Heute war schon wieder kein guter Tag, allerdings war dieser Tag auch nicht unbedeutend und vielleicht ja auch eine Art Knackpunkt. Man sagt ja immer, dass es erst richtig beschissen werden muss bevor es bergauf gehen kann, oder?
Eins nach dem anderen - ich fange mit meinem Morgen an. Heute bin ich wieder relativ spät aufgestanden, ich konnte die Nacht nicht schlafen. Gleich nach dem Aufstehen habe ich mir einen Kaffee gemacht und mir was Süßes geholt, dann habe ich mich an die Arbeit gesetzt. Mir ging es schlecht, aber wann ging es mir gut? Alles im erträglichen Rahmen und nichts außerhalb der Norm. Solange ich im Flow bleibe, bin ich hochfunktional und solang ich hochfunktional bin, kann es gar nicht schlecht um meine Psyche stehen. Also her mit der Arbeit. Mit welchem meiner Jobs soll ich beginnen? Jemand hat Arbeit? Hier bin ich, gerne aufbürden. Wie ein autoritärer Chef seine Mitarbeiter, versklavte ich mich selbst für einen Job, der es mir nicht danken wird. Meine Eltern sind außer Haus, die Blätter und Aufgaben die sie mir aufbürden stapeln sich. Das ist nicht schlimm, auf mich ist verlass, ich fühle mich verantwortlich. Ohne mich ist kein reibungsloser Ablauf möglich und wenn ich delegiere, wird es nicht gemacht oder schlecht gemacht und beides bedeutet mehr Arbeit. Doch eine Sache heute war gar nicht mit meiner Routine vereinbar - ich entdeckte meine kleine Schwester beim Vapen. Das warf mich aus meinem Flow und ich hatte keine Kontrolle mehr, ich kann nicht beschreiben was in mir vorging. Ich fing an zu schreien, habe diese blöde Vape aggressiv gegen die Wand geworfen und wurde ausfallend. Aber nach einer Weile war ich gar nicht mehr ausfallend, ich schrie einfach nur noch. Ich schrie und konnte nicht mehr aufhören, ging aus dem Raum, schlug die Tür zu, warf meinen Stuhl durch den Raum und nachdem ich auf meinen Bildschirm sah, habe ich mich einfach nur noch auf den Boden gesetzt und geweint und konnte nicht mehr aufhören. Eins wurde mir klar - ich bin nicht okay. Ja, ich bin hochfunktional, aber nein, das sagt rein gar nichts über meine Gesundheit aus, eher darüber wie einfach es für andere ist damit umzugehen. Ich habe mich selbst komplett heruntergewirtschaftet und meine Grenzen mehrfach überschritten. Monatelang. Natürlich sorge ich mich um das Kind, sie ist meine Schwester. Aber ich glaube nicht, dass die Gefährdung ihrer Gesundheit mich so triggerte. Ich glaube, dass ihre Erziehung eine meiner vielen Aufgaben war und ich das Gefühl hatte in diesem Projekt gescheitert zu sein und dieses Versagen war einfach ein persönliches Problem, ganz losgelöst von meiner pubertären, super anstrengenden Schwester. Ich habe einfach gemerkt, dass nicht alles funktioniert, auch wenn ich jegliche Energie investiere damit es funktioniert...
Dieser emotionale (Ausnahme-)Zustand war keine Ausnahme und das fiel mir auf. Ich hatte schon oft Zusammenbrüche. Ich war die Jahre immer aggressiv, ich war immer depressiv. Mein Körper hat geschrien und mich gewarnt und ich habe es einfach ignoriert, dachte ich stehe da drüber und mir kann nichts was - als wäre ich eine Art Übermensch. Wie weit will ich eig. noch sinken und war mein akademischer Erfolg das ganze wert? Körperlich und psychisch habe ich das schon lange gespürt, ich habe es ignoriert und nun habe ich den Schlag ins Gesicht auch mal verdient, anders wäre ich wohl nicht mehr aufgewacht und wenn ich nichts einlenke, werde ich arbeitsunfähig sein und auch Hilfe brauchen. Ich will was tun, das ist kein lebenswertes Leben mehr.
Was mich an der Sache noch mehr störte war aber gar nicht die Arbeit. Ja, es ist viel und ich muss in jedem Fall einen Schritt zurücktreten, sonst wird mir wieder in den A**** getreten...Aber das Problem liegt mehr an der fehlenden Balance. Mein Haus besteht nicht aus mehreren stabilisierenden Säulen, sondern aus einer einzigen. Als ich diesen Breakdown hatte, wusste ich nicht wohin mit mir. Meine Geschwister sind zu jung und es ist mir peinlich, ich will sie nicht belasten, sie sollen die Kindheit und Jugend haben, die ich nie hatte. Mein Vater emotional nie da gewesen (ich habe ihm zu Silvester die Hand geschüttelt und traue mich nicht mal ihm Gesundheit zu sagen oder ihn anzusehen....) und meine Mutter super Ich-Bezogen. Ich hatte ihr gesagt, dass ich Stress habe, sie fragte mich, ob ich sie hasse oder was das soll. Meine Freunde? Da will ich gar nicht erst anfangen, ich brauche dringend Neue. Ich kann zur Zeit auf keinen mehr zurückgreifen und das Gefühl, diese schmerzhaften Erfahrungen und Gefühle nicht teilen zu können, macht es für mich einfach schlimmer. Als wäre das Leid komplett unbedeutend. Ich kann schreien und zusammenbrechen so oft wie ich will, danach kann ich wieder aufstehen, mir wird ja keiner die Hand reichen. Dann kann ich es auch gleich sein lassen, oder?
Was soll der Schrei nach Hilfe, wenn keine Hilfe eilt. Das ist doch affig.