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Mobbing nie verarbeitet

Ich habe während meiner Schulzeit massives Mobbing erlitten. Ich wurde bespuckt, zusammengetreten, gedemütigt. Ich gehörte nie dazu und wurde über 5 Jahre systematisch ausgegrenzt. Das mag nicht viel klingen, aber für mich war es die Hölle auf Erden.
Ich hatte eine Brille und meine Eltern hatten nie viel Geld. Daher war ich schon automatisch durch mein Aussehen eine Außenseiterin.
In der Grundschule war alles noch gut. Wir hatten eine tolle Lehrerin, die jedes Kind in unserer Klasse akzeptiert und gefördert hat. Wenn Mobbing aufkeimte, wurde das sofort unterbunden.
Nach der 4. Klasse kam ich aufs Gymnasium und wurde von meinen Freunden getrennt, die auf die Realschule gingen. Die meisten Kinder kannten sich schon und ich kam fast als Einzige in meine Klasse und ab da ging es los.
Das alles ist jetzt 13 Jahre her. Ihr werdet jetzt denken, dass das ja so viel ist, aber ich wache immer noch klitschnass und schweißgebadet nachts auf und erlebe alles im Traum wieder. In manchen Wochen geht es und dann ist es teilweise jede Nacht.
Ich sehe mich allein in der Klasse und werde verspottet und erlebe wieder die ausgrenzenden Situationen.
Das alles damals hat mich so stark geprägt, dass ich mich irgendwann sehr von Menschen zurückgezogen habe und irgendwann aufgehört habe zu vertrauen. Es dauert extrem lange, bis ich zu Fremden Vertrauen aufbaue. Unter Gruppen mit Menschen meines Alters fühle ich mich nach wie vor Unwohl. Ich vertraue nur Kindern und älteren Menschen.
Aus mir ist ein misstrauischer Mensch geworden. Ich habe mich einmal in Therapie begeben (wegen der Depressionen, die ich damals zusätzlich hatte). Als die Therapeutin das Mobbing aber runter spielte, habe ich nie wieder einen Anlauf unternommen therapeutisch zu arbeiten und mich jemandem anzuvertrauen.

Ich würde gerne daran professionell arbeiten, aber ich habe Angst dass ich wieder nicht ernst genommen werde und mir das als Schwäche ausgelegt wird.
Ich kann nur sagen jeder sollte gut mit seinen Mitmenschen umgehen, denn das hat Langzeitwirkungen. Ich war mit 10 oder 11 ein glückliches Kind und habe mich in den kommenden Jahren zu einem ängstlichen misstrauischen Menschen entwickelt, der heute Jahre später niemanden mehr an sich heran lässt.

Geht es jemandem ähnlich? Und was habt ihr dagegen gemacht? Gibt es Therapeuten, die nicht gleich stigmatisieren?
 
Meinen Vater hat das nie interessiert und meiner Mutter hatte ich es einmal anvertraut.
Da kam prompt: Dann musst du dich eben auch mal wehren.
Und damit hatte sich das erledigt. Danach habe ich ihr nie wieder etwas anvertraut, weil ich das Gefühl hatte sie bestätigt das was die anderen über mich denken und dass ich wirklich so schlecht bin wie sie sagen. Da es meine eigene Mutter ist habe ich das geglaubt.
 

Uri

Aktives Mitglied
Die fehlende Unterstützung/Empathie Deiner Eltern ist schlecht. Sehr schade, dass es so gelaufen ist.

Du solltest trotzdem üben, einen optimistischen Blick in die Zukunft und auf Deine Mitmenschen zu entwickeln. Denn sonst haben die destruktiven Menschen (die zwar auch noch Kinder waren - aber auch Kinder/Jugendliche können sehr destruktiv sein) gewonnen.

Ich würde mich darin versuchen durch Erinnerung, die Eigenschaften von destruktiver Machtausübung besser und gezielter zu erkennen.

Ich würde versuchen die negative Erfahrung insofern in eine Positive umzusetzen, indem ich mich zukünftig für schwächere und ausgegrenzte Personen einsetze. Gerade aufgrund eigener Erfahrung.
Das wäre eine Möglichkeit, nachträglich ein positives Gefühl zu entwickeln. Es wäre vielleicht dann auch ein Gefühl von Gegenmacht.
Das Helfen anderer Menschen in ähnlicher Situation, könnte also auch Deine eigene Ohnmacht besiegen.

Das wäre nur 1 Vorschlag von mehreren wie man damit umgehen kann.
 

Pfandsammler

Aktives Mitglied
Deine Geschichte zu lesen hat mich wirklich traurig gemacht. Kinder können manchmal echt fies sein.

Hattest du auf dem Gymnasium denn überhaupt keine Freunde? Gab es noch Kontakt mit deinen ehemaligen Freundinnen die dann auf die Realschule gegangen sind? Hattest du in deiner Nachbarschaft einen Freundeskreis?

Ich glaube das es nicht an deiner Brille und an deinem Outfit lag warum du ausgegrenzt wurdest. Der Hauptgrund dürfte sein das du quasi als einziger Neuzugang in eine Klasse gekommen bist wo sich viele andere schon untereinander gekannt haben. Und klar, da haben es neue Gesichter natürlich schwer sich zu integrieren.
 
Das Helfen anderer Menschen in ähnlicher Situation, könnte also auch Deine eigene Ohnmacht besiegen
Das habe ich mir komischerweise auch beruflich zum Ziel gemacht und arbeite derzeit in dem Bereich mit Jugendlichen (erzieherisch in einer Wohngruppe). Das Problem ist, dass ich merke, daran zu zerbrechen. Beispiel: Ich hatte neulich ein Mädchen, da habe ich gedacht, ich erlebe jetzt alles noch einmal, weil die gemobbt wurde (seitdem kam es auch hoch). Wir haben gemeinsam geschafft, dass es ihr jetzt besser geht (Mobbing Tagebuch, Mobbing Ansatz mit dem no blame approach), aber seitdem es ihr besser geht, geht es mir schlechter. Ich glaube, das hat mich dermaßen aufgewühlt, dass alles wieder hochkam. Und da denke ich mir dann: Wenn jetzt noch 4 solcher Fälle kommen, schaffe ich das nicht.

Womit ich ein Problem habe ist, dass Psychologen sagen, man sollte dann selbst an sich arbeiten. Das kann man so sehen, aber ich sehe das immer noch etwas anders. Man kann nämlich entscheiden wie man sein möchte. Ob man ein A******* ist oder nicht. Wenn jemand im Straßengraben liegt, kann ich entscheiden ob ich Hilfe hole oder vorbei fahre. Heißt: Wenn jemand einen zusammen schlägt hat der Rest immer noch die Wahl ob er mitmacht.

Hattest du auf dem Gymnasium denn überhaupt keine Freunde? Gab es noch Kontakt mit deinen ehemaligen Freundinnen die dann auf die Realschule gegangen sind? Hattest du in deiner Nachbarschaft einen Freundeskreis?
Nein. Ich hab mich sogar in den Pausen auf dem Klo eingeschlossen, weil ich solche Angst habe. Die Klassenlehrerin war der Meinung, wir müssten das unter uns regeln. Wir wären ja alt genug. Die war so unfähig und inkompetent. Das ging über Jahre, bis ich die Schule gewechselt habe und dann war Ruhe, aber da war bei mir schon alles zu spät.

Danach nachdem ich die Schule gewechselt hatte, haben sie sich übrigens andere Opfer gesucht. Das sagt einiges aus.
 
Unter uns gesagt ging es soweit, dass ich mich angefangen habe zu ritzen. Die Narben sind heute noch sichtbar. Ich wusste einfach nicht mehr wohin mit mir. Meine Eltern waren ja auch nicht für mich da. Ich denke manchmal, dass ich mir damals nicht das Leben genommen habe, ist echt ein Wunder. Aber hey, ich bin noch da denke ich mir dann wieder. Die haben es nicht geschafft mich komplett zu brechen. Trotzdem merke ich, dass ich hinter anderen meiner Altersgruppe weit zurück stehe. Ich bin scheu und zurückhaltend und kann auf Gleichaltrige nicht so super zugehen. Glücklicherweise sind meine Arbeitskollegen und Kolleginnen alle so um die 40, 50.
Wenn ich Jugendlichen helfen kann, die ähnliches erleben wie ich damals, dann geht mir innerlich das Herz auf, aber es ist auch unendlich anstrengend, denn es ist wie Traumakonfrontationstherapie ohne dass man professionell begleitet wird.
Meine Kollegen wissen nicht, dass ich früher selbst mal Mobbingopfer war und meine Angst ihnen das zu sagen ist einfach auch zu groß.
 

Sadie02

Aktives Mitglied
HI!

Du willst ja sicher das Beste für die Jugendlichen...aber hättest du eventuell die Möglichkeit, imsozialen Bereich in eine andere Ebene zu wechseln? oder andere Sparte?

Ich glaube, wenn du selbst durch die schlimmen Dinge so viel mit dir rum schlepsst, ist es dauerhaft nicht der richtige Job, mit Jugendlichen zu arbeiten, die gemobbt werden. Nicht, weil du nicht gut für die bist, sondern weil das Thema nicht gut für dich ist und du dich nicht abgrenzen kannst.
Stell dir einen Arzt vor auf einer Kinderkrebsstation, der seit eigenes Kind durch Leukämie verloren hat. Könnte der doch dort arbeiten, so dass es auch für ihn passt und gesund ist? Eher nicht, tippe ich.

Alles Gute!
 
Mein Arbeitsvertrag läuft eh nur noch ein Jahr und ich kann mir dann ggf. was neues suchen, wenn ich nicht verlängert werde. Ich habe ja nicht nur Mobbingfälle zu klären. Es sind auch Obdachlosigkeit oder Gewalt in der Herkunftsfamilie wo es mir deutlich leichter fällt mich zu distanzieren. Mir fehlt da die Supervision, wo man die Fälle durchspricht, aber leider spart der Träger da. Und ich weiß auch nicht ob ich diesbezüglich vor meinen Kollegen Farbe bekennen würde und den Mut hätte
 

Uri

Aktives Mitglied
Das habe ich mir komischerweise auch beruflich zum Ziel gemacht und arbeite derzeit in dem Bereich mit Jugendlichen (erzieherisch in einer Wohngruppe). Das Problem ist, dass ich merke, daran zu zerbrechen. Beispiel: Ich hatte neulich ein Mädchen, da habe ich gedacht, ich erlebe jetzt alles noch einmal, weil die gemobbt wurde (seitdem kam es auch hoch). Wir haben gemeinsam geschafft, dass es ihr jetzt besser geht (Mobbing Tagebuch, Mobbing Ansatz mit dem no blame approach), aber seitdem es ihr besser geht, geht es mir schlechter. Ich glaube, das hat mich dermaßen aufgewühlt, dass alles wieder hochkam. Und da denke ich mir dann: Wenn jetzt noch 4 solcher Fälle kommen, schaffe ich das nicht.

Womit ich ein Problem habe ist, dass Psychologen sagen, man sollte dann selbst an sich arbeiten. Das kann man so sehen, aber ich sehe das immer noch etwas anders. Man kann nämlich entscheiden wie man sein möchte. Ob man ein A******* ist oder nicht. Wenn jemand im Straßengraben liegt, kann ich entscheiden ob ich Hilfe hole oder vorbei fahre. Heißt: Wenn jemand einen zusammen schlägt hat der Rest immer noch die Wahl ob er mitmacht.
Hallo Anonym (man kann sich auch einen Usernamen machen, man bleibt trotzdem anonym),

also ich bin begeistert, ehrlich.

Du hast begonnen diese vielen negativen Erfahrungen in positive Energie zu wandeln.

Sei nicht enttäuscht, wenn es Dir zeitweise schlechter geht. Das "Aufgewühltsein" ist normal - langfristig wird es Dir viel viel besser gehen.

Es ist gut, wenn Du trotzdem auf dich hörst: wenn Du keine 4 Fälle mehr schaffst - kein Problem, mach nur so viele Fälle wie Du kannst.

Deinen Kollegen würde ich auch erstmal NICHTS erzählen. Wenn Du einen Fall nicht schaffst, bitte einen Kollegen darum, zu übernehmen - ohne Angabe von Gründen.

Es ist gut, wenn Du Dir über Deine Voreingenommenheit im Klaren bist. Falls etwas aus dem Ruder läuft: man kann immer aufhören.

Sehr gut, dass Du neben Mobbingfällen genug Anderes zu klären hast. Das schafft Abwechslung.
 

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