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Reue - was tun und wie leben?

AllTheWay

Mitglied
Hallo zusammen,

es ist das erste Mal, dass ich (weiblich) mich an so ein Forum wie hier wende und auch das erste Mal ausserhalb der therapeutischen Sitzungen, dass ich das folgende Thema laut (im Sinne von öffentlich) mit allen Emotionen anspreche. Es wird whrsch. ein längerer Text werden, im Voraus danke an alle, die ihn tatsächlich lesen. ...Also,es geht um etwas, das ich getan habe und zutiefst bereue, jeden Tag. In Zeiten, in denen ich die Reue komplett aufkommen lasse, habe ich das Gefühl, meine Welt ist zu Ende. Die Geschichte: Ich hatte ab der Mittelstufe eine Freundin gefunden, mit der ich enger und enger befreundet war, sehr eng nach relativ kurzer Zeit. Ich lernte sie in der neuen Klasse kennen, zu der ich gewechselt hatte. Zuvor kam ich an meiner alten Schule nicht klar. Ich war emotional instabil (noch bestehende, wenn auch nicht mehr gefährliche Magersucht, kein Selbstwert etc.) Sie (ich werde sie ab jetzt einfach "A" nennen) und ich fanden zueinander, und hatten irgendwann unser eigenes Universum. Es war in keinem Moment eine mehr als freundschaftliche Beziehung, dies aber sehr eng mit beidseitigen Zugeständnissen zu Leben und Tod. Man muss dazu sagen, dass wir zu der Zeit beide einen "suizidalen Hang" hatten - bei mir weiß ich nach wie vor nicht, weshalb. Unsere Freundschaft war nicht nur gold, A besaß ein sehr anspruchsvolles, einnehmendes Wesen. Ich beschreibe das hier nur, um beide Seiten zu erwähnen - nicht um ein schlechtes Bild zu entwerfen. Wer dieses nun hat, löscht das bitte aus seinen Vorstellungen. A hätte für mich so ziemlich alles getan. Die zu verurteilende Person bin ich hier.
Jedenfalls, die Gefahr des Selbstmordes schwebte immer (nur sehr nebulös) über ihr, was mir als beste Freundin sehr viel - zu viel - Verantwortung überlastete. Das war mir zu der Zeit nicht klar, ich wusste nur, dass ich nach Abschluss der Schule einen eigenen Weg alleine einschlagen musste, auch weil ich es irgendwie schaffen wollte, selbstständig zu werden. Leider hatte ich schlechte Startbedingungen: Ich zog zum studieren alleine in eine andere Stadt und ging verloren. In meiner Verlorenheit lernte ich einen jungen Mann kennen, der mich sehr schnell mit allem, was ich hatte, absorbierte. Und der die Freundschaft zwischen mir und A als nicht normal, sogar gefährlich erachtete. Aus eigenen Worten hatte er dabei nur mein Wohl im Sinne, da ich aus der Ferne mehr und mehr zum "Sorgen-Abfalleimer" von A wurde, selbst aber kaum von ihr wirklich nach meinem Ergehen gefragt wurde. Dennoch war unsere Bindung nach wie vor sehr eng. Die Dinge gingen bergab und einige Situationen zwischen mir und besagtem jungen Mann, der inzwischen mein Freund war, eskalierten. Er setzte mich psychisch enorm unter Druck, die Freundschaft zu A sehr einzudämmen/zu beenden. Ich weigerte mich oft, knickte irgendwann ein, spielte ihm vor, die Freundschaft nicht mehr so zu pflegen/zu wollen und verhielt mich völlig ambivalent A gegenüber, mal abweisend, mal wieder in alter freundschaftlicher Manier. Ich besaß nicht das Rückgrat, mich für eine Seite zu entscheiden bis zu dem Moment, an dem mein Freund "zusammen mit mir" beschloss, dass man die Freundschaft beenden müsse. Er verfasste einen langen, vorwurfsvollen, schrecklichen, katastrophalen Brief an A, ich schrieb eine kurze "auf Nimmer-Wiedersehens-Nachricht". Vor dem Abschicken der Nachrichten als Mail fragte mich mein Freund, ob ich das wirklich tun wolle. Gezeichnet von monatelangen Auseinandersetzungen, z.T auch aufgrund völlig anderer Gründen, wollte ich diese Streitgrundlage einfach nur eliminieren. Ich wusste, was ich tat, war falsch. Aber ich war nicht stark genug. Ich beging den größten Fehler meines Lebens und "ruinierte das Leben meiner besten Freundin" - wie es auch meine Psychologin so schön ausgedrückt hat. Sie war natürlich entsetzt und zutiefst verletzt. Wie tief, kann ich nicht ermessen, aber völlig über alle Maßen, die irgendein Menschen in irgendeiner Situation einem anderen antun dürfte. Nach einiger Zeit wurde mir das Ausmaß meiner Tat bewusst. Seitdem lebe ich mit dem schweren Gefühl der Reue. Ich habe mich bei A inzwischen entschuldigt, einen Text geschrieben etc. Sie nach langer Zeit gefragt, ob sie mich mal auf einen Kaffee treffen möchte. (Ein mögliches Treffen in unbestimmter Zukunft hatte sie mir nach meiner letzten Entschuldigung selbst vorgeschlagen). Aber alle Entschuldigungen der Welt können nicht wieder gut machen, was ich getan habe. Ich habe Angst um sie. Ich habe ihre Lebenszeit zerstört, ich kann ihr nicht wieder geben, was ich ihr genommen habe. Ich lebe in der Schuld, einen Menschen so tief verletzt zu haben, dass eine Wiedergutmachung unmöglich ist. Auf eine erneute Nachricht meinerseits reagiert sie bis jetzt nicht. Meine Frage an euch: Gibt es irgendwas, was ich noch tun könnte/übersehen habe, irgendwas? Wie drückt man tiefste Reue noch aus? Ich will nicht einfach bei ihr vorbeigehen und auf der Türschwelle zusammenbrechen, da mein Schmerz nicht ihr Problem ist. Muss ich einfach damit leben? Ich lebe die Reue. Ich würde so gerne irgendetwas tun. Kann mir jemand Rat geben? Und desweiteren: Seht ihr es auch so, dass mir nach einer solchen Tat nur noch ein sehr begrenztes Maß an Glückseligkeit zusteht? Wie lebe ich das aus? Wie viel von mir muss ich aufgeben, wie viel darf ich aufrecht erhalten?
Danke für eure Antworten.
(Ich bin neu im Forum und weiß nicht, wie das mit dem Reagieren auf Nachrichten abläuft, aber ich werde alles lesen!)
 
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Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
In meiner Verlorenheit lernte ich einen jungen Mann kennen, der mich sehr schnell mit allem, was ich hatte, absorbierte. Und der die Freundschaft zwischen mir und A als nicht normal, sogar gefährlich erachtete. Aus eigenen Worten hatte er dabei nur mein Wohl im Sinne, da ich aus der Ferne mehr und mehr zum "Sorgen-Abfalleimer" von A wurde, selbst aber kaum von ihr wirklich nach meinem Ergehen gefragt wurde. Dennoch war unsere Bindung nach wie vor sehr eng. Die Dinge gingen bergab und einige Situationen zwischen mir und besagtem jungen Mann, der inzwischen mein Freund war, eskalierten. Er setzte mich psychisch enorm unter Druck, die Freundschaft zu A sehr einzudämmen/zu beenden. Ich weigerte mich oft, knickte irgendwann ein, spielte ihm vor, die Freundschaft nicht mehr so zu pflegen/zu wollen und verhielt mich völlig ambivalent A gegenüber, mal abweisend, mal wieder in alter freundschaftlicher Manier. Ich besaß nicht das Rückgrat, mich für eine Seite zu entscheiden bis zu dem Moment, an dem mein Freund "zusammen mit mir" beschloss, dass man die Freundschaft beenden müsse. Er verfasste einen langen, vorwurfsvollen, schrecklichen, katastrophalen Brief an A, ich schrieb eine kurze "auf Nimmer-Wiedersehens-Nachricht". Vor dem Abschicken der Nachrichten als Mail fragte mich mein Freund, ob ich das wirklich tun wolle.

Aber alle Entschuldigungen der Welt können nicht wieder gut machen, was ich getan habe. Ich habe Angst um sie. Ich habe ihre Lebenszeit zerstört, ich kann ihr nicht wieder geben, was ich ihr genommen habe. Ich lebe in der Schuld, einen Menschen so tief verletzt zu haben, dass eine Wiedergutmachung unmöglich ist. Auf eine erneute Nachricht meinerseits reagiert sie bis jetzt nicht. Meine Frage an euch: Gibt es irgendwas, was ich noch tun könnte/übersehen habe, irgendwas? Wie drückt man tiefste Reue noch aus? Ich will nicht einfach bei ihr vorbeigehen und auf der Türschwelle zusammenbrechen, da mein Schmerz nicht ihr Problem ist. Muss ich einfach damit leben? Ich lebe die Reue. Ich würde so gerne irgendetwas tun. Kann mir jemand Rat geben? Und desweiteren: Seht ihr es auch so, dass mir nach einer solchen Tat nur noch ein sehr begrenztes Maß an Glückseligkeit zusteht? Wie lebe ich das aus? Wie viel von mir muss ich aufgeben, wie viel darf ich aufrecht erhalten?
Danke für eure Antworten.
(Ich bin neu im Forum und weiß nicht, wie das mit dem Reagieren auf Nachrichten abläuft, aber ich werde alles lesen!)
Liebe AllTheWay,

wir können kein ausgesprochenes Wort mehr zurückholen. Was genau Du zerstörtest, kann ich nur erahnen. Es lässt sich nicht kitten, wie einen abgebrochenen Henkel an eine Tasse ankleben. Ob sie Dir vergeben kann und wird?

An Deiner Stelle würde ich folgendes tun:

1) ich würde sie besuchen, meinen Besuch ankündigen, um sie persönlich um Verzeihung zu bitten.

2) Die Ursache für Dein schlechtes Tun liegt auch zu großem Teil bei dem Freund, der Dich unter Druck setzte, Schlechtes zu tun. Die Verantwortung bleibt trotzdem bei Dir. Aber wenn dieser Freund Dich manipuliert, Dir seine falschen Wertvorstellungen vorlebt und Dich unter Druck setzt, ebenso zu denken und zu handeln wie er denkt und handelt, wie er möchte, dass Du lebst, dann ist das ein sehr schlechter Einfluss, von dem Du Dich unbedingt trennen solltest. Oder kannst Du heute sagen, dass sich Dein Freund radikal geändert hat und seine Mitschuld ebenfalls bereut?

3) Ich bin Christ und denke, dass wir Vergebung brauchen. Die Vergebung von Gott ist dann besonders wichtig, wenn uns Menschen nicht vergeben wollen. Diese Vergebung ist damit verbunden, dass wir uns von schlechten und von falschen Wertmaßstäben trennen. Die Ursache von (Deiner) Schuld liegt nicht zuletzt in dem zu geringen Wissen von dem was im Leben gut oder schlecht ist. Ich weiß nicht, ob Du an Gott glaubst, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Du neu lernen solltest, was wirklich gut oder schlecht ist. Es geht nicht um eine einzelne Tat, sondern um unsere gesamte innere Einstellung. Eine falsche Einstellung zu Menschen, eine falsche Wahl von Freunden... alles sind Ursachen an denen dann am Ende auch ein falsches Tun kommt.

Was Du also zu der Reue tun solltest,
- ist die Vergebung Deiner Freundin persönlich suchen
- die Handlungskette neu aufbauen. Es fängt mit der Einstellung an, geht zu den Gedanken, dann zur Auswahl von Maßstäben sowie zur Auswahl von den Menschen, mit denen wir uns umgeben und endet dann mit unserem Tun. Also es geht mir darum Dir deutlich zu machen, dass eine tiefe Reue zu einer Überprüfung und Erneuerung unseres gesamten Seins führen sollte. Und gerade wenn Du umfassend und gründlich Deine Reue leben willst, solltest Du Dein Verhältnis zu Gott mit einschließen und Dich an Jesus wenden, der uns unsere Schuld vergibt, wenn wir Ihn darum bitten und uns bei der Erneuerung begleitet.

Ich hoffe, liebe AllTheWay, dass Dir meine Zeilen weiterhelfen.

LG; Nordrheiner
 

AllTheWay

Mitglied
Hallo Nordrheiner,

ersteinmal vielen Dank für Deine Zeilen. Ich bin kein gläubiger Mensch, aber das nimmt Deiner Antwort nicht die Bedeutung. Ich denke, es ist nicht relevant, wer (im Sinn einer evtl. göttlichen Macht) über mein Handeln urteilt, da es mir um den Schmerz geht, den ich einer anderen Person zugefügt habe. Tatsächlich möchte ich - als Ausgleich zu dieser Schuld - mich ehrenamtlich betätigen. Damit ist A nicht geholfen, aber ich kann vlt. etwas in die Waagschale des besseren Menschen in mir legen. Keine Ahnung ob das Sinn macht, aber kürzliche Erkenntnisse machen ein Weiterleben wie bisher nicht tragbar.
Ich möchte eigentlich nicht sehr auf die Beziehung mit meinem Freund eingehen - die Hauptprotagonistin und zu Verurteilende bin ich -, ich kann nur sagen, dass er sich inzwischen geändert hat und ebenfalls bereut, was passiert ist. Aber natürlich ist meine Reue millionenfach größer.
Ich würde nichts lieber tun, als noch heute bei A vorbei zu gehen, und ihr alles noch einmal zu erklären, zu sagen wie leid es mir tut. Ich würde so vieles tun. Aber wenn sie kein Interesse daran hat, mit mir in Kontakt zu treten, dann dränge ich mich doch auf, oder nicht? Und tue dies nicht, damit es ihr besser geht, sondern mir?! Das habe ich meiner Meinung nach weder verdient, noch steht es mir zu, A´s Unwille zur Kommunikation einfach zu ignorieren. Ich habe das Gefühl, mir sind die Hände gebunden...alles hängt von A ab und Ansprüche darf/kann ich keine stellen. Vielleicht muss ich mein selbstproduziertes Leid "einfach" ertragen?
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Hallo Nordrheiner,

Ich bin kein gläubiger Mensch, aber das nimmt Deiner Antwort nicht die Bedeutung. Ich denke, es ist nicht relevant, wer (im Sinn einer evtl. göttlichen Macht) über mein Handeln urteilt, da es mir um den Schmerz geht, den ich einer anderen Person zugefügt habe. Tatsächlich möchte ich - als Ausgleich zu dieser Schuld - mich ehrenamtlich betätigen. Damit ist A nicht geholfen, aber ich kann vlt. etwas in die Waagschale des besseren Menschen in mir legen. Keine Ahnung ob das Sinn macht, aber kürzliche Erkenntnisse machen ein Weiterleben wie bisher nicht tragbar.
Ich möchte eigentlich nicht sehr auf die Beziehung mit meinem Freund eingehen - die Hauptprotagonistin und zu Verurteilende bin ich -, ich kann nur sagen, dass er sich inzwischen geändert hat und ebenfalls bereut, was passiert ist. Aber natürlich ist meine Reue millionenfach größer.
Ich würde nichts lieber tun, als noch heute bei A vorbei zu gehen, und ihr alles noch einmal zu erklären, zu sagen wie leid es mir tut. Ich würde so vieles tun. Aber wenn sie kein Interesse daran hat, mit mir in Kontakt zu treten, dann dränge ich mich doch auf, oder nicht? Und tue dies nicht, damit es ihr besser geht, sondern mir?! Das habe ich meiner Meinung nach weder verdient, noch steht es mir zu, A´s Unwille zur Kommunikation einfach zu ignorieren. Ich habe das Gefühl, mir sind die Hände gebunden...alles hängt von A ab und Ansprüche darf/kann ich keine stellen. Vielleicht muss ich mein selbstproduziertes Leid "einfach" ertragen?
Liebe AllTheWay,
wenn Deine Freundin keinen Kontakt mehr mit Dir will, so ist das zu respektieren. Trotzdem würde ich sie nicht aus den Augen verlieren wollen.

Es kann sein,
- dass wenn sie heute Dir nicht vergeben will, dass sie es morgen möchte
- dass wenn sie Dich heute nicht sehen und nicht hören möchte, dass sie dazu morgen bereit sein wird.
Und es kann sein, dass sie ggf. Deine eines Tages Deine Hilfe braucht. Aber ob das realistisch und praktisch möglich ist, sie "im Auge" zu behalten, kann ich nicht beurteilen.

Schuldgefühle sind höchst unangenehm und sehr schmerzhaft. Aber egal was wir an guten Dingen tun, wir können das Schlechte, was wir getan haben, dadurch nicht ungeschehen machen.

Es macht schon auf mich den Eindruck, dass Dein ganzes gutes Tun, was Du planst, letztendlich nicht dem Menschen gilt, dem Du ggf. ehrenamtlich hilfst, sondern im Grunde Dir helfen soll, die Schuldgefühle "wegzuwaschen". Es klingt nach einem Geschäft: Soundsoviele gute ehrenamtliche Taten sollen diese schlechte Tat aufwiegen. Ich denke, dass dieses Geschäft nicht aufgehen wird. Verstehe mich bitte nicht falsch. Ich finde ehrenamtliche und sonstige menschenfreundliche Aktionen wunderbar.

Ich erinnere mich an eine Diskussion eines Theologie-Studenten mit seinem Professor. Der Student fragte: Kann man nicht mit guten Taten seine Schuld bezahlen? Müsste Gott nicht vergeben, weil man doch nach der Schuld ein gutes Leben führte und sozial ehrenvolle Tätigkeiten ausüben würde? Der Professor antwortete: dass der Mensch sich sozial verhält und auch ohne Entgelt zu sozialen Tätigkeiten bereit ist, dass erwartet Gott sowieso.

Ich denke, liebe AllTheWay, dass Schuldgefühle eine tiefe Ursache haben. Wir Menschen sind geschaffen, um Gutes zu tun. Wir leben aber nicht so. Der Versuch, aus eigener Kraft immer gut zu leben, scheitert immer wieder an unserer Menschlichkeit, an unserer Fehlerhaftigkeit. Und deswegen können wir unsere Schuldgefühle verdrängen oder uns einreden, wir könnten sie mit guten Taten wegwaschen. Ich denke nur, dass dies letztendlich nicht erfolgreich ist. Das Zerbrochene wird dadurch nicht heil.

Wenn Du heute nicht an Gott glaubst, so ist das nicht schlimm. Aber evt. solltest Du Dich mal mit Jesus Christus beschäftigen. Er wird Heiland genannt, weil er heilen kann, sowohl Dein Herz von Schuldgefühlen befreien als auch Dein Verhältnis zu Deiner Freundin heilen. Dort, wo uns Menschen Grenzen gesetzt sind, da fängt Gott erst an.

Als ungläubiger Mensch kannst Du es ja ausprobieren, ob Du Deine Schuldgefühle - ohne sie zu verdrängen - endgültig weg bekommst, wenn Du Dich ehrenamtlich betätigst. Wenn es Dir aber nicht gelingt, dann erinnere Dich an meine Empfehlung und suche Jesus Christus, der genau wegen unserer Schuld kam und unsere Schuld auf sich nahm. Glauben heisst für mich auch nicht einfach nur "an die Existenz...glauben" - sondern Jesus Christus zu vertrauen.

LG, Nordrheiner
 
G

GrayBear

Gast
Hallo AllTheWay,

wenn ich das richtig verstanden habe, hast Du mit Deinem Freund zusammen einen Brief verfasst, der das Leben von A zerstört haben soll? Woher weist Du das und woran machst Du das fest?

Ja, manchmal treffen Wort einen ins Herz, aber wie Worte auf mich "wirken" liegt (hoffentlich) zum größten Teil an mir. Da ich im Augenblick selbst mit einigen "Worten" zu kämpfen habe, die mir ein von mir geliebter Mensch "an den Kopf geworfen hat", glaube ich gut zu verstehen, was Du meinst und befürchtest. Aber, hey, es sind nur Worte! Ob per Brief oder in gesprochener Form, es sind nur Worte.

Hast Du sie bewusst mit falschen Beschuldigungen bezichtigt oder bewusst die Unwahrheit gesagt, um sie zu verletzen?

Ich will nicht beschönigen und klein reden, was ihr getan habt, aber wenn sie aufgrund eurer Worte nicht die Arbeitsstelle, ihre Wohnung oder ihre Familie verloren hat, dann lege jetzt zuerst einmal die Geisel der Selbstkasteiung kurz beiseite und hole tief Luft. Versuche, den angerichteten Schaden auszugleichen, wenn das irgendwie geht, denn das gebietet der Anstand und Deine Menschlichkeit.

"Ein schlechtes Gewissen ist nur dazu da, diese Tat wiederholen zu dürfen". Diesen Satz solltest Du einmal auf Dich wirken lassen. Ja, es gibt viele Fehler, die wir vermeiden oder zumindest bereuen sollten, wenn wir sie begangen haben. Eine Entschuldigung ist oft mehr als angebracht und auch notwendig. Aber sie macht eine Tat nicht ungeschehen und hebt sie auch nicht wieder auf, genau so wenig wie weitere "gute" Taten. Wenn Du über alle Maßen gelitten und bereut hast, landest Du oft wieder in der selben Mistkuhle, die Du so gerne vermieden hättest. Kennst Du diesen Effekt?

Jeder Mensch hat "dunkle Seiten" in sich, die beim einen mehr, beim anderen weniger offensichtlich zutage treten. Geht man mit dieser Tatsache leichtsinnig oder fahrlässig um, kann das böse Folgen haben. Wenn Dir Deine Reue jeden Tag klar macht, dass Du es mit Deinen Entscheidungen zu einem unterschiedlich großen Teil in der Hand hast, was Du erschaffst, dann ist das eine gute Sache. Vieles hast Du nicht in der Hand, zum Beispiel wie Deine Worte bei jemand anderem ankommen. Aber, ob Du sie aussprichst und in welcher Form schon.

Auf einem Persönlichkeitstraining habe ich folgende Übung erlebt: alle Teilnehmer wurden gleichzeitig angehalten einem Teilnehmer alles zu sagen, was ihnen zu ihm gerade in den Sinn kommt, wirklich ALLES. Ich war im ersten Moment schockiert und entsetzt, WAS da alles kam. Es hat mir die Sprache verschlagen und ich habe mich fürchterlich dafür geschämt, was auch mir so in den Kopf schoss. Der Seminarleiter hat mich dann gefragt, warum ich stumm geblieben wäre und ich den Teilnehmer damit im Stich gelassen hätte.

Um es abzukürzen: wir Menschen können (vor allem bei anderen :)) viel intuitiv wahrnehmen. Manches trifft, manches ist nur unsere Projektion unseres eigenen Mists auf andere. Und manches tut verdammt weh, weil etwas in den Worten geeignet ist, den Finger auf eine Wunde zu legen und eben das tut weh. Nicht der Finger ist so sehr das Problem (ja, im ersten Moment schon), sondern die Wunde.

Ja, vielleicht haben eure Worte A "umgehauen". A hat wahrscheinlich nicht darum gebeten, dass ihr dies tut. D.h. ihr habt ihre Grenze überschritten und euch in einer Art und Weise verhalten, die schäbig, überheblich, unfair und was sonst noch alles war. Die passenden Prädikate könnt ihr selbst sicher besser wählen. Und auch ja, das lässt sich weder zurücknehmen noch ungeschehen machen.

Aber jetzt tut es bei Dir weh. Jetzt sind Deine Worte bei Dir selbst angekommen und damit ist es wichtig, bei Dir nachzusehen. Jetzt ist es an Dir, zu entscheiden, ob Du Dir den Rest Deines Lebens Vorwürfe machen und Dich in ein Büßerhemd kleiden willst (Und damit Deine eigene Verantwortung ablehnst), oder ob Du wirklich DICH annimmst und die Verantwortung dafür übernimmst: Du hast Deinen dunklen Seiten (Feigheit, Missgunst, Kleingeistigkeit, etc., etc.) die Zügel schießen lassen. Nicht, weil ein Teufel die Oberhand über Dich gewonnen hat, sondern weil Du es zugelassen und sogar aktiv betrieben hast. Dies alles ist ein Teil von Dir. Das bist eben auch Du. So und nicht anders.

Solange Du nicht bereit bist, auch verantwortlich für Deine dunklen Seiten zu sein, solange brauchst Du eine Vergebung, die Du womöglich nie erlangen kannst. Jesus wird der Satz zugeschrieben " ... gehe und sündige hinfort nicht mehr". Er sagte nicht, "Schlage auf Dich ein, bis die Knochen blank liegen und erst dann darfst Du wieder leben!". Wenn Du wirklich Buße tun willst, dann sei ein Mensch, der sich selbst und anderen vergeben kann, weil wir Menschen das bitter nötig haben, denn wir machen Fehler. Aber sei auch ein Mensch, der Freude, überschäumende Freude, Liebe, Zuneigung, Mitgefühl und innere Wärme verschenkt und dadurch die Welt zu einem besseren Ort macht. All das kann ein mit sich selbst beschäftigter "Dauerbüßerprofi" mit Nagelhemd und Geisel nicht.

Ja, Du hast Mist gebaut. Erkenne warum und wie es dazu kam. Dann kannst Du dies bei der nächsten "Gelegenheit" vielleicht vermeiden und bessere Entscheidungen treffen. Das wäre "verantwortlich", Deine Selbstkasteiung ist nur ein feiges Wegducken und Wasser auf die Mühlen derer, die Dich damit leichter nach ihren Wünschen "formen" können. Denn das ermöglicht "Schuld" ebenfalls. Du wirst viel leichter "fremdgesteuert". Nimm Deinen Kopf hoch und Deinen Schmerz an. Lebe damit und arbeite damit. Verwandle Deinen Schmerz und Deine Erkenntnis zu etwas Gutem. Das macht Sinn, feiges Jammern nicht.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Liebe AllTheWay,

ich denke nicht, dass Du feige jammerst. Aber ich denke auch, dass Schuld und Scham die Menschenwürde angreifen und ggf. zerstören können.

Wir wollen gut und glücklich sein.

Wenn wir uns schuldig fühlen, tut es weh. Schmerz ist das Signal des Körpers. Schuldgefühle sind das Signal des Herzens. In beiden Fällen gibt es etwas zurichten, zu reparieren, zu heilen. Ständige Schuldgefühle machen einen Menschen nicht besser, sondern schlechter.


Wenn wir chronische körperliche Schmerzen haben, gehen wir zu einem Spezialisten. Wenn wir chronische Herzensschuld-Schmerzen haben, gehen wir .... wohin? Ist der Rat "heile Dich selbst", wirklich ein hilfreicher Rat?
 

AllTheWay

Mitglied
Hallo Nordrheiner,

der Gedanke, mich ehrenamtlich zu betätigen gilt nicht der Hoffnung, mich von meiner Schuld reinwaschen/freikaufen zu können. Das ist nicht möglich. Meine Überlegung ist eher, dass wenn man Fehler einsieht und bereut und dennoch nicht handeln kann, weil einem die Möglichkeiten verwehrt sind - vlt. kann man dann den Beweis seiner Einsicht auf andere Weise zumindest kundtun (auch als definitiver Beweis vor sich selbst)? Ich bin mir auch nicht sicher, aber ganz platt gedacht würde ich einem Menschen, der Schlechtes getan hat in seiner Vergangenheit und nun aktiv gut handelt eher echte Reue zusprechen als einem, der zwar von Reue spricht, aber es nicht handelnd beweist. Sobald das Leben mir die Möglichkeit gibt, mich in einer mehr oder weniger exakten Situation wie der mit A richtig zu verhalten, möchte ich diese ergreifen. Aber ich weiß nicht, ob es mir zusteht, währenddessen still abzuwarten. In vielen Alltagssituationen habe ich die Chance, Gutes zu tun durch kleine Gesten oder dergleichen, aber diesen Anspruch an sich selbst sollte man vielleicht so oder so haben? Es fällt mir schwer, meine Gedanken sauber zu formulieren, weil alles mehr emotional als logisch ist.
Der Rat "heile dich selbst" klingt schön. Aber ich weiß absolut nicht wie, noch bin ich mir sicher, ob ich das wirklich möchte. Nicht im Sinne der Selbstkasteiung, das würde niemanden weiterbringen. Aber wie ich schon in meinem Eröffnungstext geschrieben habe, fällt es mir schwer einzuschätzen, welches Maß an Glückseligkeit mir überhaupt noch zusteht.
 

AllTheWay

Mitglied
Hallo GreyBear,

auch Dir danke für Deine Worte. Dass ich den Eindruck feigen Jammern vermittle, schockiert mich ein bisschen. Es ist genau das, was ich NICHT will. Allein das zeigt mir, wie weit am Anfang ich stehe. Um so hilfreicher Deine Worte. Den Schmerz anzunehmen, nicht aber in Selbstmitleid bzw. -kasteiung zu vergehen - genau das ist mein Ziel. Wirklich, genau das habe ich mir bereits gesagt, bevor ich deinen Text gelesen hatte oder überhaupt hier geschrieben habe. Und deswegen ganz ernst gemeint - danke für den Arschtritt.
 

Nordrheiner

Sehr aktives Mitglied
Hallo Nordrheiner,

der Gedanke, mich ehrenamtlich zu betätigen gilt nicht der Hoffnung, mich von meiner Schuld reinwaschen/freikaufen zu können. Das ist nicht möglich. Meine Überlegung ist eher, dass wenn man Fehler einsieht und bereut und dennoch nicht handeln kann, weil einem die Möglichkeiten verwehrt sind - vlt. kann man dann den Beweis seiner Einsicht auf andere Weise zumindest kundtun (auch als definitiver Beweis vor sich selbst)? Ich bin mir auch nicht sicher, aber ganz platt gedacht würde ich einem Menschen, der Schlechtes getan hat in seiner Vergangenheit und nun aktiv gut handelt eher echte Reue zusprechen als einem, der zwar von Reue spricht, aber es nicht handelnd beweist. Sobald das Leben mir die Möglichkeit gibt, mich in einer mehr oder weniger exakten Situation wie der mit A richtig zu verhalten, möchte ich diese ergreifen. Aber ich weiß nicht, ob es mir zusteht, währenddessen still abzuwarten. In vielen Alltagssituationen habe ich die Chance, Gutes zu tun durch kleine Gesten oder dergleichen, aber diesen Anspruch an sich selbst sollte man vielleicht so oder so haben? Es fällt mir schwer, meine Gedanken sauber zu formulieren, weil alles mehr emotional als logisch ist.
Der Rat "heile dich selbst" klingt schön. Aber ich weiß absolut nicht wie, noch bin ich mir sicher, ob ich das wirklich möchte. Nicht im Sinne der Selbstkasteiung, das würde niemanden weiterbringen. Aber wie ich schon in meinem Eröffnungstext geschrieben habe, fällt es mir schwer einzuschätzen, welches Maß an Glückseligkeit mir überhaupt noch zusteht.
Liebe AllTheWay,

aus Deinem obigen Beitrag kommt bei mir folgendes an: Du willst Dir beweisen, dass Du echte Reue empfindest. Und Reue ist für Dich nur dann echt, wenn Du etwas tust, was zur Reue passt.

Auch wenn ich das Tun guter Handlungen immer begrüße, frage ich mich trotzdem, was hinter dem Beweisen-Wollen steckt. Glaubst Du Dir die Echtheit Deiner reuigen Gefühle selbst erst dann, wenn Du in der Folge irgendein spezielles gutes Tun erkennst, also ein gutes Tun, was über das alltäglich-normale-übliche Mögliche hinausgeht?

Dein obiger Beitrag ist schwer logisch-verständlich. Möglicherweise hängt alles mit Deiner letzten Frage zusammen, die also lautet: Welches Maß an Glückseligkeit steht mir zu?

Dann stelle ich die Fragen:
Was hast Du denn vor dem Vorfall gedacht, welches Maß an Glückseligkeit Dir zusteht?
Welches Maß an Glückseligkeit steht jedem Menschen zu?
Wovon ist das abhängig? Wer oder was legt das fest?

Ich denke, wenn wir diese Fragen und Deine Antworten darauf näher beleuchten, wird uns vieles klarer.

LG, Nordrheiner
 
G

GrayBear

Gast
Hallo AllTheWay,

verzeih, meine Formulierung war mißverständlich. Mit meinem letzten Satz des "feigen Jammerns" warst nicht Du im Speziellen gemeint. Ich treffe einfach immer wieder Menschen, die ihr "Schicksal" oder auch ihre Taten über Monate und Jahre "bejammern" und ihre Büsserhaltung zur Schau tragen. Sie verschwenden die Energie ihres "schlechten Gewissens" mit Lamentieren, anstatt daraus etwas Gutes entstehen zu lassen. Ich habe versäumt, dies klarer zu machen.

PS: Wenn Du Dich fragst, welche Glückseligkeit Dir noch zusteht, dann müsste es jemanden geben, der Dir diese "zuteilt" und das Maß festlegt und auch ein Interesse daran hat, dies zu tun. Außer Neidern und missgünstigen Menschen kenne ich da niemanden. Aber gut, jeder Mensch denkt in den Kategorien, die er selbst wählt. Ich glaube, dass Dir jede Glückseligkeit (schönes Wort) zusteht.

Hab eine gute Woche.
 
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