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ständige Versagensängste

eisodos

Neues Mitglied
Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich möchte meine Sorgen einfach einmal von der Seele schreiben und würde mich sehr über Gedankenanstöße oder Ratschläge freuen.
Meine Situation ist Folgende: Ich bin mittlerweile 24 und studiere auf Lehramt Englisch und Latein. Vorher habe ich bereits eine Ausbildung gemacht, dann das Abitur nachgemacht, ein Jahr Pharmazie studiert und bin nun in diesem Studium gelandet (2. Sem.).

Das Problem ist nun, dass ich immer wieder Zweifel an meinem Werdegang habe. Ich habe durchweg Angst davor, als Lehrer zu versagen und dann nach Abschluss des Studiums festzustellen, dass die 5 Jahre verschwendete Zeit waren, da ich nicht für den Lehrberuf geeignet bin. Wie begründet die Annahmen sind, kann ich eigentlich gar nicht einschätzen, da ich noch kein Praktikum an einer Schule absolviert habe und erst in den kommenden Semesterferien eins machen werde. Jedoch habe ich diese Befürchtung, die mich immer wieder runterzieht.

Seit Neustem informiere ich mich auch über andere Ausbildungsberufe, die ich vllt alternativ machen könnte, was mich wiederum vom Lernen für das Studium abhält. Das gleiche ist mir auch im vorigen Studium passiert, wobei mir das Studium auch an sich nicht gefiel. Wenn ich dann aber bei einer Ausbildungsbewerbung an den Einstellungstest denke, habe ich solch große Versagensängste, dass ich glaube für mich käme wenn überhaupt nur „einfache“ Ausbildungsberufe infrage – das ist jetzt im Übrigen überhaupt nicht despektierlich gemeint. Andererseits denke ich dann aber, dass mein Potential verschwendet wäre, wenn ich nicht etwas meinem Schulabschluss entsprechend machte. Dazu muss ich sagen, dass ich mein Abitur tatsächlich mit 1,0 abgeschlossen haben und in meinem jetzigen Studium überdurchschnittliche Leistungen erbringe und somit in Bezug auf Leistung schon zu den oberen 5% der Studierenden gehöre.

Ich habe einerseits nun Angst auch wieder in Depressionen zu verfallen, wie nach Abbruch des vorigen Studiums und ich fühle mich jetzt schon für alles zu alt, habe Angst nicht in Regelstudienzeit abzuschließen, nicht mit Topnoten durchzukommen, wie sie für eine Einstellung als Lehrer notwendig sind. Zudem hängt mir ständig die Angst im Nacken mein Stipendium zu verlieren, wobei die Noten eigentlich anderes vermuten lassen.
Mein Studium gefällt jedoch unheimlich gut und es wäre ein Traum für mich eine wissenschaftliche Karriere einzuschlagen, hier aber auch sofort wieder die Angst nicht die entsprechenden Noten halten zu können und einfach nicht das entsprechende Auftreten für den Hochschuldienst zu haben.

Ich denke ich habe große Selbstbewusstseinsprobleme, die aber erst durch den großen Einschnitt im ersten Studium entstanden sind. Ich dachte ich sei auf der Überholspur mit gutem Abitur, Stipendium und einem zukunftssicherem Studium. Und jetzt habe ich alles für eine große Unsicherheit eingetauscht, zumindest fühlt es sich so an. Ich bin eigentlich auch gar nicht dieser Typ zum Abbrechen, erst seit letztem Jahr kommen mir immer wieder diese Gedanken. Zuvor habe ich immer alles durchgezogen, obgleich mir die Ausbildung beispielsweise nicht gefiel.

Naja langer Text viele Sorgen, gibt es Ratschläge oder Kommentare hierzu?
Viele Grüße
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Das Problem ist nun, dass ich immer wieder Zweifel an meinem Werdegang habe. Ich habe durchweg Angst davor, als Lehrer zu versagen und dann nach Abschluss des Studiums festzustellen, dass die 5 Jahre verschwendete Zeit waren, da ich nicht für den Lehrberuf geeignet bin. Wie begründet die Annahmen sind, kann ich eigentlich gar nicht einschätzen, da ich noch kein Praktikum an einer Schule absolviert habe und erst in den kommenden Semesterferien eins machen werde. Jedoch habe ich diese Befürchtung, die mich immer wieder runterzieht.
Lieber eisodos,

Zweifel sind generell nicht schlimm. Ich denke immer, wenn meine Pläne den Zweifeln nicht standhalten, dann sind meine Pläne nicht gut, noch nicht gut genug. Aber wenn Zweifel kommen, dann habe ich noch ein As im Ärmel: Die Zweifel an den Zweifeln. Wusstest Du, dass man Zweifel bezweifeln kann?

Da könnte doch jeder kommen und Dich oder Deine Pläne in Zweifel ziehen. Wo kämen wir dahin, wenn wir jedesmal den Plan ändern, nur weil da jemand unsere Pläne und Ideen hinterfragt?

Und was von außen als Zweifel an mich herangetragen wird, das wird als Zweifel von Dir selbst geäussert. Bezweifel den Zweifel.

Und wenn ich eine wichtige Info erst z.B. in 6 Monaten erhalte, dann werde ich mir auch erst in 6 Monaten Gedanken machen. Warum also sich heute schon verrückt machen? Da sind wieder Zweifel hilfreich, nämlich an der Richtigkeit Deiner Prioritätenliste "über was will ich mir heute den Kopf zerbrechen?".

Also Zweifel sind schon hilfreich. Aber dann bitteschön konsequent auch die Zweifel an dem Zweifel zulassen und alles zur richtigen Zeit. Und Deine guten Noten zeigen, dass Du anscheinend bisher nicht alles falsch gemacht hast. Irgendwas mußt Du anscheinend richtig gemacht haben, sonst wären die guten Noten nicht zustande gekommen. Also dem Typ, der so gute Noten schrieb, dem vertraue ich! Mach Du das doch auch.

Und im übrigen bleibe cool.:)

LG; Nordrheiner
 

eisodos

Neues Mitglied
Vielen Dank für die aufmunternde und hilfreiche Antwort.

Das mit dem am Zweifeln zweifeln ist eine gute Idee und ich werde versuchen, diese aktuellen Zweifel mindestens bis zu meinem Praktikum, welches mir mehr Gewissheit verschaffen wird, auszublenden und mich auf mein Studium zu konzentrieren.

Hast du evtl. noch Tipps zum Cool-bleiben? :rolleyes:
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Es gibt unzählig viele Möglichkeiten, cool zu bleiben oder auch zu verhindern, dass ich genervt werde.
Ich zähle mal ein paar auf, die ich anwende. Du findest ggf. ähnliche, die Dir gefallen.

Meine Basis: ich habe heute getan, was getan werden mußte. (im Studium hatte ich einen Lernplan, nach dem ich z.B. konzentriert 8 Stunden lernte oder nach 4 Stunden Vorlesung noch 4 Stunden lernte). Ich hatte also eine Struktur. Das war / ist meine Basis für Zufriedenheit.

1. ich habe mich selbst gelobt, dass ich mal wieder so strukturiert lernte. Und wenn ich sogar das eine oder andere Lernziel erreichte, gab es eine Belohnung (einen Keks, ein Bonbon etc.) Stichwort: Selbstbelohnungssystem.

Belohnung und Lob sind wichtige psychische Motivationsfaktoren. (Dies auch für Dich als Hinweis = das gilt für jede soziale Beziehung. Also auch für Deine zukünftige Partnerin, für Deine Schüler, für Deine Kollegen..... und auch für Deine Eltern). Lobe mal diesen oder jenen Menschen.... und bei ihm geht die Sonne auf. Und jetzt übst Du dieses Loben bei Dir selbst.

2. In der Arbeit kann ich penibel sein. Aber nur bei mir. Und nach der Arbeit bin ich großzügig. Ich erlaube mir dann auch Ungenauigkeiten, bin zu mir selbst und anderen gegenüber großzügig. Wenn überall Perfektionismus herrscht, tötet das die Lebensfreude oder engt sie zumindest ein.
Bedenke: Ein starker Charakter vereint Gegensätze.

3. Lachen. Lachen ist gesund. Ein Tag ohne Lachen ist wie Suppe ohne Wasser. Mir ist lieber, die Leute sagen von mir "er ist meistens fröhlich und gut drauf" als dass sie sagen "was für ein penibler Kerl".

4. Niederlagen sehe ich als Basis für den nächsten Erfolg. "auch daraus habe ich etwas gelernt". Also keine Angst, etwas falsch zu machen.

5. Ich mache etwas, was mir gut tut. Kreatives Kochen oder ein gutes Buch lesen oder mit Kumpels eine Runde Billard spielen oder .... Und wenn Gedanken an die Arbeit kommen, dann sage ich zu ihnen: Bitte jetzt nicht, ich entspanne jetzt. Jetzt darf ich das.

6. Nörglern und Jammerlappen und ewig schlecht gelaunten Menschen gehe ich aus dem Weg. (das bedeutet nicht, dass ich einem Menschen mit Kummer nicht auch geduldig zuhöre und - wenn er will - an einer Lösung seiner Probleme mitüberlege).

7. Bei Problemen sag ich mir: Ich entscheide ob und wann ich mich diesem Problem widmen will. Von einem Problem, welches auf mich zukommt, lasse ich mir nicht diktieren, ob und wann ich mich darum kümmere. Also auch mal "nein, darüber denke ich heute nicht nach", ist ab und an wichtig. Ebenso gehe ich mit Zeitdiebstahl um. Wenn ich lerne, dann führe ich keine Telefonate. Dann sage ich einem Anrufer, der nur mal quatschen möchte: "Darüber können wir morgen reden. Jetzt habe ich keine Zeit."

8. Habe ich was vergessen oder falsch gemacht? Nicht schlimm, das "repariere" ich .... Schuldgefühle sind fehl am Platz.

9. Ich habe ein paar Macken. Aber so bin ich. Solange diese Macken nicht dazu führen, dass jemand echt darunter leiden muß, dann sage ich: So bin ich. Ich darf auch Macken haben. Das hat etwas mit Selbstliebe zu tun.

10. Liebe
Liebe ist überhaupt das Wichtigste.
Es fängt bei mir an, das ich mich mag, mit meinen Macken und auch dann, wenn ich versagt habe. Liebe hat nichts mit Leistung zu tun. Dann geht Liebe über zum Nächsten. Ich bin ihm ein Freund, den ich selbst gerne hätte. Und weil ich an Jesus glaube, danke ich ihm dafür, dass er mich liebt, selbst wenn mich niemand lieben sollte und der Himmel nur noch grau ist.

Dankbarkeit ist ein wichtiger Schlüssel für Glück. Dankbarkeit ist der Bruder der Liebe. So bin ich dankbar für meine Gesundheit und dankbar für meine Talente und dankbar für etwaige Helfer....
Automatische Dankbarkeit - im Sinne von Höflichkeit - ist anerzogen. Aber Dankbarkeit lässt sich auch bewusst wollen und üben.

Dankbarkeit lässt mich gelassen werden. Ich strebe nicht an, Glücksgefühle zu erleben. Aber ich strebe an, Zusammenhänge zu erkennen. Erkenne ich den Zusammenhang meiner Vergangenheit mit meiner Gegenwart, verstehe ich den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung, dann kann ich gute Entscheidungen treffen. Und gute Entscheidungen führen zum Glück. Die schönen Gefühle folgen meist automatisch.

LG; Nordrheiner
 

Burbacher

Aktives Mitglied
Eisodos,

als ehemaliger Lehrer mit einer langjährigen Berufserfahrung möchte ich Dir sagen, dass solche Zweifel nicht ungewöhnlich sind. Der Lehrerberuf verlangt ein hohes Maß an sozialer Kompetenz, pädagogischer Fertigkeit und eine große Belastungsfähigkeit.
Im Umgang mit den jungen Menschen bist Du vielfach Faktoren ausgesetzt, die Du selbst nur bedingt in der Hand hast und auch nur bedingt beeinflussen kannst.
Die Rückzugsmöglichkeiten im Schul-und Unterrichtsalltag sind nicht selten gering. Ich vermute aber mal, dass Du bereits früh während Deines Studiums entsprechende Schulpraktika absolvieren musst, während derer Du sehr schnell herausfinden wirst, wie der Schul- und Unterrichtsalltag auf Dich wirkt und Dich das Geschehen fordert.
Da solltest Du genau aufmerken, um zu sehen, ob es passt oder nicht.
Ich wünsche Dir eine gute Entscheidung!

Burbacher
 

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