Hallo Mohnblume,
estmal finde ich es toll, dass du die Verantwortung für deine Reaktionsmuster und die dahinter ablaufenden emotionalen Vorgänge übernehmen möchtest! Das ist der erste und wichtigste Schritt, auch wenn er am Anfang noch recht abstrakt ist in dem Sinne, dass die erste Zielformulierung in der merklichen Auflösung eines als problematisch identifizierten Verhaltens liegt. Das gilt es im weiteren Verlauf auf kleinere Schritte herunterzubrechen.
Ich kann einen analytischen Zugang anbieten und bin oft sehr gut mit folgenden Strategien gefahren:
1) "Paradoxes" vorgehen führt zu Bewusstheit
Schaffe dir einen sicheren Rahmen (zuerst am besten alleine oder gemeinsam mit jemandem, dem du vertraust und der den Prozess aushalten kann). Versuche dann, den problematischen emotionalen Zustand, auf den sich deine Handlungen gründen, absichtlich und bewusst herbeizuführen.
Das Erlebnis, dass dies in entsprechenden Situationen unwillkürlich passiert, korreliert mit der Beobachtung, dass der Versuch eines bewussten Herbeiführens anfangs enorm schwerfällt.
Beides hat seine tiefere Ursache darin, dass vorher eine Menge an Prozessen (vor allem Interpretationen, Ängste usw.) unbewusst, d. h. außerhalb des gewohnten Aufmerksamkeitsfokus ablaufen. Durch die Übung, diese Prozesse bewusst herbeizuführen, wird der Fokus der Aufmerksamkeit genau darauf gelenkt und die Bestandteile dieser Prozesse werden Teil der bewussten Handlungsplanung. In diesem Moment wird automatisch auch das Element der "Entscheidung" offensichtlich. Durch den geänderten Aufmerksamkeitsfokus lernst du mit der Zeit, quasi ein Frühwarnsystem zu installieren und du kannst in den kritischen Situationen viel früher andere Entscheidungen treffen, die dann ein anderes Ergebnis bewirken.
Problematisch für eine Auflösung ist der typische Zugang, erst im Nachhinein die Aufmerksamkeit auf die negativen Folgen der unwillkürlichen Handlung zu lenken (Scham, Schuldgefüh, Streit, schlechte Stimmung usw.), anstatt proaktiv zu sein.
2) Interpretationen und Unsicherheit
Sind dir die Prozesse einmal grundsätzlich bewusst, kannst du dir die Frage stellen, an welchen Stellen du Interpretationen vornimmst. Die Fragen sind dann beispielsweise, welche Absichten du deinem gegenüber zuschreibst, wie du die Situation einschätzt, welche Bedürfnisse du unerfüllt siehst und so weiter. Denke dann darüber nach, ob es alternative Deutungshypotesen gibt und welche Auswirkungen diese auf den weiteren Verlauf des identifizierten Musters hätten. Dabei geht es weniger darum, sofort eine Alternative zu finden, hinter der du zu 100% stehst, sondern erst einmal um die Erkenntnis, dass es grundsätzlich immer auch anders sein könnte als es sich gewohnheitsmäßig anfühlt. Dadurch entsteht eine Unsicherheit, die aber nichts Schlechtes ist, sondern mit der Gewohnheit dazu führt, dass die üblichen Routinen eben nicht mehr so einfach automatisiert ablaufen können. Je früher diese Unsicherheit in der Interaktion einsetzt, desto größer wird der Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Mit der Zeit kommst du dahin, dass du zum Auslösen einer Reaktion zusätzliche Informationen benötigst und diese erfragst. Das alleine ändert den Ablauf solcher Interaktionsmuster schon grundlegend. Auch kann sich hier im Dialog schon durch ein besseres Verständnis eine Korrektur der Interpretationen ergeben.
3) Die eigenen Bedürfnisse und der soziale Kontext
Oft ist es aber so, dass nicht nur eine Person alleine das Problem ist, sondern dass automatisierte Muster in und zwischen mehreren Personen ablaufen. Fast immer geht es hier um das Aushandeln von Bedürfnissen und deren Erfüllung. Je mehr du dich selbst kennst und über deine Bedürfnisse, Vorstellungen und Werte bescheid weißt und je mehr du in der Lage bist, in der konkreten Erfüllung flexibel zu sein, desto weniger bist du emotional vom Verlauf und Ausgang bestimmter Interaktionen mit bestimmten Personen abhängig. Diese Unabhängigkeit gibt dir Stabilität, Standing und Status und ermöglicht es dir, das Verhalten deines Umfelds weniger persönlich und wesentlich gelassener zu nehmen. Dies kann implizieren, dass du für bestimmte Facetten von dir ein anderes Umfeld suchen solltest. Je weniger Erwartungen du auf einzelne Personen in deinem Umfeld legst und je selektiver du hier vorgehen kannst, desto entspannter und bereichernder werden deine Beziehungen. Möglicherweise wirst du auch Personen aus deinem Umfeld aussortieren.
4) Kleine Schritte und Belohnung
Gründe deine Definition von Erfolg nicht nur darauf, dass du in den gegeben Situationen einen anderen Ausgang herbeiführst, sondern rechne dir jeden Fortschritt in den oben genannten Bereichen als Erfolg an. Je mehr du solz auf Zwischenschritte sein kannst, desto einfacher und freudiger wird der Weg.
Ich wünsche dir alles gute und viele bereichernde Erkenntnisse auf deinem Weg!
Hendrik