Guten Morgen Kati,
Danke. Es ist auch sehr bewegend. Ich musste beim schreiben an so viele denken den es ebenso ging wie Dir. Einer der Gründe war bei allen gleich.
[...]Das Schlimmste ist das er mich des öfteren nun auch hat weinen sehen.
Geneu hier liegt auch das Problem. Denke mal etwas weiter zurück. Bei ihm hat sich etwas aufgestaut, mit dem er nicht wirklich klar kam. Heute, wo er alt genug ist um eine bestimmte Situation zu verstehen und sich gegenüber damals adäquat ausdrücken kann. Nun sieht er sich als hilfloses Kind.
Dein nicht Weinen (können) hat unbewußt verursacht, dass er keine Chance hatte Dich zu trösten. Die Möglichkeit das er das ebenfalls unterbewußt übernommen hat, ist sehr groß. Es muss aber irgendwo ein emotionaler Ausgleich stattfinden können.
Wir sagen oft zu Erwachsenen - wer Schwäche zeigt, ist stark.
Gegenüber den Kindern zeigen wir das nicht wirklich. Warum?
Ein Kind braucht die Bestätigung das es Angst hat und auch haben darf. Für sie sind Eltern so mächtig wie ein Übermensch. Deswegen gelingt es uns sie relativ schnell zu beruhigen. Oft reicht nur die Anwesenheit. Somit hat ein Verdrängungsprozesss keine Chance überhaupt zu starten.
Wenn sich seine unbewußte Verdrängung lockerte, wird die alte Angst/bedenken für ihn spürbar. Gewinnt zunehmend an Dominanz.
- Dementgegen steht seine pubertäre Phase, in der man stark sein möchte. Seinen Mann stehen. Diesen inneren Widerspruch (schwach = stark) bekommt er nicht adäquat gebacken und hilft sich nun damit.
Er würde sich bestimmt in Grund und Boden schämen, wenn er seinem gleichaltrigen Umfeld gegenüber Schwäche zeigen würde. (Die Scham ist generell wie eine Übermacht.)
Ich bin nun kein Psycholge, meine aber, dass ihr zwei nun etwas nach-holen könnt, was durch verschiedene Verwirrungen des/Eures Lebens etwas untergegangen ist, wenn auch ungewollt, liegt auf der Hand. Nur wie?
Wir versuchen gerade alle wieder etwas Normalität einkehren zu lassen.
Ist schwer zu sagen was Normalität bedeutet. Sie sollte anders sein wie sonst. So viel ist klar.
Dreh und Angelpunkt ist für mich, dass sich gemeinsam besser/richtiger/authentischer Wahrnehmen können und wollen. Sich erhlich machen.
Nein Kati, Du hast nicht versagt. Genausowenig wie er versagt hat. Gemeinsame Ängste und Nöte wurden nicht ausgesprochen bzw. konnten nicht ausgesprochen werden. Auch weil man seiner Zeit stark sein musste, damit es weiter gehen kann.
Seine Frustration und Ängste sind vielleicht eine Folge einer gewissen familiärer Ungeborgenheit. Diese (Verlußt?) Angst kann durch Aggression abreagiert werden. In dem Fall gegen sich selbst. Als Ventil und Zeichen.
Sein angestautes Frustpotenzial, dass braucht einen Ausgleich.
Unterm Strich:
Er will und muss sich verstehen können. Bzw. den Mechanismus verstehen der dazu geführt hat.
Ich glaube auch nicht das man das alles als Eltern/Elternteil selber zeitnah mitbekommt, was für ein "Film" abläuft/ablief der dazu geführt hat.
Man steckt doch mitten drin. Man dreht an den "Zahnrädern
in der Uhr", kann aber das Ziffernblatt nicht sehen. Nur von unten. So ungefähr. Daher sind gute Freundschaften so wichtig. Sie können es von außen betrachten und dürfen auf den Punkt drücken. Auch wenn es weh tut. Hat er welche denen er
sehr vertraut? Und Du?
Viel Kraft für alles...
abendtau