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Bloodangel´s Cry

Aktives Mitglied
Liebe Forenmitglieder,

ich bin etwas überfragt und möchte ein paar Meinungen einholen. Ich schildere die Situation kurz: Ein guter Freund (26) studiert mit mir an derselben Uni, wir haben uns dort kennengelernt. Allerdings studieren wir nicht dasselbe Fach.

Ich habe vor kurzem meinen Bachelorabschluss erworben, wenn auch nicht in Regelstudienzeit. Mein Freund hat sein Studium zur selben Zeit wie ich begonnen – und ist immer noch nicht fertig. Genau genommen studiert er nun im 10. Semester (Bachelor, Regelstudienzeit: 6 Semester). Ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Das alles wäre vielleicht nicht so schlimm, wenn er denn etwas „Zielführendes“ studieren würde, bzw. erklären könnte, weshalb er so lange benötigt. Aber auch das kann er nicht…

Während seiner Zeit an der Uni hat er weder Praktika, noch irgendwelche Nebenjobs gemacht. Zu seinem Fach gehört zwar ein 2-monatiges Pflichtpraktikum, doch auch dieses ist bei ihm noch offen.

Natürlich hat er mit Nachfragen (allen voran von seinen Eltern, bei denen er lebt), wann er denn sein Studium beendet, zu kämpfen. Wenn wir über dieses Thema sprechen, ist er sichtlich genervt, was ich verstehen kann. Oft vergleicht er seine Leistungen mit meinen, sagt, ich hätte schon viel mehr erreicht als er, weil ich einen BA habe, und er nichts (Oft weiß ich nicht was ich dazu sagen soll, da auch mein Studienfach berufstechnisch nicht das „Gelbe vom Ei“ ist). Er selbst gesteht sich auch ein, dass er allen Grund hätte, um abzubrechen, aber überhaupt nicht wisse, was er sonst tun sollte.

Mir ist bewusst, dass er mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Er ist ein extrem komplizierter Charakter, sehr introvertiert, oft wirkt er auch abweisend und kühl. Im Grunde ist er jemand, der seine Gefühle vor anderen nicht preisgeben kann und emotionale Hürden – wenn es um das Reden geht – unüberwindbar für ihn sind. Er ist auch jemand, der vieles einfach nur erträgt (auch mit Hilfe von Alkohol) oder er Dinge einfach so hinnimmt, wie sie sind, weil er keine Kraft hat, sich aufzuraffen (Stichwort: Erlernte Hilflosigkeit). Von Prüfungen, die bei ihm anstehen (häufig sind es auch zwei Klausuren an einem Tag in seinem Fach), meldet er sich oft ab, wenn er der Meinung ist, nicht bestehen zu können. Durch die tiefsinnigen Gespräche, die wir zumindest über WhatsApp führen konnten, weiß ich, dass er z.B. Angst hat, Fehler zu machen und von seinem zukünftigen Chef fertig gemacht werden könnte. Auch bereitet ihm der Kontakt mit Menschen allgemein Schwierigkeiten, weshalb er, wenn er denn mal nach einem Nebenjob suchen würde (was er nicht tut), nichts groß mit Menschenkontakt machen möchte.
Er scheint keine Ziele im Leben zu haben, für die er kämpfen würde, und selbst seine Hobbys (Reisen, Fotografieren) scheinen ihn nicht zu animieren, sich als Mensch wahrzunehmen, der etwas gut kann. Im Grunde betrachtet er sein Leben in Deutschland als gescheitert, obwohl er noch gar nichts probiert hat…

Wie gesagt, dies war nur die Kurzfassung. Im Grunde spielen noch sehr viele (emotionale) Faktoren bei ihm mit, die ich auf die Schnelle gar nicht alle ausführen kann. Wenn ihr an bestimmten Stellen nachhaken wollt, bitte ich darum. Dann könnte ich noch mehr ins Detail gehen. Die Frage ist nämlich, wie sollte ich ihm begegnen? Was sollte ich ihm raten? Ich bin ja eigentlich kein Maßstab für ihn, sollte es nicht sein. Meine Leistungen sind auch nicht "löblich".
Im Gegensatz zu ihm bin ich aber auch nicht der Meinung, dass er nichts erreicht hat.

Manchmal fühle ich, dass ich mich mehr um ihn sorge als er sich um sich selbst… Aber ich denke, das ist nicht unbegründet.

Ich hoffe auf Unterstützung.
 
Zuletzt bearbeitet:

Tom_Vienna

Mitglied
Hallo Bloodangel´s Cry,

die Situation scheint sehr kompliziert zu sein. Ich kann dich jetzt nicht professionell beraten, sondern nur mutmaßen, welches Problem dahinterstecken könnte, nachdem ich selbst jahrelange Uni-Erfahrung habe.

Kann es sein, dass er einfach nicht das Richtige studiert und sich das nicht eingestehen will, da er bereits im 10. Semester ist? Wenn ich deine Zeilen lese, habe ich irgendwie das Gefühl, dass er komplett ohne Ziel studiert und selber nicht wirklich weiß, was er will.

Ich tu mir jetzt ehrlich gesagt etwas schwer, dir einen konkreten Rat zu geben... aber vielleicht hilft es, wenn du ihn mal vorsichtig auf seine beruflichen Vorstellungen ansprichst oder ihn fragst, wo er sich z.B. in 5 Jahren sieht. Sollte er wirklich das Falsche studieren, dann hat er im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: Entweder durchhalten und das Studium zu einem Abschluss zu bringen oder eben ein anderes Studium bzw. eine andere Ausbildung beginnen.
Auch ich habe nach drei erfolglosen Jahren auf der Uni zunächst für 1,5 Jahre pausiert und erst danach das richtige Studienfach für mich gefunden und im "fortgeschrittenen" Alter einen Neuanfang auf der Uni gewagt - es ist natürlich nicht leicht, aber machbar. Und ich bereue diesen Schritt nicht, auch wenn ich jetzt 30 bin und meinen Master mache.
 

Bloodangel´s Cry

Aktives Mitglied
Hallo Tom_Vienna,

tatsächlich habe ich ihn schon darauf angesprochen, schon mehrmals. Meist in Bezug auf einen Nebenjob. Aber mittlerweile zügle ich die Nachfragerei, weil es bei ihm nichts Neues gibt und er das Ganze auch nicht mehr hören kann.

Im Grunde weiß er recht genau, was er theoretisch mit seinem Studienfach beruflich anfangen könnte. Die Betonung liegt auf theoretisch – Es scheint mehr eine Liste, die er im Kopf hat, weil ihm im Studium vermittelt wurde, was er damit anstellen könnte. Jedoch geht er auf keinen dieser Punkte in irgendeiner Weise ein, zeigt, dass es mehr ist als nur eine theoretische Möglichkeit. Ich denke auch, dass er etwas ziellos ist (ich bin auch planlos, daher verstehe ich ihn diesbezüglich ganz gut), aber sein Studium ist, wie er mal sagte, das richtige in seiner Situation, da ihm ansonsten auch nicht einfallen würde, was er stattdessen machen könnte. Bevor er angefangen hat sein jetziges Fach zu studieren, wollte er ein komplett anderes Fach auf einer anderen Uni beginnen. Leider ist es wegen einigen Verzögerungen nicht dazu gekommen. Ich habe ihn mal gefragt, ob er heute noch daran Interesse hätte, in seinen Erstwunsch einzusteigen – Mittlerweile hat er das Interesse daran verloren und ist ganz „zufrieden“ mit seinem jetzigen Studium.

Dass er im Übrigen nicht weiß, was er will, stimmt zu einhundert Prozent – Das bezieht sich jedoch nicht nur auf seine akademische Situation.

Ich denke nicht, dass er sein Studium abbricht, zumindest jetzt noch nicht. Ich vermute, dass er den Stress Zuhause bei einer solchen Entscheidung vermeiden möchte. Seine Eltern sind beide Akademiker und neigen leider dazu, ihm unter die Nase zu binden, dass die Kinder ihrer Freunde schon viel weiter wären als er. Sie fördern so, dass er sich wie ein Taugenichts fühlt.
Er weiß allerdings auch nicht, was er nach seinem Studium machen soll – Ob er den Master dranhängt oder etwas komplett neues, das könne er noch gar nicht sagen. Allgemein lebt er mehr in der Gegenwart, nur seine Bürden aus der Vergangenheit, die trägt er fleißig mit sich, auch in die Zukunft.
 

Sofakissen

Aktives Mitglied
Hmm, das Problem kenne ich irgendwoher. Ich denke, dass er latente Depressionen hat, speziell in Bereich Studium. Die hatte ich vor allem zum Ende hin auch. Der Kopf fängt dann an, Vermeidungsstrategien zu entwickeln und das Studium zu verdrängen, was die Sache natürlich nicht besser macht.

Das Problem ist, dass du in unserer Gesellschaft ohne Beruf nichts zählst und die "Schonfrist" mit 25 abläuft. Bis dahin wird es noch stillschweigend akzeptiert, dass man halt noch studiert, aber das ist dann irgendwo die magische Grenze, wo man doch bitte fertig zu sein hat (bevorzugt mit Master). Gehörte es vor ein paar Jahren noch zum guten Ton, die Regelstudienzeit um das eine oder andere Semester zu überschreiten (man studierte schließlich für sich und nicht fürs Establishment), soll man heute in dieser Zeit fertig werden, was je nach Studium zeitlich kaum machbar ist.

Gut möglich, dass er für ein Studium eigentlich gar nicht geeignet ist und ein Ausbildungsberuf für ihn deutlich besser wäre. Allerdings ist bei ihm wohl der "Point of no return" bereits eingetreten. Man gilt als Looser, wenn man ein Studium abbricht und dann was macht, was "man mit der mittleren Reife 10 Jahre vorher auch hätte machen können" (Zitat aus meinem Umfeld). Er weiß genau, dass er nicht aufhören kann, ohne dass gemeine Verwandte jahrelang über ihn herziehen. Und glaube mir, das tun sie. Sogar dann, wenn man den Abschluss noch schafft...

Dadurch, dass ihn jeder ständig nach dem Studium fragt, zieht er sich wohl auch zurück. Das muss gar nicht an Introvertiertheit liegen. Auch ich (tendenziell sogar extrovertiert) habe irgendwann angefangen, Menschen zu meiden, weil man sich immer und überall dafür rechtfertigen muss, warum man immer noch nicht fertig ist. Ich habe dadurch auch irgendwann aufgehört, mir Lerngruppen zu suchen, weil ich mich ständig für meine offensichtlich uralte Matrikelnummer vor Kommilitonen rechtfertigen musste (wurden in fortlaufender Nummer vergeben... weshalb man sehr wohl einschätzen konnte, wann wer angefangen hat).

Dass er nicht aufhört, liegt mit daran, dass so ein Studium irgendwo eine Schutzblase ist. Besser als arbeitslos. Solange man noch studiert, kann man zumindest noch so tun, als ob alles irgendwie doch in Ordnung ist. Zumindest Fremden gegenüber hat man eine Ausrede.

Was mir gut getan hatte war, dass mein Freund sich mit Nachfragen zurückhielt und lediglich am Ende der Prüfungsphase mal sehen wollte, wie es jetzt fortgeschritten ist. Und ich ein paar wenige ebenso erfolglose Freunde hatte, vor denen ich mich nicht rechtfertigen musste und wir uns gegenseitig zujammern konnten.

Wenn du ihm helfen willst, dann musst du ihm irgendwie klar machen, dass du ihn nicht als Looser siehst, falls er doch nochmal zugunsten einer Lehre abbricht. Oder eben doch nochmals 3 Semester studiert. Viel mehr kannst du eigentlich nicht tun, denn den Abschluss herbeizaubern kannst du ja nicht.
 

Tom_Vienna

Mitglied
Kann es sein, dass ein Universitätsstudium generell nicht der geeignetste Ausbildungsweg für ihn ist und er nur deswegen studiert, weil seine Akademikerfamilie dies von ihm erwartet?

Wenn er ohne Ziel studiert und nicht so richtig weiß, was er will und deswegen sein Studium übermäßig in die Länge zieht, dann wird er von Zeit zu Zeit immer unglücklicher, was im schlimmsten Fall zu einer Depression führen kann - ich spreche da aus eigener Erfahrung. Außerdem sollte er bedenken, dass er bei einer überdurchschnittlich langen Studiendauer deutlich schlechtere Jobchancen hat (ich kann leider nur ein Lied davon singen).

Ich fürchte leider, dass du ihm nicht wirklich helfen kannst, sondern er professionelle Hilfe benötigt. Habt ihr an eurer Universität so etwas wie eine psychologische Studentenberatung? Wenn er sich dazu nicht überwinden kann, dann kannst du ihm ja anbieten, dass du das erste Mal gemeinsam mit ihm dorthin gehst.

Wenn er der Meinung ist, dass dieses Studium absolut das richtige für ihn ist, er aber nur wage Vorstellungen über seine berufliche Zukunft hat, dann sollte er vielleicht jetzt in den Sommerferien mal eine Berufs- bzw. Bildungsberatungsstelle aufsuchen. Oder vielleicht gibt es ja bei euch an der Uni ein Karrierecenter? (Möglicherweise verwendet ihr in Deutschland eine andere Bezeichnung dafür als wir in Österreich.)

Oder vielleicht hilft es, wenn er für ein Semester pausiert und in dieser Zeit arbeiten geht oder sein Pflichtpraktikum absolviert. Nachdem er noch nie gearbeitet hat, hat er wahrscheinlich auch überhaupt keine Vorstellungen über das Berufsleben. Vielleicht findet er nach einem mehrmonatigen Praktikum heraus, was er eines Tages mal beruflich machen möchte, was ihm den Abschluss des Studiums deutlich erleichtern könnte.
Auch ich habe mein Studium für 1,5 Jahre unterbrochen, was mir sehr geholfen hat, für mich selbst herauszufinden, was ich eigentlich wirklich möchte.
 

Bloodangel´s Cry

Aktives Mitglied
Vielen Dank für die Antworten. Ich werde versuchen, auf die beiden Posts einzugehen:

@ Sofakissen

Auch wenn ich natürlich keine Diagnosen stellen kann, so denke ich schon seit langem, dass er depressive Phasen erleidet. Besonders, wenn er sich plötzlich von allem abschottet und „allein“ sein möchte. Ich denke jedoch auch, dass das Studium nur die Spitze vom Eisberg ist. Viel hat auch mit seiner persönlichen Situation zu tun, seiner Kindheit. Er stammt ursprünglich nicht aus Deutschland. In der Zeit, in der er hier lebt, hat es leider kaum geschafft, sich sozial einzugliedern, sprich, Freunde zu finden. Seine Eltern waren ihm diesbezüglich auch keine Hilfe. Im Grunde wurde ihm, das Kind, das er damals noch war, keine Stütze in dieser belastenden Situation gegeben.

Ob mit 25 eine „Schonfrist“ abläuft, mag ich nicht beurteilen. Ich bin ebenso in dem Alter und auch noch nicht mit dem Studium fertig. Es ist aber auch so, dass mein komplettes Umfeld aus solchen Fällen besteht – Teilweise sind diese Menschen jenseits des 15. Semesters. Ich kenne wirklich niemanden, der in Regelstudienzeit abgeschlossen hat. Mich persönlich fragt aber auch niemand danach. Ist wohl auch eine Sache des eigenen Umfelds. Aber du hast Recht, es hilft ein bisschen, damit man sich nicht alleine fühlt.

Der geringe soziale Kreis meines Freundes hat, zumindest an unserer großen Uni, den Vorteil der Anonymität. Im Grunde besteht sein realer Freundeskreis nur aus 3 Personen, mich eingeschlossen. Der Rest sind flüchtige Bekanntschaften, die ebenso schnell aus seinem Leben treten wie sie kommen. Da er nicht hausieren geht, erfahren sie wahrscheinlich so gut wie nichts über ihn, somit auch nichts über seine Studiendauer.

Mein Freund hat, bis auf seine Familie, bei der er lebt, auch keine weiteren Verwandten, die ihm irgendetwas unter die Nase reiben könnten. Ob das von Vorteil ist? Ich weiß es nicht. Mit den eigenen Eltern in der Zwietracht zu stehen, ist wahrscheinlich schon schlimm genug.

Einen Abschluss zaubern kann ich ihm nicht, das stimmt. Ich sehe ihn wegen solchem aber auch nicht als Loser, was ich ihm auf subtile Weise zu zeigen versuche. Ich wende mich einfach nicht von ihm ab, egal, welche Launen ihn gerade überkommen. Ihm ist bewusst, dass das nicht selbstverständlich ist.


@ Tom_Vienna

Das weiß ich nicht. In seiner Familie scheint alles kompliziert zu sein. Seine Familie, die, wie oben geschrieben, nicht aus Deutschland stammt, hat zwar einen Akademikergrad, allerdings wird dieser in Deutschland nicht anerkannt und die Familie musste einen ziemlich „Statusverlust“ seit ihrer Existenz hier erleiden. Der Bruder meines Freundes müsste sich eigentlich eine Ausbildung suchen, was er aus Trotz jedoch nur „offiziell“ tut. Wie mein Freund meinte, hätten seine Eltern in der Erziehung komplett versagt.

Mein Freund ist schon lange unglücklich, vor allen Dingen mit sich selbst. Er macht sich oft kaputt, mit allen möglichen Mitteln. Um nur ein paar Aussagen zu zitieren, die ich von ihm zu hören bekomme:
„Je näher ich einem Menschen komme, desto verschlossener werde ich.“
„Ich habe wohl nie gelernt, zu lieben.“
„Ich habe immer weniger Kraft zu sagen, was mit mir los ist. Ich kenne mich selbst nicht.“

Ich denke, dass er schon längst depressive Phasen, wenn nicht sogar eine ausgewachsene Depression entwickelt hat. Ich wäre auch dafür, dass er professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollte. An unserer Uni gibt es sowohl eine psychologische Beratung als auch ein Karrierecenter. Letzteres könnte er, mit genug zureden, vielleicht einmal aufsuchen. Ersteres wohl nie. Denn er versteht den Sinn dahinter nicht. Ihm ist bewusst, dass Therapien Menschen helfen können, und fand es gut, dass ich mir Hilfe (auch ich habe psychische Probleme) gesucht habe. Doch sie sind immer mit Gesprächen verbunden. Über seine Probleme reden hilft ihm nicht, nach seinen Angaben. Zumal seine Verschlossenheit ohnehin seine offensichtlichste Hürde ist. Er ist der Meinung, dass niemand ihm helfen könne. Nur er selbst könne dies.

Ihm hilft es eigentlich nur, wenn er reisen kann. Im Ausland, wenn er Gast ist, fühlt er keinen Druck und keine Erwartungen an sich. Auch fühlt er sich den Menschen dort verbundener, sind sie doch so anders als wir Deutschen.
Seine Reiselust hat dazu geführt, dass er sein komplettes BAföG sofort aufgebraucht hat und quasi keinerlei Ersparnisse hat. Seitdem hadert er mit dem wenigen, was er hat. Von seinen Eltern bekommt er nicht viel. Wenn er denn mal doch etwas Geld übrig hat, versucht er, sich Flüge zu buchen. Es kam schon häufiger vor, dass er mitten im Semester einfach weg war.

Dass er sein Studium pausiert, wäre sicher eine gute Idee. Würde er wahrscheinlich nur nicht machen – Würde ich ihn darauf ansprechen, erinnert er mich wahrscheinlich nur daran, wie lange er eh schon studiert und das so nur noch länger dauert. Im Grunde möchte er fertig werden. Bis auf die Klausuren, die er verschiebt, geht er ja zur Uni (Momentan hat er auch kein Geld zum Reisen). Nur eben macht er nicht so viel, wie er könnte – aus Kraftlosigkeit und Motivationslosigkeit. Sein Pflichtpraktikum steht bei ihm nicht an erster Stelle. Und der Druck, den fremde Erwartungen bei ihm auslösen, verhindert auch, dass er irgendetwas sucht. Dabei denke ich, dass seine enorme Reiselust ein guter Motivator sein könnte, sich etwas zu suchen – Mit Geld könnte er sich schließlich etwas für ihn sinnvolles finanzieren. Wobei ich denke, dass das Reisen auf Dauer auch keine Lösung für ihn sein wird – Seine Probleme sind in ihm, und es ist egal, wo er sich aufhält.
 

lilawelt

Aktives Mitglied
was ich wirklich schön finde, dass du dich wirklich um ihn sorgst und helfen möchtest.
du kennst ihn ja, überleg was zu ihm passen könnte.
manchmal braucht man einfach eine helfende hand.
dann schaut ihr euch die sachen gemeinsam an, die für ihn in frage kommen.
er hat zu recht angst, leider steigt dies mit zunehmenden semester und alter.
daher ist es wichtig, dass ihr ein offenes gespräch führt.
auch das du ihn ohne b.sc. auch liebst. das es nicht sein weg sein muss, wenn es nicht seins ist.
 
R

Runalin

Gast
Als allererstes möchte ich dir sagen: Es ist schön, dass du dich sorgst, aber letztendlich ist es dennoch allein die Sache deines Freundes.
Wenn er der Meinung ist, er muss so lange studieren, ist das seine Entscheidung.

Oftmals weiß man gar nicht, was für Schlachten Leute nebenbei noch zu kämpfen haben.
Du denkst vielleicht, du kennst deinen Freund, aber vermutlich hat er triftige Gründe.

Eins lass dir gesagt sein: Ein schönes Gefühl so lange zu studieren ist es nicht.
Ich selbst bin fast 30 und studiere im Master.
Niemand weiß, dass ich nebenbei meine kranke Mutter pflege und meine 10 jährige Schwester groß ziehe und noch arbeite neben dem Studium.

Ich dachte auch immer, mit 25 ist das Leben gelaufen, aber was sagt das Alter schon aus?

Jeder entscheidet selbst was er für ein Lebenskonzept lebt. Und wenn dein Freund mit 30 nach Indien geht oder eine Surfschule in Australien eröffnet, ist es auch seine Entscheidung.

Nicht immer sind es Depressionen.

Deine Sorge in allen Ehren, aber wenn dein Freund Hilfe braucht, dann muss er sich schon selbst kümmern oder hier anmelden.

Bitte bedenke das. Helfersyndrom, gut und schön. Aber dein Freund muss den Hintern hochkriegen, nicht du.

Solange er nichts tut, findet er es ja offenbar okay.

Und auch die Aufarbeitung der Kindheit: Dafür sind Professionelle zuständig. Dafür hast du vermutlich gar nicht das Fachwissen.

Ich halte überhaupt nichts davon wie einige die Idee gut finden, einem erwachsenen Mann irgendwelche Vorschriften zu machen oder an die Hand zu nehmen.

An die Hand nehmen kannst du nur denjenigen, der an die Hand genommen werden will. In jeglicher Hinsicht.

Ich kenne das von meiner Arbeit mit Menschen.
Den schlimmsten Fehler, den du machen kannst ist der, Menschen irgendwas aufzwingen zu wollen, worauf sie keinen Bock haben.

Statt hier mit Lösungsvorschlägen auf Konfrontation zu gehen, wäre doch die erste sinnvolle Frage an den Partner: Was möchtest du? Was macht dich glücklich? Wie stellst du dir deine Zukunft vor und inwieweit kann ich dir helfen, deine Pläne zu realisieren?

Bitte nimm dich ein Stück weit zurück.

Ich hatte genug Familienangehörige in der Beratung, die immer meinten sie wissen was das Beste für ihren Sohn, die Tochter, den Mann oder den Freund ist.

Ende vom Lied war, dass man sich oft so zerstritten hat, dass die Beziehung/Ehe kaputt ging oder ein Kontaktabbruch resultierte.

Das ist ein ganz übler Kardinalsfehler, den nicht nur viele Sozialpädagogen machen, sondern auch Bekannte und Familienangehörige.

Du hast kein kleines Kind vor dir sitzen. Der Mensch ist erwachsen und davon, dass sich andere für ihn den Kopf machen, lernt er nicht Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

danbrauchthilfe

Neues Mitglied
Das Problem ist, dass du in unserer Gesellschaft ohne Beruf nichts zählst und die "Schonfrist" mit 25 abläuft. Bis dahin wird es noch stillschweigend akzeptiert, dass man halt noch studiert, aber das ist dann irgendwo die magische Grenze, wo man doch bitte fertig zu sein hat (bevorzugt mit Master). Gehörte es vor ein paar Jahren noch zum guten Ton, die Regelstudienzeit um das eine oder andere Semester zu überschreiten (man studierte schließlich für sich und nicht fürs Establishment), soll man heute in dieser Zeit fertig werden, was je nach Studium zeitlich kaum machbar ist.
Wie kommst du auf sowas? Würde mich echt mal interessieren. Hast du das in deinem Umfeld so erlebt? Oder irgendwo gelesen?

Ich kenne jedenfalls jede Menge Leute, die mit über 25 noch nicht im Beruf stehen. Wenn man bspw. erst eine Ausbildung macht, und dann ein komplettes Studium hinterherhängt ist man zwangsläufig bei Studienabschluss über 25. Und in meinem Studiengang gibt es etliche Studenten, die die Regelstudienzeit überschreiten. Mit 23 sind wohl die wenigsten mit dem Master fertig. Da muss ja dann alles glatt gelaufen sein. Und von so einer Schonfrist habe ich noch nie gehört.

Ich habe das Gefühl, du verallgemeinerst hier etwas, was du mal so gehört hast, auf die gesamte Gesellschaft.
 

Sofakissen

Aktives Mitglied
In meinem Umfeld ist es so. Kann natürlich auch daran liegen, dass 95% meiner in meiner Verwandtschaft mit 16 eine Ausbildung gemacht haben und dadurch mit 20 fertig wurden. Die rechnen "Abi mit 19, dann müsste man mit 22 den Bachelor haben und mit 24 den Master". Sie denken, dass die Regelstudienzeit wie bei der Ausbildung die Regeldauer wäre, mit nur geringfügigen Abweichungen. Dass das je nach Studium die Mindestdauer ist, verstehen sie kaum. Jedenfalls ist ihnen nicht erklärlich, warum man mit 25 nicht fertig ist, schließlich arbeiten sie zu dem Zeitpunkt schon seit fast 10 Jahren. Entsprechend penetrant sind auch die Nachfragen, wie lange man denn noch brauchen würde.

Und so geht es vielen meiner Freunde auch. Zumindest jenen, die nach dem Abi direkt studiert haben (wer davor eine Ausbildung gemacht hat, ist ein anderer Fall, klar. Da gelten dann die Jahre seit Studiumsbeginn als Maß). Alle jenseits der 25 werden jedenfalls mit Nachfragen genervt und mit jenen verglichen, die ihr Studium "zeitig" abgeschlossen haben. Das ging mir so. Das ging meinem besten Freund so, genauso wie meiner besten Freundin. Und all meinen übrigen Freunden, die es gewagt haben, ein paar Semester mehr zu brauchen (oder zwischendrin den Studiengang zu wechseln) und somit "in Zeitverzug" zu kommen.

Vielleicht hast du ja Glück und bei dir ist es nicht so.

Nicht zu vergessen die "sich-vor-Arbeitgebern-rechtfertigen-müssen-Phase". Ich habe jetzt meinen Abschluss, aber bei JEDER Firma muss ich lang und ausführlich erklären, warum ich das erste Studium abgebrochen habe, warum mein jetziger Abschluss so lange gedauert hat usw. usf.". Das müssen jene, die in Regel durchkamen, nicht.
 

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