Wie genau würdest Du manipulativ beschreiben? Also nicht nur dem Gefühl nach sondern wie genau?
Ist nicht ALLES, was um uns herum passiert in gewiser Weise manipulativ oder möglicherwiese manipulativ? Oder andersherum: kann man ebenso nicht auch sagen, dass NICHTS manipulativ ist, wenn man nicht die falschen Erwartungen stellt?
Also welche Erwartungen hat man eigentlich?
MÜSSEN Medien die eigene Erlebniswelt widerspiegeln, damit wir sie als objekitv und realitätsgetreu empfinden?
ich habe manchmal das Gefühl, menschen erleben die Wirklichkeit in einer anderen Weise, als sie in den Medien dargestellt wird: Das ist jetzt erstmal normal, aber was bedeutet das?
DAs kann ja jetzt auch bedeuten, dass meine Sicht der Welt nicht die Ganzheit einer Sache repräsentiert oder nur in Teilen. Oder es kann bedeuten, dass ich Dinge anders erlebe, als sie für andere Menschen erlebbar sind.
Aber Fakt ist: menschen lesen etwas anderes, als sie es vor ihrer Haustür beobachten: Also stimmt da was nicht oder?
Es kann aber halt eben auch sein, dass vor anderen haustüren die Welt halt wieder ganz anders aussieht.
Bei privaten Medien taucht dieses Problem in der Regel nicht auf, denn die medien, die die Welt anders darstellen, als ich sie erlebe, konsumiere ich halt nicht. Die gibt es dann in meiner Welt nicht, Google filtert sie sowieso raus und ich nehme sie nicht ernst und muss mich nicht weiter damit befassen und schon erlebe ich einen Trugschluss: Ich erlebe: Der ÖR spiegelt meine Wirklichkeint nicht wieder, aber DIE Privaten schon (klar, weil ich nur die konsumiere die mich ansprechen). Also ziehe ich den Schluss: Der ÖR ist irgendwie aufm falschen Dampfer. (ich denke, wenn es keine Google-Algorithmen gäbe und jeder zufällig mit Info versorgt würde, wäre das Bild viel breiter und die meisten Menschen würden sich von dem Überangebot an Info abgeschreckt fühlen und entweder die Welt viel breiter erleben oder gleich wieder nur die ÖR konsumieren, die eben halt eine Zusammenfassung darstellen)
Das ist erstmal ein total nachvollziehbarer Schluss, aber dennoch ist er halt falsch, weil er diesen Bios drin hat, dass man die privaten Medien ja nach Geschmack vorselektiert hat.
Das heißt, man bekommt mit ziemlicher Sicherheit KEIN realsitisches Bild der Gesamtsituation, aber eins, das zur eigenen Beobachtung passt und DAS nimmt man dann viel viel eher an und fühlt sich davon repräsentiert.
Genau deswegen ist ja der ÖR so wichtig, dass er eben nicht der persönlichen Vorliebe des Publikums verpflichtet ist. Das macht ihn angreifbar, aber umso wichtiger.
Und ich finde, es ist einfach total wichtig ,dass wir uns das klarmachen: Die Aufgabe des ÖR ist es nicht, UNSERE persönliche Weltsicht zu bestätgien sondern einen Querschnitt abzubilden. Und gerade diese Differenz zwischen der eigenen wahrnehmung und der Berichterstattung kann enorm wichtig sein. Oder will man immer nur das lesen, was man eh schon aufm schirm hat?
Und dazu ist er ÖR eben transparent: Also bei aller Berichterstattung hast Du stets die Möglichkeit, es nachzuprüfen. Also WENN Dir etwas spanisch vorkommt, dann prüf es nach und vollziehe nach, wie eine Berichterstattung zustande kommt. Das ist beim ÖR möglich, bei den meisten privaten schon schwerer und bei allem was im Bereich Social Media unterwegs ist, ist es fast unmöglich.
Alsi beim ÖR kann man eben dann auch nicht nur die Inhalte überprüfen, sondern zB auf die Fehler und Probleme analysieren.
Nehmen wir mal ein Beispiel: Man hat herausgefunden, dass in den großen Verlagshäusern und auch im ÖRR hauptsächlich die Perspektive der gebildeten Großstadtbevölkerung repräsentiert wird: die Medienhäuser sitzen ja auch dort. Es werden also verstärkt Themen ausgespült, die dieses Klientel bedienen. Ganz automatisch.
Nun gibt es aber eben auch Menschen die wohnen NICHT in einer Großstadt und haben auch keinen akademischen Hintergrund. Man hat zB ebenfalls herausgefunden, dass die Perspektive von Menschen, die in ostdeutschen Dörfern leben total unterrepräsentiert ist.
Diese menschen gibt es aber halt trotzdem und die erleben eine komplett andere Wirklichkeit, als sie zB in der Zeit oder der SZ zu lesen ist.
Nehmen wir an, die Zeit berichtet über einen neuen Trend von veganen Fastfoodrestaurants, die die Städte bevölkern. Der Städter wird sagen: "ja, stimmt: Erlebe ich jeden tag"
Wie wirkt so eine Berichterstattung auf menschen, die in einem Kaff in sachsen-Anhalt leben, wo alles so ausgestorben ist, dass es nicht mal eine Dorfwirtschaft mehr gibt?
Die interessiert das vegane In-Futter einen Dreck und sie können sich auch nicht vorstellen, dass das irgendeine relevanz hat. Warum berichtet die Zeit nicht über die Tatsache, dass die Käffer dort nicht mal meine eine Dorfwirtschaft haben?
Und dann kommt vielleicht die Bild um die Ecke und titelt: veganer Pseudohype unter Studenten vertreibt kleine Traditionsgastronomie.
Jaaa DA findest Du Dich dann doch wieder und schwupps....haben wir den Salat: Die Leser vertrauen der Bild die vielleicht NULL recht damit hat, dass irgendwer irgendwen vertrieben hätte. Aber sie vertrauen ihr, weil sie näher an ihrer Lebenswirklichkeit ist.
Ist nun der Artikel aus der zeit falsch: Nein, denn er berichtet ja etwas, das stimmt (nehen wir jetzt mal an, diese Thema gäbe es) nur ist es halt was, das viele menschen garnicht betrifft und für sie ganz anders wahrnehmbar ist.
Manipulativ wäre die Bild, aber sie trifft die EMOTION!!! der Leser mehr: Sie bespielt nicht die Faktenebene ("Es gibt einen neuen Trend bei Restaurants") sondern sie bespielt die Emotionsebene ("die woken Spinner sind schuld an eurem Elend: In der Stadt futtern sie ihr veganes Zeug und drängen euer Schnitzelhaus damit vom Markt")
Das IST ein reales Problem! Weil SO läuft in der Regel aktuell die Bewertung von medieninhalten ab: je nachdem wie stark ein Medium meine persönlichen Emotionen aufgreift und bedieht, desto glaubwürdiger stuft man es ein.
Drum wär es ja zB auch so wichtig, dass der ÖR sich mehr mit der Lebenswirklichkeit verschiedener Schichten befasst und die stärker bespielt.
Dass er dads nicht tut ist schlecht, aber das heißt eben NICHT, dass die berichterstattung deswegen grundsätzlich falsch, unwahr oder manipulati wäre.