Hallo zusammen!
Mir fällt es etwas schwer, den Einstieg zu finden, daher fange ich einfach mal an...
Seit meiner Kindheit bin ich sehr ängstlich und kontaktscheu, schon im Kindergarten hatte ich immer das Gefühl, dass alle anderen stärker sind und mir gefährlich werden können. Dass ich gleichzeitig "kuschen" muss, nicht auffallen darf. Zudem hatte und habe ich das Gefühl, dass alle anderen Menschen etwas Unsichtbares verbindet, was ich nicht habe. Das ging soweit, dass ich an meinem ersten Schultag im Gymnasium felsenfest überzeugt war, dass sich alle anderen schon kennen. Das resultiert wohl aus meiner Familiensituation, insbesondere mütterlicherseits (meine Oma war Heimatvertriebene im 2. Weltkrieg und hat nie über die Zeit geredet, man kann nur vermuten, was alles Schlimmes passiert sein kann...).
Dazu kommt seit meiner Pubertät eine extreme Selbstscham, insbesondere aufgrund meiner Sexualität. Mein erstes Mal Onanieren "ergab sich so", und als ob ich mich damit nicht schon schmutzig genug gefühlt hätte, war ich nach dem Orgasmus völlig erschrocken und wie paralysiert: Ich hatte damals keine Ahnung, was gerade passiert war, wusste nichts von einem Orgasmus. Ich war fest überzeugt, gerade etwas in mir "kaputt gemacht" und etwas unaussprechlich Schlimmes und Perverses getan zu haben. Zudem dachte ich, dass vor mir noch nie einem Menschen auf dieser Welt so etwas passiert ist. Es mag Euch beim Lesen so dahin gesagt erscheinen, aber ich war damals felsenfest davon überzeugt. Ich habe mich nicht getraut, mit irgendjemandem darüber zu reden und habe dieses Trauma ungefähr 3 Jahre mit mir herumgeschleppt, bis ich mehr durch Zufall Hinweise erhielt, dass andere sich auch selbst befriedigen.
In dieser Zeit hatte ich meinen Trieb natürlich nicht unterdrücken können und habe mich regelmäßig selbst befriedigt. Vielleicht könnt Ihr Euch die Kluft zwischen abgrundtiefer Scham und Triebhaftigkeit ungefähr vorstellen. Ich habe verzweifelt versucht, mit dem Onanieren aufzuhören und unter´m Strich manifestierte sich in dieser Zeit das vorher schon ansatzweise vorhandene Gefühl, anders, nicht normal zu sein, nicht auffallen zu dürfen, mein perverses Sebst verbergen und überspielen zu müssen.
Dass über Sexualität in meinem Elternhaus nicht gesprochen wurde, geschweige denn über Selbstbefriedigung, und dass mich auch niemand auf mein verändertes, zurückgezogenes Verhalten ansprach, wird Euch sicher nicht wundern. So wurde ich indirekt darin bekräftigt, dass mit mir etwas Unaussprechliches nicht stimmt - man befasste sich einfach nicht mit mir, nur das Bild nach außen zählte. Bloß nicht den Mittelweg verlassen, was sollen nur die Leute denken!?
Inzwischen bin ich, wie Ihr schon bemerkt, aufgeklärt und kann auch halbwegs offen über das Thema reden. Aber diese abgrundtiefe Selbstscham bin ich nicht mehr losgeworden. Ich habe all die Jahre durch meine Angst, verbunden mit meiner Scham, in der Gesellschaft fleißig negative Erfahrungen gesammelt. Ich wurde ausgeschlossen (weil jemand, der auf der Party immer nur hilflos in der Ecke sitzt, ja keinen Spaß macht), Freundschaften zerbrachen (weil ich durch meine Hilflosigkeit und Verletzlichkeit begann, nach außen arrogant und abweisend zu wirken oder andere direkt oder indirekt schlecht zu machen), Misserfolge stellten sich ein (weil ich vor lauter "Selbstüberwachung" und "Es den anderen Recht machen wollen" mich gar nicht auf meine Arbeit einlassen konnte). Und so hat sich der Teufelskreis immer weiter gedreht und ich stehe, wo ich heute stehe.
Meine zwischenmenschlichen Wunden und Narben bestätigen mir, dass ich ungewollt, unsympathisch, unannehmbar bin. Ich kann mir nicht erlauben, ich selbst zu sein, kann meine Maske nicht fallenlassen. Zu groß ist die Angst, nur wieder verletzt zu werden. Ich glaube, ich weiß inzwischen schon gar nicht mehr, wer und wie ich wirklich bin.
Von meiner Familie sind mir nur meine Großeltern, meine Mutter und meine Tante geblieben. Aber auch hier finde ich keinen Halt, da sich jeder von ihnen um seine eigenen Probleme zu drehen scheint und Offenheit, Emotionalität und Gefühle in meiner Familie seit jeher unter den Tisch gekehrt wurden. Freunde habe ich keine mehr, eine Hand voll gute Bekannte, zu denen ich jedoch auch nur sporadisch Kontakt habe und für die ich "in zweiter Reihe" zu stehen scheine. Ich habe eine Frau, die mich liebt, aber auch unsere Ehe ist nach wenigen Jahren durch meine Probleme mit mir selbst, mit anderen und mit meiner Vergangenheit zur Zeit bis auf´s äußerste belastet. Dazu haben wir nach einer sehr belastenden medizinischen Behandlung auch noch mit einem unerfüllten Kinderwunsch zu kämpfen. So ganz nebenbei...
Gleichzeitig bekomme ich mit, wie all die Menschen aus meiner Vergangenheit (ich komme gebürtigt aus einem kleinen Dorf) noch befreundet sind, Dinge unternehmen, sich unterstützen und helfen, intakte Familien und z.T. Kinder haben, Häuser bauen, etc., was mich in jeglicher Hinsicht sehr verletzt. Ich habe weder Kontakte und Beziehungen zu Leuten in meinem Dorf (bis auf einen, aber das muss man als Landei erstmal hinbekommen!) noch aus meiner Schulzeit.
Ich habe mich in psychologische Behandlung begeben, aber ich habe momentan das Gefühl, dass ich den ganzen Abgrund, der seit Jahren da ist, nun nur noch deutlicher sehe. Ich finde keinen Weg aus meinem Selbsthass und meiner Selbstscham, gleichzeitig muss ich damit leben, ohne Kinder, wirkliche Freunde und Familie dazustehen. Ich habe das Gefühl, auf einer Eisscholle zu sitzen, die mehr und mehr schmilzt, so dass Ertrinken die einzig loigische Konsequenz aus meinem Leben ist...
Angesichts dessen habe ich keine Kraft mehr, sehe keinen Sinn mehr in meinem Leben, nach dem ich über die Jahre so tief in die Einsamkeit gerutscht bin, mich selbst nicht mehr spüren mag. Auch wenn ich nun das Gefühl habe, dass mein Geschriebenes meine Verzweiflung nicht annähernd in seinem vollen Umfang beschreiben kann, hoffe ich doch, hier Hilfe oder Trost zu finden...
Viele Grüße
joh78
Mir fällt es etwas schwer, den Einstieg zu finden, daher fange ich einfach mal an...
Seit meiner Kindheit bin ich sehr ängstlich und kontaktscheu, schon im Kindergarten hatte ich immer das Gefühl, dass alle anderen stärker sind und mir gefährlich werden können. Dass ich gleichzeitig "kuschen" muss, nicht auffallen darf. Zudem hatte und habe ich das Gefühl, dass alle anderen Menschen etwas Unsichtbares verbindet, was ich nicht habe. Das ging soweit, dass ich an meinem ersten Schultag im Gymnasium felsenfest überzeugt war, dass sich alle anderen schon kennen. Das resultiert wohl aus meiner Familiensituation, insbesondere mütterlicherseits (meine Oma war Heimatvertriebene im 2. Weltkrieg und hat nie über die Zeit geredet, man kann nur vermuten, was alles Schlimmes passiert sein kann...).
Dazu kommt seit meiner Pubertät eine extreme Selbstscham, insbesondere aufgrund meiner Sexualität. Mein erstes Mal Onanieren "ergab sich so", und als ob ich mich damit nicht schon schmutzig genug gefühlt hätte, war ich nach dem Orgasmus völlig erschrocken und wie paralysiert: Ich hatte damals keine Ahnung, was gerade passiert war, wusste nichts von einem Orgasmus. Ich war fest überzeugt, gerade etwas in mir "kaputt gemacht" und etwas unaussprechlich Schlimmes und Perverses getan zu haben. Zudem dachte ich, dass vor mir noch nie einem Menschen auf dieser Welt so etwas passiert ist. Es mag Euch beim Lesen so dahin gesagt erscheinen, aber ich war damals felsenfest davon überzeugt. Ich habe mich nicht getraut, mit irgendjemandem darüber zu reden und habe dieses Trauma ungefähr 3 Jahre mit mir herumgeschleppt, bis ich mehr durch Zufall Hinweise erhielt, dass andere sich auch selbst befriedigen.
In dieser Zeit hatte ich meinen Trieb natürlich nicht unterdrücken können und habe mich regelmäßig selbst befriedigt. Vielleicht könnt Ihr Euch die Kluft zwischen abgrundtiefer Scham und Triebhaftigkeit ungefähr vorstellen. Ich habe verzweifelt versucht, mit dem Onanieren aufzuhören und unter´m Strich manifestierte sich in dieser Zeit das vorher schon ansatzweise vorhandene Gefühl, anders, nicht normal zu sein, nicht auffallen zu dürfen, mein perverses Sebst verbergen und überspielen zu müssen.
Dass über Sexualität in meinem Elternhaus nicht gesprochen wurde, geschweige denn über Selbstbefriedigung, und dass mich auch niemand auf mein verändertes, zurückgezogenes Verhalten ansprach, wird Euch sicher nicht wundern. So wurde ich indirekt darin bekräftigt, dass mit mir etwas Unaussprechliches nicht stimmt - man befasste sich einfach nicht mit mir, nur das Bild nach außen zählte. Bloß nicht den Mittelweg verlassen, was sollen nur die Leute denken!?
Inzwischen bin ich, wie Ihr schon bemerkt, aufgeklärt und kann auch halbwegs offen über das Thema reden. Aber diese abgrundtiefe Selbstscham bin ich nicht mehr losgeworden. Ich habe all die Jahre durch meine Angst, verbunden mit meiner Scham, in der Gesellschaft fleißig negative Erfahrungen gesammelt. Ich wurde ausgeschlossen (weil jemand, der auf der Party immer nur hilflos in der Ecke sitzt, ja keinen Spaß macht), Freundschaften zerbrachen (weil ich durch meine Hilflosigkeit und Verletzlichkeit begann, nach außen arrogant und abweisend zu wirken oder andere direkt oder indirekt schlecht zu machen), Misserfolge stellten sich ein (weil ich vor lauter "Selbstüberwachung" und "Es den anderen Recht machen wollen" mich gar nicht auf meine Arbeit einlassen konnte). Und so hat sich der Teufelskreis immer weiter gedreht und ich stehe, wo ich heute stehe.
Meine zwischenmenschlichen Wunden und Narben bestätigen mir, dass ich ungewollt, unsympathisch, unannehmbar bin. Ich kann mir nicht erlauben, ich selbst zu sein, kann meine Maske nicht fallenlassen. Zu groß ist die Angst, nur wieder verletzt zu werden. Ich glaube, ich weiß inzwischen schon gar nicht mehr, wer und wie ich wirklich bin.
Von meiner Familie sind mir nur meine Großeltern, meine Mutter und meine Tante geblieben. Aber auch hier finde ich keinen Halt, da sich jeder von ihnen um seine eigenen Probleme zu drehen scheint und Offenheit, Emotionalität und Gefühle in meiner Familie seit jeher unter den Tisch gekehrt wurden. Freunde habe ich keine mehr, eine Hand voll gute Bekannte, zu denen ich jedoch auch nur sporadisch Kontakt habe und für die ich "in zweiter Reihe" zu stehen scheine. Ich habe eine Frau, die mich liebt, aber auch unsere Ehe ist nach wenigen Jahren durch meine Probleme mit mir selbst, mit anderen und mit meiner Vergangenheit zur Zeit bis auf´s äußerste belastet. Dazu haben wir nach einer sehr belastenden medizinischen Behandlung auch noch mit einem unerfüllten Kinderwunsch zu kämpfen. So ganz nebenbei...
Gleichzeitig bekomme ich mit, wie all die Menschen aus meiner Vergangenheit (ich komme gebürtigt aus einem kleinen Dorf) noch befreundet sind, Dinge unternehmen, sich unterstützen und helfen, intakte Familien und z.T. Kinder haben, Häuser bauen, etc., was mich in jeglicher Hinsicht sehr verletzt. Ich habe weder Kontakte und Beziehungen zu Leuten in meinem Dorf (bis auf einen, aber das muss man als Landei erstmal hinbekommen!) noch aus meiner Schulzeit.
Ich habe mich in psychologische Behandlung begeben, aber ich habe momentan das Gefühl, dass ich den ganzen Abgrund, der seit Jahren da ist, nun nur noch deutlicher sehe. Ich finde keinen Weg aus meinem Selbsthass und meiner Selbstscham, gleichzeitig muss ich damit leben, ohne Kinder, wirkliche Freunde und Familie dazustehen. Ich habe das Gefühl, auf einer Eisscholle zu sitzen, die mehr und mehr schmilzt, so dass Ertrinken die einzig loigische Konsequenz aus meinem Leben ist...
Angesichts dessen habe ich keine Kraft mehr, sehe keinen Sinn mehr in meinem Leben, nach dem ich über die Jahre so tief in die Einsamkeit gerutscht bin, mich selbst nicht mehr spüren mag. Auch wenn ich nun das Gefühl habe, dass mein Geschriebenes meine Verzweiflung nicht annähernd in seinem vollen Umfang beschreiben kann, hoffe ich doch, hier Hilfe oder Trost zu finden...
Viele Grüße
joh78