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Silke Bischoff

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L

lumiere_de_ciel

Gast
Ich fand es fürchterlich wie die Journalisten sich verhalten haben.
Erinnern kann ich mich an eine Szene wo Silke Bischoff die Waffe an den Kopf gehalten wurde, während irgendein Reporter eines Privatsenders den Täter befragte.
Da kann man doch nur noch mit dem Kopf schütteln.
 
B

Benjamin-29

Gast
Allerdings, damals hat die Presse mit ihrer Aufmerksamkeit die Kidnappern bestärkt - wenn auch ungewollt. Das Ganze wäre sonst vieleicht nicht so sehr eskaliert.

Inzwischen hat man da ja etwas dazugelernt. Bei Ausschreitungen in den Vororten von Paris zum Beispiel sollen die Medien keine Fotos von brennenden Autos zeigen, sondern nur die verkokelten Wraks. Die schönen Fotos in den Zeitungen waren nämlich vorher eher motivierend für die Krawallmacher. Hier in Deutschland ist man aber noch nicht so schlau.
 
M

Mo44

Gast
Zur Zeit des Gladbecker Geiseldramas habe ich beim WDR u.a. in der Redaktion von Zeitgeschehen aktuell als Student gejobbt. Das Geschehen habe ich daher - journalistisch betrachtet - aus unmittelbarer Nähe mitbekommen.

Zur Geschichte:


http://de.wikipedia.org/wiki/Gladbecker_Geiseldrama

Als das Geschehen in Bremen startete und die Presse sich um das Geschehen balgte, wie ein Rüde um eine läufige Hündin, war beim WDR die Empörung groß. Es wurde von Medienethik etc. gesprochen und diskutiert. Dies änderte sich, als der Wagen der Geiselnehmer nur wenige Meter vom sogenannten 4-Scheibenhaus des WDR hielt. Ein Redakteur rannte mit Kameramann natürlich sofort hin und fragte u.a. die Geiselnehmer, ob er ihnen helfen könnte. Dies wurde später dann natürlich als Verpflichtung dargestellt, alles zu tun, was auch den Geiseln hilft.

Besonders diffus ist die Darstellung eines heute im 1. Programm moderierenden Journalisten, der damals schon beim WDR arbeitete und dort eine Sendung im Dritten moderierte, die sich Aktuelle Stunde nannte (nachzulesen hier http://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Plasberg).

Seine Darstellung http://www.wdr.de/themen/panorama/kriminalitaet02/gladbecker_geiseldrama_1988/interview_plasberg.jhtml?rubrikenstyle=panorama
und seine vorgetragene eigene Unbedarftheit grenzt an Volksverdummung und wird durch seinen Schlusssatz auch wieder relativiert.

Besonders „kriminell“ war das Verhalten, des damaligen stellvertretenden Chefredakteurs des Boulevardblatts „Express“ der sogar in das Auto stieg, um die Geiselnehmer herauszulotsen und somit diesen mit seinem Körper weitere Deckung verschaffte und einen polizeilichen Zugriff auf ein stehendes Fahrzeug (der viel einfacher ist) ebenfalls erschwerte. Dass ein polizeilicher Zugriff in Köln durch die Pressemeute verhindert wurde, haben die späteren Ermittlungen ergeben.

Die Einschätzung des F.P. - er habe keine Polizeibeamten gesehen ist naiv und nicht zu überbieten. Die Beamten des SEK waren in Zivil vor Ort. Seine Behauptung der Boulevardreporter des Express habe sich vor Ort als einziger um Ordnung bemüht wird durch die Bilder nicht bestätigt.

http://de.youtube.com/watch?v=CzScWPdE3wQ

Das Gladbecker Geiseldrama ist ein Tiefpunkt des deutschen Journalismus gewesen und lag weit vor der Verfolgungsfahrt von O.J: Simpson im Amerikanischen Fernsehen. Es war ausschlaggebend für mich, den Gedanken - Journalist zu werden - nicht weiter zu verfolgen.
 
M

Menschenfeind

Gast
interessant, mo.. warst also beim wdr in der zeit.
wie war das damals.. ich stelle mir das so vor, dass eine halbe nation sensationsgeil den ganzen tag auf die mattscheibe guckt und scheinheilig-empört den tod der beiden geiseln und des polizisten bejubelt..
so ein moderner hexenprozess sozusagen.
wurden damals auch stimmen laut, die die todesstrafe gefordert haben?
wurden die entführer vom boulevard eher als "helden" oder als monstren dargestellt?
ich weiß, dass der spiegel auch auf die tragische vergangenheit der beiden eingegangen ist.. könnte mir aber vorstellen, dass die öffentliche meinung eher von blindem hass und aggression gegen das nächste ziel, diese beiden gangster, beeinflusst war..
achja, wurde nach dem drama ausgiebig über den sogenannten "finalen schuss", den ja auch einige politiker im nachhinein lauthals als beste und einzige möglichkeit priesen, diskutiert?
wurden die angehörigen damals auch so von den journalisten maltretiert, wie das heute der fall wäre?

wie groß war, eurer meinung nach, die wirkung des ganz-nah-dran-seins bei einem solchen verbrechen auf die gesellschaft? soll heißen, konnten zum beispiel rechte parteien nach der angelegenheit mit forderungen nach härteren strafen bei den wählern punkten?

naja, ich überfrage wohl die meisten von euch.. interessiert mich nur grad.
 
M

Mo44

Gast
Es wurde damals natürlich der "finale Rettungsschuss" diskutiert, der rechtlich auch hätte angewandt werden dürfen und intern auch genehmigt war. Die polizeiliche Sorge war bei dem Geschehen in Köln zu groß, dass Unbeteiligte verletzt werden konnten. Die Journalisten hatten einen menschlichen Panzer um das Auto gelegt. Angeblich war sogar ein SEK-Beamter mit Kamera unmittelbar am Auto. Ob es stimmt ...????

Die Bevölkerung hatte jedenfalls nach meinem Eindruck kein Verständnis dafür, dass die Geiselgangster überlebten und Geiseln starben.

Es gab nach meiner Erinnerung viele Anfragen nach der überlebenden Geisel, aber nicht nach den Angehörigen. Der Hype und das Drumherum bei solchen Geschehen hat sich seitdem weiter potenziert.

Die Medien sind schnell zum "business as usual" übergegangen. Siehe das Interview mit F.P.

Mit solchen Geschehen können möglicherweise kurzfristig rechte Parteien Stimmung machen. Dazu gehört aber ein kluger und auch medienwirksamer Kopf. So einen habe ich aber noch nicht in den Medien gesehen.

Manchmal haben die Medien ja auch etwas Gutes.;)
 
M

Menschenfeind

Gast
ja klar, medien haben auch was gutes. wie gesagt, die artikel im spiegel waren garnicht schlecht, nur damals war die bild ja auch noch extremer und so weiter...

so weit ich weiß haben einige journalisten den geiselnehmern fotos von undercoverpolizisten gezeigt, was einen zugriff weiter erschwerte...
 

Sehnsüchtige

Aktives Mitglied
Mich würde es allerdings auch nicht verwundern, wenn irgendwann herauskommen würde, daß Silke B. gar nicht durch die Schußkugeln der Täter ums Leben kam.
Ich habe dieses Drama als 16-jährige zuerst im Fernsehen gesehen. Anschließend wurde es zum aktuellen Thema in der Schule erklärt. Mich macht es nach wie vor sehr betroffen und nachdenklich.
 

mikenull

Urgestein
Zwei Sätze noch zum Thema: Man versteht ja bis heute nicht, warum man damals überhaupt so scharf drauf war, diese Täter so schnell unter diesen Umständen zu bekommen. Beide Tote des Falles waren völlig sinnlos.
Heutzutage würde man die Täter wohl fahren lassen - wohlwissend das man sie irgendwann - gefahrenlos für Geiseln - bekommen kann.
 
B

Benjamin-29

Gast
Das Gladbecker Geiseldrama ist ein Tiefpunkt des deutschen Journalismus gewesen und lag weit vor der Verfolgungsfahrt von O.J: Simpson im Amerikanischen Fernsehen. Es war ausschlaggebend für mich, den Gedanken - Journalist zu werden - nicht weiter zu verfolgen.
Ja, Journalismus kann schon sehr "abwechslungsreich" sein. Was war es denn genau, was für dich ausschlaggebend war?



[...]
 
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M

Mo44

Gast
Ja, Journalismus kann schon sehr "abwechslungsreich" sein. Was war es denn genau, was für dich ausschlaggebend war?
Ich halte es für unverantwortlich, dass die Sensationsgier über Menschenleben und die Würde von Menschen gestellt wird. Investigativer Journalismus ist ja schön und gut, aber "Yellow Press" hat mit alledem nichts zu tun.
Schön zu lesen, was auch mich abstösst, bei Wolf Schneider, Handbuch des Journalismus. Er differenziert bei den überflüssigen Spielarten des Journalismus zwischen 4 Typen und belegt es mit sehr schönen Beispielen (Krawalljournalisten - überflüssigen Journalisten - verknöcherten Journalisten und - missionarischen Journalisten)

Das Buch ist sehr lesenswert für alle, die sich mit dem Thema inhaltlich befassen wollen.
 
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