Gesetzliche Voraussetzungen
An der euphemistisch als „Euthanasie“ bezeichneten gezielten Tötung kranker, behinderter und schwacher Menschen, die nach den Vorstellungen der Rassen- und Erbpolitik der nationalsozialistischen Regierung zu einer reinen und gesunden arischen Rasse führen sollte, war die Krankenpflege in nicht unerheblichen Maße beteiligt. Allen humanitären Idealen zum Trotz waren Krankenschwestern, überwiegend auf ärztliche Anweisung, an der Ermordung Tausender pflegebedürftiger Kinder und Erwachsener beteiligt.
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933[22] führte die „rassenhygienische Ausmerze“ schrittweise über Zwangssterilisierungen und Zwangsabtreibungen zu den ersten „Gnadentoden“ schwerbehinderter Kinder, die ab dem Jahre 1939 zur systematischen „Kinder-Euthanasie“ und später zur „Erwachsenen-Euthanasie“ führten. Ein Schreiben Hitlers aus dem Oktober 1939, rückdatiert auf den Kriegsbeginn am 1. September 1939, ist der Beginn der Ermordung hunderttausender Patienten, überwiegend psychisch Kranker und Behinderter im Rahmen der „Aktion Gnadentod“, die auch als „Aktion T4“ bezeichnet wird. Dieser Erlass gab Ärzten die Befugnis, nach menschlichen Ermessen unheilbar Kranken den „Gnadentod zu gewähren“. Damit wurde für die Beteiligten das Strafgesetzbuch außer Kraft gesetzt, und die Morde an nicht heilbaren Patienten, beispielsweise dauerhaft Behinderten, wurden legitimiert.
Zum Teil bezog sich die Mittäterschaft auf die Unterstützung des Systems, aber auch nach dem Aussetzen der Aktion T4 haben Schwestern in verschiedenen Anstalten des gesamten Reichsgebietes ab 1941 im Rahmen der Aktion Brandt, die dezentrale und geheime Fortführung der Aktion T4, aktiv Patienten ermordet. Teilweise geschah dies durch Medikamentengabe oder durch eine gezielt herbeigeführte Luftembolie, teilweise wurde passiv zu deren Tod beigetragen, indem die Pflegekräfte und verantwortlichen Ärzte die Pflegebedürftigen verhungern ließen.