Okay. Da gibt es doch einige Bücher, die mich in meiner Weltsicht und meinem Denken stark gesprägt haben. Berührt haben sie mich insofern, als dass sie mir gezeigt haben, dass mein unterschwelliges Gefühl, die Welt sei komplexer als man auf den ersten Blick annehmen mag, bestätigt haben. Weil sie Selbstverständlichkeiten hinterfragen und dieses Hinterfragen nicht abwerten, sondern so wollen.
Die Gesellschaft der Gesellschaft - Niklas Luhmann
Geschichte der Kindheit - Philippe Ariès
Mit dem Taxi durch die Gesellschaft - Armin Nassehi
Tractatus Logico-Philosophicus - Ludwig Wittgenstein
Decamerone - Boccaccio (fällt hier etwas aus der Reihe, hat aber im Endeffekt die gesamte europäische Weltliteratur beeinflusst, auch Dante im Folgenden)
Divina Commedia (Die göttliche Komödie) - Dante Alighieri
Somnium Scipionis (Scipios Traum) - aus De re publica von Cicero
Politeia - Platon
Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses - Michel Foucault
Es gibt bestimmt noch einige mehr, aber diese fallen mir auf Anhieb ein. Drei Zitate, die mich stark geprägt haben, ich lass die einfach mal da:
„Und schon bei einer geringen Aufmerksamkeit auf das, was wir selber sagen, wird uns bewusst, wie unscharf wir auswählen müssen, um sagen zu können, was man sagen kann; wie sehr das herausgelassene Wort schon nicht mehr das ist, was gedacht und gemeint war, und wie sehr das eigene Bewusstsein wie ein Irrlicht auf den Worten herumtanzt: sie benutzt und verspottet, sie zugleich meint und nicht meint, sie auftauchen und abtauchen lässt, sie im Moment nicht parat hat, sie eigentlich sagen will, und es dann ohne stichhaltigen Grund doch nicht tut.
Würden wir uns anstrengen, das eigene Bewusstsein wirklich in seinen Operationen von Gedanken zu Gedanken zu beobachten, würden wir zwar eine eigentümliche Faszination durch Sprache entdecken, aber zugleich auch den nichtkommunikativen, rein internen Gebrauch der Sprachsymbole und eine eigentümlich-hintergründige Tiefe der Bewusstseinsaktualität, auf der die Worte wie Schiffchen schwimmen, aneinandergekettet, aber ohne selbst das Bewusstsein zu sein; irgendwie beleuchtet, aber nicht das Licht selbst“
Niklas Luhmann (1995). Soziologische Aufklärung 6. Die Soziologie und der Mensch. Wiesbaden: Springer VS. S. 119
Ist jetzt keins der o.g. Werke, aber entspringt derselben Feder von Luhmann und beleuchtet den Zusammenhang zwischen Denken und Kommunikation. Fand ich sehr aufschlussreich für mein Verständnis von der Welt und sozialer Dynamik.
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Als ich die Brauen hob ein wenig höher,
sah ich den Meister derer, die da wissen, in einem Kreis von Philosophen sitzen.
Alle bewundern ihn, es ehrt ihn ein jeder,
Dort konnt' ich Sokrates und Plato sehen, wie sie ihm vor allen anderen nahestanden.
Demokritus, für den die Welt ein Zufall,
Diogenes, Anaxagoras und Thales,
Empedokles und Heraklit und Zeno.
Ich sah den, der die Eigenschaften kennt,
Ich meine Dioskurides und Orpheus
Tullius, Linus, Seneca, den Weisen,
Euklid, den Geometer, Ptolemäus, Hippokrates,
Galen und Avicenna, Averroes, den grossen Kommentator.
Dante Alighieri, Die göttliche Komödie, Hölle, Vierter Gesang
Dante trifft den Kreis der hier genannten Philsophen vor dem Eingang zur Hölle, in der s.g. "Vorhölle" ("der Meister derer, die da wissen" ist Aristoteles), weil sie vor Christi Geburt lebten und entsprechend nicht getauft werden konnten, sie haben ihre "Gottlosigkeit" also nicht verschuldet. Derlei Personen kamen nach der Vorstellung der Kirche zu Dantes Lebzeiten in den s.g. "Limbus Patrum", eben eine Art Vorhölle, in der die Seelen allerhöchstens nur geistig litten, weil sie nicht bei Gott sein konnten.
Das Faszinierende an diesem Textausschnitt ist, dass er im Endeffekt die gesamte Philosophiegeschichte des Mittelalters und der Renaissance zusammenfassen lässt. Das Gemälde "Die Schule von Athen" von Raffael soll auch auf dem Textausschnitt beruhen.
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"Wenn nicht die Philosophen in den Staaten Könige werden oder die Könige, wie sie heute heissen, echte und gute Philosophen, und wenn nicht in eine Hand zusammenfallen politische Macht und Philosophie, und wenn nicht die Vielzahl derer, die sich heute auf Grund ihrer Anlage nur der einen der zwei Aufgaben widmen, mit Gewalt davon ferngehalten wird, gibt es, mein Glaukon, kein Ende des Unglücks in den Staaten, ja nicht einmal im ganzen Menschengeschlecht, und unsere Verfassung, die wir nun in Gedanken entworfen haben, wird nicht früher, soweit überhaupt möglich, verwirklicht und das LIcht der Sonne erblicken."
Platon, Politeia, V, 473c-d
In der Politeia entwickelt Platon seine Staatstheorie des "gerechten" Staates und entfaltet in dem Kontext auch seine Erkenntnistheorie und den Begriff der Gerechtigkeit.
Ja, das lass ich so mal da.