BeyondHellAboveHeaven
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Es ist schwierig, wenn man mit einem Autisten zusammenlebt. Gar keine Frage, ich kenne es selbst gut genug. Was ich aber aus meiner bisherigen Erfahrung sagen kann, ist, dass die Diagnose Autismus nicht jegliches soziales Fehlverhalten entschuldigt. Die Autisten, die ich bisher persönlich kennen gelernt habe, hatten alle ein Problem damit zu verstehen was in einem "normalen" Menschen jetzt gerade vorgeht. Wenigen ging der emotionale Zustand des Anderen tatsächlich am Allerwertesten vorbei, die meisten haben sich einfach nur hilflos gefühlt. Sie wussten nicht, wie sie darauf reagieren sollen und hätten sich selbst unwohl gefühlt, vor allem auf Grund der Unsicherheit. So wurde mir das jedenfalls von ihnen erklärt. Mit einem habe ich eine ganz simple Lösung gefunden, auch wenn es zuerst schwierig war, weil er meinte er könne den Autismus als Ausrede hernehmen, mittlerweile funktioniert es aber ganz gut. Die Lösung ist einfach nur Akzeptanz, Toleranz und zu reden. Dein Mann muss nicht (sofort) erkennen wie du dich fühlst und schon gar nicht verstehen, dass du dich so fühlst wie du dich fühlst. Aber er muss diese Gefühle akzeptieren wenn die Beziehung weiterhin bestehen soll. Wenn du weinend dran sitzt, dann ist für wirklich jeden Menschen der Welt klar, dass du gerade traurig bist. Dein Mann muss wie schon gesagt nicht verstehen warum und so lange es kein übermäßiges Unwohlsein bei ihm hervorruft wird er durchaus dazu in der Lage sein dich in den Arm zu nehmen, einfach weil quasi "Regeln" aufgestellt wurden.Will ich immer zurück stecken. Will ich es immer akzeptieren, dass mein Mann mich nie versteht und mich nie, von sich aus in die Arme nimmt? Es ist so schwer. Ich bin ehrlich. Es kommen immer mehr die Gedanken, an einen Mann, der normal mit Gefühlen umgeht. Der mal lacht, mal weint, mich von sich aus in den Arm nimmt. Nicht so abwertend ist, weil es wieder nicht in seine Welt rein passt. Ich bräuchte echt auch mal jemand, mit dem ich mich aussprechen könnte. Einfach das, was eigentlich der Partner tun sollte. Und leider aspergerbedingt nicht kann. Snief.
So haben wir das gemacht. Es gab einige Situationen, in der ich mir mehr Unterstützung von ihm erhofft hätte, was bei ihm aber Unwohlsein hervorgerufen hätte. Neben "Regeln" wie das in den Arm nehmen, wenn der andere weint, besteht auch die Regel, dass er nichts tun muss, was für ihn unangenehm ist. Dafür gibt es dann die Regel, dass er einfach anspricht, dass er den Zustand bemerkt hat, sich aber unwohl fühlen würde, als Zeichen, dass es ihm nicht egal ist. Dazu gibt es je nach Situation noch ab und an eine Tafel Trostschokolade (das kam übrigens nur von ihm, ohne Regel). Diese Regeln haben wir zusammen aufgestellt, sie existieren sowohl für ihn, als auch für mich (allerdings unterschiedliche, ich reagiere dann so auf gewisse Situationen wie er es sich wünscht, z.B. nicht zu viele Umarmungen). Es hat ziemlich lange gedauert bis wir beide damit zufrieden waren. Wenn wir merken, dass der jeweils andere nicht versteht, was wir gerne hätten, dann wird das einfach gesagt. "X, mir geht es gerade so und so, weil Y und ich würde mir Z wünschen." Wir erklären uns viel gegenseitig, wenn wir gerade negative Emotionen haben und lernen das dann quasi auswendig, wenn man das so sagen möchte. So können wir ähnliche Situationen besser einschätzen und darauf reagieren. Am Anfang mussten wir das ziemlich bewusst machen, mittlerweile ist es relativ automatisch.
Die wichtigste Erkenntnis, die wir daraus ziehen konnten, ist, dass der Wille zählt.
Wenn der Wille nicht da ist funktioniert nichts und das musst du deinem Mann mal wirklich direkt mitteilen. Vielleicht hilft euch das oben geschriebene, wenn du ihn nicht verlassen möchtest.