Origami86
Mitglied
Hallo Ihr Lieben 🙂 !
Ich bitte vorab um Entschuldigung dafür, dass dieser Post relativ lang wird. Es ist komplex und ich habe zwei Jahre "gewartet", bis ich dies hier schreibe. Danke vorab für's Lesen!
Bis Ende Oktober 2020 war meine Welt in Ordnung; dann verlor ich im Rahmen der Pandemie wirtschaftsbedingt meinen Job (Büroleitung in einer kleinen Filiale). Nach dem ersten Schock brach meine Welt komplett zusammen und im Frühjahr 2021 hatte ich ein therapeuthisches Vorgespräch. Diagnose: Schwere depressive Episode, bedingt durch meine Arbeitslosigkeit. Seitdem stehe ich auf der Warteliste (ja, ich habe auch mal nachgehakt/mich bemüht). Ich bin alleinstehend und lebe nun von Hartz IV oder demnächst dann Bürgergeld (was es nur unwesentlich verbessert, wenn man schon so lange raus ist). Ich bin männlich und sechsunddreißig Jahre. Studiert habe ich ein geisteswissenschaftliches Fach und meine Möglichkeiten, beruflich wieder Fuß zu fassen, sind sehr begrenzt (Klassiker, ich weiß).
Das klingt jetzt so, als hätte ich in Sachen Weiterbildung etc. in den zwei Jahren gar nichts versucht, aber glaubt mir: Das Gegenteil ist der Fall; zeitweise erfolgreich. Ich spare es jetzt bewusst aus; notfalls gern nachhaken.
Worum es mir geht: Ich komme nun immer mehr an den Punkt, festzustellen, dass ich mit fast 100% Sicherheit nicht mehr beruflich dort werde anknüpfen können, wo ich aufgehört habe. Übersetzt heißt das: Ich werde ohne staatliche Unterstützung (Wohngeld etwa) nicht mehr leben können; und auf die Rente hinsparen schon einmal gar nicht. Auch all meine Träume - ich wollte z.B. viel reisen, bis 2020 wäre das möglich gewesen - zerbrechen nun Stück für Stück. Und ich zerbreche daran zunehmend auch. Es gelingt mir per se nicht, meinen Lebensentwurf neu zu gestalten.
Mit sechsunddreißig, studiert, jung und arbeitswillig - und dann kein ausreichendes Einkommen, um etwas zurückzulegen oder auch nur kein Wohngeld zu beziehen? Zudem wahrscheinlich ein Niedriglohnjob (Supermarkt o.ä.)? Wie geht das, ohne unglücklich zu werden?
Klingt wahnsinnig elitär und abgehoben, ich weiß. So bin ich nicht. Im Gegenteil - das ist das Problem! Wäre ich so, würde es mir (mutmaßlich) leichter fallen, irgendwann mal "Scheiß drauf" zu sagen. Man muss aber die folgenden zwei Dinge über mich wissen:
1) Gerechtigkeit und gegenseitige Augenhöhe sind meine größten und wichtigsten Werte - die stelle ich nicht in Frage. Und um diese durchzusetzen, bin ich auch bereit, zu leiden (ohne, dass ich da ein "Limit" hätte). Überhaupt ist es meine Meinung, dass Werte sich in der Krise beweisen müssen - nicht dann, wenn man im guten Leben darüber nur reden muss, sie aber nicht unter Beweis stellen. Ich will mich damit nicht größer machen, als ich bin. Es heißt aber, ich muss jetzt auch für meine Rechte einstehen (das auf eine angemessene Arbeit und ein gutes Gehalt etwa).
2) Bei wichtigen moralischen Entscheidungen und solchen, die meine Lebensführungen betreffen (und auch nur denen - nicht bei Restaurantbestellungen oder so 😉 ) frage ich mich immer: "Was wäre, wenn ALLE das so machen würden? Wäre die Welt dann besser?" Für den Fall, dass ich jetzt "einknicke", muss ich das leider verneinen.
Es gibt ja diese Methode, seine vorherrschenden Glaubenssätze durch die gegenteiligen zu ersetzen. Ich habe das noch nie "durchexerziert", aber in meinem Fall würde ziemlich sicher rauskommen, dass ich ein sehr hohes Autonomiebedürfnis durch eines nach mehr Bindung und Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, ersetzen müsste. In meiner Schulzeit hatte ich eine Außenseiterposition (teils auch aus chronischen Krankheitsgründen) und habe mich da sehr in meine Noten hineingesteigert. Das wird jetzt wieder getriggert - sehe ich schon, klar. Wobei ich zwischen Noten und einem festen Einkommen nochmal unterscheiden würde.
Das andere ist: Ich hatte (bis etwa Anfang 2021...tja 😕) enge Freunde, die psychologisch das genau gegenläufige Muster völlig übertrieben leben: Alles wird gemeinsam gemacht; niemand ist seiner Entscheidungen Herr oder Frau.
Ich will gern an mir arbeiten, ich bin jeden Tag unglücklich und bringe nichts auf die reihe, aber: Gibt es nicht IRGENDEINEN Weg, nicht nur von einem Glaubensgefängnis ins andere zu wechseln? Und welchen Sinn hat mein Leben überhaupt, wenn ich keiner für mich angemessenen Arbeit nachgehen kann? Ich will mich kreativ (im weitesten Sinne des Wortes) ausdrücken; ich will etwas vorweisen. Ich habe doch nicht umsonst soviel Zeit in Klassenräumen und Hörsälen verbracht, um Gottes Willen!!! Klar, eine Partnerin wäre auch mal schön - und dann? Kinder will ich keine; nicht in dieser grausamen Welt (da muss man nur die Nachrichten lesen). Und selbst, wenn die dann ein ganz gutes Einkommen hätte: Eng wird es dennoch, und bald (damit verbunden) auch ziemlich langweilig. Allein weitermachen geht aber auch nicht - bzw. muss im Zweifel, siehe meinen Punkt 1)
Ach Mensch 😕.
Nun ja, danke für's Lesen! An die, die antworten: Bitte völlig ehrlich sein - und lasst Euch von meinen evtl. dekonstruktiven Antworten nicht schocken; so gehe ich mit mir selbst auch um. Ich argumentiere den ganzen Tag mit mir selbst, da ist der kleine "Advocatus Diaboli" im Kopf irgendwann Standardeinstellung. das ist auch besser; sonst freue ich mich über eine vermeintliche Lösung und stelle zwei Tage später fest, dass es eine Schwachstelle gibt - auch schon passiert. Und dann falle ich richtig tief...
Danke für Eure Antworten 🙂!
Ich bitte vorab um Entschuldigung dafür, dass dieser Post relativ lang wird. Es ist komplex und ich habe zwei Jahre "gewartet", bis ich dies hier schreibe. Danke vorab für's Lesen!
Bis Ende Oktober 2020 war meine Welt in Ordnung; dann verlor ich im Rahmen der Pandemie wirtschaftsbedingt meinen Job (Büroleitung in einer kleinen Filiale). Nach dem ersten Schock brach meine Welt komplett zusammen und im Frühjahr 2021 hatte ich ein therapeuthisches Vorgespräch. Diagnose: Schwere depressive Episode, bedingt durch meine Arbeitslosigkeit. Seitdem stehe ich auf der Warteliste (ja, ich habe auch mal nachgehakt/mich bemüht). Ich bin alleinstehend und lebe nun von Hartz IV oder demnächst dann Bürgergeld (was es nur unwesentlich verbessert, wenn man schon so lange raus ist). Ich bin männlich und sechsunddreißig Jahre. Studiert habe ich ein geisteswissenschaftliches Fach und meine Möglichkeiten, beruflich wieder Fuß zu fassen, sind sehr begrenzt (Klassiker, ich weiß).
Das klingt jetzt so, als hätte ich in Sachen Weiterbildung etc. in den zwei Jahren gar nichts versucht, aber glaubt mir: Das Gegenteil ist der Fall; zeitweise erfolgreich. Ich spare es jetzt bewusst aus; notfalls gern nachhaken.
Worum es mir geht: Ich komme nun immer mehr an den Punkt, festzustellen, dass ich mit fast 100% Sicherheit nicht mehr beruflich dort werde anknüpfen können, wo ich aufgehört habe. Übersetzt heißt das: Ich werde ohne staatliche Unterstützung (Wohngeld etwa) nicht mehr leben können; und auf die Rente hinsparen schon einmal gar nicht. Auch all meine Träume - ich wollte z.B. viel reisen, bis 2020 wäre das möglich gewesen - zerbrechen nun Stück für Stück. Und ich zerbreche daran zunehmend auch. Es gelingt mir per se nicht, meinen Lebensentwurf neu zu gestalten.
Mit sechsunddreißig, studiert, jung und arbeitswillig - und dann kein ausreichendes Einkommen, um etwas zurückzulegen oder auch nur kein Wohngeld zu beziehen? Zudem wahrscheinlich ein Niedriglohnjob (Supermarkt o.ä.)? Wie geht das, ohne unglücklich zu werden?
Klingt wahnsinnig elitär und abgehoben, ich weiß. So bin ich nicht. Im Gegenteil - das ist das Problem! Wäre ich so, würde es mir (mutmaßlich) leichter fallen, irgendwann mal "Scheiß drauf" zu sagen. Man muss aber die folgenden zwei Dinge über mich wissen:
1) Gerechtigkeit und gegenseitige Augenhöhe sind meine größten und wichtigsten Werte - die stelle ich nicht in Frage. Und um diese durchzusetzen, bin ich auch bereit, zu leiden (ohne, dass ich da ein "Limit" hätte). Überhaupt ist es meine Meinung, dass Werte sich in der Krise beweisen müssen - nicht dann, wenn man im guten Leben darüber nur reden muss, sie aber nicht unter Beweis stellen. Ich will mich damit nicht größer machen, als ich bin. Es heißt aber, ich muss jetzt auch für meine Rechte einstehen (das auf eine angemessene Arbeit und ein gutes Gehalt etwa).
2) Bei wichtigen moralischen Entscheidungen und solchen, die meine Lebensführungen betreffen (und auch nur denen - nicht bei Restaurantbestellungen oder so 😉 ) frage ich mich immer: "Was wäre, wenn ALLE das so machen würden? Wäre die Welt dann besser?" Für den Fall, dass ich jetzt "einknicke", muss ich das leider verneinen.
Es gibt ja diese Methode, seine vorherrschenden Glaubenssätze durch die gegenteiligen zu ersetzen. Ich habe das noch nie "durchexerziert", aber in meinem Fall würde ziemlich sicher rauskommen, dass ich ein sehr hohes Autonomiebedürfnis durch eines nach mehr Bindung und Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, ersetzen müsste. In meiner Schulzeit hatte ich eine Außenseiterposition (teils auch aus chronischen Krankheitsgründen) und habe mich da sehr in meine Noten hineingesteigert. Das wird jetzt wieder getriggert - sehe ich schon, klar. Wobei ich zwischen Noten und einem festen Einkommen nochmal unterscheiden würde.
Das andere ist: Ich hatte (bis etwa Anfang 2021...tja 😕) enge Freunde, die psychologisch das genau gegenläufige Muster völlig übertrieben leben: Alles wird gemeinsam gemacht; niemand ist seiner Entscheidungen Herr oder Frau.
Ich will gern an mir arbeiten, ich bin jeden Tag unglücklich und bringe nichts auf die reihe, aber: Gibt es nicht IRGENDEINEN Weg, nicht nur von einem Glaubensgefängnis ins andere zu wechseln? Und welchen Sinn hat mein Leben überhaupt, wenn ich keiner für mich angemessenen Arbeit nachgehen kann? Ich will mich kreativ (im weitesten Sinne des Wortes) ausdrücken; ich will etwas vorweisen. Ich habe doch nicht umsonst soviel Zeit in Klassenräumen und Hörsälen verbracht, um Gottes Willen!!! Klar, eine Partnerin wäre auch mal schön - und dann? Kinder will ich keine; nicht in dieser grausamen Welt (da muss man nur die Nachrichten lesen). Und selbst, wenn die dann ein ganz gutes Einkommen hätte: Eng wird es dennoch, und bald (damit verbunden) auch ziemlich langweilig. Allein weitermachen geht aber auch nicht - bzw. muss im Zweifel, siehe meinen Punkt 1)
Ach Mensch 😕.
Nun ja, danke für's Lesen! An die, die antworten: Bitte völlig ehrlich sein - und lasst Euch von meinen evtl. dekonstruktiven Antworten nicht schocken; so gehe ich mit mir selbst auch um. Ich argumentiere den ganzen Tag mit mir selbst, da ist der kleine "Advocatus Diaboli" im Kopf irgendwann Standardeinstellung. das ist auch besser; sonst freue ich mich über eine vermeintliche Lösung und stelle zwei Tage später fest, dass es eine Schwachstelle gibt - auch schon passiert. Und dann falle ich richtig tief...
Danke für Eure Antworten 🙂!