Lady Scorpio
Neues Mitglied
Hallo,
ich weiß nicht, was ich mir hiermit erhoffe. Ich will diese Worte einfach nur los werden, weil ich sonst nicht weiß, wie ich das hier durchstehen soll.
Meine Mutter und ich hatten eine Beziehung mit Höhen und Tiefen. Leider hatten wir in den letzten beiden Jahren viele Streits, welche teilweise arg ausgeartet sind und mich psychisch an den Rand der Verzweiflung gebracht hatten. Als sie sich dann besserte und wir beide immer mehr harmonierten, glaubte ich, dass ab diesem Zeitpunkt alles besser werden würde. Ich konnte ja nicht ahnen, wie sehr ich mich irrte.
Ich hatte mich am Abend zuvor noch gewundert, dass meine Mutter so geistig abwesend war, als ich ins Bett ging und ihr eine gute Nacht wünschte, dachte mir aber nichts weiter dabei, schließlich hatte sie nicht unglücklich gewirkt. Sie hatte auf Toilette gesessen, das Handy in der Hand mit einem seligen Lächeln auf dem Lippen. Als ich Gute Nacht sagte, fragte ich mich noch, ob sie das überhaupt registriert hatte. Aber wie bereits erwähnt, dachte ich mir nichts dabei.
Am Morgen darauf riss mein Bruder dann die Tür zu meinem Zimmer auf, leichenblass und schrie, dass Mutti aus dem Fenster gesprungen sei. Ich war hellwach, sprintete ins Schlafzimmer meiner Mutter, vorbei an ihrem Lebenspartner, der bereits den Notruf gewählt hatte und lehnte mich aus dem Fenster. Und da lag sie. Auf dem Bauch, in ihren Schlafsachen um ihren Kopf herum eine Blutlache.
Mein Bruder rief aus dem Flur, dass er eine Decke brauchte um sie zuzudecken und ich eilte zu ihm. Ich rannte in mein Zimmer, riss eine Decke wahllos von meinem Bett, warf mir eine Jogginghose über und stürmte nach unten. Ich weiß, dass es dumm klingt, aber zu diesem Zeitpunkt war ich fest davon überzeugt, dass wir sie zudeckten, damit ihr nicht kalt war. Ich hatte wirklich noch diesen Hoffnungsschimmer, dass sie am Leben war und dass alles wieder gut werden würde. Doch als ich unten ankam und sie aus nächster Nähe sah, war mir klar, dass sie tot war. Sie war schon blau und ich fragte mich, wie lang sie wohl auf dem Gehweg gelegen hatte ohne dass jemand etwas bemerkt hatte.
Ein Nachbar, mit dem wir gut bekannt waren, schickte mich und meinen Bruder wieder weg. Ich schaffte es gerade einmal bis zur Kellertreppe und begann zu hyperventilieren, presste die Decke an meine Brust und wünschte mir nichts mehr, als aus diesem Alptraum aufzuwachen. Mein Bruder drängte mich in unsere Wohnung, aber ich wollte nicht. Ich wollte bei meiner Mutter bleiben, wollte bei ihr sein, obwohl ich wusste, dass ich nichts mehr tun konnte.
Ich bekam nur am Rande mit, wie die Polizei ankam und ein Seelensorger sich um uns kümmerte. Später stieß unser Vater noch zu uns, leichenblass. Er nahm uns in den Arm und sagte uns, dass es nicht unsere Schuld sei, dass alles wieder gut werden würde.
Aber ich konnte nur daran denken, wie verzweifelt meine Mutter gewesen sein musste. Ich fragte mich die Tage darauf, was sie wohl dachte, als sie dort auf dem Fensterbrett saß. Ich fragte und frage mich noch immer, ob sie es im Fall nicht vielleicht schon bereut hatte, obwohl der Gedanke so unfassbar wehtut. Ich habe Angst, dass sie womöglich dachte, dass sie uns egal wäre, dass wir ohne sie besser dran wären. Ich fragte mich, wie lang sie dort schon gelegen hatte, wie einsam sie sich in ihren letzten Sekunden gefühlt haben muss und wie verzweifelt sie gewesen sein muss. Immer wenn ich die Augen schließe, sehe ich sie dort liegen. Mein Bruder sagt mir, dass ich mir vorstellen soll, dass sie nur schläft oder dass es anders war, aber das kann ich nicht.
Ich war immer schon realistisch gewesen und habe selten Dinge verdreht oder vergessen.
Ich bin froh, dass er seine Methode gefunden hat, mache mir aber auch Sorgen, dass er alles nur in sich hineinfrisst.
Ständig habe ich das Gefühl, dass es weitergehen muss, dass ich damit abschließen muss. Aber auf der anderen Seite ist das immer so eine leise Stimme, die mir sagt, dass ich nicht das Recht habe, wieder in den Alltag reinzufinden. Wie denn auch? Wir stecken mitten im Umzug, die Kosten für die Bestattung überschlagen sich und es ist noch so viel mehr. Berufsschule, Arbeit, Ämter und so weiter.
Ich hatte immer ein massives Problem damit, die Rolle der typischen Hausfrau einzunehmen, aber jetzt schreit eine Hälfte in mir, dass ich das nun sein muss und die andere Hälfte wehrt sich immer noch dagegen, was vermutlich auch daran liegt, dass meine Mutter ein sehr veraltetes und sexistisches Frauenbild vertreten hatte. Frauen müssen die Männer bekochen und den Haushalt schmeißen. Ich war immer der Meinung, dass alle im Haushalt mithelfen konnten. Natürlich half ich gerne im Haushalt und kochte gerne, aber nicht unter der Begründung, dass ich eine Frau bin. Das war auch einer der Gründe, warum wir uns immer gestritten hatten.
Jetzt, wo sie fort ist, bemerke ich so viele Probleme und Ängste, die mich beschäftigen. Da ist dieses Gefühl, dass ich nicht das Recht habe, wieder weiterzumachen und einfach abzuschließen. Dann ist da noch dieses Bild meiner Mutter, das ich nicht vergessen kann. Außerdem habe ich immer das Gefühl, dass sie bei allem was ich mache, bei mir ist und mich stumm kritisiert oder prüft. Wenn ich etwas sauber mache, höre ich sie in meinem Kopf, wie sie mir sagt, was ich alles falsch mache. Ich sehe sie gedanklich mit dem Kopf schütteln, wenn mir ein Essen nicht so gelingt.
Ich möchte am liebsten alles so machen, wie sie es gemacht hatte obwohl ich weiß, dass ich das nie schaffen werde. Ich wünsche mir, dass ich mir mehr von ihr angenommen hätte oder dass wir endlich mal unsere ganzen Probleme ausgesprochen hätten. Dass wir uns wenigstens ein einziges Mal zusammengesetzt hätten und alle Streitereien aus der Welt geschafft hätten. Ich wünsche mir, mich entschuldigen zu können, für all die Dinge, die ich im Zorn zu ihr gesagt hatte.
Seitdem ich zurückdenken kann, habe ich alles in meinem Leben darauf ausgerichtet, dieser Frau zu gefallen, damit sie mir eines Tages mal gesagt hätte, dass sie stolz auf mich ist, mich lieb hat, schließlich war sie nie ein Mensch gewesen, der mit Empathie und Liebe um sich geworfen hatte. Ich war mir sogar ziemlich sicher, dass sie eine narzisstische Persönlichkeit hatte. Ich renne also der Liebe einer Person nach, die mir die wahrscheinlich nie wirklich geben konnte. Jeder sagt mir, dass sie mich und meinen Bruder geliebt hatte und stolz auf uns war. Aber ich kann das nicht glauben.
Verlange ich zu viel? Ich weiß, dass meine Fragen nie wirklich beantwortet werden können und mir ist klar, dass ich danach vermutlich nur noch mehr Fragen hätte.
Wie bereits gesagt, weiß ich nicht, was ich mir hiermit erhoffe. Vielleicht habt ihr ja ein paar Antworten...
ich weiß nicht, was ich mir hiermit erhoffe. Ich will diese Worte einfach nur los werden, weil ich sonst nicht weiß, wie ich das hier durchstehen soll.
Meine Mutter und ich hatten eine Beziehung mit Höhen und Tiefen. Leider hatten wir in den letzten beiden Jahren viele Streits, welche teilweise arg ausgeartet sind und mich psychisch an den Rand der Verzweiflung gebracht hatten. Als sie sich dann besserte und wir beide immer mehr harmonierten, glaubte ich, dass ab diesem Zeitpunkt alles besser werden würde. Ich konnte ja nicht ahnen, wie sehr ich mich irrte.
Ich hatte mich am Abend zuvor noch gewundert, dass meine Mutter so geistig abwesend war, als ich ins Bett ging und ihr eine gute Nacht wünschte, dachte mir aber nichts weiter dabei, schließlich hatte sie nicht unglücklich gewirkt. Sie hatte auf Toilette gesessen, das Handy in der Hand mit einem seligen Lächeln auf dem Lippen. Als ich Gute Nacht sagte, fragte ich mich noch, ob sie das überhaupt registriert hatte. Aber wie bereits erwähnt, dachte ich mir nichts dabei.
Am Morgen darauf riss mein Bruder dann die Tür zu meinem Zimmer auf, leichenblass und schrie, dass Mutti aus dem Fenster gesprungen sei. Ich war hellwach, sprintete ins Schlafzimmer meiner Mutter, vorbei an ihrem Lebenspartner, der bereits den Notruf gewählt hatte und lehnte mich aus dem Fenster. Und da lag sie. Auf dem Bauch, in ihren Schlafsachen um ihren Kopf herum eine Blutlache.
Mein Bruder rief aus dem Flur, dass er eine Decke brauchte um sie zuzudecken und ich eilte zu ihm. Ich rannte in mein Zimmer, riss eine Decke wahllos von meinem Bett, warf mir eine Jogginghose über und stürmte nach unten. Ich weiß, dass es dumm klingt, aber zu diesem Zeitpunkt war ich fest davon überzeugt, dass wir sie zudeckten, damit ihr nicht kalt war. Ich hatte wirklich noch diesen Hoffnungsschimmer, dass sie am Leben war und dass alles wieder gut werden würde. Doch als ich unten ankam und sie aus nächster Nähe sah, war mir klar, dass sie tot war. Sie war schon blau und ich fragte mich, wie lang sie wohl auf dem Gehweg gelegen hatte ohne dass jemand etwas bemerkt hatte.
Ein Nachbar, mit dem wir gut bekannt waren, schickte mich und meinen Bruder wieder weg. Ich schaffte es gerade einmal bis zur Kellertreppe und begann zu hyperventilieren, presste die Decke an meine Brust und wünschte mir nichts mehr, als aus diesem Alptraum aufzuwachen. Mein Bruder drängte mich in unsere Wohnung, aber ich wollte nicht. Ich wollte bei meiner Mutter bleiben, wollte bei ihr sein, obwohl ich wusste, dass ich nichts mehr tun konnte.
Ich bekam nur am Rande mit, wie die Polizei ankam und ein Seelensorger sich um uns kümmerte. Später stieß unser Vater noch zu uns, leichenblass. Er nahm uns in den Arm und sagte uns, dass es nicht unsere Schuld sei, dass alles wieder gut werden würde.
Aber ich konnte nur daran denken, wie verzweifelt meine Mutter gewesen sein musste. Ich fragte mich die Tage darauf, was sie wohl dachte, als sie dort auf dem Fensterbrett saß. Ich fragte und frage mich noch immer, ob sie es im Fall nicht vielleicht schon bereut hatte, obwohl der Gedanke so unfassbar wehtut. Ich habe Angst, dass sie womöglich dachte, dass sie uns egal wäre, dass wir ohne sie besser dran wären. Ich fragte mich, wie lang sie dort schon gelegen hatte, wie einsam sie sich in ihren letzten Sekunden gefühlt haben muss und wie verzweifelt sie gewesen sein muss. Immer wenn ich die Augen schließe, sehe ich sie dort liegen. Mein Bruder sagt mir, dass ich mir vorstellen soll, dass sie nur schläft oder dass es anders war, aber das kann ich nicht.
Ich war immer schon realistisch gewesen und habe selten Dinge verdreht oder vergessen.
Ich bin froh, dass er seine Methode gefunden hat, mache mir aber auch Sorgen, dass er alles nur in sich hineinfrisst.
Ständig habe ich das Gefühl, dass es weitergehen muss, dass ich damit abschließen muss. Aber auf der anderen Seite ist das immer so eine leise Stimme, die mir sagt, dass ich nicht das Recht habe, wieder in den Alltag reinzufinden. Wie denn auch? Wir stecken mitten im Umzug, die Kosten für die Bestattung überschlagen sich und es ist noch so viel mehr. Berufsschule, Arbeit, Ämter und so weiter.
Ich hatte immer ein massives Problem damit, die Rolle der typischen Hausfrau einzunehmen, aber jetzt schreit eine Hälfte in mir, dass ich das nun sein muss und die andere Hälfte wehrt sich immer noch dagegen, was vermutlich auch daran liegt, dass meine Mutter ein sehr veraltetes und sexistisches Frauenbild vertreten hatte. Frauen müssen die Männer bekochen und den Haushalt schmeißen. Ich war immer der Meinung, dass alle im Haushalt mithelfen konnten. Natürlich half ich gerne im Haushalt und kochte gerne, aber nicht unter der Begründung, dass ich eine Frau bin. Das war auch einer der Gründe, warum wir uns immer gestritten hatten.
Jetzt, wo sie fort ist, bemerke ich so viele Probleme und Ängste, die mich beschäftigen. Da ist dieses Gefühl, dass ich nicht das Recht habe, wieder weiterzumachen und einfach abzuschließen. Dann ist da noch dieses Bild meiner Mutter, das ich nicht vergessen kann. Außerdem habe ich immer das Gefühl, dass sie bei allem was ich mache, bei mir ist und mich stumm kritisiert oder prüft. Wenn ich etwas sauber mache, höre ich sie in meinem Kopf, wie sie mir sagt, was ich alles falsch mache. Ich sehe sie gedanklich mit dem Kopf schütteln, wenn mir ein Essen nicht so gelingt.
Ich möchte am liebsten alles so machen, wie sie es gemacht hatte obwohl ich weiß, dass ich das nie schaffen werde. Ich wünsche mir, dass ich mir mehr von ihr angenommen hätte oder dass wir endlich mal unsere ganzen Probleme ausgesprochen hätten. Dass wir uns wenigstens ein einziges Mal zusammengesetzt hätten und alle Streitereien aus der Welt geschafft hätten. Ich wünsche mir, mich entschuldigen zu können, für all die Dinge, die ich im Zorn zu ihr gesagt hatte.
Seitdem ich zurückdenken kann, habe ich alles in meinem Leben darauf ausgerichtet, dieser Frau zu gefallen, damit sie mir eines Tages mal gesagt hätte, dass sie stolz auf mich ist, mich lieb hat, schließlich war sie nie ein Mensch gewesen, der mit Empathie und Liebe um sich geworfen hatte. Ich war mir sogar ziemlich sicher, dass sie eine narzisstische Persönlichkeit hatte. Ich renne also der Liebe einer Person nach, die mir die wahrscheinlich nie wirklich geben konnte. Jeder sagt mir, dass sie mich und meinen Bruder geliebt hatte und stolz auf uns war. Aber ich kann das nicht glauben.
Verlange ich zu viel? Ich weiß, dass meine Fragen nie wirklich beantwortet werden können und mir ist klar, dass ich danach vermutlich nur noch mehr Fragen hätte.
Wie bereits gesagt, weiß ich nicht, was ich mir hiermit erhoffe. Vielleicht habt ihr ja ein paar Antworten...