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Ratlos beim Berufseinstieg

Mustang

Aktives Mitglied
Vielleicht kennen mich noch einige, ich hatte im September den Thread als frischgebackener und leicht panischer Ingenieur erstellt. Nunja, einige Monate später bin ich immer noch frischgebacken, also arbeitssuchend.

Ich verstehe diesen Arbeitsmarkt nicht, man bewirbt sich Deutschland/Österreich weit mit einem überdurschnittlichen Master und kann schon im Vorraus sagen, dass man abgelehnt wird. Und das obwohl ich mir bis zu 3 Tagen pro Bewerbung Zeit nehme und sie von diversen Leuten korrigieren lasse, unter anderem auch von meinem alten Professor aus Masterarbeit-Zeiten. 50 Bewerbungen und erst eine Einladung.

Ich habe die abgelehnten Stellenausschreiben verfolgt. Fast alle sind immer noch unbesetzt. Das und ähnliche Berichte von meinen ebenfalls arbeitssuchenden Ex-Komilitonen bestätigt mich in einer Beobachtung, dass die Firmen die Stellen lieber vakant lassen, als Berufsanfänger fest einzustellen. Dazu muss ich sagen, dass wir alle (noch) keine Zeitarbeitsverträge in Betracht gezogen haben.

Was soll das? Ist es in Deutschland wirklich schon soweit, dass sogar schon die Ingenieure in die prekäre Beschäftigung gedrängt werden sollen? Ich bewerbe mich mittlerweile auch bei einem bekannten deutschen Konzern in Abu Dhabi und London und bekomme promt Nachfragen nach Zeugnissen... nach 2 Versuchen also höchstwahrscheinlich 2 Treffer. Das würde aber bedeuten mindestens 3-5 Jahre dort zu verbringen ohne als illoyal zu gelten... anzumerken dass meine große Liebe wohl kaum so lange warten würde.

Wieso wird es einem heute so extrem schwer gemacht? Die Optionen aktuell sind alle grauenvoll. Ich hab das Gefühl ich hätte mit 18 einfach eine Ausbildung machen sollen. Kfz-Mechaniker werden in jedem Dorf gesucht.

Ich weis nicht was ihr mir raten könnt. Vielleicht wollte ich mich auch einfach nur mal auskotzen. Ich werde mich wohl mit dem Gedanken anfreunden müssen, erstmal als Praktikant-Plus zu arbeiten.
 
G

Gast

Gast
Was dazu zu raten geht nicht: Raten heißt ja eben nicht wissen.
Was ist ein Ingenieur bei ca. 7,4 Milliarden Menschen?
Ist bei uns so:
Je steriler und angepaßter eine Bewerbung, ( nach Vorschrift) desto mehr kommen davon an und werden sofort aussortiert.
Heute sind nicht nur Noten und angepaßtes verhalten gefragt, sondern andre Werte müssen stimmen.
Frag mal Personal Chefs auf was die achten, schon beim Auspacken einer Bewerbung?
Das Anschreiben entscheidet auf welchen Stapel du kommst.
ein 0815-Anschreiben, reißt kaum einen Personalentscheider vom Hocker.
Zeige daher in jedem Satz des Anschreibens, daß ( DU ) der maßgeschneiderte Kandidat für die offene Stelle bist
Da muß deutlich werden, warum du es bist , den die Firme braucht.
Das es nicht für dich nur eine von vielen Chancen ist, sondern dein Wunsch und deine Möglichkeiten, für die Firma wertvoll zu sein.
# Nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft.
Dies gelingt, wenn du zu den wichtigen Anforderungen der Anzeige konkrete Beweise aufführst, aufgrund welcher praktischer Erfahrungen oder theoretischer Qualifikationen du diese Anforderungen abdeckst.
Es werden Profile erstellt, nach denen da vorselektiert wird.
Da bleiben von Hundert oft nur 2 bis 3 über.
Hast du es bis dahin geschafft, geht es erst los, dann entscheiden Noten, Abschlüsse, Erfahrungen....
 
K

Kassenzettel

Gast
Ich habe immer sehr unkonventionelle Bewerbungen geschrieben, nie nach Schema F und von mir geschwärmt, als müsste man mich unbedingt haben. Zugegebenerweise hat es mich Überwindung gekostet, weil ich eigentlich eher der bescheidene Typ bin, aber ich bin immer eingeladen worden. Dabei habe ich sogar richtige Ausreißer im Zeugnis gehabt, bei denen normalerweise (also bei einer "Standard"-Bewerbung) jeder Personaler meine Unterlagen mit spitzen Fingern in den Abfalleimer buchsiert hätte. Meine Bewerbungsanschreiben habe ich niemals nach Muster geschrieben und waren eher ein einladender Brief als das typische Schreiben. Wie sehen deine Bewerbungen aus?
 

Mirila

Aktives Mitglied
Ich kann deinen Frust gut nachvollziehen. Ich bin auch Absolvent (BWL) mit Bachelor und finde nichts. Ist auch klar... BWL ist absolut überlaufen, aber das es im Ingenieurswesen genauso schwer ist, hätte ich nicht gedacht. Allerdings hab ich auch im Monat ungefähr 4 Vorstellungsgespräche und Telefoninterviews. Das bei dir gar nichts kommt ist schon fraglich. Vielleicht bist du für die Stellen überqualifiziert oder hast zu hohe Gehaltsvorstellungen?
Auch hab ich die Erfahrung gemacht, dass wenn du umso höher qualifiziert bist, es umso schwerer für dich wird. Ich trau mich also gar nicht erst an den Master ran, wenn ich nicht mal bei Stellen, die für Menschen mit Bachelorabschluss ausgeschrieben sind, eine Chance habe und unterirdisch bezahlt werden soll (unter 24 k im Jahr Brutto!!!). Dann wird es ja mit Master sicherlich noch schwerer etwas zu finden, weil mir keiner das entsprechende Gehalt zahlen kann.

Ich kann dir nur raten es für den Anfang mit Personaldienstleistern zu versuchen. Hast du erstmal etwas Berufserfahrung wirst du ganz schnell in einer richtigen Tätigkeit einsteigen, bei der keine Parasiten mitverdienen. Das beobachte ich zumindest stark bei Bekannten aus dem MINT-Bereich.
 
Zuletzt bearbeitet:

Mustang

Aktives Mitglied
Danke für eure Antworten :)

Meine Studienrichtung ist Werkstofftechnik. Meine Bewerbungen sind individuell verfasst. Ich habe schon etliche Alumniseminare dazu besucht und etliche Techniken erlent (Stichwörter im Ausschreiben abhaken, klare prägnante Sprache und Selbstverkaufstechnik). Ich bezweifle, dass die Art der Bewerbungen ausschlaggebend ist.

Viel mehr denke ich tatsächlich der Punkt von Mirila wichtig ist: Überqualifizierung und hoher Lohn in Kombination mit beruflicher Unerfahrenheit. Das Problem ist: An keinen der drei Punkte kann ich aktuell irgendetwas ändern. Gerade den Lohn künstlich zu drücken ist geradezu tödlich (der Personaler ist schließlich meist auch Ingenieur, und der sieht es garnicht gerne, dass der Lohn seiner Branche gedumped wird).

Bleibt wohl wirklich nur dranbleiben und den totalen (Bewerbungs)krieg ausrufen. Für personalüberlassende Firmen bin ich jedoch noch nicht verzweifelt genug.
 

Willhelfen

Mitglied
hier die Realität:

der Personaler schlägt deine Bewerbungsmappe auf, erste Blick geht sofort in den Lebenslauf was du -beruflich- zuletzt gemacht hast. Hast du studiert ohne berufliche Praxis mehrjährig hast du schon so gut wie verloren.

Personalleiter werden heutzutage von der Geschäftsleitung unter Druck gesetzt das Maximale an Qualität eines Bewerbers einzustellen.

Bedeutet, genommen wird der Ingienieur der einen super Abschluß hat in Kombination mit der besten Berufserfahrung, und jetzt kommts mit der niedrigsten Gehaltsvorstellung (Unternehmen drücken wo sie können).

Oft werden Bewerbungen gar nicht gelesen, da hat der Personaler gar keine Zeit für. Der schaut sich nur die letzten Stationen im Lebenslauf an, passt das klingelt bei Dir das Telefon.

Das ist das fiese heutzutage, kaum ein Unternehmen geht hin und stellt Personal mit wenig/keiner Berufserfahrung ein. Genommen werden nur noch "fertige" Bewerber. Ungern wird man eingearbeitet, du mußt das nötige Rüstzeug schon selber mitbringen. Nur wie soll man das als Berufseinsteiger?

Die Regel sieht so aus, die meisten Absolventen arbeiten in Fachfremden Bereichen, müßen sich mit unterbezahlten Jobs rumschlagen. Ein Studium ist heutzutage für die Unternehmen eine Last als Entlastung.

Grund: Unternehmen wollen oft keine Akademiker, diese kosten denen zuviel. Gelten als Überqualifiziert etc.
Lieber werden Bewerber genommen mit niedriger Qualifikation, kosten nicht viel Geld und machen den gleichen Job.

Es gibt tausende Akademiker die nach dem Abschluß Jahrelang nichts gefunden haben und nun auf 450€ Basis oder Teilzeit für den Mindestlohn racken müßen, frustrierend wenn man überlegt wieviel Jahre man für sein hartes Studium augebracht hat.

Du mußt Dir vor Augen halten, auf eine Stelle kommen ca. 400- 500 hoch qualifizierte Bewerber. Da bist du mit deiner Bewerbung für die nur einer Nummer.

Du mußt sehr viel mitbringen, darfst aber selber nicht viel fordern. Nur so hat man eine geringe Chance auf eine Vollzeitstelle.
 

bird on the wire

Aktives Mitglied
Ich stelle immer wieder fest, daß gerade junge Akademiker - zumindest für unseren mittelständischen Betrieb - völlig überzogene Gehaltsvorstellungen haben. Wir bezahlen nach Tarif, aber die Vorstellung, wie die Stellen bewertet sind, ist wohl eine völlig andere.

Und ja es ist ein Risiko, jemanden frisch nach dem Studium fest einzustellen, weil der bisher noch nicht richtig in einem Betrieb gearbeitet hat. Ingenieurstellen beinhalten bei uns auch Personalverantwortung. Und gerade jemand, der frisch von der Uni kommt, hat oft noch nicht das Standing und die nötige (Lebens-) Erfahrung, um verantwortungsvoll mit seinen Mitarbeitern umzugehen. Wir haben damit keine guten Erfahrungen gemacht. Wir haben da auch viel Arroganz und Dünkel erlebt. Und fast schon ungehörige Überheblichkeit unseren gewerblichen Mitarbeitern gegenüber. Deswegen besetzen wir Stellen mit Personalverantwortung nicht oder nur in Ausnahmefällen mit Anfängern.

Dagegen haben wir schon häufiger Mitarbeiter übernommen, die wir bereits kannten und schätzten, weil sie aufgrund von Personalengpässen hier über Zeitarbeitsfirmen bei uns eingesetzt waren. Also ich kann daher nicht bestätigen, daß Zeitarbeit immer in eine ausbeuterische Sackgasse führt, sondern es kann durchaus auch eine Chance sein.
 
Zuletzt bearbeitet:

Mustang

Aktives Mitglied
Hm ich bezahle also quasi die Fehler und Überheblichkeiten meiner Vorgänger. Das ist auch nicht grad erbauend. :/

Wie sieht das eigentlich mit der Lohngestaltung aus. Wenn ich nach Gehaltswünschen gefragt werde, beziehe ich mich eigenlich immer auf den branchenüblichen Einstiegsgehalt. Ein "ich würds auch für die Hälfte tun" ist lustigerweise gleichzeitig absolut unmöglich (!) und trotzdem grundlegende Bedingung (ZAF) für einen Berufseinsteig.
 
G

Gast

Gast
Hast duch dich ausschliesslich auf Stellen in der freien Wirtschaft beworben, oder käme für dich auch etwas im wissenschaftlichen Bereich in Frage? Wenn du zu Anfang mit den üblichen befristeten Projektstellen leben kannst, sollte sich in der Forschung etwas finden lassen. Gerade mit Master passt das für wissenschaftliche Stellen an technischen Hochschulen.
 
G

Gast

Gast
Ja, das habe ich auch schon mitbekommen. Nun, der prekäre Arbeitsmarkt ist mittlerweile eben nicht nur auf die Geisteswissenschaften beschränkt. Auch MINTler haben damit zu tun, weil sich die Wirtschaft natürlich immer ein Überangebot an potenziellen Arbeitnehmern sichert. Ansonsten würde der neoliberale Arbeitsmarkt in der Form ja gar nicht funktionieren. Ich kann den Frust zwar nachvollziehen, andererseits bekommen etwa schon Praktikanten in der Automobilbranche Löhne, von denen besagte Geisteswissenschaftler nur träumen können.

Jetzt müsste man vielleicht mal fragen, was eine Gesellschaft wirklich voranbringt oder voranbringen könnte. Klar, wir brauchen Ingenieure und Techniker und Co. Deren Leistungen stehen auch außer Frage. Die großen Ideen kann ich aber trotz all der vielen Ingenieure etwa im deutschen Automobilbau seit Jahren nicht erkennen. Gerade dort also, wo Löhne und Gehälter vergleichsweise hoch sind. Das Mantra von den ach so tollen deutschen Ingenieuren halte ich sowieso für leicht überholt, weil andere Länder vieles genauso gut oder sogar besser können. Eventuell sind die Ansprüche von manchen Studierenden, die ihre Studienwahl anhand von Gehaltstabellen vornehmen, einfach auch zu hoch. Im Studium durften wir einige dieser Exemplare manchmal etwa bei Wohnheimpartys etc. bewundern - natürlich nicht nur Ingenieure. Und obwohl das Lohnniveau in D vergleichsweise niedrig ist, erstaunt es mich dann doch immer wieder, dass eben auch intellektuell eher magere Gestalten noch nette Jobs bekommen, wenn irgendwas mit Technik oder Management im Lebenslauf steht. Da sind dann Wohnung + Auto + Urlaube kein Problem. Im Prinzip ist das auch vollkommen in Ordnung. Ich möchte auch nicht verallgemeinern und alle MINTler als karriereorientierte Ja-Sager diffamieren. Aber wie schon erwähnt: Von solchen Lohn- und Stellenperspektiven können die ach so unnützen Geisteswissenschaftler, die an einigen Stellen vielleicht ganz nützlich wären, nur träumen.
 

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