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Am Ende mit den Nerven

TheCore92

Mitglied
Hallo,

ich wende mich an dieses Forum, weil ich einfach seelisch nicht mehr kann. Ich spüre den Schmerz in meinem Herzen und der hält jetzt schon seit 3 Tagen an. Für mich gibt es im Moment nur noch die Gedanken an Selbstmord und ich habe auch schon das richtige Schlafmittel dafür gefunden. Es fehlt eigentlich nur der Schritt, es zu bestellen und einzunehmen. Dann wären meine Schmerzen wenigstens weg. Eventuell wird man wieder geboren als ein völlig anderer Mensch, wo das Leben viel besser läuft.

Ich bin 24 Jahre alt und hatte schon früher des häufigeren diese niedergeschlagenen Phasen. Immer wenn ich die Phasen überstanden hatte, lebte ich einfach so weiter und vergrub den Schmerz irgendwie tief in mir. Mindestens 1x im Jahr kommt er jedoch wieder hoch. Der Grund für diese Schmerzen ist, dass ich keine Freunde habe und alles in meinem Leben nach der Grundschule nur beschissen gelaufen ist. Ich bin zu 50 % körperlich behindert, kann aber ganz normal laufen und alles. Einem Außenstehenden würde es auf den ersten Blick wahrscheinlich nicht direkt auffallen. Ich ging auf eine normale Grundschule und hatte dort zwar wenige Freunde aber immerhin hatte ich Freunde und war glücklich. Da ich vom Lernstand her etwas hinter dem Stand der anderen in meiner Klasse war, riet meine damalige Grundschullehrerin meinen Eltern mich auf eine Körperbehindertenschule zu schicken. Dort war ich nun, auf einer neuen Schule mit Kindern, die irgendwie ganz anders als ich selbst waren. Auch vom Verhalten her waren sie anders als normale Kinder. Ich hatte Glück, dass ich auf der Schule in einer Klasse überhaupt den Hauptschulabschluss machen konnte, da man diesen normalerweise dort nicht machen kann. Nach dem Abschluss sollte ich auf eine Realschule für Körperbehinderte und Internat. Bis dahin hatte ich zwar schon Kontakte in der alten Schule, aber die waren eher um auf dem Pausenhof nicht ganz alleine rumstehen zu müssen. Meine richtigen "Freunde" suchte ich mir in Spielen über das Internet und Internettelefonie. Damit blendete ich meinen Alltag aus. Im echten Leben wurde ich immer schüchterner. Ich machte meinen Abschluss auf der Realschule und begann eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Jetzt war ich zwar mit normalen Leuten zusammen und unterhielt mich auch mit 2 - 3 von ihnen, aber war inzwischen halt total schüchtern. Somit wurde das auch keine richtigen Freunde. Nach der Ausbildung brach der Kontakt auch ganz ab. Ich war aber nicht traurig darum, da diese Personen sowieso nicht so 100% zu mir passten. Es ist halt extrem doof, wenn der Junge immer wieder dumme Kommentare übere Schwule abgibt und du daneben stehst und schwul bist. Mit solchen Leuten will ich eh nichts zu tun haben. Jetzt sitze ich also in einem Beruf, der mir eigentlich keinen Spaß macht. Meine Eltern meinten immer nur es wären ja nur drei Jahre, ich sollte es durchziehen und danach im Beruf wird es besser. Nichts ist besser geworden. Der Job ist immer noch stinke langweilig, da es viel zu wenig Arbeit gibt und die ist sehr stupide. Ich leide unter einer sozialen Phobie (jeden Falls habe ich die ganzen Anzeichen davon). Ich habe Probleme damit auf andere Leute zu zugehen. Aufgrund des Problems hatten mich meine Eltern mal in einen Tischtennisverein geschickt, aber das brachte nichts. Dort suchte ich mir keine Kontakte, da ich mich einfach nicht traute auf andere Leute zu zugehen. Es ist die Angst, etwas falsches zu sagen und dann wie ein Depp da zu stehen. Die Angst vor Ablehnung. Außerdem weiß ich nicht, was ich sagen soll in einem Gespräch. Ich habe auch schon versucht zu zuhören, wie andere ein Gespräch anfangen. Kriege es aber selbst trotzdem nicht hin.

Eigentlich wünsche ich mir nur ein neues Leben ab der Grundschule mit einem normalen Verlauf auf einer normalen Schule. Aber die Zeit kann man leider nicht zurückdrehen und den Eltern sagen ich will nicht auf diese Schule. Meinen Eltern hatte ich das alles auch schon mal erzählt und als Antwort kam dann, dass ich das ja damals hätte sagen sollen. Super dachte ich mir, das konnte ich doch damals nicht wissen. Wie soll denn ein Junge mit 10 oder 11 Jahren wissen, was eine Körperbehindertenschule ist und wie die Kinder dort sind. Für diese Entscheidung hasse ich meine Eltern. Das hat mir mein ganzes Leben versaut. Laut meinen Eltern wäre ich auf einer normalen Schule untergegangen oder die anderen hätten mich gemobbt. Das kann man aber meiner Meinung nach vorher gar nicht so genau wissen. Man hätte es wenigstens ausprobieren können.

Dann kommt jetzt noch das Problem hinzu, dass ich schwul bin und auf eher jüngere Jugendliche stehe im Alter von 16-20 Jahren. Das eigentliche Problem für mich dabei ist eher, dass ich nicht auf Männer in meinem Alter stehe. Mit dem Schwul sein kann ich gut leben. Ich hatte mal überlegt in ein Café für 14 - 27 Jährige Schwule und Lesben zu gehen, um Leute kenne zu lernen. Es muss keine Beziehung sein, sondern eigentlich nur eine Freundschaft. Aber irgendwie traue ich mich nicht dort hin. Ich habe einfach Angst, dass ich dort aufgrund der sozialen Phobie auch keine Freunde finde und sich keiner mit mir unterhalten will. Obwohl es dort auch Pädagogen gibt und laut der Homepage jeder schnell Kontakt findet und alle am Anfang schüchtern waren. Es gibt auch einen Abholservice, wo man von einem Pädagogen abgeholt wird. Aber das kommt bestimmt dumm rüber, wenn ein 24 Jähriger sich nicht traut, alleine dort rein zu gehen. Von dem Café habe ich in einer Geschichte (auf einer Homepage für Schwule) von einem 18 Jährigen Schwulen gelesen, der dieses Café regelmäßig besucht. Seitdem denke ich nur noch daran, ob ich hingehen soll oder nicht. Das Problem ist auch, dass ich irgendwie mich in den 18 Jährigen Jungen verguckt habe. Ich folge ihm auf sozialen Netzwerken und sehe halt jeden Tag die Bilder, wie er ein normales Leben lebt und feiert. Halt alles das was ich immer wollte und mir gewünscht hatte. Das macht mich irgendwie noch trauriger und fertiger.

Für mich gibt es irgendwie nur 2 Wege. Entweder ich bestelle dieses Schlafmittel oder ich gehe dorthin und finde Freunde. Wenn es dort aber nicht so gut läuft, weil die anderen mich entweder nicht mögen, ich nicht auf sie zu gehen, zu wenig rede, zufällig den 18 Jährigen dort treffe (will ich auf keinen Fall) oder weil irgendwie im Gespräch rauskommt, dass ich keine Freunde habe und ich dann ganz doof da stehe.

Hinzu kommt zu dem Ganzen auch noch, dass ich seit bestimmt schon 6 Jahren jeden 2. Tag nach dem Aufstehen Missempfindungen am ganzen Körper habe. Immer abwechselnd 1 Tag nicht am nächsten Tag habe ich es wieder. Das fühlt sich an wie ein Kribbeln und man ist den ganzen Tage müde und fühlt sich schwach. Ein richtig unangenehmes Gefühl. Ich war auch schon beim Neurologen, jedoch ohne Ergebnis. Auch die Ärzte wussten nicht weiter und haben mich zum Neurologen geschickt.

Ich frage mich im Moment nur, warum ich ich? Warum musste mein Leben so laufen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo TheCore92
Ich möchte dich ermutigen, fass deinen Mut zusammen und nimm Kontakt mit einem Pädagogen des Cafe's auf, oder gehe allein mit Mut und erhobenen Hauptes zu diesem Cafe.
Hab nicht zuviele Erwartungen, der Erfolg ist, das du den Mut hattest hinzugehen.
Dort bestellst du dir einen Kaffee und trinkst den in Gemütsruhe, sammelst einige Eindrücke und nimmst diese mit nach Hause.
Verweile dort mal eine Stunde und am nächsten Tag kannst du wieder für eine Stunde dorthin gehen, and so on. Kontakte entwickeln sich mit der Zeit.

Denke dir, die Tabletten kann ich mir immer noch kaufen, jetzt ist das Leben erstmal dran 🙂 😉

Verlass dich nicht auf ein nächstes Leben, denn das dies besser werden könnte ist eher unwahrscheinlich, vom logischen Prinzip her.
Du hast in diesem deinem Leben jetzt die Gelegenheit, deine Schwierigkeiten abzuarbeiten, das "Jetzt" ist die Chance.

Mach was draus.
Sei nicht so nachtragend zu deinen Eltern, du hättest mit ihnen vielleicht reden können über den Schulwechsel oder?
Vielleicht haben sie dich nicht richtig informiert über die andere Schule, sie haben gedacht es hilft dir, nicht so unter Leistungsdruck gesetzt zu werden.
Manchmal trifft ein Mensch oder eben Eltern, nicht die richtigen Entscheidungen, dann kommt es auf dich selbst drauf an, was du daraus machst.
Das steht in deiner Macht, ob aus Scheisse Gold wird. Dein Gold.
Sich in Vorwürfen und Schuldzuweisungen verfangen ist wenig hilfreich, weiß ich aus eignener Erfahrung. Mach das Beste aus dem was du hast 🙂

Mutvolle Grüße Pecky
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es denn auch Therapeuten für Kassenpatienten und kann man da nicht auch ohne Überweisung vom Hausarzt hingehen? Ich kann die Geschichte nicht einfach meinem Hausarzt erzählen, das traue ich mich nicht. Bei einem Therapeuten würde ich mich eher trauen, wird aber auch schwer.

Ich versuche nochmal Mut zu sammeln und in dieses Café zu gehen. Hier rum sitzen und darüber nachzudenken bringt auch nichts, das ist mir bewusst.
 
Hallo,
ich glaube nicht, dass es sonderlich komisch wäre, wenn du zuerst Kontakt mit dem Pädagogen aufnimmst.
Weißt du, es gibt so viele Leute, die Angst vor einem Outing haben, davor, dass sie sich jetzt öffentlich als schwul oder lesbisch zeigen. Damit scheinst du ja kein Problem zu haben. Aber es gibt Leute, die damit ein Problem haben und die werden sich wahrscheinlich auch an diesen Pädagogen gewendet haben, wenn sie es sich nicht allein getraut haben dort hin zu gehen. Es ist keine Schande. Und ich glaube nahezu jeder nicht Heterosexuelle hatte irgendwann mal irgendwie etwas Angst davor, was die anderen sagen könnten, ... Und ich glaube, dass sie dich gerade deshalb nicht einfach so abstempeln und das nicht komisch rüber kommt.
Probiere es doch mal aus, schaden kann es doch nichts oder? 😉
Und zum Thema Selbstmord, bitte lasse dir helfen. Durch einen Psychologen, in dem du dich erst mal in eine Klinik begibst, wie auch immer.
LG
 
Lieber TheCore92,




ich fand Deine Schilderung sehr berührend. Obwohl ich selber weder ein Mann noch schwul
bin, sehe ich viel von dem, was Du beschreibst wie eine exakte Schilderung dessen, wie ich
das Leben früher einmal selber empfunden habe. Eine Aneinanderreihung von unglücklichen
Erlebnissen, die irgendwann zu anhaltenden Verletzungen, sehr viel Schüchternheit und ganz
persönlichen Problemen führen, die Außenstehende oft gar nicht wahrnehmen oder zumindest
fehl-interpretieren. Manchmal reagieren dann sogar Menschen, die eigentlich auf Deiner Seite
sind genau verkehrt, sagen und tun das absolut Falsche (wie es möglicherweise auch Deine
Eltern trotz bester Absichten völlig falsch angegangen sind).


„Warum immer ich?“


Zunächst möchte ich Dich wissen lassen, dass (auch, wenn die spezifischen Probleme
und Ängste natürlich bei jedem betroffenen Menschen andere sind) diese gefühlte
„Endlos-Schleife“, in der man scheinbar gefangen bleibt (z.B. jahrelang folgt eine Verletzung oder
Enttäuschung auf die andere und irgendwann führt eigentlich alles, was man erlebt immer
wieder an diesen Scheideweg, der in letzter Konsequenz in der Selbstvernichtung endet)
verdammt viele Menschen betrifft.


Nicht, dass dieser Umstand Deine Situation/ Dein Problem jetzt grundlegend ändert, aber zu
dem Gedanken, den Du geäußert hast (und den Betroffene fast immer äußern): „Warum gerade
ich?“ kann es schon dazu beitragen, ein wenig wegzukommen von dem (wie ich finde recht
zerstörerischen) Gedanken, dass man ganz alleine / ganz besonders vom „Leben“ benachteiligt
ist, während alle anderen das Leben (wie Du sagst) „feiern“. Die Menschen, die das Leben wirklich
„feiern“ sind oft gar nicht diejenigen, die nach außen hin danach aussehen, als hätten sie (z.B. aus
materiellen oder anderen oberflächlichen Gründen) keinen Anlass zur Klage, sondern (wenn man
genau hinschaut) eher bescheidene Menschen, die gelernt haben, allem was sie sind und tun
einen Wert zuzugestehen und es entsprechend zu feiern. Als Schlüsselwörter für Lebens-
glück würde ich nicht bestimmte Umstände nennen, sondern eher innere Qualitäten (die
man sich durchaus erarbeiten kann), die einen Menschen dazu befähigen, Glück zu empfinden
(etwa Bescheidenheit, Dankbarkeit, Selbst-Akzeptanz, Liebe zu sich und anderen, Liebe zu
dem, was man tut etc.).


„Soziale Ängste und Gruppendynamik“


Es gibt (leider) irrsinnig viele Menschen, die aufgrund von sozialen Ängsten und Depressionen
fürchterlich leiden - sogar lebensbedrohlich leiden. Mitunter trägt jemand jahrzehntelang
Selbstmordgedanken mit sich herumtragen, bis er/sie irgendwann körperlich krank wird,
tatsächlich Selbstmord begeht oder (im wünschenswertesten Fall) seine/ihre alten Verhaltens-
und Denkmuster überwinden kann.


Bei manchen Menschen sieht man das ganz deutlich, bei anderen würde man es kaum vermuten.
Den wenigsten von ihnen begegnet die Freundlichkeit und die Unterstützung, die sie eigentlich
(wie jeder Mensch) verdienen - meistens reagieren Menschen sogar (ganz primitiv, so wie in der
Hackordnung von Hühnern oder so) gerade in solchen Zeiten, wo sich ein anderer besonders
schwach und hilflos fühlt, instinktiv mit Ablehnung oder sogar Aggression. Das hat aber nur
damit zu tun, dass das „Ausgeschlossen sein“ oder „Isoliert sein“ eine der größten und ältesten
Ängste eines jeden Menschen ist. Die meisten verdrängen den bloßen Gedanken an die unschöne
Perspektive, „allein auf weiter Flur“ zu sein, weil sie sonst die Kraft nicht aufbringen könnten, ihr
eigenes Leben zu bestreiten. Im Grunde ein gesunder Verdrängungs-Mechanismus. Bringt nun
jemand genau das zum Ausdruck, wovor sich der Mensch am meisten fürchtet (z.B. das Gefühl,.
dauerhaft keinen Anschluss zu finden), halten viele automatisch Abstand. Ausgesprochen
unreflektierte Menschen reagieren mitunter nicht nur reserviert, sondern sogar aggressiv und
gehässig. Ich weiß nicht, ob das bei Dir passiert ist (aggressives oder gehässiges Verhalten
Dir gegenüber), oder ob es lediglich der Umstand ist, dass Du durch das „von regulären
Abläufen Ferngehalten werden“ in jungen Jahren von Dir aus Unzulänglichkeitsgefühle entwickelt
hast. Tatsache ist - wenn ich das richtig verstanden habe -, dass Dir irgend etwas im Umgang mit
anderen Menschen eine tief sitzende Angst bereitet, die Dich daran hindert, in Gegenwart anderer
ganz „Du selbst“ zu sein. Und dass Du außerdem zu glauben scheinst, dass Du irgend etwas
an Dir hättest, das andere Menschen dazu veranlasst, Dich nicht zu akzeptieren, wie Du bist.
Meine Frage daher: Hast Du Dich jemals selber so akzeptieren können, wie Du bist?


Viele Menschen, die sich so verhalten wie Du (sich aus sozialen Ängsten heraus von anderen
weitgehend zurückziehen), denken sehr schlecht und abwertend über sich selber. Mitunter
so vernichtend abwertend, dass sie anderen schon mit Blicken und Gesten regelrecht
entgegenrufen: „Ich habe keine gute Meinung von mir“ oder „Ich bin völlig wertlos“ oder
„Mich hat noch nie jemand gewollt“ oder so. Das wirkt auf Menschen entweder wie eine
komplette Selbstentwertung, die (auch wenn sie nicht direkt ausgesprochen wird) als un-
angenehm empfunden wird. Manchmal wirkt es sogar wie emotionales „Betteln“, wo zwischen
den Zeilen so etwas in der Art rüberkommt, wie: „Ich kann mich selber nicht lieben und
akzeptieren, daher musst DU mir diese Liebe und Akzeptanz schenken. Tust Du das nicht,
werde ich (emotional) verhungern und sterben.“ In diesem Fall bürdet man einem anderen
Menschen viel mehr Verantwortung im Bezug auf die eigene Person auf, als man für sich
selber zu tragen bereit ist.


„Die Vergangenheit auslöschen?“


Auf diese Art sendet man - auch gänzlich ohne Worte, es reicht ja lediglich eine bestimmte innere
Abwehr- und Körperhaltung - ein starkes Signal an seine Umgebung aus. Und das reicht aus,
um es sich selber immer wieder zu verunmöglichen, mit anderen auf einer gleichberechtigten
Ebene in Berührung zu kommen. Die erste und wichtigste Hürde, die Du (und jeder Mensch, der
nie gelernt hat, sich selber anzunehmen) daher überwinden muss, besteht darin, aufzuhören,
in der Vergangenheit zu leben. Sich über vergangene Verletzungen zu kränken, „was wäre wenn“-
Szenarien wiederzukäuen, Schuldige zu suchen und sich auf dieser Basis immer mehr selbst
aufzugeben.


Dein Leben ist so gewesen, wie es gewesen ist. Das kannst Du nicht mehr ändern. Wenn Du
ein Glas wärst, wäre jetzt genau das darin, was bisher da reingeschüttet wurde. Wenn Du diesen
Umstand ändern willst, kannst Du das nicht erreichen, indem Du immer wieder sagst: „Man hätte
nicht diesen Dreck in mich reinschütten dürfen“ etc. Selbst wenn Du damit recht hast, ändert das
nichts an Deiner Situation. Zielführender ist es, das „Hier und Jetzt“ objektiv ins Auge zu fassen
(ohne Dein Leben als negativ abzuqualifizieren) und zu akzeptieren, wie Dein Leben nun einmal
war bzw. geworden ist. Du müsstest also so weit kommen, dass - selbst, wenn jemand, der
ganz fies und bösartig ist, sich vor Dich hinstellt und Dir genau auf Deinen schwachen Fuß
tritt, indem er z.B. sagt: „Du bist ein Versager, einer, der zurecht keine Freunde hat, einer, der es
nicht wert ist, Glück im Leben zu finden, einer, der nicht „normal“ ist …“ ihm ins Gesicht lachst
und sagst: „Na und?“ oder „Tja, das sagt ja viel darüber, wie es in Deinem Oberstübchen aussieht -
zum Glück hat das nichts mit mir zu tun“ etc. Du selber musst ganz felsenfest davon überzeugt
sein, was Du bist, was Du kannst und wie wertvoll Du bist.


Wenn Du weißt, wo Du stehst, was Du willst und was nicht, kannst Du - je nach Belieben - das
alte Giftgemisch aus Deinem Glas wegschütten und es mit etwas Neuem, Freundlichem und
Gesundem befüllen. Gelingen kann das nur, wenn Du bereit bist, das Alte loszulassen und
Dein Befinden viel mehr von Deinen eigenen Maßstäben abhängt, als von denen anderer
Menschen.


Du musst dabei nicht „vergessen“ wo Du herkommst und wer Du bist, denn der erste Schritt
ist ja sowieso erstmal, das alles zu akzeptieren. Dich so zu akzeptieren und wertzuschätzen,
wie Du bist, statt immer wieder zu versuchen, die Vergangenheit zu ändern oder Dir zu sagen:
„Ich muss jemand anders werden, damit ich mich selber akzeptieren kann“. Was Du aber sehr
wohl tun musst, ist, den alten Schmerz als „alt“ und „vergangen“ loszulassen und bereit zu sein, jeweils
„jetzt“ neue Erfahrungen zu machen. Sonst werden übermorgen, in einem Jahr oder in zehn Jahren
Deine Gedanken und Gefühle immer noch aus derselben, alten, sauren Suppe bestehen, die Dich
bisher ganz offensichtlich fast in den Suizid getrieben hat - und dieses Schicksal hast Du Dir
genauso wenig verdient, wie irgend jemand sonst.


„Mut zum Leben - Mut zum Stolpern“


Ich finde daher das, was pecky-sue Dir rät eigentlich sehr wert- und sinnvoll: Du solltest Dich
trauen, in Deinem Leben ein neues Kapitel aufzuschlagen. Nimm Deinen Mut zusammen und
steh dazu, wer Du bist und was Du willst. Versuche dabei, geduldig mit Dir selber umzugehen
und fang am Besten mit kleinen Schritten an, die Dich nicht überfordern.


Was ich diesem Rat noch hinzufügen möchte: Sei Dir von Anfang an darüber im Klaren, dass Du
einen lange aufgebauten „Eisberg“ auf Dauer nicht von der „Spitze“ aus steuern kannst (sprich:
„eine“ kurzfristige Entscheidung, „ein“ zaghafter Schritt Richtung Lebensfreude, … werden Dich
nicht dauerhaft weiterbringen). Es gibt im Leben immer wieder Hoch-Phasen, dann aber auch wieder
Rückschläge. Ich glaube, der Schlüssel, um mit all dem umgehen zu lernen ist ein ständiges
Bemühen um Objektivität und Bewusstheit. Bestimmte Dinge muss man sich immer wieder vor
Augen führen, vor allem, wenn man dazu neigt, fast schon automatisch ins Suizidale abzudriften,
wenn etwas nicht so läuft, wie man es sich gewünscht hat.


Es kann schon helfen, sich bewusst daran zu erinnern,




- dass man in einer depressiven Stimmung Erlebnisse und Begegnungen heftiger und negativer
wahrnimmt als sie womöglich tatsächlich sind.


- dass es einem nicht weiterhilft, sich auch noch selber dafür zu bestrafen, wenn einem ohnehin
schon etwas weh tut.


- dass die (vl. sehr negative) Meinung, die man von sich selber hat nicht zwangsläufig die Meinung
ist, die andere über einen haben und man anderen auch nicht von vornherein unterstellen soll,
dass sie einen nicht mögen / dass man nicht dazugehört.


- dass man nie Kontrolle über Situationen hat, die mit anderen Menschen zusammenhängen; dass
aber nichts, was irgend jemand anderer tut oder sagt (oder eben nicht tut oder sagt) DEINEN Wert
oder DEIN Denken bestimmen muss. Die Entscheidung liegt immer bei einem selbst.


- dass man sich selber ein guter Freund sein muss, ehe man für andere oder andere für einen
zu Freunden werden können.




„Suizid als Notausgang?“


Gerade wenn Du jemand bist, der an „Wiedergeburt“ glaubt: Wenn Du jetzt, in diesem Leben,
überall (wo Du auch hingehst) Deine Probleme mitnimmst… weil es ja trotz allen Schicksalsschlägen
doch am meisten an Deinem Selbstbild liegt, wie Du mit Dir selber um- und auf andere zugehst:
denkst Du wirklich, dass die „Neustart-Phantasie“ der Wiedergeburt alle Deine Probleme in Luft
auflöst? Das Konzept „Wiedergeburt“ (und ich will gar nicht sagen, dass ich irgend eines der vielen
„Leben nach dem Tod“-Konzepte noch recht ernst nehmen kann) fußt doch auf der Idee, das Leben
sei ein jahrtausendelanger Entwicklungsprozess, d.h. die Seele will oder muss so lange wiederkommen,
bis sie ihre „Lektionen“ gelernt hat. Würdest Du meinen, dass vor diesem Hintergrund ein „sich mit
bestimmten Problemen nicht länger befassen wollen“ darauf hindeutet, dass man im „nächsten Leben“
mit einem Bonus-Level der Glückseligkeit belohnt wird? Es könnte immerhin genauso gut möglich sein,
dass Du das nächste Mal noch weniger Bewegungsspielraum bekommst, um noch mehr dazu
gezwungen zu sein, einzig an Deiner Einstellung zum Leben zu arbeiten.


Genauso gut könnten z.B. die Christen oder die Moslems recht haben, dann hättest Du jeweils
einer bestimmten Dogmatik zu folgen, die u. a. angeblich besagt, dass Du als Selbstmörder (und
„Ungläubiger“) zur Hölle fährst. Es könnten also eine der vielen Weltreligionen, oder aber auch die
Wissenschaft bzw. der Atheismus recht haben … was weiß der Mensch schon groß darüber? Wenn
es also um derart endgültige Entscheidungen geht, wie z.B. „seinem Leben ein Ende zu setzen“:
lohnt es sich da nicht, ausführlich drüber nachzudenken und jede einzelne Eventualität sorgfältig
abzuwägen? Ich meine…wenn es einmal getan ist: zurück kannst Du dann nicht mehr - so viel ist sicher.


Abgesehen davon, ob Religionen nur Volksverdummung sind oder doch irgendwo ihre Berechtigung
haben: Möchtest Du nicht solange wie nur irgend möglich verschiedene Wege auf dieser Welt
ausprobieren und sehen, ob sich nicht doch noch völlig neue Türen für Dich öffnen? Stell Dir Mal vor,
dass die große Portion Glück in Deinem Leben irgendwo in der Zukunft auf Dich wartet, Du aber jetzt
ungeduldig und vorzeitig „Ade“ sagst: Du würdest Dich damit selber um die schönste Zeit Deines
Lebens betrügen. Wie groß ist generell die Wahrscheinlichkeit, dass das Leben eines Menschen sich
mehrere Jahrzehnte lang kein Stück ändert? Was ist, wenn Dich Dein größtes Problem
auf der Welt, so schmerzhaft es im Augenblick auch sein mag, irgendwann ganz automatisch dazu
veranlasst, Schmerzen schlussendlich successive loszulassen und Du gerade aus diesem Schmerz
irgendwann ganz besonders viel Kraft, Motivation und Lebensweisheit schöpfst?




„Missempfindungen“


Dass - zusätzlich zu derartigen psychischen Belastungen - auch noch körperlich zu leiden ein Problem
darstellt, ist nicht wegzuleugnen. Ich bin ja weder ein Arzt noch weiß ich recht viel über Deinen
allgemeinen Gesundheitszustand; von mir selber aber weiß ich, dass körperliche und seelische Gesundheit
oft Hand in Hand gehen. Sollte es also auch bei Dir so sein, dass es hauptsächlich die Lebens-Unlust,
ein ständiges „Wofür mach ich das eigentlich?“ oder solche Dinge sind, die dafür sorgen, dass zu z.B.
Deinen Körper nicht mit genug Licht, Luft, Bewegung und gesunder Nahrung (Obst, Gemüse, gesundes
Eiweiß, …) versorgst, dann kann ich Dir nur raten: versuche Mal, wenige Tage lang (ohne Ausnahme)
konsequent mindestens eine Stunde am Tag einer Bewegung nachzugehen, die Dir keine Schmerzen
bereitet (selbst, wenn es nur Spazieren gehen oder Nordic Walking ist), möglichst an der frischen Luft,
und Dir dabei bewusst eine vitaminreiche, ausgewogene Ernährung zuzuführen (und zeitgleich gezielt
auf raffinierten Zucker und Junk Food zu verzichten). Bei mir war das am Anfang so, dass ich mich
kaum motivieren konnte, eben aus den genannten Gründen. Aber - gerade im Frühling und Sommer -
wirkt es Wunder auf Körper und Seele, wenn man es schafft, sich trotz allen Schwierigkeiten dazu
aufzuraffen. Damit beweist Du Dir u. a. dass Du es Dir wert bist, gut für Dich zu sorgen - und ganz
nebenbei wird es immer leichter und der Körper immer gesünder (wie gesagt, ich kann nicht wissen,
was genau Du mit „Behinderung“ gemeint hast, aber wenn es irgend etwas gibt, dass Du machen
kannst, ohne Dich selber zu überfordern, rate ich Dir: mach es - und zwar regelmäßig. Mach es
Dir selber zuliebe und peppel Dich auf, als wärst Du ein lieber Freund, den Du umhegst, umsorgst
und motivierst wo es nur geht).



Ich hoffe, dass sich in der langen Wurst, die ich da zusammengemurxt habe, wenigstens ein oder zwei
Gedanken finden, die Dir ein klein wenig weiterhelfen. In jedem Fall wünsch ich Dir viel Kraft, Mut,
Selbstvertrauen sowie den Beistand und die Wertschätzung, die Du verdienst! Ich fürchte, dass das jetzt
eine wahrscheinlich viel zu lange Nachricht war, aber der Text den Du geschrieben hast, macht mir
Sorgen. Ich habe selber solche Gedanken gehabt in Zeiten, wo ich wirklich mit einem Fuß im Grab stand,
daher nehme ich das sehr ernst und habe versucht, nach bestem Gewissen ganz ganz viel Prinzipielles
einzubringen, von dem ich hoffe, dass Du und andere Betroffene profitieren können.



Alles Liebe,
Glasperle







 
Danke für die vielen Worte. Ich habe mir alles durchgelesen und werde es mir zu herzen nehmen.

Mich selbst akzeptiert hatte ich eigentlich nur in der Grundschule und davor glaube ich. Danach hat das abgenommen.

Du hast recht damit, dass ich nur von Junk Food lebe und viele Süßigkeiten esse. Sport mache ich schon seit vielen Jahren keinen mehr. Eigentlich sitze ich den ganzen Tag nur vor dem Computer, gehe arbeiten und sitze vorm Computer. Ich koche für mich nicht und bereite nur Fertiggerichte zu oder bestelle etwas. Ich werde es nächste Woche mal durchziehen, jeden Tag spazieren zu gehen und auf die Süßigkeiten zu verzichten. Auf lange Sicht werde ich auch übere gesündere Mahlzeiten nachdenken.

Ich glaube ich habe verstanden, dass ich selbst an mir arbeiten muss, um etwas zu ändern. Eventuell gibt mir die nächste Woche auch Motivation in das Café zu gehen.

Auf jeden Fall danke ich dir schon mal für alles.
 
Hallo nochmal,


das klingt ja wesentlich optimistischer als Dein erstes Posting - freut mich sehr (hoffe aber,
dass Du das auch ernst meinst).


Du hast vollkommen recht: Ob Du das nun mit Hilfe eines Psychotherapeuten machst,
oder gute Freunde / Familie hast, die Dich unterstützen: der Erfolg beim Versuch, etwas
auf Dauer zu ändern hängt davon ab, was Du selber bereit und in der Lage bist, dafür zu tun.


Alle „Helfer“ können nur cheerleaden, anfeuern, motivieren, Gedanken anregen, Hilfsmittel
bereitstellen … (und wenn es jemanden gibt, der das tut, hast Du eigentlich schon mehr
Hilfe als viele andere in solchen Situationen). Den Löwenanteil an Gefühlsarbeit kann Dir
leider keiner abnehmen, auch wenn „Verantwortung übernehmen“ (was Du ja offenbar
bereit bist, zu tun) nicht bedeutet, dass Du Dir selber die „Schuld“ dafür geben sollst, dass
Du als Kind und Jugendlicher vom Umfeld her eine schwierige Ausgangsposition hattest
(ich hoffe, das weißt Du - dass Verantwortung übernehmen nicht bedeutet, sich selber
zu beschuldigen und immer härter und strenger zu sich zu werden).



Ich denke (wenn ich Deinen Schreibstil sehe und die Art, wie Du versuchst, Feedback
wirklich anzunehmen), dass Du gute Anlagen hast, um all das zu bewältigen. Dein
wacher Verstand und ein starker Wille können Dir dabei sehr viel helfen.

Dich trotz aller guten Vorsätze auf diesem Weg von einem Therapeuten beraten
zu lassen und/oder Dich mit jemandem zu assoziieren, der/die Dich länger auf
diesem Weg begleitet (Dich auch an Tagen, wo Du Dich nicht aufraffen willst, so
lange nervt, bis Du’s doch machst, Dich immer wieder ermutigt, wenn Du wieder
anfängst, alles einfach „zuzuschütten“, bis Du wieder „Am Ende mit den Nerven“ bist …)
wäre wahrscheinlich die sicherste Variante, das langfristig durchzuhalten. Meld
Dich einfach, wenn Du jemanden zum Reden brauchst!



Viel Kraft, Mut und Erfolg,
Glasperle
 
Ich brauchte keine Überweisung, heutzutage, muß man seine KK-Karte dabei haben. Allerdings war das in Absprache mit meinem Hausarzt.
Aber der gab mir keine Überweisung mit.
Allerdings ist der mit im Spiel, weil er eventuell etwas ausfüllen muß, falls es zu einer Therapie kommt.
Auch solltest du dir den Arztwechsel gut überlegen, denn der neue Arzt fordert dann vom vorherigen Arzt deine Krankenakte an.
Und dann kannst du nicht mehr zum vorherigen gehen.
Zwei Hausärzte das geht nicht.
Wichtig ist das du bei den Therapeuten sicher weißt, das sie Kassenzugelassen sind und dir keine Kosten entstehen.

Zuvor würde ich bei meiner Krankenkasse anrufen und fragen, ob das so funktioniert. Dann frag noch nach einem Link mit Kassenzugelassenen Psychotherapeuten in deiner Stadt. Sowas haben die für ihre Kunden.

Die Liste ist nicht immer Hundertprozentig nur mit Kassenzugelassenen, deswegen bei Anruf immer fragen, arbeiten sie als kassenzugelassener Therapeut, ja super, ich habe Depressionen und so weiter, sehen sie sich in der Lage das zu therapieren.
Meist sagen die dir, rufen sie in einem halben ja nochmal an. Weil die nicht sofort einen Platz frei haben.
Ruf soviele an wie du schaffst, und notiere dir zu den einzelnen deinen Eindruck sympatisch , unsympatisch mit Name dabei und so, mit Name und Telefonnummer.
Das hilft dir, wenn die dich zurückrufen, du kannst besser zuordnen.

Joa, das sind meine Gedanken dazu.

Solltest du dir etwas antun wollen, dann weise dich selbst in eine Klinik ein um dich zu retten 🙂

Liebe Grüße und Gedanken Pecky
 

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