egozentrische Minsanthropen sind damit überfordert anderen Menschen Zuspruch zu geben
Hallo Tyra,
du hast sehr viel für dich und dein Selbstbewusstsein getan. Was bei mir als Frage hängengeblieben ist: Wie siehst du deine Eltern? Kannst du in ihnen den Wert erkennen, den du selbst hast? Ich will damit sagen, egal wie schlecht sich ein Mensch benimmt (wir alle sind ja Übende und noch auf dem Weg der Entwicklung) - wir haben alle den gleichen Wert. Da gibt es keinen Grund auf einen anderen herabzuschauen oder jemanden grenzenlos zu bewundern. All das steckt in jedem von uns, auch wenn wir das nicht wahrhaben wollen. Wir sind nicht besser oder schlechter, als z.B. unsere Eltern, weil wir auch Dinge tun, sagen und denken, ohne über die Folgen Bescheid zu wissen. Niemand ist nur gut oder nur schlecht.
Wirklich an sich selbst gearbeitet hat wohl der Mensch, der egozentischen Misanthropen mit demselben Respekt und der gleichen Achtung begegnen kann, wie allen anderen Menschen auch. Ein solcher Mensch wird begriffen haben, dass wir alle Entwicklungsstadien durchmachen müssen, Fehler machen und schreckliche Taten begehen. Wüssten wir alle, was wir tun, so könnten wir gar nicht gegen die universelle Liebe handeln. Doch leider ist das Tun der Menschen oft unbewusst genährt von Hass, Angst oder Misstrauen, Enttäuschung, Wut...
Erwartungshaltungen sind ebenfalls Schuld daran, wenn etwas schief läuft. Wir erwarten, dass bestimmte Menschen sich uns gegenüber in einer ganz bestimmten Form verhalten sollen. Unsere Erwartung ist das Falsche. Niemand auf der Welt muss uns loben oder lieben. Aber wir erwarten das! Und sind enttäuscht, wütend, traurig - wenn die anderen nicht so handeln, wie wir es uns wünschen.
Wir geben - um zu bekommen.
Wir sind nett - um zu gefallen.
Wir arbeiten - für Geld.
Das ist die Grundlage für Frustration.
Geben - einfach um des Gebens willen.
Nett sein - weil das dem eigenen Wesen entspricht.
Arbeiten - das Notwendige tun ohne einen Gewinn für sich im Auge zu haben.
Das ist die Grundlage fürs Glücklichsein.
Lieben - unabhängig davon, ob man zurückgeliebt wird oder nicht.
Auch solche Sachen wie: Meine Eltern sind schuld daran, dass ich depressiv geworden bin - halte ich für schwierig, weil das Schuldzuweisungsspiel uns nicht erlöst aus dem ewigen Leidenskreislauf. Es ist auch nicht wirklich wichtig, wie Eltern (oder jemand anderer) sich benehmen - sondern es ist viel wichtiger, wie man selbst darauf reagiert.
Die Schuld liegt eigentlich immer bei einem selbst. Ich bin selbst schuld, wenn ich anderen so viel Macht über mich gebe, mich abhängig von ihnen und ihrem Urteil über mich mache. Das ist unreif und niemand wird auf diese Weise wirklich Glück auf Dauer empfinden.
Du schreibst: Ich setze meinen Wert ganz alleine fest und recht hoch an. Da bin ich anderer Meinung. Der Wert des Menschen steht von vornherein für alle gleichsam fest: Wir haben alle denselben Wert! Niemand kann sich von sich sagen, er hätte in Wahrheit mehr Wert als ein anderer. Vielleicht sieht es von unserem Standpunkt so aus, als ob die anderen niedrigere Kreaturen wären, vielleicht benehmen sie sich wie Pöbel und begehen Greueltaten. Ganz sicher gibt es andere, die in gleicher Weise auf uns herabsehen. Das hat aber nichts mit dem wirklichen Wert des Menschen zu tun, sondern ist eine persönliche Bewertung aus subjektiver Sicht heraus. Wir beurteilen (verurteilen) Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Entwicklung, ähnlich einem Fotoschnappschuss. Wir sehen nicht das Vorher oder Nachher. Schon alleine deswegen steht uns gar kein Urteil zu.
Weiterhin schreibst du: eine trainierte Achtsamkeit und Beobachtungsgabe (Kampfsport!) schützt ein wenig davor betrogen zu werden.
Da bin ich auch anderer Meinung. Alles Antrainierte, Gelernte, Beigebrachte - brauchen wir eigentlich gar nicht. Das Selbstverständliche ist bereits in uns. Wir brauchen nichts von außen. Wir sind bereits bestens ausgerüstet. Wenn ich mir einen muskulösen Körper antrainiere, meinen Geist schule - dann versuche ich dadurch meinen eigenen Wert zu steigern. Was in meinen Augen gar nicht möglich ist. Ich versuche mich gleichwertig zu fühlen oder sogar besser als die anderen. Was unsinnig ist, da es gar kein besser oder schlechter gibt. Wenn mir klar geworden ist, dass ich so, wie ich bin, bereits denselben Wert habe, wie alle anderen auch, dann können mir irgendwelche Blender und Sich-selbst-Belüger nichts von meinem wahren Wert nehmen, noch können Menschen, die mich anhimmeln, meinen Wert steigern. Es spricht nichts dagegen, seinen Körper und Geist fit zu halten, doch stört mich der Denkansatz, es zu tun, damit man sich besser fühlt oder nicht betrogen werden kann, um sich zu schützen usw.
Sich um sich selbst kümmern und sich selbst Gutes zu tun (Aussehen, Auftritt, Ausstrahlung, Intellekt) finde ich großartig und rate auch jedem dazu, das Beste aus sich selbst herauszuholen. Doch hat es nichts mit dem eigentlichen Wert zu tun, ob jemand gerade dreckig und arm oder sauber und reich ist. Der Reiche ist nicht wertvoller als der Arme, nur weil er reich ist. Er kann in Wahrheit sich in diesem Moment sehr arm fühlen und der Arme sich sehr reich, vice versa alle anderen Polaritäten (schön-hässlich, klug-dumm usw.), da er jetzt gerade das Wissen über seine Gleichwertigkeit verloren hat.
Ob ein Mensch gereift ist, erkennt man gut daran, wie er mit Menschen umgeht, die nicht nett zu ihm sind, von denen er keine Vorteile zu erwarten hat, von denen er nichts zu brauchen scheint. Ist er auch zu ihnen wie zu seinen besten Freunden, dann hat er das Wesentliche begriffen. Behandelt er sie wie Feinde, ist er noch weit davon entfernt, überhaupt etwas zu begreifen