Ich kenne solche Phänomene auch. Leider. Vor allem die Gedächtnisfunktion funktioniert bei mir zeitlebens nur unterentwickelt bei gleichzeitig gut entwickelter Intelligenz (akademischer Beruf). Ich führe das auf frühkindliche Traumata zurück, war in diesem Zusammenhang auch in einer Traumaklinik.
Dort hat man mir gesagt, die Eigenwahrnehmung eines schlechten Gedächtnisses sei nur eine subjektive Wahrnehmung, die man nicht bestätigen wollte.
Gleichzeitig hat man mir in anderen Zusammenhängen vermittelt, dass ich mich vermehrt auf mein eigenes Urteilsvermögen verlassen sollte. Dies habe ich nach langer Reflexion endlich getan. Ich denke, dass mein Empfinden, unter einem in gewissen Bereichen defizitär arbeitenden Gedächtnis zu leiden, der Tatsache entspricht und die Wissenschaft im Augenblick solche Zustände nur in sehr krankhaften Dimensionen diagnostizieren kann bzw. will. Falls du noch im Beruf und Alltag für Außenstehende als halbwegs funktionsfähig eingestuft wirst, wird dir gesagt, dass alles normal sei. Unterm Strich stimmt das natürlich nicht, aber was eben richtig ist: Man kann nicht helfen. So will das natürlich kein Arzt formulieren, weil er sich dann vom Bild "Halbgott in Weiß" verabschieden müsste.
Unter Umständen könnte man vielleicht mit sehr teuren bildgebenden Verfahren doch etwas tun. Aber das ist es Otto-Normalverbraucher nicht wert, solange er für die Allgemeinheit nicht optimierbar ist.
Ich konnte auch zeitlebens nie besonders gut flüssig sprechen. Nach meinem Schlaganfall in jungen Jahren hat sich das in Stresssituationen und auch sonst verschlimmert. Ich ergehe mich oft in langen Definitionen, statt Begriffe nennen zu können. Einem unkritischen Außenstehenden fällt es dann unter Umständen gar nicht auf, dass ich mit den Worten ringe. Ich bleibe in dessen Augen normal, obwohl ich meine Defizite nur mit anderen Fähigkeiten zu überwinden weiß. Was nach außen hin als normal wahrgenommen wird, ist für mich ein innerer Kampf, der für mich insofern schmerzlich ist, weil ich hinter meinen sonstigen geistigen Fähigkeiten zurückbleibe.
Solche Zustände sollte ein Außenstehender gar nicht bewerten. Ich denke, dieses Forum ist auch als Rückmeldung ungeeignet, wenn man nicht frustrationstolerant ist. Meinungen, man solle nicht so sehr um sich selber kreisen (ich zitiere hier absichtlich nicht, weil ich niemandem zu nahe treten und verletzen will), können einen nur noch mehr runterziehen. Wer will schon als Hypochonder dastehen?
Eine Situation, die mich im Leben völlig aus dem Gleichgewicht bringen kann: Ein Ort (Festivität z.B.), wo Leute auftauchen, die ich so 2-5 Jahre lang nicht mehr gesehen habe. Ich weiß, dass ich diese Leute kenne, kann sie aber überhaupt nicht einordnen. In keinster Weise. Nur alle um mich herum wissen, wer vor ihnen steht. Ich versuche das zu überspielen, denn oft wird es mir so ausgelegt, dass ich mich halt zu wenig für Leute interessiere. Das stimmt aber absolut nicht, eher im Gegenteil.
Also, so normal scheint mein Gehirn doch nicht zu funktionieren. Ich muss das aber eher für mich behalten, weil die Interpretation dessen (1. ist doch normal; 2. du interessierst dich halt nicht für deine Mitmenschen) für mich Kolateralschäden (Fall 2) mit sich brächte, die ich vermeiden möchte.
Als Lösung:
-Sich so weit wie möglich wissenschaftlich auf dem Laufenden halten (soweit das einem Laien überhaupt gelingt), um dann am Tag X doch noch eine fruchtbringende Behandlung zu erfahren.
- Sich mit dem arrangieren, was man hat. Und das zu überspielen, was man nicht hat. Daher veröffentliche ich hier meinen Beitrag nur anonym, falls irgendjemand aus meinen bisherigen Threads vermuten könnte, wer ich im Reallife bin. Ich hoffe, du hast Verständnis dafür.
Kannst du dich beruflich verwirklichen oder bist du hinter deinen Möglichkeiten zurückgeblieben?
Hast du dich schon mit AD(H)S beschäftigt? Gibt es in deinem Leben traumatische Erlebnisse, die dein Gedächtnis eventuell verschütten will? Oder ist deine Amygdala vielleicht in der frühen Kindheit geschädigt worden?
Es hilft natürlich nicht, um diese Fragen allzu sehr zu kreisen, da geb ich meinen Vorrednern Recht. Eine ausgeglichene Selbstwahrnehmung (was kann ich im Hier und Jetzt und was ist defizitär, was kann ich mir selber aneignen) ist meiner Meinung nach wichtig. Auch die Fähigkeit, mal Fünfe grade sein zu lassen, gehört dazu.
