Also der Reihe nach, Du hast viel geschrieben.
Die Einspruchsfrist sind 14 Tage nach Zustellung, vor einer Woche kam der Bescheid. Von daher ab zum Steuerhilfeverein.
Wir hatten auch schon mal so einen Fall, normalerweise genügt ein Anruf beim Sachbearbeiter, der kann dann einfach mal vier Raten davon machen, wenn man das auf einmal nicht zahlen kann.
"Sie haben zwei unterschiedliche Steuerklassen, jene zwei, bei denen man als Ehegatten einen Steuervorteil hat."
Das gibt es so nicht, ist ein weit verbreiteter Irrtum, die Steuern sind immer gleich hoch. Was sich ändert ist die Vorauszahlung. Das heißt der Arbeitgeber berechnet monatlich die Steuerabgaben an Hand des aktuellen Monatsverdienstes. Dabei gibt es bei Ehegatten die Möglichkeit entweder die gleiche Steuerklasse zu wählen (4 / 4) oder unterschiedliche (3 /5). Bei Steuerklasse 3 sind weniger Steuern fällig, bei Steuerklasse 5 dagegen mehr. Logischerweise nimmt man dann diese Kombi, wenn man unterschiedlich viel verdient. Klasse 3 für das hohe Einkommen, um mehr Netto vom Brutto zu haben, dafür wird das kleine Einkommen stärker besteuert. So kann es sein, dass man monatlich mehr Geld zur Verfügung hat. Aber: Man muss dann zwingend eine Einkommensteuererklärung abgeben und dabei werden die Jahresverdienste von beiden summiert und davon die Steuerlast berechnet. Und dann kann es eben sein, dass man nachzahlen muss (weil man eben weniger vorausgezahlt hat). Die Steuern für das Jahr sind aber immer gleich und hängen eben nur vom Jahreseinkommen ab.
Die Einkommensteuererklärung ist immer bis zum 31.05. des Folgejahres einzureichen. Bei Inanspruchnahme eines Steuerberaters (oder Hilfeverein, etc.) kann diese Frist verlängert werden auf Ende Januar oder Februar danach. Genau das ist ja auch bei deinen Eltern passiert. Der Einkommensteuerbescheid für 2021 musste Ende Mai bzw. wegen des Hilfevereins später Eingereicht werden, durch die Bearbeitungszeit ist nun im Oktober 22 der Bescheid gekommen. Die Nachzahlung wundert mich nicht, denn Du schreibst von Kurzarbeitergeld. Dies leitet der Arbeitgeber nur weiter und kommt von der Arbeitsargentur, wird also auf dem Lohnzettel nicht versteuert. Wird nun die Einkommensteuererklärung eingereicht zählt es zum Einkommen und die Steuern darauf müssen nachentrichtet werden. Darum die Nachzahlung. Formal wurde also im laufenden Steuerjahr 2021 zu wenig gezahlt. Das wussten dein Eltern übrigens vorher, denn der Hilfeverein rechnet die Steuern aus um bei größeren Abweichungen sofort Einspruch einlegen zu können. Frag nach den Zetteln, die sie mitbekommen haben.
Der Betrag von 680€ erscheint mir nicht zu hoch bei 3000€ netto, liegt bei uns skaliert auf unser Gehalt auf gleichem Niveau.
Dem Finanzamt sind im laufenden Jahr 2021 (also von Januar bis Dezember) permanent Steuern entgangen, die erst im Oktober 2022 gezahlt werden. Darum liegt es im Ermessen des Finanzamts einen Steuervorschuss festzulegen um nicht ein Jahr den Betrag zinsfrei auszulegen. Es können etwa vierteljährlich Beträge festgelegt werden, so dass in etwa die Steuern des laufenden Jahres beglichen werden und bei der Einkommensteuererklärung nur noch wenig nachgezahlt bzw. erstattet wird. Und ich denke genau das ist hier passiert. Da natürlich für die ersten drei Quartale keine Vorausleistung mehr erhoben werden kann, wird im vierten Vierteljahr dann der Betrag der vier Quartale zusammen veranlagt. So interpretiere ich den Satz:
"Einkommensteuer - Zeitraum: 4. Vj. 22 - Fälligkeitstag: 10.12.22 - Betrag: 887,00 €"
Dieser Betrag ist natürlich geschätzt und es kann passieren, dass nun eben vierteljährlich auch in 2023 was fällig wird.
--> Ab zum Hilfeverein. Der muss sofort einen Widerspruch einreichen und darlegen, warum in diesem Jahr die Konstellation anders war (wenn sie es war) und eine solch hohe Nachzahlung eine Ausnahme war und in diesem Jahr nicht zu erwarten ist. Dann nicht einfach hinschicken sondern bei dem Sachbearbeiter anrufen und ankündigen, dem SEPA in diesem Fall widersprechen, falls möglich am selben Tag beim Finanzamt einwerfen.