MidnightDiner
Neues Mitglied
Ich bin der personisierte Beweis für die verschulte Inkompetenz. Ich war noch nie ein guter Schüler, doch ich habe trotzdem versucht meine Schule zu machen. Deswegen habe ich einen langen Weg hinter mir. Von der Hauptschule bis zum Wirtschaftsinformatikstudium. Während all der Zeit war mir immer unterschwellig bewusst, dass ich fachlich nicht viel drauf habe. Ich konnte weder mit dem Kopf, noch mit den Händen arbeiten. Ich konnte nur eine Sache immer gut und das war "labern". Man hat mir immer nahegelegt Schauspieler oder Verkäufer zu werden und ich habe tatsächlich eine Ausbildung im IT Vertrieb gemacht. Doch ich erfüllte auch hier fachlich nicht die Anforderungen meines Vorgesetzten, also fing ich ein Studium an. Denn ich wollte endlich "kompetent" werden und nicht nur "labern". Im Studium merkte ich dann, dass mir Programmieren Spaß macht und ich wollte gerne meine Karriere darauf auslegen. Denn dann würde ich endlich etwas technisch handfestes können, nämlich Software entwickeln. Ich hätte Wert.
Nachdem ich mit Ach und Krach mein Wirtschaftsinformatikstudium geschafft hatte, fing ich mit fast 30 als Software Entwickler bei einem hervorragenden IT Dienstleister an.
Die Bezahlung ist gut, tolle und lange Einarbeitung, Kollegen die einem helfen wo man kann und die ersten Monate half mir der Welpenschutz sehr. Nun jedoch, nach einem Jahr, stehe ich kurz davor gekündigt zu werden weil intellektuelle Leistung offenbar etwas ist, das ich einfach nicht erbringen kann. Für jede Aufgabe hat man eine vom Kunden freigegebene Zeit die Arbeit zu erledigen. Ich überschreite diese Zeit nicht nur mindestens um das Doppelte, sondern muss so viel rumfragen, dass die Kollegen es längst hätten selbst machen können. Mein Arbeitgeber hat für mich das Arbeitspensum schon so weit runtergeschraubt, dass ich mich bereits dafür schäme diese Aufgaben auch noch erklärt zu bekommen. Sowohl Kollegen, als auch mein technischer Leiter sind von meinen Fragen sichtlich genervt und ich merke, dass Sie mit mir anders reden als mit anderen, da ich bekanntermaßen begriffsstutzig bin. Ich habe bereits regelmäßig Gespräche mit meinen Vorgesetzten, nur damit ich in die Bahn komme und das Unternehmen hat bereits alles getan, damit mich die Arbeit nicht so sehr unter Druck setzt. Doch den Druck mache ich mir natürlich selbst, da ich durchgehend der Einzige bin, der seine Quote um ein Vielfaches verfehlt. Nun kam schon die nächsthöhere Instanz auf mich zu und hat mir auf die freundlichste Art und Weise gesagt, dass ich mich langsam zusammenreißen soll, da es sonst mittelfristig in einer Kündigung enden wird.
Ich wünschte, meine Inkompetenz würde an Faulheit oder Desinteresse liegen, doch dem ist nicht so. 50-60 Stunden Wochen sind für mich nicht ungewöhnlich und es ist keine Seltenheit dass ich von 07:30 bis 19:30 im Unternehmen bleibe, nur damit ich mit meinen Aufgaben weiterkomme. Inzwischen muss ich Schlaftabletten mit Antidepressiva nehmen, da es schon vorkam, dass ich zwei Nächte in Folge gar nicht geschlafen habe. Von morgens bis abends denke ich ausschließlich an meine Arbeit und bin eines Morgens vor Verzweiflung sogar in Tränen ausgebrochen, obwohl ich seit etwa 15 Jahren nicht mehr geweint habe (Zwei Beerdigungen ausgeschlossen). Zeitweise habe ich solche Panik, dass ich glaube, jeden Moment einen Herzinfakt zu bekommen.
Ich frage mich oft, was ich überhaupt all die Zeit gemacht habe, dass ich so mit der Arbeit überfordert bin. Ich arbeite, als hätte ich Sand im Getriebe, obwohl es mir an Selbstoptimierung auch nicht mangelt. Ich schreibe mir permanent auf, wie lange ich an einer Aufgabe gesessen habe und warum es so lange gedauert hat. Von diesen Notizen lassen sich nur eine Hand voll Schlüsse ziehen.
1. Ich verstehe einfach zu langsam. Das bezieht sich sowohl auf neues Wissen das ich mir aneignen muss, als auch kontextbezogenes Verständnis für das was in der Aufgabe gefordert ist und in welchem Rahmen die Lösung gestaltet werden könnte.
2. Mich bestimmt aufgrund meiner ganzen Irrtümer und Fehler nur noch die Unsicherheit und ich überlege jeden Schritt 10 mal, nur damit ich mich gedanklich nicht wieder verrenne. Was selbstverständlich trotzdem vorkommt, denn mein Gehirn scheint irgendwie nicht so geradlinig wie andere Gehirne zu funktionieren.
3. Ich bin extrem vergesslich. Ich bin immer darüber erstaunt, wenn Kollegen miteinander reden und die fragen einander etwas über Ihre Arbeit und die platzen nur so mit Details aus sich raus, was Ihnen schon alles bei der Programmierung passiert ist, woran es gelegen hat und wie Sie es lösen konnten. Ich bin nicht einmal in der Lage meinem Chef zu erklären, was ich den Tag über gemacht habe oder was ich an welchem Ticket gemacht habe, ohne dabei auf meine Notizen zu spähen. Nicht einmal wiederkehrende Aufgaben kann ich nach dem dritten Mal. Dabei versuche ich bereits so gut es geht konzentriert bei der Arbeit zu sein und mir klar zu machen, was ich da gerade tue.
Diese Erkenntnisse sind nicht besonders nützlich, da ich zur Lösung schon mein Gehirn austauschen sollte. Und jede Person die weiß was bei mir los ist kommt immer zu denselben Schluss:
Ich mache mir zu viel Druck.
Auch dieser Hinweis nützt mir rein gar nichts, denn die Schlussfolgerung wäre, sich absichtlich zu entspannen, was eine Sache der Unmöglichkeit ist. Denn ich habe bereits versucht mich zu entspannen und meinen Aufgaben mit klarem Kopf anzugehen, doch es nützt nichts, wenn ich bereits die vierte Stunde anfange, von einer Aufgabe für die zwei Stunden geplant war und wo ich bereits zum dritten Mal um Verlängerung bitten musste, nur damit mir der Kunde sagt, dass Ihn drei Sachen nicht gefallen und ich erneut um Verlängerung bitten muss und ich plötzlich aus einer zwei Stunden Aufgabe eine sechs Stunden Aufgabe gemacht habe.
Im Studium und in der Schule hatte ich zumindest Zeit zu lernen und mit mehr Arbeit meine Inkompetenz zu kompensieren. Das funktioniert leider im Beruf nicht mehr und Leistung ist nun mal Arbeit/Zeit und bei diesem Maßstab habe ich schon zu Schulzeiten schlecht abgeschnitten und im Beruf wurde das nur noch deutlicher.
Noch größere Sorgen mache ich mir wegen meiner Freundin. Sie ist der beste Mensch den man sich vorstellen kann. Das absolute Gegenstück zu mir. Sie ist ehrgeizig, kompetent, mitfühlend und weiß was Sie will. Da Sie schon 30 wird und wir gerne Kinder + Haus wollen, wird auch die Zeit langsam eng.
Umso größer ist meine Panik, wenn ich daran denke, dass meine Inkompetenz in meinem Alter mit nichts zu rechtfertigen ist und ich nicht wüsste, was ich nach einer Kündigung tun sollte. Denn ich kann mit fast 31 Jahren einfach Gar Nichts.
Nachdem ich mit Ach und Krach mein Wirtschaftsinformatikstudium geschafft hatte, fing ich mit fast 30 als Software Entwickler bei einem hervorragenden IT Dienstleister an.
Die Bezahlung ist gut, tolle und lange Einarbeitung, Kollegen die einem helfen wo man kann und die ersten Monate half mir der Welpenschutz sehr. Nun jedoch, nach einem Jahr, stehe ich kurz davor gekündigt zu werden weil intellektuelle Leistung offenbar etwas ist, das ich einfach nicht erbringen kann. Für jede Aufgabe hat man eine vom Kunden freigegebene Zeit die Arbeit zu erledigen. Ich überschreite diese Zeit nicht nur mindestens um das Doppelte, sondern muss so viel rumfragen, dass die Kollegen es längst hätten selbst machen können. Mein Arbeitgeber hat für mich das Arbeitspensum schon so weit runtergeschraubt, dass ich mich bereits dafür schäme diese Aufgaben auch noch erklärt zu bekommen. Sowohl Kollegen, als auch mein technischer Leiter sind von meinen Fragen sichtlich genervt und ich merke, dass Sie mit mir anders reden als mit anderen, da ich bekanntermaßen begriffsstutzig bin. Ich habe bereits regelmäßig Gespräche mit meinen Vorgesetzten, nur damit ich in die Bahn komme und das Unternehmen hat bereits alles getan, damit mich die Arbeit nicht so sehr unter Druck setzt. Doch den Druck mache ich mir natürlich selbst, da ich durchgehend der Einzige bin, der seine Quote um ein Vielfaches verfehlt. Nun kam schon die nächsthöhere Instanz auf mich zu und hat mir auf die freundlichste Art und Weise gesagt, dass ich mich langsam zusammenreißen soll, da es sonst mittelfristig in einer Kündigung enden wird.
Ich wünschte, meine Inkompetenz würde an Faulheit oder Desinteresse liegen, doch dem ist nicht so. 50-60 Stunden Wochen sind für mich nicht ungewöhnlich und es ist keine Seltenheit dass ich von 07:30 bis 19:30 im Unternehmen bleibe, nur damit ich mit meinen Aufgaben weiterkomme. Inzwischen muss ich Schlaftabletten mit Antidepressiva nehmen, da es schon vorkam, dass ich zwei Nächte in Folge gar nicht geschlafen habe. Von morgens bis abends denke ich ausschließlich an meine Arbeit und bin eines Morgens vor Verzweiflung sogar in Tränen ausgebrochen, obwohl ich seit etwa 15 Jahren nicht mehr geweint habe (Zwei Beerdigungen ausgeschlossen). Zeitweise habe ich solche Panik, dass ich glaube, jeden Moment einen Herzinfakt zu bekommen.
Ich frage mich oft, was ich überhaupt all die Zeit gemacht habe, dass ich so mit der Arbeit überfordert bin. Ich arbeite, als hätte ich Sand im Getriebe, obwohl es mir an Selbstoptimierung auch nicht mangelt. Ich schreibe mir permanent auf, wie lange ich an einer Aufgabe gesessen habe und warum es so lange gedauert hat. Von diesen Notizen lassen sich nur eine Hand voll Schlüsse ziehen.
1. Ich verstehe einfach zu langsam. Das bezieht sich sowohl auf neues Wissen das ich mir aneignen muss, als auch kontextbezogenes Verständnis für das was in der Aufgabe gefordert ist und in welchem Rahmen die Lösung gestaltet werden könnte.
2. Mich bestimmt aufgrund meiner ganzen Irrtümer und Fehler nur noch die Unsicherheit und ich überlege jeden Schritt 10 mal, nur damit ich mich gedanklich nicht wieder verrenne. Was selbstverständlich trotzdem vorkommt, denn mein Gehirn scheint irgendwie nicht so geradlinig wie andere Gehirne zu funktionieren.
3. Ich bin extrem vergesslich. Ich bin immer darüber erstaunt, wenn Kollegen miteinander reden und die fragen einander etwas über Ihre Arbeit und die platzen nur so mit Details aus sich raus, was Ihnen schon alles bei der Programmierung passiert ist, woran es gelegen hat und wie Sie es lösen konnten. Ich bin nicht einmal in der Lage meinem Chef zu erklären, was ich den Tag über gemacht habe oder was ich an welchem Ticket gemacht habe, ohne dabei auf meine Notizen zu spähen. Nicht einmal wiederkehrende Aufgaben kann ich nach dem dritten Mal. Dabei versuche ich bereits so gut es geht konzentriert bei der Arbeit zu sein und mir klar zu machen, was ich da gerade tue.
Diese Erkenntnisse sind nicht besonders nützlich, da ich zur Lösung schon mein Gehirn austauschen sollte. Und jede Person die weiß was bei mir los ist kommt immer zu denselben Schluss:
Ich mache mir zu viel Druck.
Auch dieser Hinweis nützt mir rein gar nichts, denn die Schlussfolgerung wäre, sich absichtlich zu entspannen, was eine Sache der Unmöglichkeit ist. Denn ich habe bereits versucht mich zu entspannen und meinen Aufgaben mit klarem Kopf anzugehen, doch es nützt nichts, wenn ich bereits die vierte Stunde anfange, von einer Aufgabe für die zwei Stunden geplant war und wo ich bereits zum dritten Mal um Verlängerung bitten musste, nur damit mir der Kunde sagt, dass Ihn drei Sachen nicht gefallen und ich erneut um Verlängerung bitten muss und ich plötzlich aus einer zwei Stunden Aufgabe eine sechs Stunden Aufgabe gemacht habe.
Im Studium und in der Schule hatte ich zumindest Zeit zu lernen und mit mehr Arbeit meine Inkompetenz zu kompensieren. Das funktioniert leider im Beruf nicht mehr und Leistung ist nun mal Arbeit/Zeit und bei diesem Maßstab habe ich schon zu Schulzeiten schlecht abgeschnitten und im Beruf wurde das nur noch deutlicher.
Noch größere Sorgen mache ich mir wegen meiner Freundin. Sie ist der beste Mensch den man sich vorstellen kann. Das absolute Gegenstück zu mir. Sie ist ehrgeizig, kompetent, mitfühlend und weiß was Sie will. Da Sie schon 30 wird und wir gerne Kinder + Haus wollen, wird auch die Zeit langsam eng.
Umso größer ist meine Panik, wenn ich daran denke, dass meine Inkompetenz in meinem Alter mit nichts zu rechtfertigen ist und ich nicht wüsste, was ich nach einer Kündigung tun sollte. Denn ich kann mit fast 31 Jahren einfach Gar Nichts.