Hallo,
Nun, ich glaube unsere Generation steht zwischen den Fronten. Auf der einen Seite sollen wir nach dem alten System leben, das besagt „wenn Du 40 Jahre lang arbeitest und fleißig in die Rentenkasse einzahlst, bekommst Du am Anfang und in der Mitte des Lebens ein Gehalt und dann eine Rente“ – und gleichzeitig bricht genau dieses System zusammen.
Kaum ein Mensch hält das Arbeitsleben heutzutage bis 67 durch. Viele wechseln ihre Karriere im Laufe des Lebens. Also zu denken: ich bin 35, der Zug ist abgefahren <-das hatte vielleicht früher mal, als man sein ganzes Leben lang nur eine Karriere hatte, vielleicht eine gewisse Berechtigung. Aber in einer Zeit, in der es ganz normal ist mit 40 noch mal von vorne durchzustarten und dann vielleicht sogar noch einmal (oder zweimal
?) mit 60+ sehen die Dinge ganz anders aus.
Betrachte Dein momentanes Leben also am besten nicht als eine verkorkste Laufbahn, sondern als BEGINN Deiner zweiten Karriere. Deine erste Karriere ist halt nicht so toll gelaufen…na und?
Du hast Fehler gemacht und daraus gelernt, viel Weisheit erworben und Dich weiterentwickelt, was Dir in Deiner Zukunft sehr helfen kann.
Bei mir hat meine erste Karriere auch nicht hingehauen (habe das Falsche studiert und fand keinen Job), weshalb ich mit 36 eine Ausbildung zur psychotherapeutischen Heilpraktikerin begonnen habe.
Ob ich davon in den nächsten Jahren leben kann? Vielleicht erst einmal nicht. Doch dann, wenn ich mich jenseits der 60 noch immer selber ernähren muss anstatt von irgendeiner Rente zu leben, habe ich bestimmt genug Erfahrung angesammelt, so dass ich Patienten und auch Geld durch meine Erfahrung bekomme.
Man sagt, es gibt zwei Arten von Intelligenz: Die sogenannte fluide Intelligenz (Flexibilität, Auffassungsgabe) und die Erfahrungsintelligenz.
Je älter man wird, desto mehr nimmt die erste Art der Intelligenz ab (man kann aber dagegensteuern ;-)) und die zweite Art der Intelligenz zu. Deshalb dürfte es das Beste sein, im Alter von 30+ eine zweite berufliche Laufbahn zu wählen, in der einen später die Erfahrungsintelligenz zu Gute kommt, anstatt beispielsweise eine Sachbearbeiterlaufbahn mit 1-Jahresverträgen, Altersdiskriminierung und der Anforderung sich im Ein-Jahres Turnus in komplett neue Jobs einzuarbeiten.
Seelsorge, Beratung, Therapie, aber auch Recherche, Sprachgefühl, künstlerische Tätigkeiten…darin werden wir immer besser, wenn wir älter werden.
Oder als Spezialist eines bestimmten Faches. Überleg’ Dir mal…vielleicht gibt es da etwas, was Dich interessiert und was Dein persönliches Steckenpferd werden könnte.
Gehe in den Park, schaue in den Himmel und lasse Dir Zeit beim Überlegen.
Und lass Dich nicht weiter verheizen. Entwickele Dich weiter. Nimm Hartz IV in Anspruch und erwerbe Erfahrungen und Wissen mit Zukunftspotential.
Hartz IV Empfänger zu sein ist keine Schande. Nicht die Hartz IV Empfänge haben Deutschland (und die westliche Welt) heruntergewirtschaftet, sondern naive Politiker und gierige Manager, die auf dem Abbau der Importzölle bestanden. Als Folge davon wurden mehr und mehr Arbeitsplätze in Billiglohnländer ausgelagert. Seitdem man in den 80ern die Importzölle abgebaut hat, ist der Wohlstand der Deutschen gesunken.
Gierige Manager haben den Weg frei gemacht für eine Arbeitswelt, in der Ausbeute, Leiharbeit, Altersdiskriminierung, Überforderung, Niedriglöhne und Frust der Arbeitnehmer (und dadurch Mobbing!) an der Tagesordnung sind. Klinke Dich aus! ;-)
Ja, ich weiß, einige mit gut bezahlten Jobs werden nun sagen „SO schlimm ist das alles auch nicht.“ Ich kann darauf nur antworten: ich drücke Euch die Daumen, dass Ihr weiterhin zu denen gehört, die Glück haben, die gute Entscheidungen treffen (Fehlentscheidungen können jedem passieren) und die gesund bleiben!