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Wie lange kann ein Mensch für das Leben kämpfen ?

Lisa33

Neues Mitglied
Hi,
ich bin Lisa, Ende 30 und schreibe heute hier weil ich nicht weiß wohin mit meinen Gedanken. Vorab ist mir eins wichtig zu sagen: ich bin ein grundsätzlich optimistischer und fröhlicher Mensch und niemand der sich grundsätzlich selbst bemitleidet.
Aktuell bin ich an einem Punkt in meinem Leben angekommen, an dem ich einfach nicht mehr weiter weiß.
Mein Leben war von Anbeginn schwierig. Ich hatte ein instabiles Elternhaus (Narzissmus,alkoholismus, psychische und körperliche Gewalt durch Eltern und spätere Stiefelternteile) und in meiner Kindheit und Jugend leider keinen Erwachsenen, der mich sieht/hört und der gesehen hat was hinter verschlossenen Türen bei uns los war. Zudem sind wir oft umgezogen. Nach außen hin war ich immer das Problemkind, weil ich mich versucht habe gegen die Misshandlungen zu wehren. Zwar habe ich nicht verstanden was eigentlich passiert (weil man mir die Misshandlungen von der Eltern Seite auch immer ausgeredet hat und als Kind ist man einfach so beeinflussbar und weiß am Ende selber nicht mehr was man glauben soll und fragt sich ob man nicht doch das Problem ist), aber tief in dir drin spürst du wenn was nicht in Ordnung ist und Sachen passieren die nicht sein dürfen. Irgendwann kam ich ins Heim, bin abgehauen, landete auf der Straße. Von einer Freundin bekam ich damals Hilfe und schaffte den Absprung. Ich suchte mir eine Wohnung, machte eine Ausbildung und fing an zu arbeiten. Freunde hatte ich tatsächlich immer, das war in meinem Leben so die einzige Konstante. Allerdings habe ich durch die häufigen Umzüge mir auch immer neue Freunde suchen müssen, was für mich aber nie so das grosse Problem war, da ich sehr aufgeschlossen war und ich oft gemocht wurde. Manchmal hatte ich mehrere Cliquen gleichzeitig. Bis zum nächsten Umzug. Es gab zwar vereinzelt Freundschaften die diese Umzüge überstanden haben, aber irgendwann wird man älter und lebt sich auseinander. Ich hatte für viele Jahre eine „beste Freundin“, bei der ich immer ein komisches Bauchgefühl hatte und bei der ich nach fast 15 Jahren mir endlich eingestehen konnte dass sie mich nur ausgenutzt hatte. Beziehungstechnisch war ich kein Kind von Traurigkeit und hatte keine Probleme mich zu binden und hatte auch eigentlich immer liebevolle Partner.

Nach meinem letzten Umzug in eine neue Stadt vor einigen Jahren (wegen der Liebe) hat sich mein bisheriger Freundeskreis erneut aufgelöst und ich hatte noch eine handvoll Leute mit denen ich mich in unregelmäßigen Abständen getroffen hatte, aber regelmäßig im Austausch stand. Die Liebe zerbrach, aber ich gewann eine neue Freundschaft hinzu und lernte meine mittlerweile beste Freundin kennen. Durch diese Freundschaft habe ich das erste Mal das Gefühl zu wissen, was wirklich echte Freundschaft bedeutet. Sie ist wirklich immer bedingungslos für mich da gewesen (ich natürlich auch für sie) und sie ist einfach ein Herzensmensch.
In der Zwischenzeit habe ich geschafft einiges aus meiner Vergangenheit zu reflektieren und habe hart an mir gearbeitet und angefangen vieles zu verstehen. Damals habe ich auch den Kontakt mit meiner Familie beendet. Danach schien es als würde nun alles endlich gut werden, nach all den Kämpfen die ich in meinem Leben bis dahin schon hatte.
Leider kam es anders und ich erkrankte schwer. Ich konnte nicht mehr arbeiten und habe durch die Erkrankung alles verloren was ein soziales Leben noch ausgemacht hat: so gut wie alle anderen Freunde sind plötzlich verschwunden und ohne die Arbeit hatte man auch einfach nicht mehr dieses soziale Gefüge. Da es mir körperlich auch sehr schlecht ging, konnte ich auch kaum noch nach draußen. Für mein Umfeld war ich wie tot, ich wurde auf keinen Geburtstag oder sonstwohin eingeladen, ich wurde aus WhatsApp Gruppen geworfen, ohne einen Grund. Ich fühlte mich entsorgt wie Restmüll. Leider gibt es für meine Erkrankung noch keine Therapie und es gibt einige Menschen die sich, allein wegen der Erkrankung (das klingt bagatellisierend, dabei ist die Erkrankung je nach schweregrad leider unaushaltbar und ich verstehe jeden der diesen Schritt geht) das Leben genommen haben.

Ich sitze hier und habe zusätzlich zu der Erkrankung diese ganzen anderen Baustellen. Natürlich ist meine beste Freundin da, aber sie kann nicht alles alleine tragen und das kann ich ihr auch nicht zumuten. Der Rest meiner sozialen Kontakte meldet sich bei mir nur wenn sie gerade zufällig Lust haben und sie wissen dass es mir gut geht. Ich fühle mich zum Teil wie ein Spielzeug das nach Lust und Laune aus dem Schrank genommen wird. Dabei erwarte ich nichtmal dass jemand etwas für mich tut. Meine einzige Erwartung war, dass mal eine Nachricht kommt und jemand fragt wie es mir geht. Die Leute haben schon ab und zu mal geschrieben, aber halt nicht regelmäßig, sondern so 1-2x im Jahr. Wenn ich mich gemeldet habe, wurden die Nachrichten leider ignoriert. Ich weiß dass es vielen chronisch kranken so geht, das ist ein kleiner Trost. Aber es tut trotzdem so unendlich weh, weil man weiß dass man selbst immer für andere da war und auch in so einer Situation da gewesen wäre.
Ich bin allerdings auch wieder in einer Beziehung, allerdings mit jemandem der leider meine Eltern widerspiegelt (ohne körperliche Gewalt bisher). Es ist nicht alles schlecht und ich spüre dass im Kern ein guter, aber verletzter Mensch steckt, aber auch dass es mir nicht gut tut.

Ich kann mittlerweile wieder viel mehr vor die Tür und auch Urlaube sind drin. Leider kann ich immer noch nicht arbeiten, auch das ist eine starke Belastung. Ich habe, seit ich mich als Teenie aus dem ganzen rausgekämpft habe, immer gearbeitet und es ist schlimm, man fühlt sich wie eine Last für die Gesellschaft, obwohl ich finanziell über eigene Versicherungen abgedeckt bin und keine Sozialleistungen erhalte.
Aktuell bin ich allerdings auch auf Wohnungssuche. Eine Wohnung erhalte ich nicht, da Vermieter durch meine Berentung abgeschreckt sind. Für Sozialleistungen habe ich zu viel Geld, da erhalte ich leider keine Unterstützung. Wobei „zu viel Geld“ auch irgendwie ein Witz ist.
Ich habe eine Psychologin, sie ist Mega nett, aber sie kann mir nicht helfen. Sie scheint überfordert mit meiner Lebensgeschichte zu sein und hat mir schon gesagt, dass jemand anders evtl besser wäre. Ich habe jahrelang nach einer Trauma-Therapie gesucht, aber keinen Therapeuten gefunden. Es gab einfach so gut wie niemand der explizit Trauma Therapien anbietet. Ich hätte die Stunden am Ende sogar selbst bezahlt, aber da gab es dann „nur“ Heilpraktiker mit psychotherapeutischer Schulung. Selbst die waren komplett ausgebucht. Es gibt keinen Platz, man muss sich selbst helfen. Und das tue ich auf psychischer Ebene schon mein ganzes Leben. Sämtliche Leute mit denen ich rede, verstehen mich nicht. Die meisten Leute haben ja auch ein normales Leben gehabt bzw den „normalen“ Lebensstress. Misshandelndes Elternhaus, Heim, Straße, schwere Krankheit, tägliches Leiden durch die Erkrankung, Einsamkeit und Isolation…Es wird einfach zuviel.
Und bitte nicht falsch verstehen: Ich bin unendlich dankbar für meine beste Freundin und unendlich dankbar für all das gute was mir auch in meinem Leben widerfahren ist. Es ist nicht alles schlecht gewesen. Und ich weiß auch dass es Menschen gibt, denen es deutlich schlechter als mir geht. Das ist mir alles bewusst. Trotzdem fühle ich so in meinem persönlichen Empfinden.

Um zum Punkt zu kommen:
Es ist an sich nicht so, dass ich nicht mehr leben möchte. Grundsätzlich liebe ich das Leben und all die Schönheit auf unserem Planeten. Aber es ist so, dass ich körperlich und psychisch leide und seit Jahren erfahre dass mir auf keiner Ebene geholfen werden kann. Am schlimmsten ist das körperliche, weil ich dadurch eben aus dem sozialen Netz falle und meinen Hobbies nicht mehr so nachgehen kann wie ich das gerne möchte. Es ist jetzt deshalb eher eine Art Bilanzierung für mich und ich mich frage: Wieviel Leid (körperlich und psychisch in Kombination) ertrage ich noch ?

Ich habe in meinem Leben das Gefühl, schon mein ganzes Leben lang, dass egal wie sehr ich mich anstrenge um aus irgendeiner ausweglosen Situation wieder herauszukommen, es am Ende so kommt dass alle Anstrengung nichts genützt hat. Ich fühle mich wie in Treibsand. Umso mehr ich mir wünsche dass sich etwas verbessert und umso mehr Kraft ich reinstecke, Verantwortung übernehme, dass sich etwas bessert, umso schlimmer wird die Gesamtsituation am Ende. Zwischendurch passieren natürlich auch gute Sachen, aber am Ende holt es dich immer wieder ein.
Ich fühle mich so einsam, nutzlos und habe das Gefühl nicht mehr kämpfen zu können. Dazu kommt meine Erkrankung, die mich jeden Tag leiden lässt. Oft heißt es „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker“. Aber ich habe das Gefühl, „was dich nicht umbringt, bricht irgendwann deine Seele“ wenn es zu viel wird und nicht aufhört.

Danke an alle die bis hierher gelesen haben.

LG
Lisa
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo!

Ich habe jetzt ein bisschen überlegt, ob ich dir antworten soll. Weil ich natürlich kein rezept habe und auch keine tollen Tipps wie alles wieder besser werden kann.

Als erstes möchte ich dir aber gratulieren, dass du schon sehr vieles in deinem Leben hinter dir gelassen hast und dich aus ganz schweren Lebenslagen wie die Obdachlosigkeit wieder nach oben gekämpft hast.
Nichts davon hilft dir nun direkt heute. Aber es zeigt, dass sehr viel in dir steckt und du vieles erreicht hast trotz schlechter Startbedingungen.

Besteht denn bei deiner chronischen Erkrankung die Chance oder Wahrscheinlichkeit, dass es weiter so besser wird, dass du wieder arbeitsfähig wirst? Zumindest in eingeschränkter Art und Weise?
Dass dich Leute deswegen fallen lassen, ist natürlich eine schlimme Erfahrung.

Was die Beziehung angeht, ist das so eine Sache. Wenn es an früher erinnert, an schlimme Zeiten, ist es nicht gut. Und "bisher ohne körperliche Gewalt" klingt für mich nicht danach, dass du dir sicher bist, dass es auch so bleibt.
Als Kind kannst du wenig machen. Als Erwachsene kannst aber du entscheiden, wen du nahe an dich ran und in dein Leben lässt. Und jemanden retten zu wollen, naja, das kann natürlich gut gehen, aber gerade aufgrund deiner gesudheitlichen Baustellen ist dafür vielleicht nicht der beste Zeitpunkt.

Ich finde, bei Sprüche nicht so treffend. Natürlich hat jeder Mensch eine Grenze von dem, was er oder sie packen kann.
Ich hoffe sehr, es kann auch bei dir wieder aufwärts gehen!

Alles Gute!
 
Den langen Text konnte ich irgendwie nicht lesen. Zu wenig Absätze und so.

Wie lange man kämpft, ist von einem.selbst abhängig. Gefühlt kämpfe ich mein ganzes Leben lang.
Bin jetzt 64, hätte mir mein Leben anders gewünscht. Ich versuche, das Beste für mich aus meinem Leben zu machen. Jetzt noch.

Ist nicht das tollste Leben. Aber manchmal.hab ich auch Spaß und schöne Erlebnisse.
Es ist so, wie es ist.
 
Hallo Lisa,

einiges von dem, was du geschrieben hast, hätte von mir sein können. Auch das "raus schaffen" aus viel Schwerem von früher und dann später wegen Krankheit wieder der Einbruch...

Deine Frage kann ich dir aber leider nicht beantworten. Ich kann nur sagen, dass es mir so geht, dass ich öfter mal denke, das alles (Krankheiten und "Nebenwirkungen", wie schlecht und sehr selten unter Menschen kommen, auch geldtechnisch etc.) womöglich noch 20-30 Jahre aushalten, puh...

Ich finde auch, dass, wenn mal viel Zeit allein verbringen muss, dass dann das Negative so "laut" wird. Z. B. die Krankheitssymptome werden dann so präsent, wie sie es nicht wären, hätte ich mehr Kontakt zu anderen oder schlichtweg mehr Geld, um etwas zu unternehmen. Aber es ist nicht so. Und schlussendlich bleibt mir nichts, als das zu akzeptieren und das beste draus zu machen, was mir in der Situation möglich ist.

Man kann "üben", sich aufs Gute zu konzentrieren, durch z. B. ein Tagebuch, in das man jeden Tag 3 Dinge schreibt, die gut waren, egal, wie klein oder groß sie sein mögen. Indem man sich Menschen auf anderen Wegen ins Haus holt (z. B. Brieffreundschaften), indem man sich auf Hobbys konzentriert, die man daheim macht und sich darüber etwas im Internet austauscht. Ich habe z. B. während Corona, weil damals gar nichts ging für mich, mit Malen angefangen. Und es gibt Selbsthilfegruppen, um die Situation etwas aufzufangen, auch online... So sammele ich mir meine einzelnen kleinen Dinge zusammen, die etwas helfen...

Ich hoffe, du findest doch noch einen Therapeuten, wie du ihn dir wünscht und brauchst. Von einem Heilpraktiker für Psychotherapie würde ich aber absehen - ich habe die Ausbildung selbst mal angefangen, und die Kenntnisse, die man da vermittelt bekommt, sind sehr, sehr oberflächlich. Gerade mit "richtigen" Traumaerfahrungen ist das nicht genug, egal, wie gut gemeint, finde ich. Ich habe aus dem Grund die Ausbildung auch nicht zu Ende gemacht.

Übrigens, als ich deinen Beitrag gelesen habe, muss ich sagen, habe ich mich sehr für dich gefreut, dass du deine beste Freundin hast und, dass du wieder vermehrt vor die Tür kannst. Das ist sehr, sehr viel wert...
 
Hi Lisa,

Den Menschen, die sich nicht mehr bei dir melden geht's vielleicht wie mir gerade.
Man möchte etwas sagen, etwas das nicht so platt ist wie der von Dir zitierte "Was einen nicht umbringt..."-Spruch. Aber man weiß nicht so recht, was die richtigen Worte wären. Weder will ich Dir zu nahe treten, noch bagatellisieren, noch hohle Durchhalteparolen schreiben. Wärst du hier, würde ich vermutlich überhaupt die Klappe halten und dich einfach nur in den Arm nehmen.
Meine Hochachtung jedenfalls vor allem, was Du schon durch hast und wovon Du dich nicht unterkriegen hast lassen! Es ist ein besch... Schicksal, das dich nach alldem nicht endlich dein Stück vom Glück finden lässt. Hoffentlich glaubst du nicht an Karma o.ä., du hast nichts getan, um das zu verdienen.

Ich wünsche Dir vor allem, daß Du deinen Glauben an Dich selbst nicht verlierst!
 
Hi Lisa,
vielen Dank, dass du deine Geschichte hier geteilt hast. Ich kann gut verstehen, wie überwältigend und erschöpfend sich all das anfühlen muss – es klingt nach unglaublich viel, das du schon bewältigt hast. Es ist beeindruckend, wie du trotz allem noch einen Optimismus und die Wertschätzung für die Menschen in deinem Leben bewahrst.

Auch wenn es manchmal so scheint, als gäbe es kaum Unterstützung, ist es mutig, dass du weiterhin nach Möglichkeiten suchst, Hilfe zu bekommen und auf dich achtest. Ich hoffe, dass sich bald Wege auftun, die dich entlasten und dir wieder mehr Lebensqualität geben – sei es durch passende Therapieangebote, neue Kontakte oder kleine Momente, die dir Kraft schenken.

Alles Liebe
 
Hallo!

Ich habe jetzt ein bisschen überlegt, ob ich dir antworten soll. Weil ich natürlich kein rezept habe und auch keine tollen Tipps wie alles wieder besser werden kann.

Als erstes möchte ich dir aber gratulieren, dass du schon sehr vieles in deinem Leben hinter dir gelassen hast und dich aus ganz schweren Lebenslagen wie die Obdachlosigkeit wieder nach oben gekämpft hast.
Nichts davon hilft dir nun direkt heute. Aber es zeigt, dass sehr viel in dir steckt und du vieles erreicht hast trotz schlechter Startbedingungen.

Besteht denn bei deiner chronischen Erkrankung die Chance oder Wahrscheinlichkeit, dass es weiter so besser wird, dass du wieder arbeitsfähig wirst? Zumindest in eingeschränkter Art und Weise?
Dass dich Leute deswegen fallen lassen, ist natürlich eine schlimme Erfahrung.

Was die Beziehung angeht, ist das so eine Sache. Wenn es an früher erinnert, an schlimme Zeiten, ist es nicht gut. Und "bisher ohne körperliche Gewalt" klingt für mich nicht danach, dass du dir sicher bist, dass es auch so bleibt.
Als Kind kannst du wenig machen. Als Erwachsene kannst aber du entscheiden, wen du nahe an dich ran und in dein Leben lässt. Und jemanden retten zu wollen, naja, das kann natürlich gut gehen, aber gerade aufgrund deiner gesudheitlichen Baustellen ist dafür vielleicht nicht der beste Zeitpunkt.

Ich finde, bei Sprüche nicht so treffend. Natürlich hat jeder Mensch eine Grenze von dem, was er oder sie packen kann.
Ich hoffe sehr, es kann auch bei dir wieder aufwärts gehen!

Alles Gute!
Hi Sadie und danke für deine Antwort.
Ich danke dir sehr für deine lieben Worte.

Bzgl meiner Erkrankung: Grundsätzlich ist es so, dass forschende Ärzte der Überzeugung sind dass diese Erkrankung sogar geheilt werden kann. Leider fehlt Geld für die Forschung. Bevor ich selbst daran erkrankt bin hab ich noch nie etwas davon gehört und hätte mir niemals denken können dass es eine Erkrankung gibt die von der Politik und auch von vielen Ärzten fälschlicherweise so missinterpretiert und geleugnet wird, obwohl die Erkrankung nicht selten ist.
Also ja, theoretisch besteht die Chance auf Besserung. Ohne medikamentöse Intervention stehen die Chancen gering, aber Wunder gibt es ja immer wieder ?

Ich hatte zu Beginn meiner Erkrankung einen engagierten Professor an einer Universitätsklinik. Dieser hat mir (und einer handvoll anderen Patienten) Antikörper Infusionen verabreicht. Er sagte immer, die Krankenkasse wird das zahlen wenn er als Professor dies verordnet. Haben die Kassen wohl nicht bezahlt, er wurde nämlich entlassen und unsere Therapie endete. Er verabreichte uns die Infusionen weil durch Spendengelder mal eine kleine Studie mit 10 Personen durchgeführt werden konnte und es einigen mit den Infusionen besser ging.

Auch ich konnte von den Infusionen profitieren und mich stabilisieren, aber dadurch dass mir von heute auf morgen dann die Therapie verweigert wurde und keine weitere Therapie in Aussicht ist, bin ich mir unsicher in wie weit ich mich selbst so stabilisiere dass ich wieder arbeiten kann. Hatte damals eine Fortführung der Therapie bei der Krankenkasse beantragt, wurde abgelehnt. Aus dem Homeoffice könnte ich, mit freier Zeiteinteilung, für vielleicht 2h am Tag arbeiten. Leider lässt mein AG das nicht zu, obwohl mein Job aus dem Homeoffice möglich wäre. Es ist ein Trauerspiel und man kann eigentlich selbst kaum noch glauben was so passiert. Der Arbeitsmarkt ist nicht für kranke Menschen gemacht. Entweder funktioniert man so wie es erwartet wird (also 8h vor Ort im Büro sitzen) , oder man ist raus.

Und bzgl meiner Beziehung: also klar, habe ich Gefühle und natürlich fühlt sich durch meine Kindheit auch alles vertraut an. Tatsächlich halte ich aber auch daran fest weil nicht alles schlecht in der Beziehung ist und ich sonst ziemlich alleine wäre. Durch die Beziehung komme ich raus, ich habe eine weitere Person, neben meiner besten Freundin, die sich regelmäßig mit mir trifft und etwas mit mir unternimmt, mit mir in den Urlaub fährt und mich sogar dahingehend unterstützt (finanziell zum Teil, Koffer tragen etc). Also einen Großteil meiner Urlaube und Unternehmungen zahle ich natürlich alleine, ich bin niemand der sich aushalten lässt, aber zum Geburtstag bekomme ich dann auch mal was geschenkt oder werde zum Essen eingeladen etc. Es ist hauptsächlich die Begleitung zur Unterstützung falls ich sie brauche. Und auch wenn ich mich damit in eine Abhängigkeit begebe und es von mir irgendwie auch nicht fair ist, dabei will ich niemanden ausnutzen oder so, fällt es mir so schwer loszulassen. Meine Psychologin sagt immer, ich solle mir halt immer bewusst machen zu welchem Preis ich in dieser Beziehung bleibe. Und es ist mir bewusst. Aber die Alternative wäre, nur noch einen Ansprechpartner zu haben den ich regelmäßig sehe (meine beste Freundin) und ansonsten alleine in meiner Wohnung zu sitzen. Und davor habe ich Angst, weil ich das nicht möchte. Durch die Beziehung habe ich ein Stück weit das Gefühl wenigstens ein bisschen ein normales Leben zu führen und „raus“ zu kommen. Ich bin verliebt und habe Gefühle, aber ich weiß auch dass wenn ich gesund wäre, ich aus dieser Beziehung wegen der emotionalen und psychischen Gewalt, vermutlich schon ausgestiegen wäre. Aber wer weiß… Es ist so ein bisschen Zuckerbrot und Peitsche.

Zumindest hier weiß ich wie es mir psychisch besser gehen würde: indem ich mich trenne und mich selbst wieder an erste Stelle setze und mich von diesen destruktiven Mustern löse. Aber die Vorstellung alleine in meiner Wohnung zu sitzen und nur eine Person ab und zu leibhaftig zu treffen und mich auszutauschen löst in mir so eine Panik aus, dass ich denke ich ertrage lieber diese Beziehung als komplett alleine zu enden.

Wobei ich mir da ja auch was vormache… Ich bin zwar körperlich nicht alleine und komme raus etc, aber emotional bin ich in der Beziehung alleine. Und dann fühle ich mich schlecht, weil ich trotz meiner Verliebtheit niemanden „ausnutzen“ möchte. Aber ich weiß halt auch, dass mir diese Beziehung psychisch nicht gut tut, da mein Partner an einer Persönlichkeitsstörung leidet. Er ist zwar in Therapie, aber er hat durch die Störung Wahrnehmungsverzerrungen und ist nicht einsichtig. Zudem stellt er mich gerne als die „Schuldige“ in seinem Umfeld hin. Als würde ich ihn schlecht behandeln. Er ist bei anderen und bei mir wie zwei verschiedene Menschen und ich denk mir immer, dass die Leute in seinem Umfeld nicht checken dass er nicht dieser liebe und nette ist, der er vorgibt zu sein. Es gibt alle paar Tage dramatische Inszenierungen von seiner Seite und das zehrt unglaublich an meiner Kraft, da ich stets therapeutisch korrekt handeln „muss“, damit er nicht ausrastet. Und auch das ist keine Garantie.

Es ist ein Teufelskreis und ich sehe auch ein dass ich zum Teil selbst schuld bin. Aber ja, auch in Anbetracht der Wohnungssuche. Durch die frühere Obdachlosigkeit ist da auch diese Angst natürlich da, dass wenn ich keine Wohnung finde, ich zumindest dort unterkommen könnte. Vieles wird durch meine Ängste gesteuert, wobei ich da Verständnis für mich selbst habe durch meine bisherigen Erfahrungen.

Man soll sich ja in so Momenten der Angst immer fragen, was wäre das schlimmste was passieren kann ? Also damit man sieht, dass seine Ängste nicht schlimm sind und man es überstehen würde.
Aber das schlimmste was passieren würde, wäre dass ich wieder auf der Straße sitze, aber diesmal mit schwerer Krankheit, die zum Teil nichtmal anerkannt ist und stand jetzt offiziell nicht therapierbar und das dann auch noch alleine. Ich weiß, ich hab meine beste Freundin und ich bin auch wirklich dankbar sie zu haben, aber sie kann das alles nicht alleine tragen. Sie kann mich unterstützen, aber den Weg gehen muss ich am Ende selbst und mit diesen „Aussichten“ weiß ich nicht ob ich das schaffe.

Es tut mir leid dass ich so viel geschrieben habe und es tut mir auch leid falls mein Text sich anhört als würde ich mich als „Opfer“ sehen. Das möchte ich nicht, ich bin kein Mensch der sich als Opfer sieht oder bemitleidet werden will. Aber diese Gefühle müssen raus und ja, die Erkrankung macht mich sauer weil ich weiß dass soviel mehr möglich wäre wenn diese Krankheit nicht wäre.
Andere verwirklichen sich selbst, gründen eine Familie, machen Karriere und man selbst versucht sich ein Stück weit Normalität durch Urlaube zu erhaschen, damit man wenigstens auch noch was erlebt hat und versucht sich selbst über Wasser zu halten, indem man in einer ungesunden Beziehung bleibt.
Weil alles irgendwie besser ist, als gar nichts zu haben oder überwiegend alleine zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Den langen Text konnte ich irgendwie nicht lesen. Zu wenig Absätze und so.

Wie lange man kämpft, ist von einem.selbst abhängig. Gefühlt kämpfe ich mein ganzes Leben lang.
Bin jetzt 64, hätte mir mein Leben anders gewünscht. Ich versuche, das Beste für mich aus meinem Leben zu machen. Jetzt noch.

Ist nicht das tollste Leben. Aber manchmal.hab ich auch Spaß und schöne Erlebnisse.
Es ist so, wie es ist.
Danke für deine Antwort. Deine Einstellung finde ich toll, das Beste aus allem zu machen, auch wenn es nicht leicht ist. Ich wünsche dir alles Gute und freue mich für dich dass du manchmal Spaß und auch schöne Erlebnisse in deinem Leben hast.
 
Hallo Lisa,

einiges von dem, was du geschrieben hast, hätte von mir sein können. Auch das "raus schaffen" aus viel Schwerem von früher und dann später wegen Krankheit wieder der Einbruch...

Deine Frage kann ich dir aber leider nicht beantworten. Ich kann nur sagen, dass es mir so geht, dass ich öfter mal denke, das alles (Krankheiten und "Nebenwirkungen", wie schlecht und sehr selten unter Menschen kommen, auch geldtechnisch etc.) womöglich noch 20-30 Jahre aushalten, puh...

Ich finde auch, dass, wenn mal viel Zeit allein verbringen muss, dass dann das Negative so "laut" wird. Z. B. die Krankheitssymptome werden dann so präsent, wie sie es nicht wären, hätte ich mehr Kontakt zu anderen oder schlichtweg mehr Geld, um etwas zu unternehmen. Aber es ist nicht so. Und schlussendlich bleibt mir nichts, als das zu akzeptieren und das beste draus zu machen, was mir in der Situation möglich ist.

Man kann "üben", sich aufs Gute zu konzentrieren, durch z. B. ein Tagebuch, in das man jeden Tag 3 Dinge schreibt, die gut waren, egal, wie klein oder groß sie sein mögen. Indem man sich Menschen auf anderen Wegen ins Haus holt (z. B. Brieffreundschaften), indem man sich auf Hobbys konzentriert, die man daheim macht und sich darüber etwas im Internet austauscht. Ich habe z. B. während Corona, weil damals gar nichts ging für mich, mit Malen angefangen. Und es gibt Selbsthilfegruppen, um die Situation etwas aufzufangen, auch online... So sammele ich mir meine einzelnen kleinen Dinge zusammen, die etwas helfen...

Ich hoffe, du findest doch noch einen Therapeuten, wie du ihn dir wünscht und brauchst. Von einem Heilpraktiker für Psychotherapie würde ich aber absehen - ich habe die Ausbildung selbst mal angefangen, und die Kenntnisse, die man da vermittelt bekommt, sind sehr, sehr oberflächlich. Gerade mit "richtigen" Traumaerfahrungen ist das nicht genug, egal, wie gut gemeint, finde ich. Ich habe aus dem Grund die Ausbildung auch nicht zu Ende gemacht.

Übrigens, als ich deinen Beitrag gelesen habe, muss ich sagen, habe ich mich sehr für dich gefreut, dass du deine beste Freundin hast und, dass du wieder vermehrt vor die Tür kannst. Das ist sehr, sehr viel wert...
Ich danke dir für deine Antwort und deine lieben Worte.
Man liest deine Stärke aus deiner Nachricht und ich finde das bewundernswert und richtig toll.

Wie schön dass du mit dem Malen angefangen hast. Oft ist es ja auch so, dass schwierige Zeiten im Leben uns zu unseren wahren Bestimmungen und auch Leidenschaften führen. Und du hast recht, ein Hobby zu haben, welchem man unabhängig zuhause nachgehen kann ist eine richtig gute Idee. Ich schaue mal ob es da was für mich gibt 🙂

Danke für die Einblicke bzgl der Psychotherapie bei Heilpraktikern.. dann hat mich mein Bauchgefühl nicht getäuscht und ich verstehe auch dass du die Ausbildung dann vorzeitig beendet hast.

Danke, für deine lieben Worte. Ich bin tatsächlich auch wirklich sehr dankbar für meine beste Freundin und dass ich wieder mehr vor die Türe kann. Ich weiß dass das mehr ist wie manch andere haben. Und trotzdem hat man das Verlangen nach mehr bzw mehr „Leben“. Dabei will man nicht undankbar sein oder gierig… eigentlich werte ich es auch als was gutes, dass ich Lust auf das Leben habe.
 

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