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Ich teile mal meine Gedanken mit euch.

Wiebke

Neues Mitglied
Hallo,
ich hab mich gerade erst angemeldet und denke immer, dass mir ja eh keiner helfen kann, denn ich weiß eigentlich ganz genau wo meine Probleme liegen. Dennoch geht es mir gerade so schlecht, dass ich einen kurzen Text schreiben will.

Ich habe Blinge-Eating-Disorder verbunden mit einer Depression auf Grund von Einsamkeit und Angst vor Nähe. Woher das kommt? Keine Ahnung.
Ich bin 22 Jahre alt, meine Kindheit verlief märchenhaft, ich studiere, hab einige Freunde.. eigentlich ein tolles Leben.
Allerdings versuche ich mehr das Glück für andere zu sein als mein eigenes Glück zu finden. ich bin also die Person die immer witzig ist, anderen hilft und super nett ist. Allerdings bin ich innerlich sehr einsam. Meinen letzten Freund hatte ich mit 16. Ich hatte ein paar One-Night-Stands und vor kurzem eine Affäre mit einem Typen, der eine Freundin hat. Und jetzt der Hammer: Seine Freundin ist auch eine Bekannte von mir und ratet mal wer zu deren Hochzeit eingeladen ist.
Seit ein paar Wochen esse ich wieder unkontrolliert viel (etwa 4000kcal pro Tag wobei das geschätzt ist) und ich will auch kaum mehr raus gehen. Ich bin unzufrieden mit mir selbst und komme da nicht raus. Im Gegenteil ich nehme Drogen, rauche Zigaretten, obwohl ich weiß wie schlecht das alles für mich ist.. eigentlich mache ich es genau deshalb. Um mein Bild von mir zu bestätigen.
Wie ihr seht weiß ich eigentlich warum ich bin wie ich bin, aber dennoch komme ich nicht aus diesem Loch wieder raus. Ich bin eine Perfektionistin, die ihr Leben so perfekt wie möglich gestalten will... das beziehe ich nicht auf Noten oder sonstige Leistungen. Dazu gehört eher, dass ich mein Leben so aufregend und abwechslungsreich wie möglich leben will. Deshalb denke ich auch sehr abwertend über andere, die in meinen Augen langweilig oder anstrengend sind. Hinzukommend suche ich einen perfekten Kerl, ohne dabei selbst perfekt zu sein. Ich habe eine große Nase, habe seit etwa 10 Jahren Akne und bin auch nicht wirklich schlank. Ihr seht ich habe also auch kein wirklich hohes Selbstwertgefühl, doch an Selbstbewusstsein mangelt es nicht.
Es fällt mir schwer zuzugeben wenn es mir schlecht geht und ich blocke alle männlichen Personen von mir ab, wenn ich sie mag. Ich habe Angst davor verletzt zu werden und erachte mich selbst nicht als gut genug.
Ich habe deshalb in den letzten Jahren eine dicke Mauer um mich aufgebaut und ein Herz aus Stein bekommen. Nicht mal der Tod eines Familienmitgliedes konnte mich richtig traurig stimmen, obwohl ich ansonsten sehr viel Empathie besitze.

Oh Gott das ist ja ein ganzer Roman geworden...Nun gut. Ich weiß nicht, was ich mir hiervon verspreche, aber mir hat es schon gut getan diesen Text einfach zu schreiben. Vielleicht geht es einigen von euch ja auch so. Ich weiß auch, dass ich wieder aus dieser Depression rauskommen werde, da ich schon so einige depressive Phasen in meinem Leben hatte die viel schlimmer waren. Ich hoffe nur es ist bald.
Danke fürs Zuhören/ Lesen.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Hallo, Wiebke,

wenn ich deinen traurigen Bericht so lese, fällt mir sofort das Bild eines nicht authentischen Menschen ein.
Nicht authentisch, damit meine ich, dass Gedanken, Worte und Taten nicht zusammenpassen, ja widersprüchlich sind.

Ich denke, das wäre ggf. ein wichtiger Ansatz, damit Du wieder Dein inneres Gleichgewicht erhältst. Voraussetzung dafür halte ich Deine Einsicht, dass Du nach Authentizität streben "musst." Ich denke, dass sich Deine Essstörung fast "von selbst" erledigt, erledigen könnte, je näher Du Deiner Authentizität kommst.

Wie siehst Du das?

LG, Nordrheiner
 
Zuletzt bearbeitet:

Wiebke

Neues Mitglied
Hallo Nordrheiner,

vielen Dank für deine Antwort. Ich verstehe was du meinst und stimme dir voll und ganz zu. Ich weiß nur nich wie ich die Authentizität am Besten erreichen soll.
Ich bin nicht mal mit mir selbst im Einklang. Versuche jeden Morgen ein "neuer Mensch" zu sein und breche spätestens um die Mittagszeit wieder ab.
Ich weiß einfach nicht wie oder wo ich anfangen soll. Ich hab schon überlegt mir für diesen "Neuanfang" einen Therapeuten zu suchen, doch in der Umgebung nimmt niemand mehr Patienten auf.

Alles Liebe, Wiebke
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gast

Gast
Hallo, ja, wie kommt man/frau aus so einem Tief wieder raus. Erst mal ist es wichtig, dass Du das erkannt hast, dass es dir nicht gut geht. In der Früh aufzustehen und wie ein neuer Mensch zu leben, dass klappt glaube ich nicht - Du schreibst ja auch, dass das am Mittag schon wieder vorbei ist. Steh doch in der Früh auf und nehm dich so an wie du bist - ja es geht nicht gut okay- akzeptiere dich selber. Und dann überleg mal was dir persönlich gut tut. Eine Kleinigkeit. Was wolltest du schon lange mal tun, tu dir doch selber einen Gefallen. Überfordere dich nicht. Ein Wunsch pro Tag, den du dir erfüllst, bereite dir selber eine Freude.
Einen Blumenstrauß pflücken, die Blumen anschauen und auf dich wirken lassen.
Duschen und dann in einen Kuschelschlafanzug und ein schönes Buch lesen, zwischendrin schlafen.
Deine Wohnung, einen Bereich schön dekorieren und sich daran erfreuen
überleg mal, was dir gefallen würde.
Also Aufgaben , die du in deinem jetzigen Zustand schaffen kannst, dich aber nicht überfordern. Dann hast du ein geschafft. Das wär doch gut. Und versuche einen guten Therapeuten/in zu finden - fang jetzt an - da es ja eine Wartezeit gibt. Warst Du schon beim Arzt - geh da auch mal hin - mach einen Termin aus.
Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute, Liebe Grüße
 

Flughunne

Mitglied
Gute Nacht, Frau Wiebke.


Einen passenden Therapeuten ist umständlich zu finden, außer man hat Glück. Andererseits, Sie sind 22, also wie am Anfang Ihres Lebens. Sie können noch viel machen, wenn Sie wollen. Auch einen passenden Therapeuten finden.
Hauptsache, Ihr Leben ist irgendwie in Ordnung, das wünsche ich Ihnen.



 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Hallo Nordrheiner,

vielen Dank für deine Antwort. Ich verstehe was du meinst und stimme dir voll und ganz zu. Ich weiß nur nich wie ich die Authentizität am Besten erreichen soll.
Ich bin nicht mal mit mir selbst im Einklang. Versuche jeden Morgen ein "neuer Mensch" zu sein und breche spätestens um die Mittagszeit wieder ab.
Ich weiß einfach nicht wie oder wo ich anfangen soll. Ich hab schon überlegt mir für diesen "Neuanfang" einen Therapeuten zu suchen, doch in der Umgebung nimmt niemand mehr Patienten auf.

Alles Liebe, Wiebke
Hallo, Wiebke,
um Dir zu helfen, folgende Gedanken:

Wir tun was wir tun - a) weil wir ein Handlungsschema abgespeichert haben oder b) weil wir uns jetzt so entscheiden.
Also wenn wir bei Frust oder bei Hungergefühl uns mit Süßigkeiten vollstopfen, dann entspricht das eher einer abgespeicherten Handlungsanweisung als einer aktuellen Entscheidung.

Abgespeicherte Handlungsanweisung haben die Nebenwirkung, die Gefühle zu beeinflussen. Dem Menschen kann es so vorkommen, dass er fühlt, die Süßigkeiten essen zu müssen. Als nächstes werden die Gefühle selbstständig und agieren auch ohne Beauftragung des Gehirns Wenn Du in dem Moment mit dem Teil Deines Gehirns sprechen würdest, welches die Gefühle manipuliert, wärest Du auf einem guten Wege. Du müsstest quasi Deinem Gehirn sagen: "Jetzt stell Dich nicht so an und gib endlich den Auftrag an die Gefühle, das Verlangen nach Süssigkeiten abzustellen."

Was ich damit sagen will: Es nutzt Dir nichts, wenn Du etwas willst. Du musst schon bereit sein, falsche Handlungsanweisungen zu überschreiben. Und weil falsche Handlungsanweisungen ggf. über Jahre gespeichert und geprobt wurden, benötigt es auch "ein bißchen" Zeit und Übung, um alte gegen neue Handlungsanweisungen zu ersetzen.

Stell Dir vor, ein Mafiaboss gibt seinen Leuten den Auftrag, einen Juwelierladen oder andere Geschäfte in der Stadt zu überfallen. Dies tun sie jede Woche. Es nutzt jetzt nichts, wenn Du als Seelsorger des Mafiabosses den Entschluß triffst, dass sowas nie wieder vorkommen darf. Ist das alles? Was soll der Unsinn? Du bist doch als Seelsorger erst dann authentisch, wenn Du genug A**** in der Hose hast und den Mafiaboss ansprichst und mit ihm darüber redest, was Du als richtig und was als falsch erkannt hast. Und auch das ist noch nicht genug. Der Mafiaboss (Dein Gehirn) muss seinen Leuten (den Gefühlen) den Befehl geben, die Überfälle einzustellen, aufzuhören. Und als Seelsorger musst Du das doch mitbekommen, oder? Du bist erst dann als Seelsorger glaubwürdig und damit authentisch, wenn Du dafür sorgst, dass die Befehlskette vollständig erfolgt, die für das Endziel wichtig ist. Du darfst Dich auch nicht vom Gehirn belügen lassen, so in dem Sinne "ich habe die entsprechenden Überfall-Aufträge meiner Leute verboten".
Dein Job als Seelsorger ist erst getan, wenn der Mafiaboss seine Leute im Griff hat und das von Dir gewünschte Ergebnis real vorhanden ist. Das kann etwas Zeit kosten.

Der Seelsorger Deines Körpers und Deines Geistes, das bist Du. Das ist Dein Ich. Und bisher macht Dein Ich seinen Job einfach miserabel schlecht. Du siehst es an den Ergebnissen. Das ist das Gegenteil von Authentizität. Der Seelsorger, Dein ich, macht seinen Job schlecht.

Wenn der Seelsorger zum Mafiaboss sagt: "Lass Deine Leute die Geschäfte überfallen" und sie tun das auch, dann bist Du authentisch. Aber leider authentisch schlecht.

Kommst Du mit diesen Gedanken klar?

LG, Nordrheiner
 
G

Gast

Gast
Liebe TE,

bitte definiere "märchenhaft verlaufende Kindheit" etwas genauer. Mir scheit, da wird etwas verdrängt.
 

Wiebke

Neues Mitglied
Ihr seid alle so lieb, ich hätte nie mit so viel Resonanz gerechnet.


Ich habe die letzte Woche einfach mal das getan wonach mir so war: Feiern gehen, nicht die Uni besuchen, mich mit Freunden treffen.. das hat mir alles sehr gut getan. Ich hab mich wieder wie ich selbst gefühlt, aber irgendwann muss man ja sein Leben wieder in den Griff kriegen und was schaffen: und da geht der Zyklus wieder von vorne los: ich nehme mir dinge vor, setze sie nicht um und falle in ein Loch.


Was mir helfen würde ist Sport treiben. Danach fühle ich mich immer besser, aber erstmal hinzugehen ist schwer.


"märchenhaft verlaufende Kindheit" ist wirklich so gemeint: verliebte, fürsorgliche Eltern, Urlaub in den Bergen, tolle Geburtstagsfeiern, nette Freunde, ... es gibt nicht großes zu beanstanden.


Bei mir ist es auf jeden fall ein Handlungsschema was abgespeichert ist. Es fing schon mit etwa 15 an, dass ich nach Hause kam, der Fernseher ging an und davor habe ich gegessen in Mass, weil auch niemand da war. Wenn man mich sehen würde, würde man das nicht von mir denken, weil ich keine schlechte Figur habe, aber innerlich fühle ich mich schrecklich.


Natürlich muss ich irgendwie die Kontrolle über meine Gefühle zurück gewinnen, doch das ich leichter gesagt als getan. Ich bin keine Person, die gerne groß leidet oder Kleinigkeiten die Schuld für das eigene Verhalten gibt. Ich bin einfach einsam und mich vor der Welt zu verstecken ist nunmal einfacher als sich ihr zu stellen..


Vielen Dank für die vielen Antworten. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Also, ich bin kein Experte, aber meiner Meinung nach solltest Du dringend einen Experten aufsuchen. Das alles, Essstörungen, Drogen usw. klingt nicht danach, dass Du das tatsächlich unter Kontrolle hast.

Sicherlich ist das hier alles richtig und gut gemeint, sich selbst finden und akzeptieren, authentisch sein usw., doch wahrscheinlich befindest Du Dich bereits in so einem Teufelskreis, aus dem es schwer ist alleine auszubrechen.

Wenn Du alleine den Weg zu einem Experten nicht schaffst, dann such' Dir eine irgendwie vertraute Person, die Dir genau dabei hilft, einen Experten schnell zu finden (Familie, Freunde, vielleicht ein Hausarzt, jemanden, den Du nett findest). Und warte nicht zu lange!

Alles, alles Gute dabei!!!
 

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