@Elizabeth + Mittlere Frau: Ich hab echt das Gefühl, dass es Euch ähnlich geht, wie mir. Gerade heute früh beim Aufwachen ist mir wieder alles über den Kopf gestiegen (was sicher teils auch am tollen Wetter lag)... wie geht´s Euch im Durchschnitt? Beschränkt sich Euer "Problem mit Euch selbst" auf einzelne (evtl. früher prägende) Situationen, oder ist es ein "Dauerton"?
wie gesagt, bei mir ist die sache überstanden. deswegen gehts mir mittlerweile so gut, dass ich ohne beeinträchtigung leben kann. aber ja, es war im grunde ein dauerton. mein grundsätzliches lebensgefühl war geprägt von hoffnungslosigkeit, einsamkeit und schwere. ich war wie hinter einer unsichtbaren wand und hatte keine chance, zur echten welt, in der sich das leben abspielte, durchzudringen. ich konnte nicht mitmachen, und ich verstand nicht woran es lag. dementsprechend war ich auch nicht in der lage, nähe zu menschen auszuhalten.
Ich hatte gerade gestern wieder ein Erlebnis. Hatte einen Termin in einem Fitness-Studio (beruflich) und habe vorher echt versucht bei mir zu bleiben und mir fest klargemacht, dass es an mir nix peinliches oder gar perverses zu entdecken gibt. Beim Termin dann, ohne dass ich was Negatives erlebt hätte, "Bamm!" - ich war wieder völlig neben mir, mein Hirn fühlte sich an wie verrenkt.
diesen "bei mir bleiben" -vorsatz kenn ich nur zu gut. wie oft hat es mich in die verzweiflung getrieben, dass er einfach nicht umsetzbar war und ich wieder und wieder einfach "weggespült" wurde. heute weiß ich: ich war auch zu den zeiten, als ich mir vornahm bei mir zu bleiben nicht bei mir. weil ich mich überhaupt nicht kannte.
wie oft fragte ich mich: wer bist du? gibt es dich überhaupt? wie kann ich dich finden?
heute weiss ich: ja es gibt mich! und ich mag und schätze die person sehr, die ich bin und kennenlernen durfte, weil sie etwas ganz besonderes ist.
🙂
das tolle an der sache war und ist: dadurch, dass es für mich nicht selbstverständlich ist, mich zu kennen, zu spüren und zu leben, genieße und schätze ich heute jeden tag. und wenn ich daran denke, dass mir vergönnt ist, mit allen meinen sinnen zu erleben, was da noch kommen mag, dann erfüllt mich das mit großer dankbarkeit und glück.
🙂
ich hoffe es reicht, wenn ich von mir und meinen erfahrungen schreibe, denn weder kann ich jemandem eine diagnose stellen, noch traue ich es mir zu, sinnvolle tipps zu geben - zumal jeder mensch, auch wenn sich geschichten ähneln, anders fühlt und empfindet, und deshalb für jeden ein anderer weg richtig ist, funktioniert.
bei mir war es ja zusätzlich neben dem schlecht-, falsch- oder oft gar "nicht vorhanden sein" - gefühl auch noch die tatsache, dass ich nicht in der lage war, mich von den emotionen meiner mitmenschen abzugrenzen. sobald ich auf einen menschen traf, waren da so viele (leider ausschließlich "schlechte") gefühle, die ich genau wahrnahm, aber ich konnte nicht zuordnen, wem sie gehörten, mir oder einem gegenüber. ich war verloren, und wurde auch permanent von diesen emotionen durch die gegend gespült, hatte keinen festen boden unter den füßen. wenn ich allein war fühlte ich mich höchstens einsam und verzweifelt, meistens aber völlig taub.
mein durchbruch auf dem weg zur besserung fand statt, als es mir gelang, die schleusen dicht zu machen für die gefühle anderer- damit allerdings für alle gefühle, auch für meine. ich verlagerte alles was in mir vorging in meinen kopf und betrachtete die welt durch einen neuen, rationalen filter, ließ nichts mehr an mich heran. das bescherte mir noch mal eine nicht kurze phase ausgeprägter depression. aber seither ging es nur mehr aufwärts.
ach ja, und alles war angst. ich wußte das damals nicht, dass das angst ist, in der ich lebe. wie ein fisch, der ja auch nicht weiß, dass er in wasser schwimmt. ich dachte dieses graußige gefühl ist einfach normal und gehört zu mir (schließlich war es da, seit ich mich erinnern kann), ich würde mich so graußig fühlen, weil ich so schlecht bin.
ich weiß nicht, torsten, was du für ein typ bist, also worauf du gut ansprichst. mir hat es geholfen, eine diagnose zu bekomen - allerdings war ich zu dem zeitpunkt, als ich sie erfassen und annehmen konnte eigentlich schon übern berg.
bist du in der lage, aus büchern etwas anzunehmen? bei mir war es so, dass mein extrem strenges über-ich lange zeit nichts gelten lassen konnte, als seine eigenen regeln und somit auch das, was in büchern stand, und an meinem weltbild hätte rütteln können, als blödsinn abgetan hat, als für mich ungültig. ich war von bestimmten vorstellungen einfach besessen, sie waren unumstößlich. gleichzeitig war ich unglaublich autoritätshörig. ich musste also erst bücher finden von autoren, die ich als autoritäten empfand, um neue sichtweisen an mich heranzulassen und ein umdenken einleiten zu können. da ich auch diese dann wieder völlig unreflektiert aufnahm und mir regelrecht einverleibte, wurde bei mir eine transformation ausgelöst. dass ich dinge differenziert betrachten kann, hat sich erst in den letzten jahren entwickelt.
LG