Hey anjodanjosanjo,
es tut mir Leid, dass es dir so geht wie mir damals.
Es ist viel Zeit vergangen, und ich habe Veränderungen verschiedenster Art durchgemacht, aber ich versuche mal grundsätzlich zusammenzufassen was mir geholfen hat.
Ich habe viel Zeit damit verbracht, über mich und mein Leben nachzudenken (immer schon, auch heute noch), das Problem ist nur, dass Menschen die viel nachdenken oft beginnen zu
zerdenken. Ich meine damit, dass sich ein Gefühl des Überwältigtseins einstellt, weil man über jede Gegebenheit, Eventualität, jeden Gefühlszustand etc. nachdenkt und philosophiert. Das ist dann irgendwann einfach nicht mehr gesund, zumindest nicht, wenn einen diese Gedankenflut emotional belastet.
Eine Psychotherapie hat mir geholfen, meine Gedanken zu ordnen und vor allem zu lernen, dass man nicht alles kontrollieren kann, und es deshalb reine Energieverschwendung ist, permanent darüber nachzudenken.
Bei mir war es außerdem so, dass ich nach einiger Zeit beschlossen habe, medikamentöse Unterstützung anzunehmen (mit relativ geringer Einstellung) und bin bis heute sehr froh, diesen Schritt gemacht zu haben.
Eine Depression wurde bei mir schon mehrmals im Leben diagnostiziert, aber ich dachte immer, dass sich das "mit dem Alter legen würde" bzw. ich es alleine raus schaffen muss.
Fakt ist aber, dass ich seit meiner frühen Jugend gar nicht mehr wusste, wie sich glücklich sein überhaupt anfühlt, oder eigentlich wie sich nicht (zumindest unterschwellig) traurig sein anfühlt. Anscheinend war mein Serotonin-Level immer so niedrig, dass Kleinigkeiten reichten, um mich in tiefe Depression zu stürzen und positive Ereignisse mich gerade mal auf das normale Level beförderten.
Ich nehme die Medikamente heute noch (Sertralin), und es ist keineswegs so, dass ich den ganzen Tag mit einem Grinsen rumlaufe und mich nichts mehr tangiert oder ich nicht mehr traurig bin. Aber ich bin viel gefestigter, kann besser differenzieren welche Dinge ich nah an mich heran lasse und welche ich halt nun mal nicht (sofort) ändern kann und die deshalb nicht so viel Platz in meinem Kopf bekommen.
Natürlich heißt das nicht, dass du auch Medikamente brauchst, aber eine Psychotherapie würde ich dir auf jeden Fall empfehlen, damit du den Kern des Problems herausfindest.
Allgemein hilft es mir auch, mir aufzuschreiben bzw. zu -zeichnen, was mich gerade beschäftigt, und das dann zu ordnen. Vor allem Ängste und Sorgen bzw. Umstände in deinem Leben, mit denen du einfach nicht zufrieden bist in "Kann ich ändern" und "Kann ich nicht ändern", mit einer Art Grauzone dazwischen. Danach kannst du beginnen, zur "änderbaren" Kategorie dazuzuschreiben, was du tun kannst, um diese Dinge in Angriff zu nehmen. Denn am Ende des Tages, geht es vor allem darum, dass du a) herausfindest, was du im und vom Leben willst und was dich glücklich macht (und zwar wirklich DICH glücklich macht, nicht die Gesellschaft, Verwandte/Freunde...) und b) deine Energie sinnvoll für das Erreichen des ultimativen Ziels "glücklich sein" einsetzt.
Es ist ein langer Weg, zu sich selbst zu finden und gefestigt zu sein, ich glaube die meisten Menschen sind es nicht. Aber niemand kann von seinem Körper (also auch von deinem Gehirn) Bestleistung erwarten, wenn man sich nicht darum kümmert, wie es der Psyche geht. Ich habe heute zwar noch immer ab und an Konzentrationsschwierigkeiten, das ist aber meistens in Zeiten, wo ich wieder zu viel in meinem Kopf habe. Meine Antwort darauf ist heute nicht mehr "Scheiße, wieso kann ich nicht lernen/lesen/arbeiten..., ich kann gar nichts" sondern "Mein Kopf braucht anscheinend wieder ein bisschen mehr Ordnung, ich kümmere mich darum, bevor ich Leistung von ihm erwarte.
Ich hoffe, das hat dir ein bisschen geholfen. Wünsch dir alles Gute!
Lg
humptydumpty