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Verdacht auf Boreout

G

Gelöscht 30812

Gast
Liebe Hilferufler,

ich hab schon seit geraumer Zeit den Verdacht auf Boreout. Ich bin nun seit über drei Jahren in einer Agentur tätig und im Grunde genommen war es nie anders als es heute ist. Der einzige Unterschied: früher war ich genervt von der wenigen Arbeit, wollte einfach mehr und am liebsten keine freie Minute. Heute ist es so, dass ich mir insgeheim erhoffe, dass für mich kein Auftrag da ist. Meinem Teamleiter gegenüber beschwere ich mich natürlich weiterhin über die Situation. Wenn ich ein Projekt hab, dann bin ich innerlich genervt, desinteressiert und würde lieber "Däumchen drehen". Ich bin auch total unkonzentriert und einfach anders als früher. So richtig schlimm, ist es aber erst seit Weihnachten. Wir werden immer mehr Mitarbeiter und die Aufträge immer noch weniger. Ich spreche sehr oft mit meinem Teamleiter darüber, aber die Antwort ist immer die Gleiche: er kann daran nichts ändern. Ich bin sehr wohl der Meinung, dass er etwas ändern könnte, wenn er nur möchte. Er präsentiert unsere Abteilung immer so, als wären wir total gestresst, was schlussendlich zur Folge hat, dass wir erstens immer mehr Leute suchen und zweitens keine weiteren Aufträge bekommen, da offiziell die Ressourcen nicht da sind. In Wirklichkeit sind wir aber alles andere als ausgelastet.

Ich verbringe meine Tage damit, im Internet diverse Online-Zeitungen zu lesen. Sorgfältig, denn ich hab ja die Zeit. Wenn ich dann alle Klatsch- und Tratschseiten, Flugblätter und Schnäppchen der Woche durch hab, öffne ich oft eine beliebige Zeitung oder einen Artikel auf Wikipedia und starre einfach nur in den Bildschirm, ohne zu lesen. Zwischendurch scrolle ich dann ein bisschen, damit es nicht auffällt. Zwischen 10 und 11 Uhr hol ich mir dann den nächsten Kaffee und verbringe die Zeit bis zur Mittagspause natürlich wieder auf meinem Platz - scrollend und starrend. Nach der Mittagspause geht es dann wieder so weiter, wie es um 12 Uhr geendet hat. Ich studiere wieder alle Zeitungen - es könnte ja während meiner Mittagspause etwas Aufregendes passiert sein. Vormittags vergeht die Zeit meistens noch einigermaßen, aber so ab 14 Uhr beginne ich dann alle paar Minuten auf die Uhr zu schauen. Wenn es nichts zu tun gibt, ärgere ich mich meistens deshalb, aber wenn ich dann etwas zu tun bekomme, bin ich auch nicht mehr zufrieden. Naja, jedenfalls gibt es dann um 15 Uhr eine Kaffeepause und danach wird bis 17 Uhr wieder das Internet erkundet und um 16:59 warte ich schon mit dem Mauszeiger beim Herunterfahren-Button.

Ich bin so ausgelaugt und depressiv davon und aller Voraussicht nach würde mir nur ein Jobwechsel helfen, aber mir fehlt die Energie mich irgendwo zu bewerben und meine Chancen auf einen neuen Job stehen sehr schlecht. Dabei würde ich meinem Teamleiter ja so gerne die Kündigung auf den Tisch knallen, aber meinen Beruf gibt es in der Gegend leider kein zweites Mal und ich sehe keine Alternativen und muss wohl oder übel meine Zeit absitzen. Ich geh gerade zur Abendschule und in vier Jahren hab ich den Abschluss in der Tasche und kann mich dann beruflich komplett neu orientieren. Aber ich weiß einfach nicht, wie ich die Zeit bis dahin überbrücken soll.

Die letzten Monate hab ich viel über Boreout gelesen und eine Psychologin in meiner Gegend gefunden, die auf ihrer Homepage über Boreout schreibt und wäre ich nicht so feige, hätte ich diese Frau schon längst kontaktiert. Ja, wahrscheinlich ist es naiv zu glauben, dass ich mit professioneller Hilfe diesen Zustand weitere vier Jahre überbrücken kann. Ich möchte ab Herbst meine Stunden auf eine 4-Tages-Woche reduzieren, was die Arbeit vielleicht ein kleines bisschen erträglicher machen würde und ich mich mehr auf die Schule konzentrieren kann, denn ich brauch den Abschluss unbedingt. Ich erwarte nicht, dass ich wieder mit einer Leidenschaft meine Arbeit mache oder bis dahin noch groß Karriere, ich will die Zeit einfach nur überstehen und meine Gedanken sollen sich nicht rund um die Uhr um die Arbeit, diese Leere und die Ungewissheit drehen.

Ich mach mir vor dem Schlafengehen schon Gedanken um den nächsten Arbeitstag und komme in der Früh kaum aus dem Bett, weil mir die Motivation und die Energie fehlt. Ich bekomme viel zu wenig Schlaf und zwar nicht aufgrund der Abendschule, sondern weil ich oft nicht schlafen will, denn sobald ich mich niederlege, sitze ich gleich wieder in der Arbeit und wünsche mir, dass der Tag bloß schnell vergeht.

Schon während meiner Ausbildungszeit ging es mir so wie heute. Ich hatte dort auch nie etwas zu tun, musste mich den ganzen Tag selber beschäftigen, aber als Lehrling hatte man in dem Betrieb noch kein Recht auf Internet und ich hab es dann so gemacht, dass ich mir abends zuhause stundenlang Tutorials für die gängigen Programme zusammengesucht und ausgedruckt habe, um sie am nächsten Tag in der Arbeit üben zu können. Nach gut zwei Jahren war ich mehr als depressiv und hab die Ausbildung auf den Nagel gehängt. Ich hab dann zum Glück die Möglichkeit bekommen, ohne Ausbildungsbetrieb die Abschlussprüfung zu machen. Danach hab ich noch in einer Firma gearbeitet. Dort hab ich meine Arbeit geliebt und es gab keinen einzigen Tag, wo ich nicht gerne zur Arbeit gegangen bin. Aber leider war mein damaliger Chef nicht zahlungsfähig und mir blieb nichts anderes übrig, als nach zwei Jahren zu kündigen.

Es hat lange gedauert, aber ich muss mir eingestehen, dass ich es ohne Hilfe nicht schaffen werde, etwas an meiner Jobsituation zu verändern. Ich hätte schon viel früher aktiv werden müssen. Als ich in der Agentur begonnen habe, war zwar auch oft wenig zu tun, aber es wird von Jahr zu Jahr noch weniger. Beispielsweise letzte Woche, da hatte ich gerade einmal 3 Stunden etwas zu tun und die restlichen 37 Stunden saß ich einfach nur da und hab Däumchen gedreht. Und es macht mir langsam Angst, dass ich dieses "Däumchen drehen" immer öfter schon bevorzuge. Ich weiß nicht ob es daran liegt, dass ich das Gefühl habe zu verblöden oder ich die Arbeit einfach verlerne und mich deshalb unsicher fühle.

Ich hab nicht wirklich jemanden, mit dem ich darüber reden könnte und wo ich das Gefühl hab, verstanden zu werden. Die Reaktionen sind meistens Kommentare wie "Fürs Nichtstun Geld bekommen - was will man mehr, das hätte ich auch gern." oder "Du machst ja eh die Abendschule, sind ja NUR noch vier Jahre, die gehen auch noch vorbei." und dann überlegt man zweimal, ob man dieses Thema nochmals anspricht.

Hat jemanden einen Rat für mich oder ist selbst jemand in der gleichen oder in einer ähnlichen Situation und will sich austauschen?

Schönen Abend!
 
G

Gast

Gast
Hallo,

in deinen Erzählungen kann ich mich wiederfinden.
Kannst du nicht während der Arbeit lernen?

Ich bin abends auch meist kaputt und depressiv.

Ich habe nun endlich eine Fernweiterbildung begonnen, aber bis zum Ende muss ich noch durchstehen. Eine neue Arbeit wäre zu viel und momentan habe ich ja Zeit bei der Arbeit heimlich zu lernen. Jedenfalls versuche ich es, aber ich halte mich öfters auf mit trödeln/ablenken.

Ich habe schon öfters mit meinem Chef geredet, aber leider kam nicht viel dabei rum.
Ich würde gerne kündigen, aber leider ist es meine 1. Stelle und habe kein Arbeitszeugnis.

Bei uns ist alles so unorganisiert. Habe einfach keine Lust mehr. Letztens bin ich sogar beim Arzt gewesen während der Arbeitszeit ohne zu stempeln....:-(
Wenn mal mehr zu tun ist, nervt es mich auch schon, so wie bei dir.
Meine Arbeit erledige ich manchmal garnicht mehr so genau :-(

Wenn du eine Email-Adresse hinterlässt, dann schreibe ich dir gerne.

Lg
Mel
 
G

Gelöscht 30812

Gast
Hallo Mel,

danke für deine Nachricht. Ein gutes Gefühl, wenn man sich ein wenig verstanden fühlt.

Offiziell kann und will ich in der Arbeit nicht lernen. Bin ja eigentlich zum Arbeiten dort und wenn ich dann mein Schulzeug auspacke, kommt es auch nicht so gut und acht Stunden pro Tag wären auch ne lange Zeit, wo Lernen dann auch mühsam wird.

Würde natürlich gerne Kontakt mit dir aufnehmen, kann dir aber leider keine Nachricht schicken, da du nur als Gast angemeldet bist und schreibe hier ungern meine E-Mail-Adresse öffentlich rein. Kannst du mir als Gast eine Nachricht schicken? Geht das?

Schöne Grüße!
 

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