Ich (weiblich) möchte mich gerne dazu äussern.
Für mich ist dieses Thema ein sehr schwieriges, da mein eigener Bezug dazu äusserst gespalten ist.
Ich bin der Meinung, dass es durchaus möglich ist auch als emanzipierte, sich selber als gleichwertig fühlende Frau diese Art von "hartem" Sex zu praktizieren und als in einer unbelasteten Weise als lustvoll zu empfinden.
Was ich problematisch finde ist, dass der Grat zwischen "einfach auf die etwas härtere Gangart stehen" und purer Demütigung und Selbstentwertung oftmals schmal ist.
Und mein persönliches Dilemma bedingt sich eben sehr stark durch diese Frage: Was ist "natürliche Veranlagung" und was ist krankhaftes Verhalten aufgrund einer erfolgten Traumatisierung?
An der Tatsache, dass man sehr leidenschaftlichen, ungezügelten und auch etwas härteren Sex mag, sehe ich eigentlich nichts Problematisches.
Mich persönlich reizt dabei das Animalische, das überwältigt werden vom eigenen Trieb, der eigenen Lust.
Ich will die Kraft eines Mannes spüren, seine Dominanz, seine körperliche Überlegenheit.
Ich will, dass er mich zähmt und ich selber benehme mich beim Sex auch des öfteren wie eine Wildkatze.
Was ich brauche ist ein Mann, der mit meiner sexuellen Energie mithalten kann; ich bin auf keinen Fall das unterwürfige Frauchen und beispielsweise erregt mich auch die Vorstellung, einem Mann bedingungslos zu gehorchen und ihn "Meister" zu nennen - oder was auch immer - praktisch Null.
Er muss mich bezwingen können - ohne, dass ich mich ihm dabei kampflos hingebe!
Diese ganze "klassische SM-Schiene" ist dabei nicht wirklich mein Ding, dieses absolut devot sein... Blinde Gehorsam, welche sich dann auch durch das alltägliche Geschehen zieht... Das kann ich mir gar nicht vorstellen, dafür bin ich viel zu widerspenstig. 🙂
Was mich erregt ist einfach dieses Wilde, Ungezügelte, Animalische.
Beissen, Kratzen, Lecken, Haare ziehen, Kämpfen... Und wenn es im Zuge einer solchen Rauferei dann mal zu Klapsen kommt (nicht nur ER mich "haut", sondern ich ihn ebenso)... Dann finde ich das eher lustig, oder eben geil!
Beispiel: Er versucht mich zu überwältigen, ich gebe ihm einen Klaps auf die Wange - er packt mich am Nacken (so, wie man das mit einer ungezogenen Katze tut 😉 ) und zeigt mir, wer der Stärkere von Beiden ist....
Das Ganze muss sehr spielerisch ablaufen, leidenschaftlich, intensiv - nicht einfach nur brutal und primitiv.
Ich finde beispielsweise die Liebesszene in "Tiger and Dragon" wahnsinnig erotisch: Nachdem sich die beiden drei Tage und Nächte abgeschlagen haben und sie noch versucht ihn umzubringen, werden sie schliesslich einfach so von ihrer Lust übermannt, dass sie stärker ist als alles andere...
Für mich muss guter Sex eigentlich genau so sein: Diese Spannung, auch eine bestimmte Form von Aggression, Kraft... Und schliesslich die Leidenschaft, von der man einfach überwältigt wird.
Die Lust, die einfach so gross ist, dass man sich ihr nicht mehr länger verweigern kann. Die einem mitreisst, völlig gefangen nimmt - und der man sich schlussendlich hingibt...
Das Wichtigste dabei ist dieser Gegensatz zwischen "hart" und "zart".
Der Sex muss rough sein, der Mann muss mich hart anpacken, vielleicht auch fast schon grob - um mich dann im nächsten Augenblick ebenso so zärtlich zu nehmen und voller Hingabe...
Ich kann mir nichts Geileres vorstellen, als dass er mich plötzlich packt, gegen die Wand knallt, an meinen Haaren zieht - um mich dann voller Leidenschaft, Intensität und Zärtlichkeit zu küssen...
Und ich glaube es ist auch dies, was sich die meisten Frauen wünschen:
Sie wollen überwältigt werden vom Mann, sie wollen sein Begehren spüren, dass er sie WILL, dass er sie in diesem Augenblick so sehr will wie nichts anderes auf der Welt... Und dass er sie einfach NIMMT!
Aber genau dieses "einfach nehmen" ist ja für viele Männer heutzutage nicht unproblematisch.
Geradezu eingedroschen wurde dem Mann von heute, auf keinen Fall die Grenzen der Frau zu verletzen, immer sorgfältig zu sein, behutsam - lieber zu vorsichtig, als brutal.
Die Feministinnen haben den Männern eingeprügelt, dass sie ihrem Trieb auf keinen Fall freien Lauf lassen dürfen - ansonsten kanns sehr schnell passieren, dass man in die Ecke des perversen Triebtäters gestellt wird...
Das Resultat davon ist sehr unschön - für beide Seiten: Der Mann wurde sozusagen "kastriert" und ist ständig darum bemüht, ja kein gewalttätiger Macho zu sein, die Frau ist frustriert und gleichzeitig innerlich zerrissen, weil sie (noch) nicht heraus gefunden hat, wie sie ihr emanzipiertes Selbstbild mit ihrem Wunsch nach sexueller Unterwerfung in Einklang bringen soll.
Eine andere unschöne Nebenerscheinung ist die, dass immer mehr Männer unterdrückte, sexuelle Aggressionen gegen Frauen hegen.
Und im schlechtesten Fall eskaliert das Ganze irgendwann so weit, dass es zu einer realen Gewaltanwendung kommt.
Beide Seiten - Mann und Frau - müssen sich bezüglich Sexualität in Verbindung mit den neuen Rollenbildern erst mal orientieren.
Männer müssen lernen mit dem seltsamen Gegensatz vieler Frauen umzugehen, dass sie einerseits totale Gleichberechtigung in jeder Lebenslage wollen, ausser dann eben vielleicht im Bett.
Und auch dort bedeutet die Lust der Frau an der Unterwerfung und die Zelebrierung dieser eben nicht, dass sie dem Mann auch im Alltag untertan sein will.
Genau so heikel ist das Unterfangen, dass man eine solche Art von Sex praktiziert - ohne dass es dabei zu Grenzverletzungen kommt.
Die Herausforderung dabei ist gross, dass der Mann spürt: Wann ist der Widerstand der Frau gespielt, wann wünscht sie sich von mir, dass ich diesen breche - und wann eben nicht?
Die Frau wiederum muss sich im Klaren darüber sein, dass sie eine grosse Verantwortung trägt für die Unversehrtheit ihres psychischen und physischen Zustandes.
Und vor allem: Dass längst nicht alle Männer dazu im Stande sind ihre Zeichen richtig zu deuten.
Das Spiel mit der Unterwerfung ist auch ein Spiel mit dem Feuer und es ist vor allem eines, welches nicht alle Leute gefahrlos zu spielen im Stande sind.
Da liegt es dann auch in der Verantwortung der Frau, sich nicht irgendeinem rücksichtslosen Sex-Hooligan an den Hals zu werfen, der dann eben nur brutal, grob und unsorgfältig ist...
Und Frau ist danach enttäuscht, weil sie gehofft hat, irgendwo unter der harten Schale sicherlich den weichen Kern zu finden.
Worauf ich aber gerne nochmals eingehen würde ist auf diesen schmalen Grat zwischen Lust und Demütigung.
Ich denke in jenem Fall, dass eine Frau in ihrem Leben keinerlei traumatischen Erfahrungen mit Sexualität gemacht hat und spürt, dass sie sich einfach hingezogen fühlt zu einer etwas "härteren" Art von Sexualität... Dass es sie anmacht, sich vielleicht bis zu einem gewissen Grad hin auch erniedrigen zu lassen und dies für sie auch im Nachhinein mit keinerlei problematischen Empfindungen verbunden ist, dann gibt es keinen Grund, diese persönlichen Vorlieben in irgendeiner Weise als verurteilenswert zu erachten.
Und ich denke, in einem solchen Fall muss man auch nicht mal wahnsinnig angestrengt nach den Ursachen dieser Neigung suchen... Sondern darf sie einfach so annehmen und akzeptieren, wie sie sind.
Der entscheidende Punkt ist jener, dass es für alle Beteiligten stimmt - und dass niemand in seiner körperlichen oder psychischen Unversehrtheit beeinträchtigt wird.
Als schwieriger empfinde ich die ganze Sachlage, falls der persönliche Hintergrund von sexueller Gewalt geprägt ist.
Dies ist bei mir persönlich der Fall - und ich weiss, dass ich dazu tendiere Sexualität als Mittel zur Selbstverletzung zu nutzen.
Die Frage, welche sich dadurch stellt, ist: Wo zieht man die Grenze?
Die logische Antwort wäre: Dann wenn man spürt, dass es sich nicht mehr okay anfühlt.
Doch genau dieser Punkt ist für Opfer sexueller Gewalt ein sehr heikler, weil das eigene Körperempfinden häufig stark gestört ist.
Viel zu schnell gerät man vielleicht in eine Situation, die eine Eigendynamik entwickelt, man verpasst den Moment, wo man "Stopp" sagen müsste - und die Folge davon ist eine massive Re-Traumatisierung.
Ich stelle mir selber die Frage, ob es überhaupt möglich ist diese Fantasien auszuleben, wenn der persönliche Hintergrund so vorbelastet ist.
Und dann stellt sich auch noch die Frage: Mit wem?
Denn es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder jene, dass der Mann extrem sensibel und einfühlsam ist und nur ein solcher Mann wäre überhaupt feinfühlig genug, um genau zu merken wann sich das Ganze in eine ungute Richtung bewegt. Problem dabei: Ein solcher Mann hat selber meistens nicht sehr viel übrig für die hier diskutierte Art von Sex. Er fühlt sich nicht wohl in dieser "dominanten Rolle" und für ihn ist diese Art von Sex meistens einfach nur brutal und abstossend.
Möglichkeit Zwei ist jene, dass man an einen Mann gerät, der ohne weiteres dazu bereit ist einem nicht nur an die Wand zu knallen, sondern einem vielleicht auch sonst gleich noch eine zu knallen...
Von einem solchen Typus Mann zu erwarten, dass er im entscheidenden Moment das richtige Feingefühl an den Tag legt, ist relativ absurd.
Dass es tatsächlich Männer gibt, die beide Seiten in sich vereinen... Mag schon sein, allerdings sind sie in etwa so schwer zu finden wie die berüchtigte Nadel im Heuhaufen.
Ich würde eigentlich einfach jeder Frau raten, die eine Neigung hat für "härteren Sex" sich mit ihrer Lust und ihren Fantasien zu beschäftigen...
Wenn man sich dazu entscheidet, diese Fantasien auszuleben sollten Eigenverantwortung und Selbstschutz an oberster Stelle stehen.
Der Partner sollte sehr sorgfältig gewählt werden und man sollte weder sich selber zu etwas drängen lassen - noch den Partner zu etwas drängen, oder ihn in eine Rolle zwingen, die ihm nicht behagt!
Weiss man um traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit und ist einem ev. auch bewusst, dass man eine Tendenz zu selbstverletzendem Verhalten hat, ist grosse Vorsicht angebracht.
Im Idealfall findet man einen Mann, mit welchem man dieses Terrain Schritt für Schritt erkunden kann.
Dass man ganz allmählich mal dies oder das ausprobiert und dabei immer in sich hinein horcht, ob sich das jetzt noch okay anfühlt.
Auf keinen Fall sollte man sich einfach blind einer risikoreichen Situation ausliefern mit der Überzeugung, dass sich jede Fantasie dann auch in der Realität gut anfühlt...
Und falls im Innern eine zu grosse Unsicherheit vorhanden ist, ob man mit dieser Art von hartem Sex dann auch wirklich gut klarkommt, oder ob nicht doch die Gefahr besteht, dass es zum absoluten Horror-Szenario kommt - man liegt einfach nur noch wie gelähmt da und kann Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr auseinander halten - sollte man auf alle Fälle zuerst an der Vergangenheitsbewältigung arbeiten und noch damit warten, die eigenen Fantasien Realität werden zu lassen...