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Spielsucht (jetzt fast in Therapie) und die Folgen für meine Ehe

hamburgerjung79

Neues Mitglied
Hallo, ich suche hier Rat und möchte meine Geschichte kurz loswerden, da dies gerade so die schlimmste Phase in meinem Leben ist und ich am verzweifeln bin.

Ich bin seit 18 Jahren mit meiner Frau zusammen und seit 8 Jahren verheiratet, wir haben 2 Kinder 4 und 6 Jahre alt und sind ursprünglich ein gutes Team und hatten soweit eine harmonische Beziehung mit Höhe und Tiefen. Seit 2009 bin ich Suchkrank und habe online Poker gespielt und Casinospiele (alles online) mit großen Unterbrechungen. In diesen 7 Jahren ist meine Spielerei 4 mal Aufgeflogen und weder meine Frau noch ich haben es wirklich ernst genommen bis zum letzten Knall im Sommer 2015. Ich bin seit Dez 2015 in einer Suchberatung und auf dem Weg zur Therapie, mit momentan 2 Sitzungen pro Woche (1 x Einzel1 x SHG). OK, soweit so schlecht. Ich habe keine Schulden durch die Sucht verursacht, da ich ein relativ gutes Einkommen habe. Ich bin jetzt mehrere Monate spielfrei und habe alle Kreditkarten, Onlinebanking, Zugänge zu Casinos gesperrt.
Meine Frau ging es seit dem letzten Knall Zusehens schlechter (Vertrauen weg, schläft seit den Kindern schlecht, Stress im Haushalt / Kindererziehung) und sie beschloss selbst eine Therapie zu beginnen, wo anscheinend sehr viel ans Licht kam, nicht nur hinsichtlich mir sondern auch über ihr Elternhaus!

Nun kam sie nach der ersten Sitzung nach Hause und war wie ausgewechselt und sagte mir sie braucht jetzt Abstand zu mir und ich soll bitte woanders schlafen. Nun lebe ich seit 10 Tagen bei einem Freund um die Ecke und mache mir riesen Vorwürfe und habe so sehr Angst um meine Familie und sehe die Kids abends ab und zu und bringe sie ins Bett. Seit dem ich nicht mehr spiele und wieder eine klare Sicht habe, realisiere ich was ich über Jahre nicht zu schätzen wusste, meine Frau und meine Kinder, meine Lebensbasis.
Ich kann nur schwer mit meiner Frau reden, da man sich immer im Kreis dreht und die Wörter im Mund verdreht werden. Sie sagt es kann noch lange dauern bis sie weiss ob und wie es weitergehen soll.Ich hänge nun in der Luft, bekomme keine Zeichen von ihr und verzweifle gerade. Immerhin haben wir vereinbart eine Paartherapie anzufangen um aus den Mustern zu gelangen die wir seit Jahren leben.

Nun frage ich mich gerade ob jmd ähnliche Erfahrungen gemacht hat? Ich kenne mich mit Therapien noch nicht aus und frage mich was bei meiner Frau gerade im Kopf passiert und ob so eine Vergangenheit noch eine Zukunft hat?
Ich liebe meine Frau wirklich und würde mich neben der Sucht auch gerne verändern, ein "neues" Leben mit ihr und den Kindern starten. So habe ich es auch meiner Frau gesagt.

Für jeden Rat und Erfahrung bin ich sehr dankbar.
 
G

Gast

Gast
Eine Therapie ist immer harte Arbeit. Wenn sie auf Diszanz geht ist das auch normal. Geduld. Mach' nicht den Fehler den Therapeuten als Gegner zu begreifen. Das ist er nicht, sofern er seinen Job gut macht.

Im Regelfall kann es einem am Anfang der Therapie schlechter gehen, auch das ist normal. Nicht umsonst baut man sich Fluchtwege. Lass' ihr den Freiraum, den sie jetzt braucht. Wenn ihr eine Paartherapie machen wollt, umso besser.

Ihre Therapie ist ihre ureigene Sache, wenn sie etwas erzählt ist es gut, wenn nicht.....bedränge sie nicht.
Wohin die Reise geht, weiß sie gerade selber nicht ( wahrscheinlich). Das muss nicht zwangsläufig Trennung bedeuten.

Die Karten werden neu gemischt und davor haben viele auch Angst. Es ist alles im Rahmen.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Lieber Hamburgerjung 79,

ich habe großen Respekt vor Deiner Leistung, mit der Du Dich Deiner Spielsucht entgegengestellt hast. In meinen Augen ist Spielsucht ein Ausdruck dafür, dass Gefühle den Menschen beherrschen anstatt umgekehrt. Insofern Du den Spieß umgedreht hast, ist das eine tolle Leistung!

Gefühle begleiten den Menschen wie sein Schatten. Wenn sie dominieren kommt es zu Entscheidungen, die in vielen Fällen vom Verstand als falsch beurteilt werden. Aber der Verstand hat ja nur wenig zu sagen….

Welche Gründe bei Deiner Frau auch immer vorliegen, gestehe ihr zu, dass ihre Gefühle ebenfalls zu entscheidenden Faktoren geworden sind. Dies liegt sicher an ihrer Vergangenheit. Deine Frau hat erst eine Therapiesitzung hinter sich gebracht. Es ist also noch viel zu früh, um ihre Entwicklung zu beurteilen. Ich denke, der Abstand kann hilfreich sein, damit sie in Ruhe lernen kann, ihre eigenen Gefühle besser kennenzulernen und vor allem lernt, sie aus der Entscheiderposition rauszunehmen.

Viele Menschen haben die Philosophie: Ich tue das, womit ich mich wohl fühle.

Dass diese Philosophie falsch ist, dafür ist Deine erledigte Spielsucht der beste Beweis.
Diese Philosophie ist immer falsch, wenn der Verstand Gegenargumente hat. Der Mensch entscheidet, ob er dem Verstand folgt oder den Gefühlen.

Die Gefühle folgen dem Verstand. Auch für diese These bist Du der beste Beweis. Du hast Dich gegen die Spielsucht (gegen das Wohlgefühl durch Spielen) entschieden – und jetzt fühlst Du Dich gut mit dieser verstandesmäßigen Entscheidung. Deine Gefühle folgten dem Verstand.

Das ist aber eine Erkenntnis, zu der man erstmal gelangen muß.

Daher möchte ich Dir folgende Empfehlungen geben:
1. Lauf Deiner Frau nicht hinterher. Sie würde es gefühlsmässig als Bedrängen empfinden können und ihre Ablehnung verstärken.

2. Halte lediglich Deine innere Türe offen. Wenn Du mit ihr sprichst, mache ihr Mut, sich mit dem Konflikt „Gefühle versus Verstand“ auseinanderzusetzen. Zeige ihr anhand Deiner vergangenen Spielsucht auf, dass das Folgen der Gefühle der Weg in die Katastrophe ist und dass das Folgen des Verstandes davor bewahrt. Der Verstand überwindet die Herrschaft der Gefühle! Umgekehrt kommt es zur Katastrophe. Du bist das Musterbeispiel für ein lösungsorientiertes Verhalten.

3. Gehe bitte nicht automatisch davon aus, dass der Therapeut Deiner Frau auf Deiner Seite ist. Es ist durchaus zumindest möglich, dass er die These vertritt: „Tun Sie, womit sie sich wohl fühlen“.

Wenn dem so ist, würde das Deiner Erfahrung mit dem Ausleben deiner spielsüchtigen Gefühle widersprechen (und meinen auch). Es ist ggf. möglich, dass Du den Therapeuten mal kennenlernst um seine Philosophie in Erfahrung zu bringen. So kannst Du im Falle eines Falles Deiner Frau sagen: A) bei dem Therapeuten bist Du genau richtig – oder B) Bei dem bist Du genau falsch.
Auf diese Weise bleibst Du nicht völlig hilflos.

LG, Nordrheiner
 

bird on the wire

Aktives Mitglied
Lieber hamburgerjung,

ich verstehe, daß in dieser Situation Dein Blick vor allem auf Dich und Deine Frau gerichtet ist.

Ich verstehe, daß Deine Überwindung der Sucht Raum einnimmt.
Und ich verstehe, daß ihre Therapie bei Deiner Frau viel auslöst und sie Abstand wünscht. Das ist nicht ungewöhnlich in einer Therapie, daß das Gefühl entsteht, es wird einem alles drumherum zu viel und zu nah und man braucht Raum und Zeit, um sich mit seinen Themen auseinandersetzen zu können.

Ich verstehe, daß Du völlig verunsichert bist und Dich fragst, was mit Deiner Ehe los ist.


Aber ich will ganz dringend Deinen Blick weiten und auf Deine Kinder lenken.

Deine Kinder wachsen in einer ganz schwierigen Konstellation heran. Sie werden gespürt haben, daß Du all die Jahre etwas verheimlichst. Daß es Spannungen zwischen den Eltern gab und gibt. Daß der Vater Leid erfahren hat, das er durch die Sucht kompensiert. Daß die Mutter eine bestimmte Disposition aus ihrer Kindheit mitbringt. Dann mußten sie das erleben, was Du als großen Knall bezeichnest. Und jetzt auch noch den Auszug des Vaters und die Unsicherheit zwischen den Eltern.

Bitte kümmere Dich ganz schnell mit Deiner Frau gemeinsam darum, daß die Kinder in dieser Situation die absolute Zugewandheit, Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit beider Eltern erleben. Und auch erleben, daß die Eltern als Elternteile auf jeden Fall verbunden sind. Es ist zu wenig, daß Du sie gelegentlich mal ins Bett bringst.

Bitte, nehmt die Perspektive der Kinder ein und sorgt für Liebe und Sicherheit.

Auch wenn Ihr womöglich denkt, die Kinder bekommen alles nicht mit - es ist richtig, die Vorgänge werden sie nicht verstehen und einordnen können, aber die unsichere Energie in ihrer Familie nehmen sie sehr wohl wahr. Die Information, was alles nicht stimmt in Eurem Leben und in Eurer Beziehung, die ist im Feld der Familie. Da gilt es gegenzusteuern. Es ist ganz wichtig, daß die Kinder sichere, stabile und verläßliche Beziehungen und Strukturen haben. Sonst wiederholen sich in der nächsten Generation die gleichen Dramen.

Ich wünsche Dir und Deiner frau viel Kraft und liebevolle Herzen.
 

hamburgerjung79

Neues Mitglied
Vielen Dank euch! Es tut gut zu hören, dass ich für mich (und meine Frau) wahrscheinlich den richtigen Weg eingeschlagen habe. Ich weiss nicht warum ich alles so negativ sehe, es ist wie verhext. Eigentlich bin ich gar nicht so ein klassischer Pessimist, sondern sehe oft das positive in einer Situation. Auch jetzt denke ich es ist vielleicht gut das dies alles passiert ist um ein neues Fundament zu kreieren wo meine Frau und ich glücklich zusammen weiter leben können. Da ist mein größter Wunsch.

Zu meinen Kindern - Ich liebe meine Kinder sehr und sie machen mich stolz, erfreuen mich und es bricht mir das Herz sie in diesem Zustand der Eltern zu wissen. Ich sehe sie regelmäßig, und genau hier liegt das Problem - ich sehe dann ja auch jedes Mal meine Frau! Am letzten WE war ich zB mit den Jungs im Wildpark und am Sonntag habe ich sie mitgenommen in ein Restaurant um HSV gewinnen zu sehen (ist ja eine Seltenheit). Nächste Woche fahre ich mit einem Freund snowboarden für ne Woche (lange geplant) und ich würde den Jungs gerne sagen, dass sie mich jeder Zeit anrufen können,ich mich aber nicht aktiv melden werde um einfach Abstand zu gewinnen und mal den Kopf freier zu bekommen. Es graust mir schon jetzt davor alle 3 für 6 Tage nicht zu sehen, auch hier wieder fällt es mir schwer dies positiv zu sehen.Naja, ich gucke mich jetzt nach WG Zimmern um oder einfach Zimmern die zu vermieten sind in meiner Nähe, da ich langfristig (wie lange kann sowas gehen???6 Monate??) nich bei dem Freun auf dem Sofa schlafen kann und will.
 

hamburgerjung79

Neues Mitglied
Hallo liebe Gemeinde, ich habe hier vor über einem Jahr schnell positive Zusprüche bekommen und dafür war ich damals, sowie heute sehr dankbar. Ich bin seit Dez 2015 bei der Suchtberatung und seit Mai 2016 in therapeutischer Behandlung mit Einzelgesprächen und Therapiegruppe. Die bisher schlimmste Zeit meines Lebens ist überstanden und parallel machen wir noch eine Eheberatung. Meine Frau und ich haben sehr viel an uns gearbeitet, vor allem ich hinsichtlich der Spielsucht und es geht uns als Paar inzwischen wieder richtig gut. Ich habe verstanden was in meinem Kopf/meiner Vergangenheit / Gegenwart falsch läuft. Das ich bis an mein Lebensende achtsam sein muss ist mir jetzt auch klar, ich bin trockener Spieler, wie ein Alkoholiker ohne Alkohol. Es fühlt sich etwas so an als würde ich ein neues Leben starten, mit derselben Familie aber mit einer anderen Einstellung zum Leben und einer anderen Wahrnehmung!

Ich wollte meine Geschichte hiermit zu Ende erzählen. Ich hätte selber nicht gedacht, dass ich mich in dem Alter nochmal verändern kann. Ich wünsche euch allen ganz viel Glück und Liebe in eurem Leben!
 

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