reisend
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Das mit dem Kontrollverlust, könnte das mit deinem Gewalterlebnis zusammenhängen?Ich mag keinen Kontrollverlust. Ich möchte nicht hilflos sein.
„Selbstoptimierung“ ist nicht freiwillig gewählt. Ich will nur Schlafen und auf die Toilette. Ich würde es favorisieren, wenn ich kiloweise Baklava und literweise Cola in mich reinstopfen könnte und danach vor dem Fernseher abhängen und das trotzdem können.
Mit "Selbstoptimierung" meinte ich genau das, also nicht, dass du dich perfektionieren willst, sondern dass du versuchst alles zu tun, um schlafen und in Ruhe auf Toilette zu können. Ich kenne das auch gut. Ich hatte eine Phase, in der ich immer so und so oft pro Woche Meditation oder Entspannungsübungen machen "musste", damit ich ausgeglichen bin. Außerdem mindestens einmal pro Woche Sport. Wenn ich das dann mal nicht geschafft habe oder mich schwer aufraffen konnte, habe ich mich super gestresst und mir gesagt, dass ich dann die ganze Woche nicht gut "funktionieren" werde. Es war also dieser Glaubenssatz: "Du musst Sport/Meditation/etc. machen, sonst funktionierst du nicht, kriegst Beschwerden, bist schlecht drauf" oder anders gesagt "Dann tritt die Katastrophe ein". Das hat aber nur dazu geführt, dass ich mich zusätzlich gestresst habe, mich entspannen zu müssen, was dann natürlich eher einen gegenteiligen Effekt hatte.
Klar, das hängt alles auch mit Kontrolle zusammen, denn dadurch, dass ich mir sage: "Wenn ich das und das mache, dann kann ich das und das vermeiden", versuche ich mir das Gefühl von Kontrolle zu geben. Denn eigentlich ist es eine Vermeidungsstrategie.
Genau das gleiche Thema hatte ich mit dem Essen.
Dieses sklavisch an alle Regeln halten bewirkt Stress in dir. Du denkst: "Wenn ich so und so handele, muss das und das passieren." Du möchtest die Kontrolle haben. Dann merkst du, es ist nicht in dem Maße kontrollierbar, wie du dir das vorstellst. Dadurch merkst du auf der einen Seite, dass du es eben nicht auf diese Art kontrollieren kannst. Auf der anderen Seite erzeugt es Wut in dir, weil du schon so viel machst, dir so viel Mühe gibst, dir so viel Stress machst, und es trotzdem nicht klappt. Dieses Gefühl von Kontrollverlust und Stress und diese Wut könnten genau der Grund dafür sein, dass du nicht gut schläfst. Betonung liegt auf könnten, das sind nur Vermutungen. Und es soll keine Schuldzuweisung sein, nur eine mögliche Erklärung.Ich bin wütend, weil ich mich sklavisch an alle Regeln halte und quasi alles richtig mache. Ich verzichte auf Kaffee, ich verzichte auf grösstenteils sogar auf Tee, ich trinke nicht, ich treibe Sport, ich halte mich an eine spezielle Diät (wegen chronischer Krankheit in Absprache mit Arzt), ich habe Abends kaum Screentime. Ich habe eine Abendlichtlampe.
Ich verzichte auf Proteinpräperate für den Muskelaufbau - sehr ungern!
Ungeachtet dessen habe ich diese Probleme. Das ist doch nicht fair.
Ich war wegen die Gewalterfahrung in Therapie. Ich habe das bereits aufgearbeitet
Eine Möglichkeit wäre dir zu sagen, ok, ich mache eh schon alles, und ich habe gesehen, es klappt nicht. Dann kann ich auch genauso gut weniger davon machen, also es nicht so "sklavisch" machen, denn wenn es eh so nicht klappt, dann macht es ja keinen Unterschied, ob ich etwas mehr oder etwas weniger mache. Die Frage ist auch, diese Dinge die du machst, sind das Dinge die dir gut tun oder ist es wie eine Liste, die "man abarbeiten muss, weil sie ja einer Person gut tun sollten/sie entspannen sollten". Vielleicht kannst du den Fokus eher darauf legen: "Was brauche ich, was tut mir gut?" Und erstmal weniger machen, und vielleicht ist es dann genau dadurch etwas entspannter, dass du eben nicht sklavisch eine lange Liste abarbeiten musst.
Du schreibst, du hast die Gewalterfahrung aufgearbeitet. Es klingt aber danach, dass da noch Aufarbeitungsbedarf ist. Auch wenn es vielleicht nicht direkt damit zu tun hat, aber es belastet dich sehr und da könntest du auch nochmal überlegen, da nochmal weiter dran zu arbeiten.