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Keinen Wert in meinem Leben sehen

F4bian

Neues Mitglied
Ich möchte mich an dieser Stelle schon mal bei allen entschuldigen, die Schicksalsschläge erlitten haben oder es sonst irgendwie nicht leicht im Leben hatten. Meine Schwierigkeiten sind da selbstgemachte Luxusprobleme. Mein Leidensdruck fühlt sich aber real an.

Ich bin 31, Doktorand in Mathematik, werde die Promotion voraussichtlich dieses Jahr abschließen. Ich führe seit vier Jahren eine Fernbeziehung zu einer tollen Frau, mit der ich eigentlich gerne nach meiner Promotion zusammenziehen möchte. Aber ich sehe keinen Sinn, keinen Wert. In meinem Leben, in mir selbst.

Mein Lebenslauf sieht ja gut aus: mit 19 Abitur, mit 23 Bachelor in Physik, mit 24 in Mathe, mit 26 den Master in Mathe und seitdem Promotion, die ich dieses Jahr abschließen werde, jeweils in verschiedenen deutschen Städten.

Aber ich sehe keinen Wert darin: Ich weiß ja, das jedes Jahr tausende dieselben Meilensteine erreichen. Ich mache mir Vorwürfe dafür, dass ich erst nach fünf Jahren das Ende meiner Promotion erreiche, während in Mathe eher drei Jahre die Regel sind. Freunde, die mit mir studiert haben, sind inzwischen Professoren geworden, oder haben Berufe angenommen, in denen sie aufgehen. Ich habe Freunde, die nach Feierabend Jazzkonzerte geben, während ich die Instrumente, die ich als Jugendlicher mal gelernt habe, kaum beherrsche. Ich bin in keiner Sportart besonders gut, sehe, wenn zwar nicht übergewichtig, doch eher unsportlich aus. Ich habe nie im Ausland gelebt, keine Hobbies, kurzum, nichts, was mich irgendwie als Mensch interessant oder besonders macht.

Ich weiß, ein Mensch sollte aus sich heraus besonders sein. Aber ich bringe es nicht fertig mich so zu sehen. Scheinbar, weil ich viele Vergleiche anstelle. Nun stört mich nicht, dass ich kein Wunderkind bin. Aber es macht mich fertig, zu sehen, dass ich nicht die beste Version dessen bin, was ich hätte sein können. Ich hätte ja mit mehr Anstrengung zeitiger mit Studium und Promotion fertig werden, mich um ein Auslandsjahr bemühen, mehr auf meinen Instrumenten geübt oder mich mehr um meine Sportlichkeit gekümmert haben können. Um all diese Versäumnisse zu wissen, frisst meine gesamte Selbstachtung auf.

Und dann ist da die Angst. Ich war gut in der Schule und habe mir nie Sorgen um meine Leistungen gemacht. Seit dem ersten Studiensemester ist Angst vor der Zukunft, Druck, nicht versagen zu dürfen, weder fachlich noch als Mensch, die meisten Zeit mein Begleiter. Während des Schreibens meiner Masterarbeit besonders Schlimm, sodass ich in der Zeit Psychotherapie in Anspruch und Antidepressiva genommen habe, um wenigstens zu funktionieren.

Ich habe keine Idee wie es in Zukunft weitergehen soll. Eine akademische Karriere weiterzuverfolgen kommt mit großen Nachteilen, denn es ist nicht klar, ob ich jemals eine feste Stelle finden werde. Einen Job außerhalb der Uni anzunehmen fühlt sich nach fachlichem Scheitern an, obwohl es das nicht sollte. Und wo kann ich arbeiten? Als Mathematiker sind Finanzindustrie, Unternehmensberatungen oder Softwareentwicklung naheliegend. In allen diesen Bereichen gibt es aber viele Bewerber, die passender qualifiziert sind. Außerdem kann weder mit meinen Werten vereinbaren, Finanzprodukte zu entwickeln, die niemand wirklich braucht, noch Leuten mit Bullshit-Präsentationen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich kann mir für mich keine Zukunft vorstellen, die mir wertvoll vorkommt.

Ich plane zwar nicht konkret, mich umzubringen, aber darüber nachzudenken, wie mein Umfeld darauf reagieren würde, wie ich mich verabschieden würde, oder wie ich mich vorher von meiner Freundin trennen sollte, um ihr den Schmerz zu ersparen, kann kein gutes Zeichen sein.

Am liebsten hätte ich einfach die Selbstachtung und den Selbstwert, dass das alles aufhört. Oft lese ich, ich solle mir gut zureden, mir meine Stärken und Leistungen bewusst machen und das, was mich besonders macht. In mir regt sich aber sofort Widerstand, der sagt, dass ich mir da doch etwas vormache. Wie komme ich da heraus?
 
G

Gelöscht 123871

Gast
Ich plane zwar nicht konkret, mich umzubringen, aber darüber nachzudenken, wie mein Umfeld darauf reagieren würde, wie ich mich verabschieden würde, oder wie ich mich vorher von meiner Freundin trennen sollte, um ihr den Schmerz zu ersparen, kann kein gutes Zeichen sein.
Glaub mir, diese Gedanken haben auch „normale Menschen“


Wie komme ich da heraus?
Den Blickwinkel auf „andere“ ändern. Weniger mit „anderen“ vergleichen. Bring dich doch dazu das „andere“ sich mit dir vergleichen und nicht andersherum. Werde besser in dem was du tust, in erster Linie für dich und stehe dann über „anderen“ ohne abzuheben.
 

Addi

Aktives Mitglied
Hör auf, dich mit anderen zu vergleichen. Du wirst immer jemanden finden, der erfolgreicher ist als du, der in einer größeren Wohnung wohnt oder das neuere Auto fährt. Ich finde, ein Mathematikstudium erfolgreich abzuschließen, dazu gehört schon einiges. Und dafür darfst du dir durchaus mal auf die Schulter klopfen.

Für mich hört sich das eher nach einer depressiven Phase an und an deiner Stelle würde ich tatsächlich mal über eine Therapie nachdenken. Du hast dir selbst keine Wert hinterlegt und scheinst an Selbstzweifeln zu leiden. Genau dabei kann dir therapeutische Hilfe helfen.
 

GrayBear

Aktives Mitglied
Es gibt Menschen, die die Fähigkeit haben vieles "leichter" zu nehmen. Zu dieser Kategorie gehörst Du offenbar noch nicht. Aber nun die gute Nachricht: auch das kannst Du lernen, denn Deine Gedanken gehen schon in diese Richtung. Dein Leben zu beenden ist nur eine verständliche, aber unkluge Abkürzung, denn Du weißt nicht sicher, ob es danach noch weiter geht. Alles von vorne?

In so vielen Weltanschauungen ist einer der zentralen Punkte der: Deine Welt und Dich so zu sehen, wie sie nun einmal sind. Du hast zu wenig geübt, warst zu faul, nicht besessen genug und womöglich auch nicht talentiert genug und das auf verschiedenen Ebenen. Aber das hat auch diverse Vorteile, die Du aber nicht kennst, weil Dein Leben anders verläuft.

Die harte Wahrheit ist: wo andere vielleicht Glück hatten, hattest Du Pech. Wo andere alles gegeben hatten, hast Du Deine Kräfte "geschont". Wo andere von ihren Motivatoren getrieben wurden, hast Du Dir Zeit gelassen. Ich denke, dass einiges davon Deine Entscheidungen waren oder auch die schlichte Erkenntnis, dass Dir nicht mehr möglich war. "Wir können nur tun, was uns möglich ist".

Wozu Du Dich berufen fühlen "könntest" nützt überhaupt nichts, solange Du dieser Berufung nicht folgst und dafür tust, was Dir möglich ist. Wenn Du einen sinnvollen Job haben möchtest, dann musst Du danach suchen, wie Millionen andere auch und dafür Kompromisse und Commitments eingehen und auch das Risiko eingehen zu scheitern. Auf 1 erfolgreichen Unternehmer kommen scheinbar 100, die es nicht sind.

Der Einzige, der Deinem Leben einen Wert verleihen kann bist nun einmal Du. Diese "Werte" werden Dich nicht eines Tages finden sondern Du musst herausfinden, was Dir wertvoll ist und dann danach handeln. Wenn Dir wirklich nichts etwas bedeutet, dann finde heraus, warum das so ist. Dort ist der Beginn Deiner Reise zu Dir selbst.
 
G

Gelöscht 79650

Gast
Wie komme ich da heraus?
Du bist Mathematiker und hast seit Jahren eine Partnerin.
Du BIST etwas Besonderes.
Freu dich drüber.
Dein Perfektionismus führt zu nichts.
Beruflich würde ich das machen, was da ist.
Aber promovier erst einmal.
Eine akademische Karriere weiterzuverfolgen kommt mit großen Nachteilen, denn es ist nicht klar, ob ich jemals eine feste Stelle finden werde.
dann eben ohne feste Stelle.
Zur Not kannst du immer noch in den Schuldienst.
mathelehrer für die Oberstufe werden gesucht wie Gold!
Mach dich locker, du hast viele Möglichkeiten.
(Wie finanzierst du dich aktuell?)
 

NezukoChan

Sehr aktives Mitglied
Ich möchte mich an dieser Stelle schon mal bei allen entschuldigen, die Schicksalsschläge erlitten haben oder es sonst irgendwie nicht leicht im Leben hatten. Meine Schwierigkeiten sind da selbstgemachte Luxusprobleme. Mein Leidensdruck fühlt sich aber real an.

Ich bin 31, Doktorand in Mathematik, werde die Promotion voraussichtlich dieses Jahr abschließen. Ich führe seit vier Jahren eine Fernbeziehung zu einer tollen Frau, mit der ich eigentlich gerne nach meiner Promotion zusammenziehen möchte. Aber ich sehe keinen Sinn, keinen Wert. In meinem Leben, in mir selbst.

Mein Lebenslauf sieht ja gut aus: mit 19 Abitur, mit 23 Bachelor in Physik, mit 24 in Mathe, mit 26 den Master in Mathe und seitdem Promotion, die ich dieses Jahr abschließen werde, jeweils in verschiedenen deutschen Städten.

Aber ich sehe keinen Wert darin: Ich weiß ja, das jedes Jahr tausende dieselben Meilensteine erreichen. Ich mache mir Vorwürfe dafür, dass ich erst nach fünf Jahren das Ende meiner Promotion erreiche, während in Mathe eher drei Jahre die Regel sind. Freunde, die mit mir studiert haben, sind inzwischen Professoren geworden, oder haben Berufe angenommen, in denen sie aufgehen. Ich habe Freunde, die nach Feierabend Jazzkonzerte geben, während ich die Instrumente, die ich als Jugendlicher mal gelernt habe, kaum beherrsche. Ich bin in keiner Sportart besonders gut, sehe, wenn zwar nicht übergewichtig, doch eher unsportlich aus. Ich habe nie im Ausland gelebt, keine Hobbies, kurzum, nichts, was mich irgendwie als Mensch interessant oder besonders macht.

Ich weiß, ein Mensch sollte aus sich heraus besonders sein. Aber ich bringe es nicht fertig mich so zu sehen. Scheinbar, weil ich viele Vergleiche anstelle. Nun stört mich nicht, dass ich kein Wunderkind bin. Aber es macht mich fertig, zu sehen, dass ich nicht die beste Version dessen bin, was ich hätte sein können. Ich hätte ja mit mehr Anstrengung zeitiger mit Studium und Promotion fertig werden, mich um ein Auslandsjahr bemühen, mehr auf meinen Instrumenten geübt oder mich mehr um meine Sportlichkeit gekümmert haben können. Um all diese Versäumnisse zu wissen, frisst meine gesamte Selbstachtung auf.

Und dann ist da die Angst. Ich war gut in der Schule und habe mir nie Sorgen um meine Leistungen gemacht. Seit dem ersten Studiensemester ist Angst vor der Zukunft, Druck, nicht versagen zu dürfen, weder fachlich noch als Mensch, die meisten Zeit mein Begleiter. Während des Schreibens meiner Masterarbeit besonders Schlimm, sodass ich in der Zeit Psychotherapie in Anspruch und Antidepressiva genommen habe, um wenigstens zu funktionieren.

Ich habe keine Idee wie es in Zukunft weitergehen soll. Eine akademische Karriere weiterzuverfolgen kommt mit großen Nachteilen, denn es ist nicht klar, ob ich jemals eine feste Stelle finden werde. Einen Job außerhalb der Uni anzunehmen fühlt sich nach fachlichem Scheitern an, obwohl es das nicht sollte. Und wo kann ich arbeiten? Als Mathematiker sind Finanzindustrie, Unternehmensberatungen oder Softwareentwicklung naheliegend. In allen diesen Bereichen gibt es aber viele Bewerber, die passender qualifiziert sind. Außerdem kann weder mit meinen Werten vereinbaren, Finanzprodukte zu entwickeln, die niemand wirklich braucht, noch Leuten mit Bullshit-Präsentationen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich kann mir für mich keine Zukunft vorstellen, die mir wertvoll vorkommt.

Ich plane zwar nicht konkret, mich umzubringen, aber darüber nachzudenken, wie mein Umfeld darauf reagieren würde, wie ich mich verabschieden würde, oder wie ich mich vorher von meiner Freundin trennen sollte, um ihr den Schmerz zu ersparen, kann kein gutes Zeichen sein.

Am liebsten hätte ich einfach die Selbstachtung und den Selbstwert, dass das alles aufhört. Oft lese ich, ich solle mir gut zureden, mir meine Stärken und Leistungen bewusst machen und das, was mich besonders macht. In mir regt sich aber sofort Widerstand, der sagt, dass ich mir da doch etwas vormache. Wie komme ich da heraus?
Also erstmal kannst du meines Erachtens sehr stolz auf dich sein. Du hast ein beachtliches Resümee vorzuweisen, wovon viele nur träumen können. Die Hautprobleme sind dein negatives Selbstbild und dass du dich zu sehr mit anderen vergleichst. Ich habe es nun so verstanden, dass du aktuell nicht mehr in Therapie bist....diese würde ich wieder aufnehmen, besonders da du dich phasenweise mit Suizidgedanken auseinandersetzt. Ich finde es gut, dass du es wenigstens schon mal versucht hast, dir deine Leistungen und Meilensteine bewusst zu machen....aber du scheinst eine Blockade zu haben, die man wohl nur durch professionelle Unterstützung wieder lösen kann. (evtl. dann in Kombination mit einer geeigneten Medikation). Alles Gute ...
 

NezukoChan

Sehr aktives Mitglied
Ach ja ganz vergessen....Und lass dir bloß nicht einreden / rede dir selber ein, dass deine Gefühle keinen Bestand hätten. Jeder kann mal in so eine Geschichte rutschen...Schicksalsschläge hin oder her.
 

Nikos

Mitglied
Du hast alle Chancen der Welt und scheinst dich grad in einer depressiven Phase zu befinden. Das kann jedem passieren, gerade in einer Zeit voller Krieg, Corona, gesellschaftlicher Spaltung und allgegenwärtiger Negativmanipulation.

Ich schlage vor du suchst eher früher als später Rat bei einem Therapeuten. Je weniger du abrutscht, desto besser, also besser heute als morgen.

Dein Leben kann eines werden, von dem die meisten nur träumen.
 
M

Meinung282

Gast
"Ich sehe keinen Wert in meinem Leben." ist mir zu unkonkret. Auch das Fass, was Du dann auf machst, vom privaten, zum beruflichen und wieder zurück, finde ich viel zu unsortiert.

Sortiere doch erst mal Deine "Probleme" (vor allen Dingen zwischen privat und beruflich!) und setze Dir dann konkrete Ziele.

Ja, sicherlich gehört zum Umzug sich einen Job zu suchen, damit die finanzielle Basis stimmt. Aber was genau spricht jetzt dagegen sich vielleicht beruflich erst mal nicht den absoluten Traumjob heraus zu picken, sondern eben sich selbst und die Freundin voran zu stellen? Ich denke sie hat ja vier Jahre lang genug auf Dich gewartet.

Du musst auch kein Supersportler sein. Aber die Wahrheit ist: Wenn klar ist, dass Du zukünftig einen Beruf haben wirst, bei dem Du viel sitzt, dann musst Du Dir wenigstens einmal die Woche Sport gönnen. Nicht, um irgendwelche Meilensteine zu erreichen, sondern einfach um fit zu bleiben. Du bist jetzt 31. In Deinem Alter merkt man das noch nicht. Aber frag doch mal Leute hier jenseits der 40. Da fangen die Probleme nämlich an.

Während des Schreibens meiner Masterarbeit besonders Schlimm, sodass ich in der Zeit Psychotherapie in Anspruch und Antidepressiva genommen habe, um wenigstens zu funktionieren.
Genau das ist eben die Gefahr bei Pillen: Das Problem oder die Art, wie man körperlich reagiert wird weggedrückt, obwohl die grundlegenden Probleme ja weiter existieren und dann irgendwann wieder zum Vorschein kommen, sobald man erneut in eine anstrengende Lebensphase gerät. In der Psychologie gibt es diesbezüglich ja auch andere Ansätze, die das Leben mit einem Feld beschreiben:

Du sagst, dass da tausende auf dem Feld sind. Alle müssen durchnavigieren. Manche haben dabei mehr und manche weniger Schwierigkeiten, weil Menschen ja ganz unterschiedlich sind. Manche sind 'agiler'. Agilität bedeutet dabei nicht, dass die schlauer wären, mehr wüssten, sondern einfach, dass sie resistenter gegen Stress sind und sich extrem gut anpassen können.

Du kannst weder Deine Resistenz, noch Agilität steigern, indem Du Schmerzen oder Stress versuchst zu vermeiden. Um noch mal zum Sport zu kommen: Einer der Bodybuilding macht hat ja (vor allen Dingen beim ersten Mal) auch Schmerzen und einen gewissen Stress. Aber der navigiert da durch. Und beim nächsten Mal weiß er besser damit umzugehen.

Du stehst jetzt vor einem Haufen "Probleme": Job suchen, umziehen, sich eine gute Basis schaffen usw. Dein Leben wird sich ändern. Und Du scheinst meiner Ansicht nach Angst vor dem Aufwand zu haben, Angst vor allem, was sich da ändern wird.

Außerdem kann weder mit meinen Werten vereinbaren
Da sind wir wieder beim Punkt: Setz Prioritäten. Erst brauchst Du eine Basis. Die Miete will gezahlt werden, der Kühlschrank muss gefüllt werden. Dann kannst Du Dich um "gesellschaftliche Werte" kümmern und die Welt retten.
 

Traulicht

Aktives Mitglied
Meine Schwierigkeiten sind da selbstgemachte Luxusprobleme. Mein Leidensdruck fühlt sich aber real an.
Deine Schwierigkeiten sind nicht "Luxusprobleme". Sie sind sehr ernst. Und ich finde es gut, daß du dich ihnen aktiv stellst.
Ich führe seit vier Jahren eine Fernbeziehung zu einer tollen Frau, mit der ich eigentlich gerne nach meiner Promotion zusammenziehen möchte.
Auch ich möchte dich zu dem, was du bisher erreicht hast, beglückwünschen. Physik, Mathematik... wow! Das sind sehr schwierige Fächer. Aber du beherrschst sie, machst sogar eine Promotion! Und dann wollen deine Freundin und du zusammenziehen. Nach vier Jahren Fernbeziehung ein aufregender Schritt in eine gemeinsame Zunkunft! Darauf freut ihr euch bestimmt schon sehr.
Ich habe nie im Ausland gelebt, keine Hobbies, kurzum, nichts, was mich irgendwie als Mensch interessant oder besonders macht.
Was finden deine Freundin und deine Freunde an dir interessant? Hast du sie schon einmal danach gefragt?
Und dann siehst du ja, daß sich auch hier sehr viele Menschen für dich interessieren und dir gerne helfen würden. Keine Hobbies? Das kann ich nicht glauben! Jeder macht irgendetwas gerne. Magst du vielleicht ein bißchen darüber schreiben, was dir so in deinem Leben Freude schafft? Lieblingsessen? Oder doch ein warmes Schaumbad? Ein Filmeabend mit Popcorn? Du wirst viele Menschen treffen, die sich auch an solchen "Kleinigkeiten" erfreuen.
Und dann ist da die Angst. Ich war gut in der Schule und habe mir nie Sorgen um meine Leistungen gemacht. Seit dem ersten Studiensemester ist Angst vor der Zukunft, Druck, nicht versagen zu dürfen, weder fachlich noch als Mensch, die meisten Zeit mein Begleiter.
Das Studium scheint dir sehr viel abzuverlangen. Es ist nicht schön, daß du diese Angst und den Druck empfindest. Ich hoffe, daß du mit der Promotion einen Schlußstrich unter diese Ängste ziehen kannst.
Außerdem kann weder mit meinen Werten vereinbaren, Finanzprodukte zu entwickeln, die niemand wirklich braucht, noch Leuten mit Bullshit-Präsentationen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich kann mir für mich keine Zukunft vorstellen, die mir wertvoll vorkommt.
Hast du schon mal über Lehramt nachgedacht? Viele Schüler verbinden mit dem Fach Mathematik Probleme oder gar Angst. Engagierte Lehrer können da viel bewirken und jungen Menschen zu Selbstbewußtsein verhelfen. Das wäre doch etwas sinnstiftendes? Wenn du das ausprobieren möchtest, könntest du dich in einem Nachhilfeinstitut bewerben. Du würdest bestimmt mit Kußhand genommen. Ganz sicher!
Ich plane zwar nicht konkret, mich umzubringen, aber darüber nachzudenken, wie mein Umfeld darauf reagieren würde, wie ich mich verabschieden würde, oder wie ich mich vorher von meiner Freundin trennen sollte, um ihr den Schmerz zu ersparen, kann kein gutes Zeichen sein.
Nein, ein gutes Zeichen ist das nicht. Wenn du das Bedürfnis hast, mit jemanden über diese Gefühle zu sprechen, würde auch ich dir zur Wiederaufnahme von Therapiesitzungen raten. Geht es dir dann besser? Manchmal tut es gut, wenn man Sachen laut ausspricht, völlig ohne Angst vor der Reaktion des Gegenübers. Du liebst deine Freundin sehr und sie dich. Sprichst du mit ihr über deine Gedanken? Gegenseitiges Vertrauen ist sehr wichtig für eine gesunde Beziehung.
Oft lese ich, ich solle mir gut zureden, mir meine Stärken und Leistungen bewusst machen und das, was mich besonders macht. In mir regt sich aber sofort Widerstand, der sagt, dass ich mir da doch etwas vormache.
Langfristig ist es wichtig, daß man aus sich selbst heraus Selbstbewußtsein findet. Aber es ist auch nicht verwerflich, andere Menschen zu bitten, daß sie dir sagen, wo deine Stärken liegen und was du schon alles im Leben erreicht hast. Vielleicht würde es ja auch helfen, wenn du dir einen schönen Brief schreiben ließest, zum Beispiel von deiner Freundin oder deinen Eltern. Den könntest du dann lesen, wenn es dir schlecht geht.
Wie komme ich da heraus?
Indem du dir klar darüber wirst, was du im Leben möchtest, worin du gut bist und was dein Herz höher schlagen läßt.

Ich drücke dir für deine Promotion ganz feste die Daumen.
 

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