du von einem Entwickler Job?

Etwas ganz anderem? Was sind deine Interessen?
 
G

Gelöscht 117709

Gast
Ein Ziel/eine Leidenschaft zu haben wird in deiner (meiner) Generation als der Mittelpunkt des Lebens propagiert. In Social Media gründet jeder ein Startup oder macht sich selbstständig mit der eigenen Passion. Die Realität ist anders, viele Menschen, ich würde sagen die meisten, leben ganz einfach im hier und jetzt. Ihre Hobbys sind Freundin, Freunde treffen, essen gehen, etc., nichts außergewöhnliches oder sinnstiftendes. Und arbeiten gehen sie nur um Geld zu verdienen, kaum einer findet dort die Erfüllung.
Meine letzten Partnerinnen hatten absolut keine Ziele/Leidenschaften und hatten deswegen auch Probleme wegen dem gesellschaftlichen Druck (durch Social Media) den du auch gerade verspürst.
Viele Tipps kann ich dir nicht geben, ich kann dir nur sagen ich bin auch:
mit Leib und Seele Entwickler
, und so wie du neidisch auf deinen Entwickler Freund schaust schaue ich neidisch auf Menschen ohne Ziel/Passion. Ich würde gerne nach Hause kommen und die Arbeit hinter mir lassen, aber ich kann es nicht. Unendlich viele Stunden habe ich in meiner Freizeit programmiert, recherchiert, etc. Und ich bin immer noch unglücklich, weil da ist immer die Programmiersprache bzw. der Algorithmus den ich noch verstehen muss. Ein soziales Leben habe ich quasi nicht, viele soziale Fähigkeiten fehlen mir, während meine Ex-Partnerinnen auf viele schöne zwischenmenschliche Begegnungen zurückblicken können.
Eine Passion ist Segen und Fluch.
 

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