Hallo, ich bin neu hier. Eine Zeit lang war ich stille Mitleserin, doch nun ist in meinem Leben etwas passiert, was ich nie so erwartet hätte und wo ich eventuell ein paar aufmunternde Worte brauchen könnte.
Entschuldigt schon mal den langen Text! Das muss mal alles raus.
Mein lieber Papa ist vor 2 Tagen im Alter von 57 Jahren verstorben. In 2 Wochen wäre er 58 geworden. Der Tod selber kam sehr plötzlich, aber auch er hat wie so viele in dieser Situation eine längere Leidensgeschichte hinter sich. Ich bin werde ich 2 Wochen grade erst 22 Jahre alt und bin mitten im Studium.
Die Grundsteine des Übels sind bei meinem Vater wohl schon vor vielen Jahren gelegt worden. Er war einige Jahre lang Alkoholiker (allerdings seit 25 Jahren trocken) und hatte auch Zeit seines Lebens immer mit Depressionen zu kämpfen gehabt. Er hat immer nach Frieden gesucht, ihn aber irgendwie nie gefunden.
Alles begann nun vor einigen Monaten. Mein Vater hatte schon lange starke Nacken/- Rückenschmerzen. Nachdem er deswegen fast nicht mehr schlafen konnte, haben sie ihn im KH behalten, um ein paar Untersuchungen zu machen. Dabei fanden sie neben einem Bandscheibenvorfall und Arthrose auch einige verengte Herzkranzgefäße und Darmkrebs in einem sehr frühen Stadium. Er bekam mehrere Stents gesetzt und der Krebs konnte glücklicherweise operiert werden. Er hatte nicht gestreut. Glück im Unglück. Leider folgten auf die OP noch einige Komplikationen (Wasser im Bauch, Wundheilungsstörung, Darmverschluss, Blinddarmentzündung), sodass er noch mehrfach notoperiert wurde. Aber irgendwie hat er alles überstanden (zumindest körperlich). Er kam in die Reha und schaffte es seinen physischen Zustand wieder fast in den Ausgangszustand zu versetzen. Er fing wieder an arbeiten zu gehen. Es war zwar hart, aber er kämpfte weiter.
Tja und dann kam der Anruf von meiner Mutter. Mein Vater kam wohl mitten in der Nacht mit starken Schmerzen zu ihr, dann ist er ohnmächtig geworden. Die Sanitäter haben ihn noch mit ins KH genommen, ihn sehr lange versucht wiederzubeleben. Doch er kam nicht mehr wieder. Und selbst wenn- sein Gehirn war zu diesem Zeitpunkt schon seit lange nicht mehr mit Sauerstoff versorgt gewesen, sodass er wohl zu einem Schwerst- Pflegefall/ Wachkoma oder so geworden wäre.
Bis jetzt wissen wir noch nicht was nun letztendlich zu seinem Tod geführt hat. Die Obduktion steht noch aus.
Wir sind als Familie der Meinung, dass der psychische und der physische Stress einfach zu viel für meinen Papa waren und sein Körper einfach aufgegeben hat. Wie schon gesagt- er war in beiden Hinsichten bereits stark angegriffen. Außerdem hab ich jetzt nach seinem Tod noch erfahren, dass er wohl in den letzten Tagen wieder viele und starke Schmerzmittel nahm und außerdem unter schlimmer Schlaf- Apnoe litt, sodass er auf Arbeit an seinem Schreibtisch immer wieder eingeschlafen ist. Außerdem ist nicht klar, ob er nicht vielleicht doch schon wieder Metastasen gehabt hat und eventuell sehr hätte leiden müssen in Zukunft. So ging es schnell und vergleichsweise schmerzlos.
Da ich seit fast 3 Jahren 600km weit weg wohne treffen mich die unmittelbaren Auswirkungen nicht so wahnsinnig schwer. Früher war mein Papa meine absolute Bezugsperson. Er hat mit mir gespielt und gelernt. Je älter ich wurde, desto mehr übernahm meine Mama diese Aufgabe. Vor allem in diesen letzten 3 Jahren hab ich ganz viel mit Mama gesprochen. Sie ist meine Bezugsperson, mit der ich alle wichtigen Themen bespreche. Sie ist zusammen mit meinem Freund der wichtigste Mensch in meinem Leben. Meinen Papa habe ich sehr geliebt, dennoch waren es „nur“ noch recht kurze und nicht sehr tiefgehende Gespräche, was auch daran lag, dass er zunächst sehr unter meinem Auszug gelitten hat, aber seine Gefühle nicht gut rüber bringen konnte. Deswegen hat er sich auch die letzten Monate während seiner Krankheit sehr von mir zurückgezogen. Erst die letzten Wochen schien er wieder an Kraft zu gewinnen.
Dieser unmittelbare akute Verlust wird mit der Zeit vorüber gehen. Da bin ich sicher. Ich habe meinen Freund und auch sonst viele Freunde, die bei allem helfen. Ich telefoniere viel mit meiner Mama und habe das Glück auch noch beide Großeltern und eine sehr liebe Schwiegerfamilie zu haben, die viel helfen können.
Auch die ganzen organisatorischen/ finanziellen Geschichten werden geklärt werden. Meine Mutter ist rechtliche Betreuerin (wem das was sagt), dh. es ist ihr Job in Fällen wie diesen das weitere Leben zu regeln. Also auch unter der größten Trauer jetzt weiß meine Mutter was sie wo beantragen muss und wo sie Hilfe bekommt. Dafür bin ich unendlich dankbar, vor allem, da ich durch mein Studium nicht einfach so alle Zelte abreißen und zu ihr fahren kann.
Was für mich aber so unendlich schwer zu begreifen ist, sind diese langfristigen Sachen: mein Vater hatte nie Chance mich zum Altar zu führen. Er durfte nie Opa werden und meine Kinder werden ihn auch nie als Opa haben, dabei bin ich aber sicher, dass er sich sehr über Enkelkinder gefreut hätte. Er wird mir nicht zu meinem Uni- Abschluss in 2 Jahren gratulieren können. Ich bin mir zwar sehr sicher, dass er trotzdem noch irgendwo da ist und über meine Mama und mich wacht und uns beobachtet, dennoch ist das im Moment nur ein schwacher Trost.
Neben diesen Dingen mache ich mir auch unheimliche Sorgen um meine Mama- langfristig gesehen. Sie wird von nun an alleine sein (heute ist ihr Geburtstag) und ich weiß nicht, ob ich jedes Mal zu ihr fahren kann und sie wird nie mit meinem Papa alt werden können. Sie werden keine Rente zusammen genießen können. Nicht mehr zusammen verreisen können. Und auch ihre Eltern (also meine Großeltern), die uns jetzt glücklicherweise noch zur Seite stehen, sind bereits über 80 und werden daher auch nicht mehr ewig da sein. Ich habe einfach unglaubliche Angst, dass meine Mutter die nächsten 30 Jahre alleine bleiben wird. Dass sie vereinsamen wird (habe das bei einer Nachbarin und guten Freundin meiner Eltern erlebt). Dass sie spätestens wenn sie in Rente geht nicht mehr aus der Wohnung kommt und niemanden hat, der ihr im Alter hilft! Sie war mit meinem Papa 25 Jahre lang verheiratet- da ist es doch utopisch zu glauben, dass sie jetzt mit 55 Jahren noch mal einen neuen Mann kennen- und lieben lernen wird (auch wenn ich es ihr wünsche). Andererseits- ich habe eine Stiefuroma, die ihren Mann (meinen richtigen Uropa) auch schon recht früh an Krebs verloren hatte (vor 22 Jahren) und sie lebt nun auch glücklich und zufrieden alleine in einer kleinen Wohnung. So etwas wünsche ich mir für meine Mama. Dass sie einfach wieder glücklich wird.
Für mich ist es auch schwer mir vorzustellen, dass meine Mama nicht mehr in derselben Wohnung leben wird wie vorher. Ich bin in dieser Wohnung aufgewachsen (bin kein einziges Mal umgezogen). Ich kenne nichts anderes. Mein ganzes Leben, meine ganze Kindheit und alle Erinnerungen hängen in dieser Wohnung. Auch meine geliebte Katze mit ihren bald 14 Jahren. Das ist zwar keine unmittelbare Entscheidung, aber auf lange Sicht wird meine Mutter in dieser Wohnung nicht bleiben können. Für eine Person ist sie einfach zu teuer und zu groß, zumal sämtliche Erinnerungen darin hängen. Meiner Mutter kann schon jetzt kaum die Wohnung verlassen, weil die Erinnerung so weh tut. Das heißt auf lange Sicht wird sie die Wohnung dort verlassen müssen, das kleine Gärtchen, dass sie so liebt, meine Katze wird sie höchstwahrscheinlich nicht mitnehmen können… alle Erinnerungen sind dann weg. Ich habe das Gefühl, dass mit Papa nun auch meine ganze Kindheit stirbt. Verrückt, ich weiß. Schließlich behalte ich ja alle Erinnerungen in meinem Herzen. Aber es ist dennoch etwas anderes.
Habt ihr Erfahrungen mit all dem? Ein paar Geschichten von Leidensgenossen helfen vielleicht. Denkt ihr meine Mutter kann wieder glücklich werden?
Entschuldigt schon mal den langen Text! Das muss mal alles raus.
Mein lieber Papa ist vor 2 Tagen im Alter von 57 Jahren verstorben. In 2 Wochen wäre er 58 geworden. Der Tod selber kam sehr plötzlich, aber auch er hat wie so viele in dieser Situation eine längere Leidensgeschichte hinter sich. Ich bin werde ich 2 Wochen grade erst 22 Jahre alt und bin mitten im Studium.
Die Grundsteine des Übels sind bei meinem Vater wohl schon vor vielen Jahren gelegt worden. Er war einige Jahre lang Alkoholiker (allerdings seit 25 Jahren trocken) und hatte auch Zeit seines Lebens immer mit Depressionen zu kämpfen gehabt. Er hat immer nach Frieden gesucht, ihn aber irgendwie nie gefunden.
Alles begann nun vor einigen Monaten. Mein Vater hatte schon lange starke Nacken/- Rückenschmerzen. Nachdem er deswegen fast nicht mehr schlafen konnte, haben sie ihn im KH behalten, um ein paar Untersuchungen zu machen. Dabei fanden sie neben einem Bandscheibenvorfall und Arthrose auch einige verengte Herzkranzgefäße und Darmkrebs in einem sehr frühen Stadium. Er bekam mehrere Stents gesetzt und der Krebs konnte glücklicherweise operiert werden. Er hatte nicht gestreut. Glück im Unglück. Leider folgten auf die OP noch einige Komplikationen (Wasser im Bauch, Wundheilungsstörung, Darmverschluss, Blinddarmentzündung), sodass er noch mehrfach notoperiert wurde. Aber irgendwie hat er alles überstanden (zumindest körperlich). Er kam in die Reha und schaffte es seinen physischen Zustand wieder fast in den Ausgangszustand zu versetzen. Er fing wieder an arbeiten zu gehen. Es war zwar hart, aber er kämpfte weiter.
Tja und dann kam der Anruf von meiner Mutter. Mein Vater kam wohl mitten in der Nacht mit starken Schmerzen zu ihr, dann ist er ohnmächtig geworden. Die Sanitäter haben ihn noch mit ins KH genommen, ihn sehr lange versucht wiederzubeleben. Doch er kam nicht mehr wieder. Und selbst wenn- sein Gehirn war zu diesem Zeitpunkt schon seit lange nicht mehr mit Sauerstoff versorgt gewesen, sodass er wohl zu einem Schwerst- Pflegefall/ Wachkoma oder so geworden wäre.
Bis jetzt wissen wir noch nicht was nun letztendlich zu seinem Tod geführt hat. Die Obduktion steht noch aus.
Wir sind als Familie der Meinung, dass der psychische und der physische Stress einfach zu viel für meinen Papa waren und sein Körper einfach aufgegeben hat. Wie schon gesagt- er war in beiden Hinsichten bereits stark angegriffen. Außerdem hab ich jetzt nach seinem Tod noch erfahren, dass er wohl in den letzten Tagen wieder viele und starke Schmerzmittel nahm und außerdem unter schlimmer Schlaf- Apnoe litt, sodass er auf Arbeit an seinem Schreibtisch immer wieder eingeschlafen ist. Außerdem ist nicht klar, ob er nicht vielleicht doch schon wieder Metastasen gehabt hat und eventuell sehr hätte leiden müssen in Zukunft. So ging es schnell und vergleichsweise schmerzlos.
Da ich seit fast 3 Jahren 600km weit weg wohne treffen mich die unmittelbaren Auswirkungen nicht so wahnsinnig schwer. Früher war mein Papa meine absolute Bezugsperson. Er hat mit mir gespielt und gelernt. Je älter ich wurde, desto mehr übernahm meine Mama diese Aufgabe. Vor allem in diesen letzten 3 Jahren hab ich ganz viel mit Mama gesprochen. Sie ist meine Bezugsperson, mit der ich alle wichtigen Themen bespreche. Sie ist zusammen mit meinem Freund der wichtigste Mensch in meinem Leben. Meinen Papa habe ich sehr geliebt, dennoch waren es „nur“ noch recht kurze und nicht sehr tiefgehende Gespräche, was auch daran lag, dass er zunächst sehr unter meinem Auszug gelitten hat, aber seine Gefühle nicht gut rüber bringen konnte. Deswegen hat er sich auch die letzten Monate während seiner Krankheit sehr von mir zurückgezogen. Erst die letzten Wochen schien er wieder an Kraft zu gewinnen.
Dieser unmittelbare akute Verlust wird mit der Zeit vorüber gehen. Da bin ich sicher. Ich habe meinen Freund und auch sonst viele Freunde, die bei allem helfen. Ich telefoniere viel mit meiner Mama und habe das Glück auch noch beide Großeltern und eine sehr liebe Schwiegerfamilie zu haben, die viel helfen können.
Auch die ganzen organisatorischen/ finanziellen Geschichten werden geklärt werden. Meine Mutter ist rechtliche Betreuerin (wem das was sagt), dh. es ist ihr Job in Fällen wie diesen das weitere Leben zu regeln. Also auch unter der größten Trauer jetzt weiß meine Mutter was sie wo beantragen muss und wo sie Hilfe bekommt. Dafür bin ich unendlich dankbar, vor allem, da ich durch mein Studium nicht einfach so alle Zelte abreißen und zu ihr fahren kann.
Was für mich aber so unendlich schwer zu begreifen ist, sind diese langfristigen Sachen: mein Vater hatte nie Chance mich zum Altar zu führen. Er durfte nie Opa werden und meine Kinder werden ihn auch nie als Opa haben, dabei bin ich aber sicher, dass er sich sehr über Enkelkinder gefreut hätte. Er wird mir nicht zu meinem Uni- Abschluss in 2 Jahren gratulieren können. Ich bin mir zwar sehr sicher, dass er trotzdem noch irgendwo da ist und über meine Mama und mich wacht und uns beobachtet, dennoch ist das im Moment nur ein schwacher Trost.
Neben diesen Dingen mache ich mir auch unheimliche Sorgen um meine Mama- langfristig gesehen. Sie wird von nun an alleine sein (heute ist ihr Geburtstag) und ich weiß nicht, ob ich jedes Mal zu ihr fahren kann und sie wird nie mit meinem Papa alt werden können. Sie werden keine Rente zusammen genießen können. Nicht mehr zusammen verreisen können. Und auch ihre Eltern (also meine Großeltern), die uns jetzt glücklicherweise noch zur Seite stehen, sind bereits über 80 und werden daher auch nicht mehr ewig da sein. Ich habe einfach unglaubliche Angst, dass meine Mutter die nächsten 30 Jahre alleine bleiben wird. Dass sie vereinsamen wird (habe das bei einer Nachbarin und guten Freundin meiner Eltern erlebt). Dass sie spätestens wenn sie in Rente geht nicht mehr aus der Wohnung kommt und niemanden hat, der ihr im Alter hilft! Sie war mit meinem Papa 25 Jahre lang verheiratet- da ist es doch utopisch zu glauben, dass sie jetzt mit 55 Jahren noch mal einen neuen Mann kennen- und lieben lernen wird (auch wenn ich es ihr wünsche). Andererseits- ich habe eine Stiefuroma, die ihren Mann (meinen richtigen Uropa) auch schon recht früh an Krebs verloren hatte (vor 22 Jahren) und sie lebt nun auch glücklich und zufrieden alleine in einer kleinen Wohnung. So etwas wünsche ich mir für meine Mama. Dass sie einfach wieder glücklich wird.
Für mich ist es auch schwer mir vorzustellen, dass meine Mama nicht mehr in derselben Wohnung leben wird wie vorher. Ich bin in dieser Wohnung aufgewachsen (bin kein einziges Mal umgezogen). Ich kenne nichts anderes. Mein ganzes Leben, meine ganze Kindheit und alle Erinnerungen hängen in dieser Wohnung. Auch meine geliebte Katze mit ihren bald 14 Jahren. Das ist zwar keine unmittelbare Entscheidung, aber auf lange Sicht wird meine Mutter in dieser Wohnung nicht bleiben können. Für eine Person ist sie einfach zu teuer und zu groß, zumal sämtliche Erinnerungen darin hängen. Meiner Mutter kann schon jetzt kaum die Wohnung verlassen, weil die Erinnerung so weh tut. Das heißt auf lange Sicht wird sie die Wohnung dort verlassen müssen, das kleine Gärtchen, dass sie so liebt, meine Katze wird sie höchstwahrscheinlich nicht mitnehmen können… alle Erinnerungen sind dann weg. Ich habe das Gefühl, dass mit Papa nun auch meine ganze Kindheit stirbt. Verrückt, ich weiß. Schließlich behalte ich ja alle Erinnerungen in meinem Herzen. Aber es ist dennoch etwas anderes.
Habt ihr Erfahrungen mit all dem? Ein paar Geschichten von Leidensgenossen helfen vielleicht. Denkt ihr meine Mutter kann wieder glücklich werden?