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Partner mit Zwangserkrankung

Rotgurt2020

Neues Mitglied
Hallo ihr Lieben,

Ich bin hier jetzt seit einigen Tagen anwesend und lese eure Beiträge. Auch wenn ich selbst vermutlich dringend eine Therapie bräuchte ist das hier erstmal das einzige was ich machen kann um mir etwas von der Seele zu schaffen.
Ich bin die Partnerin eines Mannes mit Zwangserkrankung. Wir haben seit November eine kleine Tochter zusammen.
Seit dem Sommer hat er Schlafprobleme durch Zwangsgedanken. Tatsächlich hatte er die schon seit ich ihn kenne, aber wenn er nachts schlafen konnte hatte er es im Griff.
Im Sommer hat sich seine Mutter den Fuß gebrochen was ihn in eine Sorgenspirale gestürzt hat, außerdem wurde er wochenlang von der Hitze wachgehalten. Corona hat natürlich auch nicht geholfen. Ab da ging es langsam aber sicher steil bergab.
Im Laufe der vergangenen Monate wurden die Gedanken immer schlimmer, es drehte sich um Tod und Verlust, wenn in den Nachrichten Bilder echter Leichen auftauchten war er so getriggert, dass er nicht schlafen konnte, Fluchtreflexe hatte und ausfällig und gemein mir gegenüber wurde. Die Nächte waren gezeichnet von nicht abreißenden Panikattacken, er schrie und weinte, wollte nichts als Ruhe im eigenen Kopf, tagelang bekam er keine Minute Schlaf. Vom Hausarzt bekam er Zolpidem und Tavor, beides benutzt er seitdem ab und zu, möchte aber nicht abhängig werden und auch damit braucht es Stunden der Panik bis endlich der Schlaf kommt. Wenn er kein Schlafmittel nimmt, trinkt er Alkohol, wegen inzwischen sehr hoher Toleranz eine halbe Flasche Gin pro Nacht.
Durch Schlafmangel werden Zwangsgedanken stärker.
Waschzwänge fingen an. Die gab es schon vorher, allerdings mehr als Hygienefimmel, keine Draußenklamotten durften die fertige Wäsche berühren und dergleichen.
Das Baby kam, es wurde zwei Wochen etwas besser. Ich schlafe mit ihr im Wohnzimmer, er wird nicht wach, wenn sie schreit, sofern er bis dahin eingeschlafen ist.
Homeoffice für uns beide in Vollzeit, sowie das Baby halten uns 24/7 auf Zack, eine halbe Stunde Spaziergang alle paar Tage ist die einzige Auszeit um mal etwas Abstand zu gewinnen und es reicht nicht aus. Es gibt wegen Corona kein Netzwerk an Freunden und Verwandten auf die wir uns stützen könnten, in der andauernden Krisensituation sind wir isoliert.
Er nimmt sich einen Therapeuten, weil er Angst hat seinen Job zu verlieren wenn jemand erfährt wie schlecht es ihm geht geht er unter falschem Namen zu ihm und zahlt 100€ pro Sitzung als Privatrezept, was von mir überwiesen wird um nicht seinen echten Namen preiszugeben.
Inzwischen gelingt es ihm tagsüber ab und zu etwas zu schlafen, sowie abends vor dem Fernseher.
Die Therapie bringt wenig, wühlt nur viele tief verschüttete Dinge auf, was die Zwangsgedanken verschlimmert. Alle Strategien laufen am Ende darauf hinaus, dass er die namenlose Panik aushalten muss bis sie weggeht. Wenn er das versucht liegt er die ganze Nacht wach, die Angst vergeht nicht und wird nicht weniger.
Jeden Morgen ist unklar, wie wir durch die Nacht gekommen sind.
Tagsüber muss er unmenschlich viel arbeiten, alles was er nicht schafft türmt sich im Postfach, die Sorge, dass jemand merkt, dass er nur noch durchstolpert übernimmt seinen ganzen Alltag.
Meine Bitte er möge doch eine Klinik in Betracht ziehen tut er ab, weil er dann wirklich alles verlieren würde, und wovon wir leben sollten wenn er nicht mehr arbeiten kann. Außerdem hat er den Vorbehalt, dass er in einer Klinik nur mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt würde, bis er nicht mehr er selbst sei, was ihm am Ende auch nicht helfe.
Inzwischen sind wir an einem Punkt wo wir von 10 bis 2 zu dritt auf der Couch schlafen, die einzigen friedlichen Stunden des Tages. Dann wacht das Baby auf und wir beginnen mit der Abendroutine, die wir früher um 11 gehabt haben - Küche aufräumen, Katze füttern, duschen, Kind versorgen. Ab dem Moment wo er sich geduscht hat und ins Bett gehen will fängt ein Waschzwang an, da er zu jedem Zeitpunkt das Gefühl hat Katzenstreu an den Fußsohlen zu haben. Selbst während er sich zum dreißigsten Mal in Folge die Füße wäscht, fühlt es sich so an. Er weiß, dass es nicht sein kann, er geht immer wieder ins Bett und versucht es zu ignorieren, aber dann übermannt ihn die Angst, dass das ihn wachhalten wird. Es ist keine Angst vor Schmutz oder Infektion wie bei den meisten Waschzwängen, es ist reine Angst davor nicht schlafen zu können, weil dann der folgende Tag noch schlimmer wird als der letzte, dass er arbeitsunfähig ist, mit schlimmeren Gedanken. Tatsächlich werden aber sogar Tage nach vollständig schlaflosen Nächten nie so schlimm wie befürchtet. Er kommt irgendwie durch die Arbeit und ist größtenteils ein toller Vater für die Kleine.
Mein Bitten, dass er doch nach mehreren Stunden des Waschens, wieder hinlegen, noch mehr Alkohol trinken in der Hoffnung bald bewusstlos zu werden, usw. einfach aufgeben soll, also aufstehen, sich anziehen und mit mir fernsehen um sich zumindest etwas auszuruhen statt zu schlafen, tut er ab. Dies würde auch bedeuten nicht zu schlafen und macht ihm dieselbe Panik. Auch die Nacht einfach auf der Couch zu bleiben geht nicht, sobald er weiß, dass er seinen Nachtschlaf antritt geht es mit der Angst los.
Der Therapeut hat auch keine Antwort darauf, dass das Aushalten des Zwanges nur zu noch mehr Schlaflosigkeit führt.
Ich bin die ganze Nacht mit ihm wach. Im Rausch und tief in der Verzweiflung wird er ausfällig mir gegenüber, beleidigt mich und schimpft, nur um sich schnell wieder zu entschuldigen und mir nahezulegen ich müsse weg von ihm. Damit will er natürlich bewirken, dass ich ihm versichere, dass ich ihn nicht verlasse, was er mir allerdings auch nicht glaubt, wenn ich es gesagt habe.
Die Angst alleine zu bleiben, die Schuld nicht für seine Familie da sein zu können und die Hoffnungslosigkeit, weil die teure Therapie nichts bringt, all das bringt ihn zum Wunsch, nicht mehr leben zu müssen. Nicht sterben will er, sondern tot sein.
Ich bin anwesend wenn er sich mit aller Kraft mit der Faust auf den Kopf schlägt um vielleicht etwas Erleichterung zu kriegen. Ich bin anwesend wenn er plant sich vor den Zug zu werfen oder alle Schlaftabletten auf einmal zu nehmen.
Ich weiß, an diesem Punkt könnte ich einen Krankenwagen rufen, weil er akut selbstmordgefährdet ist und sich bereits selbst verletzt, aber er sagt wenn ich das tue sei sein Leben auch vorbei. Noch dazu bezweifle ich, dass die ihn mitnehmen würden wo ihm geholfen werden kann, die würden nur akut da sein und uns dann wieder in der Situation alleine lassen müssen, mit dem Unterschied, dass ich dann sein Vertrauen gebrochen hätte.
Ich schlafe noch weniger als er, weil ich ja das Baby versorgen muss. Ich habe unglaublich Angst, dass sie bald verstehen wird was um sie herum passiert, dass sie hört wenn ihr Vater ruft er wolle nur noch sterben. Durch meine eigene Erschöpfung werde auch ich ihr nicht mehr gerecht. Wir können sie wegen Corona nicht mal jemandem geben, der ihr vielleicht einen Ausgleich schaffen könnte, sie ist immer bei uns und schläft leider nicht immer wenn es so schlimm ist.

Wir versuchen an Strohhalmen festzuhalten um bis März zu kommen, wo er vielleicht lang genug frei hat um in eine Tagesklinik zu gehen. Eine stationäre Behandlung wäre nicht sinnvoll, da die wirklich schlimmen Zwänge nur Zuhause auftreten, wenn er ins Bett will.

Ich weiß nicht was ich noch tun kann. Ich weiß nicht wo die Grenze von Unterstützung und Enablen ist. Ich weiß dass ich eigentlich dringend mit dem Kind weg muss, weil meine eigene geistige Gesundheit auf dem Spiel steht und eventuell auch ihre.
Ich habe das Gefühl, dass wir bereits alles tun um Hilfe zu bekommen aber es nichts bringt. Ich weiß nicht wie es weitergehen soll, da ich bereits vor drei Eskalationsstufen dachte es könne nicht mehr schlimmer werden.

Bitte helft mir, wenn ihr irgendwelche Ideen oder Gedanken habt. Es würde mir auch schon sehr viel bringen zu wissen wie es ablaufen würde, sollte ich den Krankenwagen rufen, weil ich da wohl nicht mehr lange drum herum komme.

Ich danke euch sehr!
 
G

Gelöscht 79650

Gast
"Ich weiß nicht was ich noch tun kann. Ich weiß nicht wo die Grenze von Unterstützung und Enablen ist. Ich weiß dass ich eigentlich dringend mit dem Kind weg muss, weil meine eigene geistige Gesundheit auf dem Spiel steht und eventuell auch ihre.
Ich habe das Gefühl, dass wir bereits alles tun um Hilfe zu bekommen aber es nichts bringt. Ich weiß nicht wie es weitergehen soll, da ich bereits vor drei Eskalationsstufen dachte es könne nicht mehr schlimmer werden.


Ich stimme dir zu. Dein komplettes Leben kreist um die Störung deines Mannes. Mit dem Effekt, dass er nicht gesund, sondern du auch krank wirst. Von den möglichen Folgen für euer Kind mag ich gar nicht reden.
Ich rate normalerweise bei Zwangserkrankungen zunächst zu guter, verhaltenstherapeutisch orientierter Literatur, aber wir sind hier entschieden über diesen Punkt hinaus.
Es gibt so viele Punkte, wo ich nochmal nachhaken muss: Dein Mann bekommt die Psychopharmaka vom hausarzt verschrieben und nimmt sie "gelegentlich, um nicht abhängig zu werden"?= Säuft aber Gin, um seine Ängste zu betäuben und wird unflätig zu dir?
STOPP!
Die Sauferei muss sofort aufhören. Er muss medikamentös vernünftig durch einen FACHARZT eingestellt werden.
Ist dein Mann Beamter? Nur dann würde sein Arbeitgeber von den Psychologenbesuchen erfahren. Er braucht einen spezialisierten Verhaltenstherapeuten, keine halbherzige analytische Gesprächstheorie .
Ich gehe davon aus, dass NIEMAND wissen darf, wie ihr lebt. Wie krank er ist. Du musst das offen machen, denn sonst geht ihr unter.
Und: Du musst gezielt Forderungen stellen. Er sagt, du sollst gehen? Du versuchst ihn zu beruhigen und versicherst ihm, dass du bleibst? Falsch! Stimme ihm das nächste Mal zu! Sage ihm, dass du eine Entscheidung bis Ende Januar EINFORDERST, da du so nicht mit ihm weiterleben wirrst. Schon aus Rücksicht auf euer kleines Kind nicht.
Sage ihm, dass du ihn unterstützt bei den PRAKTISCHEN Schritten.
Erstmaßnahme: Sofortige regelmäßige Einnahme der verordneten Psychopharmakoa. Dann: terminabsprache bei Psychiater. Danach seht ihr weiter.
Er muss WISSEN, dass du raus bist, wenn sich nichts ändert. Wenn er mit Selbstmord droht, ruf die Ambulanz an. Du kannst das nicht mehr länger tragen.
Und rede mit vertrauten Familienangehörigen, engen Freunden über die Lage. Er will das nicht, klar. Aber es muss sein. Unter dem Mantel des Schweigens pervertiert diese Störung erst so richtig.
(Ich sehe nicht, dass er in eine Tagesklinik gehen wird. Da könnte ihn ja jemand erkennen und man würde über ihn reden. Er gehört ein paar Wochen in stationäre Behandlung einer guten Psychosomatik. Aber dieser Schritt kommt erst später. Wenn er bis Ende des Monats NICHTS getan hat (Tabletten, Terminabsprache Psychiater) dann fordere ihn auf, auszuziehen.
Und zieh das dann auch durch.
 

Fantafine

Sehr aktives Mitglied
Ich stimme Schroti zu. So kann das nicht weitergehen. Ihr habt ein kleines Kind, welches bestmögliche Betreuung braucht und nicht einen kranken Vater UND eine kranke Mutter.
 

momo28

Moderator
Teammitglied
Dein Mann ist mit seiner Störung an einem Punkt angelangt, an dem eine ambulante Therapie fast schon zu spät beginnt und nicht mehr ausreichend ist.

Auch wenn du ihm helfen willst, sollte jetzt an erster Stelle euer Kind stehen. Das kann sich nicht selbst helfen, aber dein Mann kann es, sollte es sein.

Es wird dir nichts anderes übrig bleiben als deutliche Konsequenzen anzukündigen und auch umzusetzen, wenn er sich nicht endlich adäquate Hilfe sucht und auch annimmt.
Du bist nicht seine Therapeutin und nicht für ihn verantwortlich.
Verantwortlich bist du für euer Kind. Und für dieses musst du deine Kräfte sammeln, wenn du nicht willst, dass es krank in einer kranken Familie aufwächst.
 

Rotgurt2020

Neues Mitglied
Ich rate normalerweise bei Zwangserkrankungen zunächst zu guter, verhaltenstherapeutisch orientierter Literatur, aber wir sind hier entschieden über diesen Punkt hinaus.
Wir haben seit Jahren die Regale voll mit Literatur. Er ist extrem gut belesen und hat alle Methoden angewendet, so hat es ja so lange hingehauen. Vielleicht leider etwas zu gut belesen, weil er auch die Double-Blind-Studien zu den Antidepressiva liest, die ihm verschrieben werden könnten, also alle Schwächen derselbigen kennt und sich den Placebo raubt. Der Verlust des Schlafes im Sommer und die krasse Isolation durch (und Angst vor) Corona hat es wahrscheinlich jetzt so eskalieren lassen.

Ja, er bekommt Psychopharmaka vom Hausarzt, wir sind noch in den Wartefenstern der Psychiater. Der Hausarzt hat verordnet die Schlafmittel nur sporadisch zu nehmen um Abhängigkeit zu vermeiden. Alkoholabhängigkeit ist auch leichter zu besiegen als Benzodiazepinabhängigkeit.
Das nächste ist; natürlich haben wir versucht uns die richtige Hilfe zu holen und ihn psychiatrisch versorgen zu lassen. Aber der eine Termin, dem wir entgegen gefiebert hatten fiel in die erste Lebenswoche unserer Tochter, da ging es einfach nicht, weshalb ich mir auch immer noch Vorwürfe mache. Wer weiß wo wir inzwischen wären wenn ich es geschafft hätte uns ins Auto zu setzen statt der Wochenbetterschöpfung zu erliegen. Der nächste Termin ist Anfang Februar, an einem Dienstag um 8 Uhr früh. Ich weiß nicht, wie wir das schaffen sollen, er ist frühestens ab 10 zu irgendwas zu gebrauchen, aber es ist unsere letzte Hoffnung.

Ja, er ist Beamter. Seine Sorgen sind zwar übertrieben aber nicht völlig aus der Luft gegriffen.
Ja, er weiß auch, dass er einen spezialisierten Verhaltenstherapeuten bräuchte, er wartet auf einen kommenden Termin bei einem, natürlich auch Privatpraxis.

Ich werde versuchen ihm zu sagen, dass ich gehe wenn er nicht ALLES versucht. Ich habe schon versucht ihm zu sagen, dass ich nicht von ihm weg will oder ihn abschieben wo ich ihn nicht mehr ertragen muss, sondern dass ich aktiv versuche sein Leben zu retten, wenn ich auf der Klinik bestehe. Ich glaube nicht, dass ich die Kraft habe auf einen Schlag alle meine Versprechen zu brechen und tatsächlich mit Auszug zu drohen, aber ich werde versuchen mir den Mut zusammen zu kratzen.
Ich sehe aber, dass er alles tut was er kann. Er suhlt sich nicht im Elend, er versucht sich zu belesen, versucht bessere Hilfe zu kriegen, will Antidepressiva nehmen, versucht die Angstzustände auszuhalten wenn sie da sind, versucht sich mir zu öffnen und seine Zwangsgedanken zu erklären... ich kann nicht androhen, dass ich gehe wenn nichts passiert, denn es passiert ja schon so viel, er arbeitet extrem hart für eine Besserung der Umstände, aber es wird trotzdem immer schlimmer.
 

Rotgurt2020

Neues Mitglied
Wenn er schon viel tut und alles macht damit es besser wird ist an sich gut. Dann würde ich ihm auch nicht drohen. Dennoch musst du auch auf dich Rücksicht nehmen: Du kannst ja weiterhin eine unterstützende Rolle einnehmen, musst deine Gesundheit aber gleichzeitig schützen und dich dafür stellenweise distanzieren.
Du kannst dir selbst auch bei diversen Beratungsstellen Tipps zum Umgang als Angehörige einholen.

Genießt man als Beamter nicht eigentlich noch mehr Kündigungsschutz etc?
Danke dir. Ich bin bereits nachts weit genug distanziert um keine Empathie mehr zu empfinden. Das bringt mir genug Kontrolle um nicht mehr haltlos mitzuweinen wenn ich ihn leiden sehe. Wahrscheinlich muss ich einen größeren Schritt zurücktun und versuchen nicht mehr so lange wie er wachzubleiben, auch wenn es schwer fällt.
Ich habe bereits bei Seelsorgen und psychologischem Bereitschaftsdienst angerufen um mir Rat zu holen, das war wirklich gar nicht hilfreich. Ihr merkt ja, wir sind beide nicht auf den Kopf gefallen und haben bereits alles was uns helfen könnte versucht oder sind dabei es zu versuchen. Die haben auch nur gesagt er bräuche Hilfe, ich könne das nicht alleine schultern, usw., konnten aber auch keine Adresse oder Termine für besagte Hilfe bereitstellen. Ich denke das ist eine der Sachen, die mich so hoffnungslos macht. Fast alle Wege sind erschöpft und nichts hat geholfen, im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Alles was uns Leute, denen wir uns anvertrauen könnten, sagen können, sind Dinge, die wir schon wissen und bereits tun.
Er sträubt sich noch dagegen, dass ich auch eine Therapie mache, weil er Angst hat, dass ich dort den nötigen Zuspruch kriege um ihn zu verlassen. Das ist natürlich krass egoistisch (weiß er auch), aber nicht ganz aus der Luft gegriffen. Dennoch hab ich ihn bald soweit, dass ich das machen werde, vielleicht geht es dann zumindest für mich etwas besser.
 

bertil

Aktives Mitglied
"Alkoholabhängigkeit ist auch leichter zu besiegen als Benzodiazepinabhängigkeit."

Das stelle ich die Zoldem betrf. sehr in Frage. Ich bekam einmal Tritico 150mg und die üblichen 10mg Zoldem als Schlafmittel verschrieben. Die Zoldem habe ich gut 8 Monate lang täglich genommen, gelegentlich zwei davon in Eigenregie. Bei der Abreise in den Urlaub habe ich beides, Tritico und Zoldem daheim vergessen. Im Flieger hatte ich noch Schiss ob ich das in Sri Lanka bekommen würde. Habs einfach gelassen und in den drei Wochen überhaupt keine Entzugsfolgen an mir bemerkt. Überhaupt nichts. Zoldem ist keine Mörderpille, der beschriebene Suizid durch Einnahme der ganzen Schachtel wäre keinesfalls gelungen.

Zudem gibt es bei Euch inzwischen wohl auch die elektronische Vernetzung. Also den Missbrauch auf
mehrere Hausärzte streuen, das dürfte inzwischen stark erschwert sein.

Ich bin zwar Laie aber wir haben nicht mehr die 1930er. Heute haben all diese Pharmazeutika
Antagonisten integriert um die (natürlich noch vorhandene) Suchtgefahr einzugrenzen. So vertrauensvoll soll man unserem Gesundheitssystem gegenüber sein, dass sie uns mit ihrer Medikation nicht in die Gosse kurieren.

Wie gewissenhaft vorgegangen wird merkt man ja daran, wie restriktiv bei uns wirkliche Suchtgifte
wie Codein und Morphin abgegeben werden. Eine Opiatkrise in den USA wäre bei uns schlicht unmöglich. Eben weil unsere Gesundheitspolitik im Traum nicht daran denkt, diese Schranken zu senken.

Auch ohne Befugnis bin ich ganz sicher, er kann fürs Erste täglich 10mg Zoldem nehmen. Der "aber nur ab und zu" Zaunpfahl ist halt das Übliche, wenn ein Arzt den Ernst der Lage nicht erkennt, ignoriert oder es eben seinen Überzeugungen entspricht. Nun, ich kenn approbierte Ärzte, die würden ihm nicht einmal das verschreiben, sondern Ringelblumenextrakt und ich kenn Andere, die zur täglichen Einnahme raten würden, statt den Zeigefinger zu heben. Also das wäre euer kleinstes Problem, wenn überhaupt nötig wird er das Zoldem ganz problemlos ausschleifen.

Zu beachten wäre, das Zoldem dafür bekannt ist, die Durchschlafphasen durcheinander bringen zu können. Der Schlaf insgesamt könnte "zu flach" werden. Was ich für mich persönlich nicht bestätigen kann.

Selbstverständlich sollten gerade in seinem Fall mehrere Ärzte konsultiert werden um aus deren Meinungen einen Querschnitt bilden zu können.

10mg Zolden ist eine Beruhigungs/Einschlafmassnahme auf niedrigster Schwelle. Will nicht ständig betonen, das zu allem hier natürlich der Arzt das letzte Wort hat und meins nur unter "Getratsche" fällt, halte eine solche Betonung aber Dir gegenüber auch nicht für notwendig.

Wie gesagt habe ich auch einige Erfahrungen mit Unruheverhalten hinter mir. Ein Neuroleptika könnte für ihn das Richtige sein: Seroquel. Abhängigkeitsgefahr gibt es keine, da diese Mittel gründlich "vernagelt" wurden.

Und zwar als retardierende Kapsel und ich bin einigermaßen überzeugt, damit wird er von frühabends bis zum aufstehen Ruhe haben und ihr auch. Zusätzlich die normalen 15(25?)mg Seroquel Tabletten, die untertags sich ankündigende Zwangsmomente rechtzeitig auffangen würden. Klar denken ist nach der Retard aber nicht mehr . Sein home office müsste um 19:00 die Rollläden runterlassen. Das muss man schon klar sagen: Seroquel sind tatsächlich "Niederpracker" für den Hausgebrauch. Drei Stunden nach Einnahme der Retardkapsel geht Dein Mann nicht mehr imaginäres Katzenstreu abwaschen, dazu traue ich mich beinahe, ein Versprechen abzugeben. In der Eingewöhnung wird er kurz nach 19:00 Sterne sehen, das legt sich bald und er wird vor dem schlafen gehen ganz normal wirken, wieder anders mit
Dir und den Kindern umgehen können. Nur halt schon sehr müde, weil es ihn mächtig ins Bett ziehen wird....genau, was wir wollt/braucht.

Neurologen wollen nicht verraten werden aber hier mein weiterer Tipp: der Besuch beim Kassenneurologen kann auch viel bringen, nicht nur der kostenpflichte Psychiater. Darum, um kein Vermögen auszugeben für eine mehrfache Beurteilung würde ich zusätzlich einen kassenpflichtigen Neurologen aufsuchen.. Sprecht mit ihnen über "Seroquel" in diesem Zusammenhang, als Retard und schnellwirkend für untertags.

Der Gin Konsum müsste allerdings beendet werden. Was auch ziemlich Macho wäre, wenn er zu einem solchen "Zäpfchen" auch noch Gin runterleert. Also das dann zu lassen....ich seh eine gute Hoffnung, dass ihm das leicht fallen würde.
 
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Rotgurt2020

Neues Mitglied
Du kannst dir nicht vorstellen wie viel Hoffnung mir deine Nachricht gemacht hat. Klar, alles was du vorschlägst sind nur weitere Medikamente, aber ich hatte wirklich gedacht, dass wir keine anderen Optionen mehr haben, als die bereits bekannten.
Wir haben uns alles was du gesagt hast rausgeschrieben und werden den Hausarzt dazu befragen. Der Tipp mit dem Neurologen ist auch Gold wert!
Vielen vielen Dank!
 

bertil

Aktives Mitglied
Liebe Rotgurt, ich würde ev. sogar ein kurzgefasstes Gedankenprotokoll anfertigen um dem Arzt zu zeigen, wie Dein Mann sich bspw. von Mo-So verhalten hat. Damit er ein möglichste klares Bild bekommt. Korr. natürlich sollte Dein Mann das selber tun, mit Datum und Uhrzeit. In Eurer zum Glück noch funktionierenden Partnerschaft. Er scheint ja einsichtig und kooperationswillig zu sein und das ist doch das Allerwichtigste.
 

Fantafine

Sehr aktives Mitglied
Literatur ist schön und gut, aber: erstens gehört viel mehr Knowhow dazu als als Laie darüber zu lesen und zweitens verfügt er überhaupt nicht über die Objektivität, die nötig ist und du nicht über die dazugehörige emotionale Distanz. Es mutet an, als ob er ohne chirurgische Ausbildung versuchen will, sich selbst zu operieren und sich aus Angst vor dem Narkosemittel lieber selbst mit dem Knüppel bewusstlos schlagen will, während du als OP-Schwester wider Willen mit Baby im Arm ohne medizinische Ausbildung das Besteck reichen sollst.

Auch bei allem Verständnis für das Leiden deines Mannes und deiner Bereitschaft, ihn mitzutragen - was er dir und dem Baby aufbürdet, geht einfach zu weit. Es geht nicht nur mehr um ihn.
 

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