Das wird jetzt ein bisschen längere Story. Also ich habe Anfang der 2000 einen Job angenommen, der sehr anspruchsvoll war. Und stressig. Der Job wurde immer anspruchsvoller und stressiger mit der Zeit. Bis ich dann nach knapp acht Jahren fix und fertig war. Ich habe aufgehört. Danach wollte (und konnte) ich nichts mehr anspruchsvolles machen. Ich habe auch nichts ordentliches gefunden. Deswegen habe ich im Home-Office angefangen. Der Job war trotz allem gut bezahlt, die Bedingungen o.K. Aber die Arbeit war eintönig, viel telefonieren und keinen Kontakt zu Kollegen. Ich war also gar nicht im Büro, vielleicht so zweimal im Jahr zu Besprechungen.
Am Anfang war das sehr gut, um mich auch von meiner Stresssituation zu erholen. Aber es hatte viele Nachteile. Die Kollegen gaben Infos nie weiter. Ich wusste, nie was los ist. Das war schon richtig peinlich. Man fragt ja auch nicht permanent nach (dazu muss man ersteinmal wissen, wonach man fragen soll). Wenn ich mal im Büro war, sprach kaum einer mehr als "Hallo" mit mir. Eine Dame giftete mich auch regelmäßig an. Sie wäre ja auch sooo gerne "zu Hause" und würde auf der faulen Haut liegen...
Meine Ängste, die ich schon vor dem Home-Office hatte, wurden verstärkt. Ich bekam aufeinmal Angst vor Menschen. Vor Kritik. Vor Ablehnung. Ich zog mich immer mehr zurück. Und ich hatte das Gefühl, nichts mehr zu können. Es gab auch wenig Feedback, wenn überhaupt gab es nur "Druck". Ich habe meine Arbeit geschafft, aber auch nicht mehr. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr in einem "normalen Job" mit "normalen Kollegen" bestehen zu können.
2013 besuchte ich einen Therapeuten. Der war ein ziemlicher Ar.... Aber ehrlich. Er sagte, ich verstecke mich. Wäre feige. Und ich arbeite unter meiner Qualifikation. Das verstärkt meine Ängste noch. Ich brauche einen anderen Job.
Im Frühjahr 2015 lief dann mein Vertrag aus. Das habe ich so stehen lassen. Ich habe damals eine anspruchsvolle ehrenamtliche Aufgabe übernommen (vorher habe ich auch ehrenamtlich gearbeitet, aber ohne Druck). Eine Arbeit, wo ich vielen sozialen Kontakten und auch Zeitdruck ausgesetzt war. Habe ich auch nicht so auf die Reihe bekommen, wenn ich ehrlich bin. Selbstbewusstsein zerstört. Bei jeder Bewerbung hoffte ich, das ich abgelehnt werde. Weil ich es nicht schaffe. Weil ich doch so lange nicht mehr "normal" gearbeitet habe.
Das ganze hat sich jetzt verändert. Und ich merke, das ich gar nicht so viel verlernt habe. Natürlich habe ich immer noch Angst zu versagen. Nicht bleiben zu können. Aber ich habe nicht mehr das Gefühl, das ich mit Menschen oder Arbeit total überfordert bin. Ich merke, das ich doch noch etwas leisten kann.
Was ich sagen wollte: Ich bin durch das Home-Office in eine Vermeidungsstrategie gerutscht. Ich habe das, was mir Angst und Streß machte, vermieden. Dadurch bekam ich einfach noch mehr Angst. Anstatt mich damit ordentlich auseinander zu setzten. Das ist eine große Gefahr.
Wenn man Home-Office macht, z.B. wegen der Familienfreundlichkeit oder weil es zum Character passt, dann ist es gut. Wenn man es macht, um einer Angstsituation zu entgehen, dann kann es einen auch schaden. Weil es eben diese Ängste verstärkt. (Anstatt das man damit lernt umzugehen).
Irgendwann verlässt man dann gar nicht mehr das Haus, vor lauter Angst. Das ist keine gute Entwicklung.
Aber die Frage, ob es Dir eher hilft oder schadet musst Du selbst mit Dir ausmachen. Allerdings solltest Du wirklich ehrlich mit Dir sein: Vermeidung? Führt das nicht bei Dir dann zu einer Verstärkung der sozialen Ängsten?