Das deutsche Bildungssystem ist eins der durchlässigsten der Welt. Es gibt nur wenige Länder, die derart viele Bildungswege und Aufstiegschancen bieten.
Wenn du an einer regulären Schule das Abi wegen zu vieler Fehlzeiten nicht schaffst, musst du es z.B. im Fernstudium machen, wo keine Anwesenheitspflicht besteht.
Wobei ich dir SEHR von einem Studium abraten würde. Mit deinen aktuellen Problemen wirst du nämlich spätestens im 2. Semester rausfliegen (also zwangsexmatrikuliert... mit deutschlandweiter Sperre für diesen Studiengang und zwar lebenslang).
Denn auch an der Uni interessieren die sich nur wenig für psychische Probleme. Meist wird dir da nur die Frist verlängert, bis der du gewisse Prüfungsleistungen ableisten musst. Dass man ein paar Semester Zeit hat, seine psychischen Probleme zu kurieren. Aber irgendwann verlieren hier auch Unis ihre Toleranz. Die sagen knallhart "entweder Sie arbeiten an ihren Problemen oder sie können gehen". Extrawürste gibt es nur bei Behinderungen und Krankheiten, die nicht behandelbar sind. Das trifft auf dich aber nicht zu, da offiziell all deine Krankheiten behandelbar wären.
Die wollen allzu großen Sozialphobikern auch gar keinen Abschluss geben, da zum Abschluss ein Mindestmaß an Social Skills gehört. Sind die (z.B. aufgrund von Krankheit) nicht vorhanden, werden sie - auch, um den Ruf der Uni nicht zu gefährden - jede Möglichkeit nutzen, um Betroffene möglichst frühzeitig wieder loszuwerden.
In meinem ersten Semester gab es übrigens ein Begriff, der in JEDEM Fach wichtig war: Pflichttutorium. Da musste man hin, wenn man die Zulassung zur Prüfung bekommen wollte. Man durfte eine Hand voll Termine fehlen (bis zu 3mal), wer öfter fehlte, durfte im Folgesemester gleich nochmals kommen. Hast du die Prüfungszulassung nicht fristgerecht bekommen (z.B. bis Ende 2. Semester), wurdest du gleich rausgeschmissen.
Hinzu kam, dass in nahezu allen Fächern Aufgaben in AbgabeGRUPPEN (3-4 Leute) zu lösen waren. Die Aufgaben musste man anschließend vorne an der Tafel präsentieren können. Eine Gruppe musste man natürlich ebenso selber finden.
Sicher, der Anteil an Gruppenarbeit variiert je nach Uni an Studiengang. Es ändert jedoch nichts daran, dass es überall Fächer mit Anwesenheitspflicht gibt und du überall mit anderen Studenten zurecht kommen musst. Zumal: nehmen wir mal an, du schaffst das Studium doch (weil du an eine seeeehr kulante Hochschule gerätst): und dann? Was machst du mit dem Abschluss?
Es wird dir also nichts anderes übrig bleiben, als zuerst wieder und wieder an deinen Problemen zu arbeiten. Und wenn du 50 Therapien machen musst, ehe eine wirkt. Die Schuld auf das Bildungssystem zu schieben, wird dir nichts nutzen. Die Anwesenheitspflicht in der Schule soll schließlich lediglich den Anforderungen auf der Arbeit bzw. im Studium vorbereiten.
Bei mir an der Uni sind die meisten Sozialphobiker übrigens genauso einsam geblieben wie zuvor. Es ist den gesunden Studis schlicht zu mühsam, denen ständig mit Kontakt hinterherzurennen. Ein Studium KANN hier eine Chance sein,neue Freunde zu finden (niemand kennt dich, du kannst nochmals von vorne anfangen), vorausgesetzt, du hast deine Probleme vorher behoben.