• Liebe Forenteilnehmer,

    Im Sinne einer respektvollen Forenkultur, werden die Moderatoren künftig noch stärker darauf achten, dass ein freundlicher Umgangston untereinander eingehalten wird. Unpassende Off-Topic Beiträge, Verunglimpfungen oder subtile bzw. direkte Provokationen und Unterstellungen oder abwertende Aussagen gegenüber Nutzern haben hier keinen Platz und werden nicht toleriert.

Es tut so verdammt weh...

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

SoMuchPain

Mitglied
... vor 8 Wochen ist mein Mann aus heiterem Himmel verstorben. Wir waren zwar "nur" 9 Jahre und drei Tage verheiratet, aber seit über 21 Jahren waren wir zusammen und haben praktisch auch von Anfang an zusammengelebt. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, ohne dass es völlig kitschig klingt. Wir haben uns kennengelernt und waren schon nach einem halben Jahr extrem gute Freunde, die in fast allen Dingen komplett auf einer Wellenlänge lagen. Es hatte schon länger gefunkt zwischen uns, und irgendwann haben wir diesem Gefühl auch nachgegeben, und wir wussten praktisch von Anfang an, dass wir zusammengehören und den Rest unseres Lebens miteinander verbringen wollen, obwohl das nicht ganz unproblematisch war und einige Widerstände überwunden werden mussten.

Dass dieser Rest nun so kurz geraten ist, macht mich völlig fertig, genau wie dass er so plötzlich und ohne jede Vorwarnung durch einen Herzinfarkt aus unserem Leben gerissen wurde. Dabei war er so gut wie nie krank, hatte keine Probleme, die üblicherweise auf so etwas hindeuten würden (Blutdruck und Cholesterin i. O. - er hat sein Leben lang nie irgendwelche Tabletten nehmen müssen). Laut der Ärzte im Krankenhaus hatte er wohl einen Herzfehler und "saß sein Leben lang auf einer Zeitbombe" - im Endeffekt kann ich also froh sein, dass er überhaupt 54 werden durfte, denn er hätte genauso gut auch wesentlich früher von meiner Seite gerissen werden können. Was mir völlig verrückt vorkommt, denn er war immer so voller Energie und Lebensfreude. Außerdem war er nicht mal zwei Jahre vor seinem Tod auf meinen Wunsch hin bei einem Kardiologen, der diesen Herzfehler offensichtlich nicht erkannt hat. Hätte er es, könnte mein Mann heute wohl noch bei mir sein.

Ich bin einige Jahre jünger als er, gerade Anfang vierzig und habe mein halbes Leben mit ihm verbracht. Er war nicht nur mein Mann, sondern auch mein bester Freund und engster Vertrauter, zwischen uns gab es keine Geheimnisse, wir kannten auch unsere dunklen Seiten und haben uns trotzdem geliebt.
Das führt dazu, dass ich mich im Moment fühle, als wäre ein großer Teil von mir mit ihm gestorben. Der fröhliche, lustige und optimistische Teil - zurückgeblieben ist im Endeffekt nur eine verzweifelte, gebrochene Hülle. Ich weiß gerade nicht, wie ich ohne ihn mein Leben meistern soll, denn er war mein ganzes "Erwachsenenleben" meine Stütze, mein Fels in der Brandung. Das fängt schon bei vermeintlichen Kleinigkeiten an, ich habe z. B. in meinem ganzen Leben noch keinen Tag alleine gewohnt, bin mit zwanzig aus meinem Elternhaus zu ihm gezogen.
Ich habe mich eigentlich immer für einen Menschen gehalten, dem das Alleinsein nicht viel ausmacht, in den letzten Wochen habe ich gemerkt, was für ein großer Irrtum das war. Wir waren in unserer ganzen Beziehung nie länger als maximal drei Nächte von einander getrennt. Wenn das mal vorkam, haben wir regelmäßig und lange miteinander telefoniert, und haben uns auch schwer vermisst. Und jetzt liege ich alleine in unserem Bett und finde meistens keinen Schlaf. Wenn ich schlafe, habe ich extrem lebendige Träume von ihm, und wache völlig gerädert auf. Morgens kann ich mich kaum aufraffen, überhaupt aufzustehen, weil ich gar nicht mehr weiß, wofür.

Die Feiertage über den Jahreswechsel waren die Hölle. Weihnachten und Silvester ohne ihn konnte ich kaum ertragen. Das neue Jahr fühlte sich schon um kurz nach Mitternacht so unheimlich trostlos an - ein komplettes Jahr ohne ihn, wie soll das gehen? Mein Umfeld bemüht sich wirklich nach Kräften um mich, und ich bin auch dankbar um jede Hilfe, besonders bei den vielen "praktischen" Angelegenheiten, also dem ganzen Behördenkram, mit dem ich alleine gar nicht klarkommen würde. Es ist nur so, dass niemand, der seinen Partner nicht verloren hat, nachvollziehen kann, in was für einem tiefen Loch ich gerade sitze.

Mich macht es auch manchmal unheimlich wütend, dass für alle anderen das Leben einfach weiterzugehen scheint, obwohl er doch so eine große Lücke hinterlassen hat (nicht nur bei mir). Rein rational weiß ich natürlich, dass das eigentlich so sein muss, und dennoch fühlt es sich für mich unfassbar an, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Auch all diese Phrasen wie "Das Leben geht weiter..." und "Die Zeit heilt alle Wunden." kann ich allmählich nicht mehr hören. Weil sie einfach nicht stimmen. Leider habe ich schon einige Menschen gehen lassen müssen, die mir sehr nahe standen, und weiß, dass es Wunden gibt, die nie verheilen. Womöglich schmerzen sie irgendwann nicht mehr ganz so stark, aber sie verheilen nie.

Mein Gefühlschaos überfordert mich also noch zusätzlich, und ich denke, ich bräuchte Hilfe. Leider ist es nicht so einfach, in psychologische Betreuung zu kommen, wie ich feststellen musste. Viele Therapeuten rechnen nur privat ab, was ich mir schlicht nicht leisten kann. Ich habe einen in der näheren Umgebung gefunden, der Kassenpatienten betreut und sogar auf Trauerbewältigung spezialisiert ist, aber der hat leider kein Kontingent mehr frei, das er abrechnen könnte. Auf meine Nachfrage bei der Krankenkasse wurden mir zwar drei Ärzte empfohlen, aber im selben Schreiben wurde mir mitgeteilt, dass das keine Kassenleistung ist - also stehe ich wieder am Anfang in dem Punkt. Ich habe im Januar mal ein Trauercafé besucht, und das hat wirklich gut getan. Leider findet das nur einmal im Monat statt, und der nächste Termin liegt gefühlt noch in endlos weiter Ferne.

Vielleicht finden sich hier ein paar Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind oder waren, und sich ein wenig mit mir austauschen möchten. Ich habe im Trauercafé schon festgestellt, dass es alleine schon tröstlich ist, dass man nicht die einzige ist, die mit einem solchen Schicksalsschlag umgehen muss.
 

Erytheia

Sehr aktives Mitglied
Hallo SoMuchPain,

Ich habe 2017 meinen besten und einzigsten Freund verloren (er ist in sich selbst ertrunken -zu viel Wasser in der Lunge) - wir waren wie Geschwister und irgendwie auch Seelenverwandt. Es gab nie Sex zwischen uns oder andere Berührungen dieser Art, unsere Gefühle Füreinander waren unschuldig und rein - wir waren beste Freunde.
Da er keine Familienangehörigen hatte, habe ich alle Wege erledigt, die man als Nichtangehörige tun kann - seine Wohnung aufgelöst ect.. Es war mein letzter Freundschaftsdienst an ihn, denn diese Freundschaft ist nicht mit dem Tag seines Todes mit gestorben, sondern es hat sich erst dann gezeigt, wieviel Wert sie hatte.

Er hat keine Lücke hinterlassen, denn diese ist ausgefüllt, mit Erinnerungen und Gedanken. Denke ich an ihn, dann muss ich Lächeln - weil es der Moment ist, wo sich unsere Seelen berühren. Zwei Seelen die sich anlächeln und keine Trauer kennen, weil Liebe (Freundschatstbasis in meinem Fall) zwischen zwei Menschen überall gegenwärtig ist und an keine Zustandsform gebunden ist.
Wir brauchen Luft um zu leben, aber sehen können wir sie nicht - nur fühlen. Sie tut uns gut oder weniger gut, aber sie ist vorhanden - genauso wie die Menschen, die unsere Seele positiv berührt haben.
Wir atmen Luft ein und aus und manchmal halten wir die Luft an, aber wir atmen hastig weiter, weil wir das Gefühl haben zu ersticken.

Dein Mann ist nun wie ein Inhalator, ein paar kräftige Züge, die Dich lächeln lassen und weiter voran treiben,im wissen, Dein Lächeln und Deine Energie machen diesen Inhalator unnötig, weil es überall genug Luft gibt, die keine Trauer und keine Tränen kennen, weil die positive Aura Deines Mannes Dir alles gibt, um nach vorne zu schauen.

Er hat keine Lücke hinterlassen, er füllt sie aus, auf eine Art und Weise, die nur Du spüren kannst.
Und dieses Spüren ist schön und warm, denn es gibt keine Nähe, die näher sein kann.

NewHope für Dich
 

Missyou66

Neues Mitglied
Liebe SoMuchPain,

ich verstehe Dich und kann nachvollziehen wie es Dir geht. Mein Mann ist vor 4 1/2 Monaten einfach tot umgefallen. Es ist für mich heute auch noch unfassbar. Meine Gefühle fahren auch Achterbahn. Es tut so unendlich weh und keiner meiner Freundinnen kann es verstehen. Die Trauer kann uns niemand abnehmen. Leider. Bei Dir sind es erst 8 Wochen her seit Du Deinen Verlust erlebt hast. Ich habe schon mal Tage erlebt, wo es mir auch mal besser ging. Aber seit gestern ist der Schmerz wieder da. Hast Du mal gegoogelt, ob es Trauerbegleiter in Deiner Nähe gibt? Du könntest auch mal beim Bestattungsinstitut fragen. Ich habe hier vor Ort viele Möglichkeiten: Trauergruppe, Trauerbegleiterin usw. Aber noch nicht das gefunden, was mir wirklich hilft. Vielleicht ist der Austausch hier auch eine Möglichkeit für Dich.
Liebe Grüße und im Schmerz verbunden

Missyou66
 

SoMuchPain

Mitglied
@Petra47137
Womöglich bin ich einfach noch nicht an diesem Punkt der Akzeptanz angekommen, denn wenn ich an meinen Mann denke, muss ich nicht lächeln, sondern mit den Tränen kämpfen, und ich vermisse ganz enorm auch die körperliche Nähe - die Küsse und Umarmungen, das Kuscheln auf dem Sofa, und ja, auch den Sex.
Am meisten fehlt mir, dass er neben mir steht und sagt: "Du schaffst das, Hase.". Denn im Moment habe ich einfach das Gefühl, jeder will irgendwas von mir, und ich ertrinke im Schriftwechsel mit Behörden, Banken und Versicherungen. Klar, das hätte in jedem Fall ich erledigt, in unserer Beziehung war das immer ganz klar mein Resort, aber momentan ist mir das alles einfach viel zu viel. Dazu kommt, dass jeder Brief, jede Mail und jedes Telefonat ein weiterer Schritt dazu ist, ihn aus meinem Leben zu streichen - und das tut zusätzlich auch noch verdammt weh.
All die Dinge, die er immer erledigt hat, hängen jetzt auch an mir, und ich stelle mit Entsetzen fest, dass ich offenbar zu doof bin, eine durchgebrannte Halogenlampe zu ersetzen. Insofern spüre ich da tagtäglich eine Lücke, eher einen Krater, ein riesiges Loch in meinem Leben - an der Stelle, die immer ihm gehört hat.

@missyou66
Es tut mir leid zu hören, dass auch du diesen höllischen Schmerz erleben musst - das wünsche ich wirklich niemandem. Eigentlich sind die Menschen, die das nicht nachvollziehen können, unheimlich glücklich und wissen es vermutlich noch nicht einmal. Du sagst, du hast auch Tage, an denen es dir einigermaßen geht. So weit bin ich auch noch nicht - ich habe manchmal Tage, an denen ich mir etwas vornehme, Zeit mit der Familie oder mit Freunden verbringe, und wo ich mal ein paar Stunden verlebe, in denen es weniger schlimm ist als normalerweise. Aber zurück zuhause holt mich dann sofort das schlechte Gewissen ein. Wie kann es mir drei Stunden "ganz okay" gehen, wo er doch gestorben ist? Geht's dir auch so?
Rein rational weiß ich natürlich, dass er nicht gewollt hätte, dass ich so sehr leide, dass er immer wollte, dass ich glücklich und zufrieden bin, und um jede Stunde froh wäre, in der ich mich nicht ganz so mies fühle. Aber emotional verurteile ich mich dafür. Ich weiß, das klingt nicht sonderlich logisch, aber es ist eben diese Gefühls-Achterbahn, die mich von einem Extrem ins nächste schleudert.
Dass man durch die Trauer alleine durch muss, ist leider eine Tatsache, an der niemand vorbeikommt. Bei mir kommt erschwerend dazu, dass ich knapp zweieinhalb Monate vor meinem Mann auch meine Mama verloren habe. Sie war sehr, sehr krank und für sie war es sicherlich eine Erlösung, als sie endlich gehen konnte. Aber auch sie war noch nicht alt, erst 62, und ihr Verlust und auch ihr langer Leidensweg waren schwer zu ertragen. Ich hatte das noch nicht annähernd überwunden, und habe dann eben auch noch meinen Partner verloren. Bei meiner Mama wussten wir, dass es nicht wieder gut werden würde, und jetzt obendrauf noch mein Mann - ohne, dass er vorher krank gewesen wäre, oder man das hätte kommen sehen. Da kommt man schon ins zweifeln und fragt sich, wie viel man eigentlich aushalten kann. Ich würde oft so gerne mit meiner Mama reden, aber auch das ist ja nicht mehr möglich.
Darf ich fragen, woran dein Mann gestorben ist? Bei meinem war es ja ein Herzinfarkt, bzw. eben ein Herzfehler. Im Krankenhaus sagte einer der Ärzte, mein Mann wäre in den letzten drei Monaten ein schwer kranker Mann gewesen. Und das geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf, weil es sich genau mit dem Zeitraum überschneidet, in dem sich der Zustand meiner Mutter so sehr verschlechtert hat, ich ständig bei ihr im Krankenhaus war. Dann ist sie gestorben, und ich war sehr mit mir selbst beschäftigt. Und natürlich geht mir ständig im Kopf rum, ob er für mich stark sein wollte, und irgendwelche Beschwerden oder Vorzeichen weg-ignoriert hat. Ob ich irgendwelche Anzeichen verpasst habe, weil ich um meine Mama getrauert habe. Ich spiele den Zeitraum im Kopf wieder und wieder durch, und versuche "meinen Fehler" zu finden, obwohl ich weiß, dass es nichts bringt, denn es bringt ihn ja nicht zurück. Aber auch diese Schuldgefühle setzen mir schwer zu.
 

Erytheia

Sehr aktives Mitglied
@Petra47137
Womöglich bin ich einfach noch nicht an diesem Punkt der Akzeptanz angekommen, denn wenn ich an meinen Mann denke, muss ich nicht lächeln, sondern mit den Tränen kämpfen, und ich vermisse ganz enorm auch die körperliche Nähe - die Küsse und Umarmungen, das Kuscheln auf dem Sofa, und ja, auch den Sex.
Am meisten fehlt mir, dass er neben mir steht und sagt: "Du schaffst das, Hase.". Denn im Moment habe ich einfach das Gefühl, jeder will irgendwas von mir, und ich ertrinke im Schriftwechsel mit Behörden, Banken und Versicherungen. Klar, das hätte in jedem Fall ich erledigt, in unserer Beziehung war das immer ganz klar mein Resort, aber momentan ist mir das alles einfach viel zu viel. Dazu kommt, dass jeder Brief, jede Mail und jedes Telefonat ein weiterer Schritt dazu ist, ihn aus meinem Leben zu streichen - und das tut zusätzlich auch noch verdammt weh.
All die Dinge, die er immer erledigt hat, hängen jetzt auch an mir, und ich stelle mit Entsetzen fest, dass ich offenbar zu doof bin, eine durchgebrannte Halogenlampe zu ersetzen. Insofern spüre ich da tagtäglich eine Lücke, eher einen Krater, ein riesiges Loch in meinem Leben - an der Stelle, die immer ihm gehört hat.
Es wäre schlimm, wenn Du ihn nicht vermissen würdest.
Auch Tränen gehören zum Abschiednehmen und Loslassen. Abschiedsschmerz.
Du stehst auf Deinem "Bahnhof" in der Gewissheit, der Zug mit Deinem Mann kehrt nie mehr zurück.
Alles Andere um Dich herum nimmst Du nur soweit wahr, wie erforderlich. Und diese Notwendigkeiten bauen auch Druck auf, weil Du in Deinem Schmerz nicht gestört werden willst und das lässt Dich in den einfachsten Dingen versagen. Nichts scheint mehr möglich - ohne ihn.
Ja, in diesen Momenten sind wir sehr egoistisch - es geht nur um uns, unseren Schmerz unsere Trauer.
Aus einem WIR ist auf einmal ein sehr großes ICH geworden ist. Es geht nicht mehr um den Verstorbenen, sondern nur noch um uns und unser Leid.
Wo ist die Liebe, die über alles hinwegträgt - ist sie mit gestorben oder hat sie die Kraft Deinem Mann das zu geben, worüber er sich am meisten freuen würde - ein Lächeln und ein Danke für die wundervolle Zeit.
Liebe ist unsterblich und ein Brunnen aus dem Du unendlich schöpfen kannst, denn sie ist nicht an Körperlichkeiten gebunden.
Du denkst bzw vermisst sein "zur Tür hereinkommen", den Sex mit ihm - aber er war doch mehr als nur ein Körpergefühl........er war gefühlte Herzenstiefe und das kann er auch in Zukunft sein.
 

Andreas42

Neues Mitglied
Hallo,
Ich weiß wie wie du dich fühlst. Meine Frau ist vor 4 Wochen überraschend gestorben . Im Moment ist das alles noch so unwirklich. An manschen Tage denke ich das ich damit klar komme und dann überkommt es mich wieder. Wir waren 8 Jahre glücklich verheiratet und ich vermisse sie jeden Tag.
Bin jeden Tag am Grab und es ist alles so traurig.
Ich denke es wird noch eine lange Zeit dauern bis man das überwindet.
Du siehst du bist nicht allein und es tut gut zu schreiben und zu reden.
Gruss
Andreas
 

SoMuchPain

Mitglied
Es wäre schlimm, wenn Du ihn nicht vermissen würdest.
Auch Tränen gehören zum Abschiednehmen und Loslassen. Abschiedsschmerz.
Du stehst auf Deinem "Bahnhof" in der Gewissheit, der Zug mit Deinem Mann kehrt nie mehr zurück.
Alles Andere um Dich herum nimmst Du nur soweit wahr, wie erforderlich. Und diese Notwendigkeiten bauen auch Druck auf, weil Du in Deinem Schmerz nicht gestört werden willst und das lässt Dich in den einfachsten Dingen versagen. Nichts scheint mehr möglich - ohne ihn.
Ja, in diesen Momenten sind wir sehr egoistisch - es geht nur um uns, unseren Schmerz unsere Trauer.
Aus einem WIR ist auf einmal ein sehr großes ICH geworden ist. Es geht nicht mehr um den Verstorbenen, sondern nur noch um uns und unser Leid.
Wo ist die Liebe, die über alles hinwegträgt - ist sie mit gestorben oder hat sie die Kraft Deinem Mann das zu geben, worüber er sich am meisten freuen würde - ein Lächeln und ein Danke für die wundervolle Zeit.
Liebe ist unsterblich und ein Brunnen aus dem Du unendlich schöpfen kannst, denn sie ist nicht an Körperlichkeiten gebunden.
Du denkst bzw vermisst sein "zur Tür hereinkommen", den Sex mit ihm - aber er war doch mehr als nur ein Körpergefühl........er war gefühlte Herzenstiefe und das kann er auch in Zukunft sein.
Ehrlich gesagt tut es richtig weh, wenn einem in dieser Situation Egoismus unterstellt wird. Wenn aus mir schon ein "großes ICH" geworden wäre, wäre das alles nämlich nicht halb so schmerzhaft, denn dann würde ich nur daran denken, wie es mit mir weitergeht. Und das tue ich derzeit viel zu wenig, obwohl es da viele Baustellen gibt, um die ich mich dringend kümmern müsste. Leider ist mir das alles im Moment völlig egal, nicht mal die finanziellen Probleme spornen mich wirklich an - weil mir momentan einfach wurst ist, was aus mir wird. Womöglich bin ich ein kaputtes "WIR", denn ich lebe in unserer Wohnung, fahre mit unserem Auto zu den diversen Terminen, um die ich nicht drumrum komme, kümmere mich um unsere Haustiere.

Dafür breche ich in Tränen aus, wenn ich auf seinem Nachttisch die beiden Romane sehe, die seine Mama für ihn zu Weihnachten besorgt hatte, und die er nun nie mehr lesen wird, obwohl er sich so darauf gefreut hatte. Ich zappe durch die Kanäle und sehe, dass neue Folgen unserer Lieblingsserie laufen - er hatte mir schon im November erzählt, dass es im Januar endlich weitergeht. Und nun kann er sie nicht mehr sehen, wird nie das Ende erfahren und ich will es nicht mehr, weil er es nicht kann. Als ich den geplanten Urlaub storniert habe, habe ich nicht geweint, weil ich dort nicht hinfahren werde, sondern weil er es nie wieder tun wird. Am Tag seines Todes hatte er noch mit seinem Tablet diverse Dinge für diese eine Woche gegoogelt und hat anscheinend schon geplant, was wir alles unternehmen werden, wenn wir in einem halben Jahr dort sind. Doch nur vier Stunden später war er tot, für immer fort.

Natürlich bin ich dankbar für die wunderbaren Jahre, die wir zusammen verbringen durften, aber dennoch überwiegt der Schmerz darüber, dass wir nicht gemeinsam alt werden durften, wie es so viele andere Paare dürfen, die ihr Glück aber leider oft nicht mal zu schätzen wissen. Und natürlich liebe ich ihn, sein Tod hat ja nicht meine Gefühle für ihn ausgelöscht - doch er kann mich nicht mehr zurücklieben, und das ist verdammt schmerzhaft, denn ein liebevoller Gedanke gibt mir nicht das Gefühl des Geliebtwerdens und der Geborgenheit, das mir jede liebevolle Umarmung und jeder Kuss in der Vergangenheit gegeben hat.

***********************

Lieber Andreas,

ich leide mit dir, und kann wirklich nachvollziehen, wie du dich fühlst. Der erste Monat liegt bei mir wie im Nebel, ich kann mich kaum erinnern, wie ich alles hinbekommen habe - die Beerdigung, die Behörden (zum Glück hatte ich viel Hilfe von der Familie, sonst wäre ich wohl einfach zusammengeklappt). Ich vermute mal, dir geht's ähnlich, man steht wirklich wochenlang einfach komplett unter Schock - mir ging's zumindest so.

Findest du denn Ruhe an ihrem Grab? Wenn ich dort hingehe und die beiden Kreuze sehe, die Fotos meiner Mama und meines Mannes, die im selben Jahr gehen mussten, breche ich förmlich zusammen. Ich kann mich kaum aufraffen zum Friedhof zu gehen, wenn ich es dreimal die Woche schaffe, ist es schon viel. Deswegen hab ich dann natürlich auch wieder ein schlechtes Gewissen.

Momentan habe ich das Gefühl, meinen Mann von Tag zu Tag mehr zu vermissen, noch immer warte ich zu seiner "Feierabendzeit" auf das Klappen der Wohnungstür (das natürlich ausbleibt), und starre den halben Abend seinen leeren Platz auf dem Sofa an.
Ich schreibe ihm jeden Tag. Mal wirklich einen Brief, manchmal nur eine oder auch mehrere kurze Nachricht(en), so wie wir sie uns gegenseitig all die Jahre auf tausenden Post-IT-Zetteln hinterlassen haben. Keine Ahnung, ob das "normal" ist, aber mir hilft es irgendwie. Bevor ich damit angefangen habe, hatte ich manchmal das Gefühl zu platzen, weil sich in mir all die Dinge angesammelt haben, die ich ihm einfach erzählen wollte, oder zu denen ich seinen Rat oder seine Meinung hören wollte. Natürlich ist das eine sehr einseitige Angelegenheit, aber werde zumindest all die Themen los, über die wir uns normalerweise ausgetauscht hätten.

In stiller Anteilnahme,
SoMuchPain
 

Peter1968

Moderator
Hallo smp,

ich kann ebenso, wie alle anderen die Dir geschrieben haben Dein Gefühlschaos, was in tiefer Trauer endet, nachvollziehen. Schön ist schon einmal, dass Dir einige Menschen helfen den Alltag zu bewältigen, gerade das Behördenzeugs schafft man meist alleine nicht. Manchmal ziehen aber halt auch die Freunde mit dem gänzlichen Mitleid einen wieder runter, da sollte man dann schon etwas aufpassen. Mir hat am meisten geholfen, dass ich einfach komplett neu angefangen habe. Vor 9 Jahren sind meine Frau (damals 30) und mein einziger Sohn (9) bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Wie bei Dir zieht vor allem das "Plötzliche" den Boden unter den Füßen weg. Ich habe die Mitleidsbekundungen und die angebotene Hilfe teils nicht verkraftet weil ich innerlich nicht dazu bereit war es einzugestehen, das ich gerade diese brauchte und sie mir eher immer wieder vor Augen führte welchen Verlust ich gerade hatte. In Hamburg hatten wir zusammen ein Haus gebaut, es war mir unmöglich dieses zu bewohnen, es hingen überall Erinnerungen dran, die mich runter zogen. Es hat bei mir 3 Jahre gedauert bis ich wieder "normal" war, klar gedacht habe und angefangen habe zu Leben. Ich habe in den 3 Jahren angefangen buddhistische Hilfe zu holen, da ich sehr oft in Asien gearbeitet hatte, bin nicht in dem Glauben oder so, aber das ist den Mönchen völlig egal. Diese Therapien mit vielen guten Weisheiten, meditative Geschichten wie Tai-Chi und Qigong haben mir sehr geholfen richtig Abschied zu nehmen, was ich in einem Ritual getan habe. Ich denke gerade richtig Abschied zu nehmen ist ganz wichtig, ebenso zu wissen dass im Herzen der Platz immer für die Verstorbenen eingerichtet ist. Weiterhin hat mir auch dieses Forum sehr geholfen und ich habe halt einen radikalen Schnitt gemacht, anderer Wohnort, andere Arbeit, ein komplett neuer Anfang. Ich hoffe und wünsche Dir, dass auch Du Deinen Weg findest und viele Gedanken auch aus diesem Forum mit nimmst um ebenso das Leben wieder in guten Bahnen gestalten zu können, was doch auch immer der größte Wunsch Deines Mannes war. Gerne können wir uns auch in Ruhe austauschen, ich wünsche Dir alle Kraft um wieder zu Leben und eine gute Zeit zu haben. Gib Dir Zeit für alles, es dauert und muss dauern.
Mit guten Gedanken
Peter
 

SoMuchPain

Mitglied
Lieber Peter,

ich danke dir für deine Geschichte. Das ist ein unheimlich harter Schicksalsschlag, den du verarbeiten musstest. Da wir keine Kinder haben, kann ich nur versuchen nachzufühlen, wie es ist, ein Kind zu verlieren. Und dass du deine ganze Familie verloren hast, ist unvorstellbar.

Du hast Recht, dieses "Plötzliche" ist unheimlich hart. Dass man sich nicht verabschieden konnte. Bei meiner Mutter konnte ich es, denn auch wenn wir nicht lange wussten, dass sie sterben wird, so waren es doch zumindest ein paar Tage, die wir noch hatten, um Abschied zu nehmen. Auch das war schlimm und schmerzhaft, aber selbst die paar Tage haben den Schlag ein klein wenig abgemildert, der Anruf aus dem Krankenhaus hat uns nicht ganz so stark den Boden unter den Füssen weggerissen.

Bei meinem Mann stand ich mit seiner gepackten Krankenhaustasche vor der Tür der Intensivstation, als der Arzt rauskam und uns sagte, dass "er es leider nicht geschafft hat". Ich hatte mit allem gerechnet, dass er eventuell operiert werden muss und einen Bypass braucht oder ähnliches, aber bestimmt nicht damit, dass sein Herz bereits eine halbe Stunde zuvor aufgehört hatte, zu schlagen.

Dass ich so viel Rückhalt habe, ist wirklich ein Geschenk. Ich fürchte, ich kann momentan nicht ganz so zeigen, wie dankbar ich dafür bin. Der engste Kreis meiner Freunde hört mir zu, wenn ich Redebedarf habe, aber wenn sie merken, dass ich mich gerade lieber ablenken möchte, sprechen sie das Thema von sich aus nicht an. Und niemand fragt mich, wie's mir geht, wofür ich sehr dankbar bin, denn allein diese Frage bringt mich regelmäßig zum Heulen. Wie soll's mir schon gehen? Bescheiden halt. Das kommt dann eher von Leuten aus dem Bekanntenkreis, der Nachbarschaft usw. Ich weiß natürlich, dass das in der Regel einfach so eine Begrüßungsfloskel ist ("Hey, wie geht's?"), aber ich kann's halt grad nicht ab.

Ein Wohnortwechsel ist in meinem Fall aus verschiedenen Gründen nicht möglich, ich werde also weiterhin in unserer gemeinsamen Wohnung bleiben müssen. Wobei ich momentan nicht mal wüsste, ob ich anderswohin wollte, selbst wenn ich könnte. Dafür ist auch alles noch zu frisch, denke ich. Ich kann aber verstehen, dass du diese Option gewählt hast, womöglich würde ich das in einem halben Jahr oder Jahr auch gerne wollen.

Abschiednehmen. Ja, damit habe ich momentan noch meine Probleme. Ich kann und will ihn noch nicht loslassen.

Stille Grüße,
smp
 

sotraurig2018

Neues Mitglied
Liebe smp,
es liest sich fast so, als hättest Du mein Leben, meine Geschichte, meine Gefühle beschrieben.
Der Verlust meines geliebten Partners kam auch plötzlich, es sind gerade 6 Wochen her. Was Du gestern zum Urlaub geschrieben hast oder das Gefühl, Dinge anzusehen, die der Liebste so mochte, auf die es sich gefreut hat, sie wieder zu nutzen; mir geht es ebenso. Ich denke manchmal, hoffentlich werde ich nicht verrückt darüber. Es tut mir sehr, sehr leid, dass Du auch solche Erfahrungen machen musst, solche Gedanken erleben und aushalten musst. Gleichzeitig bin ich Dir dankbar, dass Du dies hier beschrieben hast. Auch ich kann noch nicht los lassen, fange überhaupt erst langsam an zu begreifen.
Mit lieben Grüßen, sotraurig
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Anzeige (6)

Anzeige (6)

Anzeige(8)

Regeln Hilfe Benutzer

Du bist keinem Raum beigetreten.

    Oben