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ADHS und Beziehung

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Gelöscht 127843

Gast
Ich (Ende 40) habe als Erwachsene mit Mitte 30 die Diagnose ADHS bekommen. Seit einigen Jahren bin ich in einer Beziehung mit einem Mann, den ich über alles liebe.

Die letzte Zeit stelle ich zunehmend fest, dass er Schwierigkeiten mit einer ADHS-bedingten Verhaltensweise von mir hat. Mir fällt es schwer, meine Impulse zu kontrollieren. Deshalb äußere mich ganz automatisch negativ, wenn mir etwas nicht passt. Meistens geht es um das Verhalten seiner Mutter oder um seinen Freundeskreis. Ich merke das meistens gar nicht vorher, wenn ich mich mal wieder kritisch über Personen aus dem Umfeld meines Partners geäußert habe. Das fällt mir erst auf, wenn er mich anschreit o_O.

Genau das ist das Problem. Wir waren lange ein sehr harmonisches Paar. Seit einigen Monaten gibt es immer mal wieder Zoff. Sobald ich etwas Negatives über seine Mutter oder seine Freunde sage, rastet er aus und brüllt mich nieder. Die letzte Zeit auch in Anwesenheit von gemeinsamen Freunden. Er wirft mir vor, ich würde ständig nur motzen und dass ich ihn mit meiner Dauer-Nörgelei in den Wahnsinn treibe. Ich muss gestehen, dass ich selbst das gar nicht so empfinde.

Nicht nur er ist von meiner Art genervt. Meine Chefin hat mir in der aktuellen Mitarbeiterbewertung eine schlechtere Note gegeben als letztes Jahr. Aus genau demselben Grund, ich würde ständig nur meckern. Eine ehemalige Freundin hat mich früher auch jedes Mal angebrüllt, wenn ich was kritisiert habe. So wie mein Partner das jetzt macht.

Mich belastet das sehr und ich habe keine Ahnung, ob es überhaupt eine Lösung für mein Problem gibt :cry:.
 

57-55

Aktives Mitglied
Ich habe selbst ADHS, es ist mir bewusst, dass es nicht den ADHS-ler gibt, sondern sehr viele Schattierungen.
Allerdings habe ich noch nie gehört, dass es eine Ausprägung beim ADHS gibt, die dazu verleitet, negativ über Menschen zu sprechen.
Nun, ich weiß bestimmt nicht alles, allerdings kommt mir das recht seltsam vor.
Das ADHS-ler schwierig sein können ist mir vollkommen klar, die Schwierigkeiten haben aber in aller Regel andere Ursachen.

Vielleicht sprichst Du mal mit einem Psychologen über das Thema, der sollte aber Erfahrung mit ADHS-lern haben, sonst ist es nicht sehr sinnvoll.
Es gibt auch Selbsthilfegruppen für ADHS-ler.

 
G

Gelöscht 127843

Gast
Allerdings habe ich noch nie gehört, dass es eine Ausprägung beim ADHS gibt, die dazu verleitet, negativ über Menschen zu sprechen.
Die Störung der Impulskontrolle ist eines der bekanntesten Symptome für ADHS. Ich kritisiere nicht nur das Verhalten anderer Menschen, sondern auch allgemeine Zustände, Ereignisse usw. Nur merke ich das im Vorfeld meistens gar nicht, sondern erst, wenn mein Partner am Toben ist.

Meine Chefin z. B. hat sich geärgert, dass ich mich manchmal genervt über irgendwelche neuen Aufgaben beschwert habe, die sie mir gegeben hat. Kurz darauf habe ich die Aufgaben aber natürlich trotzdem angepackt und sie so erledigt, wie die Chefin das haben wollte.

Irgendwie ist das Meckern so tief in mir drin, dass ich es mir ganz schwer abgewöhnen kann. Ich brauche das, um mir ein wenig Luft zu verschaffen. Kurz danach ist (für mich) alles wieder gut, aber meine Mitmenschen kommen damit nicht klar.
 

Werwiewas

Sehr aktives Mitglied
Kurz danach ist (für mich) alles wieder gut, aber meine Mitmenschen kommen damit nicht klar.
Du beschwerst dich ja anscheindend hauptsächlich über das Umfeld deines Partners.
Meistens geht es um das Verhalten seiner Mutter oder um seinen Freundeskreis. Ich merke das meistens gar nicht vorher, wenn ich mich mal wieder kritisch über Personen aus dem Umfeld meines Partners geäußert habe.
Sobald ich etwas Negatives über seine Mutter oder seine Freunde sage, rastet er aus und brüllt mich nieder. Die letzte Zeit auch in Anwesenheit von gemeinsamen Freunden. Er wirft mir vor, ich würde ständig nur motzen und dass ich ihn mit meiner Dauer-Nörgelei in den Wahnsinn treibe. Ich muss gestehen, dass ich selbst das gar nicht so empfinde.
Ausrasten und niederbrüllen geht natürlich auch nicht. Er ist wohl ziemlich am Ende seiner Toleranzgrenze angelangt.

Aber wenn von deiner Seite keine Möglichkeit zur Änderung besteht, wirst du akzeptieren müssen, dass es deinem Partner wohl bald zuviel wird.

Was verbindet euch denn?
 

57-55

Aktives Mitglied
Ja, das mit der Impulskontrolle ist schon wahr.
Allerdings kenne ich es eigentlich nur bei akuten Ereignissen.
Mir haben Meditation und ein leichter Stimmungsaufheller sehr geholfen, insgesamt ruhiger zu werden.
Ich werde in einigen Tagen 69, meine Diagnose habe ich seit Mitte 50.
 

Hendriks two cents

Neues Mitglied
Hallo Buntmeise,
erst einmal finde ich es toll, dass du den Schritt machst und die Verantwortung für das von dir identifizierte Problem zu übernehmen möchtest. Das ist der erste und wichtigste Schritt.
Insofern bin ich sehr optimistisch, dass es dafür eine für dich passende und umsetzbare Lösung gibt.
Versuche, die erforderlichen Schritte weniger von deiner Person her zu sehen, sondern eher als Handwerk zu verstehen, das du in kleinen Etappen erlernst und in dem du dich auch durch das Feedback deines Umfelds konsequent verbessern kannst. Auch die Besteigung des Mount Everest ist letzten Endes nur die kontinuierliche, beharrliche Abfolge kleiner und in sich einfacher Schritte, zusamment mit einer guten weil zuvor in sorgfältiger und ruhiger Planung zusammengestellten Ausrüstung!

Spontan sehe ich mehrere mögliche Ansatzpunkte:
1. Deine emotionalen Muster
Dein "Meckern" als Ausdrucksform ist das Ergebnis innerer Vorgänge, die zuvor weitgehend automatisiert ablaufen. Hierzu zählen deine individuelle Wahrnehmung von Situationen, deine Erwartungen an andere Menschen und dich selbst, die Zuschreibung von Absichten und Fähigkeiten anderer Personen und letzlich deine Konzepte über die Auswahl eines (im Moment gefühlten) zielführenden Verhaltens. Letzteres kann z. B. auch darin bestehen, dass in den kritischen Momenten die Regulation deiner zuvor entstandenen Frustration durch das Meckern das im Moment vorrangige Ziel ist.
Schaue dir die Situationen entweder im Nachgang oder, mit etwas Übung, bereits während ihrer Entstehung genau an und versuche, dir die ablaufenden Schritte bewusst zu machen. Das kann zunächst rein beschreibend ablaufen. z. B. "Unkooperatives Verhalten oder Inkompetenz beobachtet -> Erwartung -> langsam ansteigende Frustration -> innere Unruhe (wie und wo genau gespürt) -> entsprechend automatisierte negative Reaktion von außen aufgrund der Vorgeschichte -> Äußerung deinerseits." Du hast dann die Möglichkeit, die einzelnen Schritte auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und sie langsam gegen konstruktivere (innere) Handlungen auszutauschen. Dies gelingt am Anfang besonders gut, wenn du bewusst nach Alternativen suchst, auch wenn diese Alternativen anfangs noch abwegig erscheinen. Je mehr dir bewusst wird, dass jeder dieser Schritte letzlich eine Entscheidung ist, die prinzipiell auch anders getroffen werden könnte, desto weniger kann das Muster sich beim nächsten Mal automatisiert reproduzieren. Irgendwann kannst du dann bewusst als Experiment eine andere Wahl treffen und ausprobieren, ob und was sich dadurch verändert.
Erwarte keine sofortigen Wunder. Dieser Prozess ist kleinschrittig und oft langwierig. Deshalb ist es wichtig, dass du die Messlatte für Erfolg hier entsprechend kleinschrittig definierst. Am Anfang ist nicht erst ein grundsätzlich anderes Handeln oder Ergebnis ein Erfolg, sondern bereits eine einzige anders getroffene Wahl, ein kleines Stück mehr Erkenntnis, oder ein kleines Experiment. Rechne dir jeden dieser Schritte als Erfolg an, auch wenn andere in deinem Umfeld das noch nicht bemerken und zunächst wie immer reagieren.

2. Dein Umfeld
Auch die Reaktion deines Umfelds ist letztlich das Ergebnis einer Automatisierung. Hier gilt letzlich dasselbe wie oben, nur dass die inneren Vorgänge der beteiligten Personen hier außerhalb deines direkten Beobachtungs- und Einflussbereichs liegen.
Wie laufen diese Muster ab? Welche Absichten werden dir zugeschrieben? Fühlen sich andere Personen gekränkt? Geht es vielleicht um Macht.
Ein häufiges Muster besteht darin, dass eine eigentlich sachliche Kritik irgendwann auf die emotionale Ebene verlagert wird. So könnte es sein, dass du z. B. ein sachliches Problem identifizierst und benennst, dein Umfeld aber deine "Unzufriedenheit" für das eigentliche Problem hält. Dieser Umdeutung erfolgt deshalb, da dann das sachliche Problem nicht mehr besprochen und gelöst werden muss, da der Fokus plötzlich auf dir liegt. Das ist vermeintlich einfacher, da du ja einfach "ruhe geben" könntest, verhindert aber eine ehrliche und konstruktive Auseinandersetzung mit dem Problem.
Hier könntest du versuchen, in einer ruhigen Minute sinnvolle Spielregeln zu besprechen, wie und in welchem Rahmen damit umgegangen werden soll.
Sollte dies mit den Menschen in deinem Umfeld nicht möglich sein, kannst du auch in Erwägung ziehen, Ausschau nach anderen Menschen zu halten, die an konstruktiven Diskussionen interessiert sind und es aushalten können, wenn du eine Kritik mal nicht im ersten Wurf direkt vollkommen korrekt und differenziert ausdrücken kannst.

=> Arbeite an dir, deine Ausdrucksweise verträglicher, differenzierter und konstruktiver zu machen. Das macht es deinem Umfeld einfacher. Lasse dich dabei aber nicht zum Problemfall erklären, wenn du eine gute und sachliche Kritik anzubringen hast. Zeige auch deutlich, dass du es nicht akzeptierst, wenn man dich "niederbrüllt". Je besser du dich selbst kennst, je selbstbewusster du aber auch zu deinen Werte und Erwartungen stehst, desto mehr kannst du in dir ruhen und wirst mit deinen Anliegen respektiert. Hier gilt auch, dass steter Tropfen den Stein aushöhlt. Es macht wenig Sinn, als Ergebnis einer einzigen Kritik eine sofortige Erkenntnis und Verbesserung auf der anderen Seite zu erwarten. Besser ist es, - sofern keine direkte Gefahr in Verzug ist - Kritik in kleinen Schritten anzubringen und bereits kleine Agreements anzuerkennen, sofern sie nicht bedeuten, dass du nur abgespeist wirst. Dies beinhalten oft auch die langsame Aushandlung von Kompromissen. Wenn du einen für dich wichtigen Punkt missachtet siehst, kannst du versuchen, die Erfüllung des dahinterliegenden Bedüfnisses von einer konkreten Erfüllungsweise zu entkoppeln und zu prüfen, ob es auch andere für dich und dein Gegenüber annehmbare Wege gibt.

Ein Problem bei Diagnosen wie ADHS besteht darin, dass sie die Spielregeln in der Interaktion verändern. Man hat neben der Möglichkeit, deine Anliegen als berechtigte Punkte zu verstehen immer auch die Möglichkeit, sie als Ausdrucksformen einer Krankheit zu deuten. Das kann im ersten Moment konfliktmildernd wirken ("sie hat ja ADHS, also muss ich nicht darauf reagieren und mich nicht angegriffen fühlen"), letztlich aber als Machtinstrument eingesetzt werden ("ich kann sie also einfach ignorieren und nicht ernst nehmen"). In diesem Fall könnte es sein, dass deine "kürzere Zündschnur" den Appell "nehmt mich endlich ernst" bedeutet, was von deinem Umfeld als weiterer Beweis deiner "Krankheit" gedeutet wird. Damit ist ein Teufelskreis geboren, der diese Identität und die Beziehungsmuster immer mehr festigen. Die Diagnose gewinnt so immer mehr (soziale) Realität. Irgendwann eskalieren darüber die Konflikte trotzdem wegen der Nichterfüllung elementarer Bedürfnisse, so dass du im Endeffekt dazu neigen könntest, dich selbst und deine Anliegen mehr und mehr zurückzunehmen und dich z. B. anbrüllen zu lassen, weil du nicht mehr daran glaubst, dass es anders gehen kann und muss.
Oberste Regel: Die klinische Diagnose ADHS als Ergebnis von Messungen in standardisierten Tests ist von ihrer intentional geleiteten Verwendung und Wirkung in (nicht professionellen) sozialen Kontexten klar zu trennen! Sie hat nichts damit zu tun, wie sich deine sozialen Beziehungen entwickeln.

Ich wünsche dir viel Erfolg und viele gewinnbringende Erkenntnisse
Hendrik
 
Zuletzt bearbeitet:

Pfefferminzdrops

Aktives Mitglied
Eine schlechte oder fehlende Impulskontrolle kenne ich von ADHSlern auch - da geht es aber eher darum, dass generell Gefühle jedweder Art ungebremst ausgelebt werden. Das ist dann auch weniger ruhig geäußerte Kritik als ein unverhältnismäßiges Ausflippen.

Tatsächlich kenne ich auch Menschen, die typische Miesepeter sind und fast an allem etwas auszusetzen haben. Das Haar in der Suppe entdecken die garantiert, selbst wenn es oft gar keines ist und sie einfach nur mal die Perspektive wechseln müssten. Mit ADHS hat das aber eher weniger zu tun, sondern ist eher ein Wesenszug. Den zu ändern bedarf schon einer gewissen Disziplin, indem man grundsätzlich innehält und reflektiert, bevor man seine Meinung zum besten gibt. Solche Menschen sind tatsächlich nervig; vor allem, wenn man mit ihnen ständig zu tun hat.

Vom Neurologen und Psychiater Viktor Frankl stammt der Ausspruch, der den heute so beliebten Achtsamkeitsübungen zu Grunde liegt: "Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit".

Achtsamkeit kann man lernen, indem man sie trainiert. Und damit sollte dann auch das Dauernörgeln in den Griff zu bekommen sein.
 

Marisol

Aktives Mitglied
ff. Sobald ich etwas Negatives über seine Mutter oder seine Freunde sage, rastet er aus und brüllt mich nieder
Dann lass das doch. Du hast ADHS, keine geistige Behinderung. Du entscheidest, was du sagen möchtest.
Er wirft mir vor, ich würde ständig nur motzen und dass ich ihn mit meiner Dauer-Nörgelei in den Wahnsinn treibe. Ich muss gestehen, dass ich selbst das gar nicht so empfinde.

Nicht nur er ist von meiner Art genervt. Meine Chefin hat mir in der aktuellen Mitarbeiterbewertung eine schlechtere Note gegeben als letztes Jahr. Aus genau demselben Grund, ich würde ständig nur meckern. Eine ehemalige Freundin hat mich früher auch jedes Mal angebrüllt, wenn ich was kritisiert habe. So wie mein Partner das jetzt macht.
Nochmal: DU entscheidest, was du sagst.
ADHS ist keine Ausrede für unmögliches Verhalten.
Irgendwie ist das Meckern so tief in mir drin, dass ich es mir ganz schwer abgewöhnen kann. Ich brauche das, um mir ein wenig Luft zu verschaffen. Kurz danach ist (für mich) alles wieder gut, aber meine Mitmenschen kommen damit nicht klar.
Dann stell dich auf ein Leben als Single ein.
Oder krieg dich in den Griff.
Dazwischen gibt es nichts.
 

57-55

Aktives Mitglied
Warum beschwerst Du Dich bei Deinem Partner über seine Leute?
Kannst Du das nicht ändern? Und was hat das mit ADHS zu tun?
Du könntest das doch lassen?
Das ist nicht so ganz einfach, wenn man kein ADHS hat, ist das nur schwer zu verstehen.
Es ist enorm schwer etwas an seinem impulsiv Verhalten zu ändern, ich spreche da aus Erfahrung.
Ich arbeite schon fast mein ganzes Leben daran, zufrieden bin ich bei Weitem bisher nicht.
So wie von Dir @Buntmeise geschildert war es mir zuerst auch seltsam.
Seit gestern habe ich viel darüber nachgedacht, ich kann es nachvollziehen.
Bei mir geht es aber in erster Linie um akute Ereignisse, da ist der Kommentar dann auch mitunter schneller als die Überlegung.
Wie schon geschrieben, ADHS ist vielschichtig.
 

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