Ein sehr langer Text, sorry, auch etwas sarkastisch geschrieben, aber ich schwöre es entspricht alles der Wahrheit!
Hey zusammen, ich habe den Schritt gewagt und den Handwerksbetrieb meines Vaters übernommen.
Ich bin selbst seit über 20 Jahren in der Firma Tätig und ich liebe meinen Job. Mein Vater kommt langsam ins Rentenalter und möchte sich etwas zurück ziehen also habe ich die Firma (Einzelunternehmen) übernommen. Wir haben mit Lieferanten, Banken, Behörden etc. vorab gesprochen und alles war laut deren Aussage "gar kein Problem" Tja....... in der Realität alles ganz anders.
Die erste Hürde war die Handwerkskammer. Ich selbst habe den Handwerksberuf nicht gelernt und bin kein Meister (ich mache derzeit eine Techniker Ausbildung die mich dann befähigt den Betrieb alleine zu führen, dauert aber noch 2,5 Jahre bis das fertig ist) deshalb brauche ich im ersten Schritt einen angestellten Meister als Betriebsleiter, ich habe zwei Meister im Betrieb einmal meinen Vater und noch einen angestellten Meister der letztes Jahr seinen Titel bekommen hat. Naja, der netten Dame der HK war mein Vater zu alt und sie wollte eine Tauglichkeitsuntersuchung durchführen lassen... LOL Handwerker sollen mit 70 noch arbeiten aber sind dann mit 62 zu alt um Betriebsleiter zu sein. Also habe ich meinen Jungmeister angegeben, der war ihr dann zu Jung, mit zu wenig Erfahrung (völliger Quatsch mit Erteilung des Meistertitels darf man sofort einen Firma eröffnen), nach zweiwöchiger Diskussion war das alles vom Tisch und mein Vater sollte als Betriebsleiter eingetragen werden.
Ich habe für meinen Vater einen Arbeitsvertrag erstellt ihn bei der Sozialversicherung versucht anzumelden, das geht nur mit einer Betriebsnummer der Berufsgenossenschaft, keine Problem, dachte ich. Die Berufsgenossenschaft wollte dann aber den Nachweis des Eintrages in der Handwerkerrolle, den ich nicht nachweisen konnte weil ich zu erst meinen Vater bei der Sozialversicherung anmelden muss, wieder eine Woche später hat die Berufsgenossenschaft dann nach gegeben und mir eine Nummer zugeteilt. Also war auch das erledigt.
Mit Stolz habe ich dann den Eintrag in der Handwerkerrolle erhalten und dachte jetzt wird es leichter. Wie blauäugig man manchmal ist....
Mit meiner Gewerbeanmeldung hat mein Steuerberater eine Steuernummer beim Finanzamt beantragt, Aussage dauert so ungefähr zwei Wochen, ich kann euch sagen es waren lange zwei Wochen denn im Endeffekt waren es dann tatsächlich 5 Monate. In der Zwischenzeit habe ich natürlich Post des Finanzamtes erhalten die mich netterweise auf meine Pflicht hingewiesen haben das ich meine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben muss und nachdem das Finanzamt keine Briefe verschickt die nichts mit Geld zu tun haben war natürlich gleich eine Zwangsgeldandrohung mit dabei, dann habe ich die kompetente Dame angerufen und ihr mitgeteilt das ich keine Steuer Voranmeldung abgeben kann ohne Steuernummer, das hat sie bejaht und mir in diesem Punkt zugestimmt mit dem Hinweis das ich diese Beantragen muss, ich habe ihr dann die Antragskopie zukommen lassen das sie sieht das ich bereits 3 Monate warte, ihre Fachkundige Aussage war: "Ach, das ist aber nicht in Ordnung das Sie so lange warten" Die Zwangsgeldandrohung wurde dann großzügiger Weise zurück genommen. Wie Nett! Letzte Woche erhielt ich endlich die Steuernummer, habe die Voranmeldungen abgegeben und gleich mal die ganzen Zahlungen für Umsatzsteuer und Lohnsteuer, natürlich Rückwirkend geleistet das der Vater Staat befriedigt ist.
So weit so gut.
Ich bekomme auch ständig nette Anrufe von Menschen die mich auf meinen grünen Fußabdruck hinweisen und mir gaaaanz viel Verkaufen möchten um mein Außenbild zu verbessern. Hallo?! Wir sind ein kleiner Handwerksbetrieb, wir arbeiten 90% im Kundendienst und alles was wir Besitzen sind Fahrzeuge, okay es sind Dieselfahrzeuge wir müssen eben auch manchmal bis zu 600km am Tag fahren und sind darauf angewiesen Hänger zu ziehen, das geht mit E-Autos nicht so einfach. Verstehen die aber auch irgendwie nicht.
Wir haben aufgrund der guten Auftragslage einen weiteren Mitarbeiter eingestellt für den brauche ich ein Auto, also bin ich Stolz mit meiner Steuernummer, meiner natürlich sauberen Schufa Auskunft und voller Tatendrang ins Autohaus marschiert um einen Kastenwagen zu erwerben und wie man das so macht in der Geschäftswelt über Leasing, denn wir wollen die Kosten ja direkt absetzen. HaHa, das geht nicht, wurde von der Leasing Gesellschaft abgelehnt weil.... und jetzt kommt es, die Creditreform keine Aussage über meine Bonität treffen kann, weil die von mir noch keinen Jahresabschluss vorliegen haben. Dann dachte ich okay mache ich es über die Leasinggesellschaft meiner Hausbank, geht auch nicht gleiche Antwort, ich kenne meinen Berater gut und er sagte hey kein Problem bekommen wir anders hin, aber Tatsache ist, es geht nicht weil: "Computer sagt Nein".
Nach einem weiteren Gespräch mit der Creditreform wurde mir mitgeteilt das es eine Möglichkeit gibt die Sache zu regeln mithilfe der Jahresabschlüsse und BWA´s der "alten" Firma, da habe ich mich natürlich gefreut aber dafür müsste ich erst eine Mitgliedschaft abschließen :-O, sorry aber das ist in meinen Augen Erpressung und das mache ich nicht! Ich glaube es geht los! Wie unverschämt ist das denn bitte?
Ich habe das Fahrzeug jetzt Bar gekauft, ist natürlich Unternehmerisch gesehen echt Blöd aber was soll ich machen? Mit dem Fahrrad los schicken wäre schlecht und mit Kamelen kenne ich mich nicht gut genug aus, wobei das natürlich eine sehr gute Werbung für meine Firma wäre :-D
Das mit der Creditreform hat mich wirklich verwundert, ich habe das nicht verstanden denn ich dachte, Mensch es gibt doch einen Haufen Leute die gerade eine Firma neu Gründen oder Übernehmen also habe ich mich etwas umgehört... und es ist wahr die haben alle solche Probleme mit Finanzierungen und KFZ- Leasing in den ersten 12 Monaten. einige die die Mittel nicht selbst aufbringen können müssen tatsächlich ums nackte Überleben kämpfen. Und das hat ja auch Auswirkungen auf den Rechnungskauf beim Lieferanten, einige haben mir berichtet das sie solange die Creditreform "leer" ist, alles Vorkasse bezahlen müssen, das ist doch ein Unding in meinen Augen. Wie kann ein Privatunternehmen so eine Macht haben? Ist denn die Schufa nicht schon genug? All das Erlebte in den letzten 5 Monaten, seit ich die Übernahme gestartet habe gibt mir mehr und mehr das Gefühl das Firmen in Deutschland nicht länger willkommen sind.
Kein Wunder das es so wenig Nachwuchs gibt wenn man so viel Ärger hat mit der Übernahme des Familienbetriebes oder überhaupt mit Eröffnung eines Betriebs. Ich verstehe unser Land nicht mehr. Nachdem jetzt alles vollbracht ist, kann ich darüber Lachen, aber es hat mich wirklich Nerven gekostet und ich hab mehrmals überlegt einfach einen Rückzieher zu machen. Aber so bin ich nicht gestrickt. Ich hoffe es kehrt jetzt Ruhe ein und ich kann endlich das machen was ich am liebsten mache, nämlich meine Arbeit.
Danke fürs Lesen wenn ihr es so lange ausgehalten habt. Und falls ihr auch solche Geschichten habt aus der Selbstständigkeit würde mich das wirklich interessieren.
Schönes Wochenende Grüße Eure Rocket
Hey zusammen, ich habe den Schritt gewagt und den Handwerksbetrieb meines Vaters übernommen.
Ich bin selbst seit über 20 Jahren in der Firma Tätig und ich liebe meinen Job. Mein Vater kommt langsam ins Rentenalter und möchte sich etwas zurück ziehen also habe ich die Firma (Einzelunternehmen) übernommen. Wir haben mit Lieferanten, Banken, Behörden etc. vorab gesprochen und alles war laut deren Aussage "gar kein Problem" Tja....... in der Realität alles ganz anders.
Die erste Hürde war die Handwerkskammer. Ich selbst habe den Handwerksberuf nicht gelernt und bin kein Meister (ich mache derzeit eine Techniker Ausbildung die mich dann befähigt den Betrieb alleine zu führen, dauert aber noch 2,5 Jahre bis das fertig ist) deshalb brauche ich im ersten Schritt einen angestellten Meister als Betriebsleiter, ich habe zwei Meister im Betrieb einmal meinen Vater und noch einen angestellten Meister der letztes Jahr seinen Titel bekommen hat. Naja, der netten Dame der HK war mein Vater zu alt und sie wollte eine Tauglichkeitsuntersuchung durchführen lassen... LOL Handwerker sollen mit 70 noch arbeiten aber sind dann mit 62 zu alt um Betriebsleiter zu sein. Also habe ich meinen Jungmeister angegeben, der war ihr dann zu Jung, mit zu wenig Erfahrung (völliger Quatsch mit Erteilung des Meistertitels darf man sofort einen Firma eröffnen), nach zweiwöchiger Diskussion war das alles vom Tisch und mein Vater sollte als Betriebsleiter eingetragen werden.
Ich habe für meinen Vater einen Arbeitsvertrag erstellt ihn bei der Sozialversicherung versucht anzumelden, das geht nur mit einer Betriebsnummer der Berufsgenossenschaft, keine Problem, dachte ich. Die Berufsgenossenschaft wollte dann aber den Nachweis des Eintrages in der Handwerkerrolle, den ich nicht nachweisen konnte weil ich zu erst meinen Vater bei der Sozialversicherung anmelden muss, wieder eine Woche später hat die Berufsgenossenschaft dann nach gegeben und mir eine Nummer zugeteilt. Also war auch das erledigt.
Mit Stolz habe ich dann den Eintrag in der Handwerkerrolle erhalten und dachte jetzt wird es leichter. Wie blauäugig man manchmal ist....
Mit meiner Gewerbeanmeldung hat mein Steuerberater eine Steuernummer beim Finanzamt beantragt, Aussage dauert so ungefähr zwei Wochen, ich kann euch sagen es waren lange zwei Wochen denn im Endeffekt waren es dann tatsächlich 5 Monate. In der Zwischenzeit habe ich natürlich Post des Finanzamtes erhalten die mich netterweise auf meine Pflicht hingewiesen haben das ich meine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben muss und nachdem das Finanzamt keine Briefe verschickt die nichts mit Geld zu tun haben war natürlich gleich eine Zwangsgeldandrohung mit dabei, dann habe ich die kompetente Dame angerufen und ihr mitgeteilt das ich keine Steuer Voranmeldung abgeben kann ohne Steuernummer, das hat sie bejaht und mir in diesem Punkt zugestimmt mit dem Hinweis das ich diese Beantragen muss, ich habe ihr dann die Antragskopie zukommen lassen das sie sieht das ich bereits 3 Monate warte, ihre Fachkundige Aussage war: "Ach, das ist aber nicht in Ordnung das Sie so lange warten" Die Zwangsgeldandrohung wurde dann großzügiger Weise zurück genommen. Wie Nett! Letzte Woche erhielt ich endlich die Steuernummer, habe die Voranmeldungen abgegeben und gleich mal die ganzen Zahlungen für Umsatzsteuer und Lohnsteuer, natürlich Rückwirkend geleistet das der Vater Staat befriedigt ist.
So weit so gut.
Ich bekomme auch ständig nette Anrufe von Menschen die mich auf meinen grünen Fußabdruck hinweisen und mir gaaaanz viel Verkaufen möchten um mein Außenbild zu verbessern. Hallo?! Wir sind ein kleiner Handwerksbetrieb, wir arbeiten 90% im Kundendienst und alles was wir Besitzen sind Fahrzeuge, okay es sind Dieselfahrzeuge wir müssen eben auch manchmal bis zu 600km am Tag fahren und sind darauf angewiesen Hänger zu ziehen, das geht mit E-Autos nicht so einfach. Verstehen die aber auch irgendwie nicht.
Wir haben aufgrund der guten Auftragslage einen weiteren Mitarbeiter eingestellt für den brauche ich ein Auto, also bin ich Stolz mit meiner Steuernummer, meiner natürlich sauberen Schufa Auskunft und voller Tatendrang ins Autohaus marschiert um einen Kastenwagen zu erwerben und wie man das so macht in der Geschäftswelt über Leasing, denn wir wollen die Kosten ja direkt absetzen. HaHa, das geht nicht, wurde von der Leasing Gesellschaft abgelehnt weil.... und jetzt kommt es, die Creditreform keine Aussage über meine Bonität treffen kann, weil die von mir noch keinen Jahresabschluss vorliegen haben. Dann dachte ich okay mache ich es über die Leasinggesellschaft meiner Hausbank, geht auch nicht gleiche Antwort, ich kenne meinen Berater gut und er sagte hey kein Problem bekommen wir anders hin, aber Tatsache ist, es geht nicht weil: "Computer sagt Nein".
Nach einem weiteren Gespräch mit der Creditreform wurde mir mitgeteilt das es eine Möglichkeit gibt die Sache zu regeln mithilfe der Jahresabschlüsse und BWA´s der "alten" Firma, da habe ich mich natürlich gefreut aber dafür müsste ich erst eine Mitgliedschaft abschließen :-O, sorry aber das ist in meinen Augen Erpressung und das mache ich nicht! Ich glaube es geht los! Wie unverschämt ist das denn bitte?
Ich habe das Fahrzeug jetzt Bar gekauft, ist natürlich Unternehmerisch gesehen echt Blöd aber was soll ich machen? Mit dem Fahrrad los schicken wäre schlecht und mit Kamelen kenne ich mich nicht gut genug aus, wobei das natürlich eine sehr gute Werbung für meine Firma wäre :-D
Das mit der Creditreform hat mich wirklich verwundert, ich habe das nicht verstanden denn ich dachte, Mensch es gibt doch einen Haufen Leute die gerade eine Firma neu Gründen oder Übernehmen also habe ich mich etwas umgehört... und es ist wahr die haben alle solche Probleme mit Finanzierungen und KFZ- Leasing in den ersten 12 Monaten. einige die die Mittel nicht selbst aufbringen können müssen tatsächlich ums nackte Überleben kämpfen. Und das hat ja auch Auswirkungen auf den Rechnungskauf beim Lieferanten, einige haben mir berichtet das sie solange die Creditreform "leer" ist, alles Vorkasse bezahlen müssen, das ist doch ein Unding in meinen Augen. Wie kann ein Privatunternehmen so eine Macht haben? Ist denn die Schufa nicht schon genug? All das Erlebte in den letzten 5 Monaten, seit ich die Übernahme gestartet habe gibt mir mehr und mehr das Gefühl das Firmen in Deutschland nicht länger willkommen sind.
Kein Wunder das es so wenig Nachwuchs gibt wenn man so viel Ärger hat mit der Übernahme des Familienbetriebes oder überhaupt mit Eröffnung eines Betriebs. Ich verstehe unser Land nicht mehr. Nachdem jetzt alles vollbracht ist, kann ich darüber Lachen, aber es hat mich wirklich Nerven gekostet und ich hab mehrmals überlegt einfach einen Rückzieher zu machen. Aber so bin ich nicht gestrickt. Ich hoffe es kehrt jetzt Ruhe ein und ich kann endlich das machen was ich am liebsten mache, nämlich meine Arbeit.
Danke fürs Lesen wenn ihr es so lange ausgehalten habt. Und falls ihr auch solche Geschichten habt aus der Selbstständigkeit würde mich das wirklich interessieren.
Schönes Wochenende Grüße Eure Rocket