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Panische Angst vor Auslandssemester

C

Cassie21

Gast
Hallo erstmal,
ich bin 25 Jahre alt und studiere Japanologie im inzwischen 6. Semester. Im nächsten Semester würde nun der verpflichtende Auslandsaufenthalt anstehen, um dann meine Bachelor-Arbeit schreiben zu können. Aber ich habe panische Angst und weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Ich leide schon seit meiner Kindheit an generalisierter Angststörung, Zwangsgedanken und Essstörungen und momentan ist es besonders schlimm, auch weil ich solche Angst habe. Natürlich wusste ich vorher, dass dies ein verpflichtender Teil meines Studiums ist, aber solange es weit weg war, dachte ich, ich könnte es schaffen und wäre bis dahin ja vielleicht schon etwas gesünder und belastbarer. Aber dem ist ganz und gar nicht so. Ohne den Auslandsaufenthalt werde ich meinen Bachelor nicht machen können und ich habe schon einmal ein Studium abgebrochen. Mit 25 bin ich nicht mehr so jung und stehe unter großem Druck, einen Abschluss zu machen. Generell macht mir mein Studium eigentlich keinen Spaß mehr und ich würde viel lieber mein Nebenfach fertig studieren, aber auch aus finanziellen Gründen kann ich es mir nicht mehr leisten, zu wechseln.

Ich bin so verzweifelt und denke oft daran, meinem Leben ein Ende zu setzen. Für einen Rat wäre ich sehr dankbar.

Cassie
 

Violetta Valerie

Moderator
Teammitglied
Also als erstes vergisst Du bitte ganz schnell den Gedanken, deinem Leben ein Ende zu setzen. Wirklich: Das ist es nicht wert.
Ich kann Dich total nachvollziehen: Ich gehöre auch zu den sehr ängstlichen Menschen: Für mich war das auch der Horror, wenn ich zB länger verreisen muss, beruflich unterwegs war usw. Auch während meines Sudiums war ich viel unterwegs und habe gefühlt die meiste Zeit in Zügen verbracht. Da war auch viel Angst und Verzweiflung und natürlich habe ich mir gedacht, dass ich das nie schaffe. natürlich ist es ein echter Brocken, wenn man schon vor kleinen Dingen Angst hat, da ist es schwer, sich vorzustellen, dass man mal so eben ein ganzes Semester im Ausland verbringt.
Aber ich kann Dir aus Erfahrung sagen: Du kannst das schaffen. Das wichtigste ist, dass Du nicht kneifst. Eine Angststörung kann man nur besiegen, wenn man sich der Angst stellt und die Dinge tut, vor denen man Angst hat. ja, das ist manchmal hart aber Du wirst dafür belohnt.
Weißt Du: Bei mir war es so, dass ich zu Beginn meines Studiums nicht mal zwei Stationen mit dem Bus fahren konnte, weil ich solche Angst und Panikattacken hatte. Für mein Studium musste ich dann 3 mal die Woche jeweils 2 Stunden einfach mit der Bahn fahren. Und ich musste -weil ich in meinem Studienort keine Wohnung hatte auch einmal die Woche dort übernachten: Das bedeutete: Rumfragen, bei welchem Studienkollegen diese Woche eine Chouch frei war, in welcher WG gerade ein Bett frei war usw. Natfalls musste es auch ein Schlafsack auf dem Boden tun.
Für mich ein Ding der Unmöglichkeit: Ich konnte zu dem Zeitpunkt nicht mal eine Nacht bei einer Freundin oder im Hotel übernachten- im Urlaub war ich bis dahin seit meiner Kinderzeit nicht. Die ersten Wochen waren die Hölle, aber ich sag Dir: Danach wurd es besser. Und es wurde schnell besser. Ein Ortwechsel sortiert das Hrin und die Ängste neu.
Sieh es als Chance! Du kannst Dich damit selber aus dem Sumpf ziehen und Du wirst nach kurzer zeit merken, wie viel Dir das gibt. Das ist besser und bringt mehr als jahrelange Therapie.
natürlich wäre es gut, wenn Du das ganze mit einem Therapeuten vorbereitest und vielleicht schon ein wenig übst, damit der Schritt nicht zu krass wird.
Aber bitte glaub mir: Keine Angst der Welt ist es wert, dass Du dein leben dafür wegwirfst! Und auch deine berufliche Zukunft darfst Du nicht wegwerfen.
Als ich so alt war wie Du ging es mit komplett genauso. Jetzt sind ungefähr 10 jahre vergangen: ich bereuhe es nicht, dass ich gekämpft habe. Im Gegenteil: Ich bin stolz!
Manchmal muss ich sogar lachen, wenn ich an die Zeiten denke, wo ich auf irgendwelchen gammligen WG-Sofas gepennt habe, voller Angst....ohne zu wissen, wovor eigentlich.
Ich habe viele tolle Leute kennengelernt, viele lustige Dinge erlebt...das nimmt mir keiner mehr.
Und vielleicht gerade WEIL ich es mir so hart erkämpfen musste sind mir auch die Kleinigkeiten so viel wert und ich konnte so immens viel mitnehmen. Ich denke, wer nie so mit Ängsten gekäpfmt hat, wird so manches Erlebnis viel weniger wert schätzen.
 

Insta

Sehr aktives Mitglied
Du studierst Japanologie und kannst eigentlich nicht reisen? Sachen gibt es.....

Corona kann aber in dem Punkt etwas Gutes für Dich haben. Aktuell gehe ich davon aus dass Du kein oder nicht so leicht ein Visum bekommst. Wie lief dass den in dem Jahrgang vor Dir?
 
G

Gelöscht 116359

Gast
dann setzte das auslandssemester erstmal aus und leg ein attest deines arztes vor, dass es jetzt nicht geht.
 

Violetta Valerie

Moderator
Teammitglied
dann setzte das auslandssemester erstmal aus und leg ein attest deines arztes vor, dass es jetzt nicht geht.
Davon würde ich abraten: ich würde es durchziehen sobald es möglich ist. Die Spirale des immer und immer wieder Ausweichens und Vermeidens bringt einen nur immer tiefer in die Angst rein. Es hilft nichts: man muss einmal da durch sonst hängt man sein ganzes leben drin fest und hangelt sich von einer Vermeidungsstrategie zur nächsten. Und damit verbaut man sich die Zukunft.
OK, Insta könnte recht haben, dass es wegen Corona jetzt schwer sein könnte, aber die Zeit, die man jetzt warten muss, bis es wieder geht, sollte man auf jeden fall nützen und nicht einfach verstreichen lassen, in der Hoffnung, es würde von allein weggehen: Lieber jetzt konsequent therapeutisch dran arbeiten, aber dennoch vor Augen haben, dass man beim nächstmöglichen Zeitpunkt die Sache angreifen wird.
Ich weiß wie schwer das ist, aber es ist jetzt immernoch leichter als in ein paar Jahren: je mehr zeit man den Ängsten gibt, desto schwerer werden sie und desto mehr ergreifen sie von einem Besitz: Einmal MUSS man da durch- so oder so: Und da ist so ein Auslandssemster eine gute Gelegenheit. Später- wenn man schon im Berufsleben ist- wird es immer schwerer.
 
Hey Cassie,
ich schreibe Dir, weil ich Deine Gedanken gut nachvollziehen kann und es mir ähnlich ging.
Ich habe auch einmal für mein Studium einen Auslandsaufenthalt absolviert. Ich war zwar vorher schon ein bisschen verreist, meist jedoch innerhalb Europas. Und für mich ging es nach Lateinamerika. Ich hatte insbesondere Panik, weil ich bis kurz vor der Abreise keine Gastfamilie hatte - die wurde erst am Abend vor dem Abflug gefunden. Ich habe die letzten paar Wochen vor Abreise kaum ein Auge zubekommen und hatte große Angst, gestrandet in einem fremden Land zu stehen.
Um es mal vorweg zu nehmen: Ich habe es durchgezogen, meine Gastfamilie war die netteste, die ich mir hätte wünschen können und insgesamt hat mich dieser Aufenthalt in Sachen Selbstbewusstsein und Lebenserfahrung ein ganzes Stück weitergebracht!
Ich kann Dir nur sagen, was mir damals konkret geholfen hat, auch wenn mir bewusst ist, dass sich diese Strategien nicht so ohne Weiteres umsetzen lassen, da man ein gewisses finanzielles Polster benötigt. Das würde ich dir allerdings - insbesondere in so unsicheren Zeiten wie Corona - ohnehin vor einer Reise dringend anraten, schau dir all die Leute an, die letztes Jahr irgendwo festsaßen (wenn du das selbst gerade finanziell nicht stemmen kannst, vielleicht gibt es Familienmitglieder, die dir im Notfall zur Seite springen könnten?). Ich habe es so gemacht: Mein Flug war gebucht und ich habe mir vorgenommen, hinzufliegen. Ich hatte mir immer die Option in der Hinterhand gehalten, bei ernsthaften Schwierigkeiten in den nächsten Flieger nach Hause zu steigen (das brauchte ich zum Glück nie). Du könntest etwas früher anreisen und/oder dir für die ersten Nächte ein Hostel reservieren. Auf vielen Buchungsseiten kann man diese bis kurz vor Anreise noch kostenlos stornieren. Mittels StreetView etc. kannst Du Dich schon im Vorfeld z.B. rund um Deine Uni oder deinen Wohnort umschauen. Viele Bedenken kann man mit der richtigen Vorbereitung beiseite wischen.
Was hilft dir aktuell, wenn du dich panisch fühlst? Gibt es Filme, Bücher, Podcasts, die dich aufheitern können? Insbesondere wenn man zu Angst und Panik neigt ist es sinnvoll, regelmäßig im normalen Leben Entspannungsübungen und Coping-Strategien einzubauen - so wie die Feuerwehr, die ja auch regelmäßig übt, und nicht erst beim richtigen Brand lernt, was überhaupt zu tun ist. Such Dir einen oder mehrere Kontakte, bei denen du dich täglich meldest und auf die du auch im Notfall zurückgreifen kannst. Auf diese Ressourcen kannst du dann zurückgreifen, wenn Du Dich im Ausland mal schlecht fühlen solltest.
Du hast ja sicherlich Japanologie studiert, weil Du Dich für die japanische Kultur interessierst und ich gehe davon aus, dass Du auch etwas (oder sogar viel) Japanisch sprichst. Ich war selbst vor ein paar Jahren mal dort - es war eine sehr kurzfristige Idee und meine erste Fernreise - und ich muss sagen, dass ich Japan sogar ohne Sprachkenntnisse sehr angenehm zu bereisen fand! Du musst dich eher nicht mit Problemen wie Kriminalität herumschlagen, der Zugverkehr ist wirklich super ausgebaut und Du wirst dich dementsprechend voll und ganz auf deine Eindrücke konzentrieren können. Es ist halt nur leider etwas teurer ;).
Ich rate Dir - zieh es durch! Du wirst stolz wie sonstwas sein und noch lange von Deinen Erfahrungen zehren können.
 

Skyma

Aktives Mitglied
Oh mann ich würde dich am liebsten in den Arm nehmen! Ich kann dich so gut verstehen!
Vielleicht hilft es dir zu wissen, dass sich in meinem Umfeld niemand getraut hat, ein Auslandsemester zu machen? Und die waren nicht mal vorbelastet mit Ängsten. Es ist also völlig okay, vor soetwas Angst zu haben!
Kannst du ganz konkret formulieren, wovor du Angst hast? Die Angst vor dem Unbekannten? Die Angst vor den Leuten? Wenn du weißt, was das Problem ist, kannst du das angehen.
 
L

Luisa1234

Gast
Hi :)
Erstmal: Mach dir wegen deines Alters keine Gedanken! Du bist noch jung!
Ich kenne mich mit Angststörungen nicht aus, aber ich war einige Jahre in Asien, u.a. auf einem Austauschjahr in Japan. Und da das Land über ganz strikte Verhaltensregeln verfügt und auch so das Leben sehr reglementiert ist, würde ich dir (wenn du es denn willst), eher dazu raten erst einmal dort nach Corona Urlaub zu machen. Lange dort zu sein, erfordert einfach eine gewisse innere Stabilität, finde ich.

Ich war selber lange krank und weiß, dass es an der Uni viele Möglichkeiten gibt, wenn man nur mit den Leuten redet. Wenn du einen Attest hast und mit der zuständigen Person an deiner Fakultät sprichst und erzählst, dass es dir aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, nach Japan zu reisen und du das Studium aber fertig machen möchtest, dann wird es sicher eine Lösung geben! Vielleicht so etwas wie ein Praktikum in einer japanischen Firma etc. Wichtig ist, dass du dich mitteilst und dann wird dir bestimmt dabei geholfen, eine gute Lösung zu finden. Besonders bei kleinen Studiengängen geht sowas oft.
Du schaffst das bestimmt :)

Viele Grüße!
Luisa
 
C

Cassie21

Gast
Vielen Dank schonmal für alle Antworten!
Davon würde ich abraten: ich würde es durchziehen sobald es möglich ist. Die Spirale des immer und immer wieder Ausweichens und Vermeidens bringt einen nur immer tiefer in die Angst rein.
Das stimmt natürlich, Konfrontationstherapie habe ich schon einige Male machen müssen (auch das leidige Busfahrt-Thema), aber ich habe mich noch nie so überfordert gefühlt. Das schlimmste ist eigentlich die Zeit davor, schon die schiere Menge an Papierkram und Vorbereitung, die ich neben dem Studium und meinem Job bewältigen muss... Wovor ich genau Angst habe, weiß ich nicht so genau. Ich glaube, es sind viele Faktoren: wird mein ziemlich mangelhaftes Japanisch für die Uni dort reichen? Werde ich einsam sein (bin extrem schüchtern)? Werde ich Heimweh haben? Werde ich alles finanzieren können? Dazu kommt, dass meine Mutter krank ist und ich mir ständig Sorgen mache. Ich weiß, in meinem Alter sollte man mutiger und unabhängiger sein, aber ich bin da irgendwie ein bisschen hinterher.

Vielen Dank für die Ratschläge und ermutigenden Worte schonmal.
Cassie
 

Skyma

Aktives Mitglied
Man "muss" oder "sollte" garnichts. Du musst dich auch hier überhaupt nicht rechtfertigen, für die Person, die du bist!
Deine Sorgen sind nunmal da, und auch nicht unbedingt unberechtigt.
Bei vielen Sorgen kannst du aber auch etwas tun: Um die Finanzierung kannst du dich z.B. jetzt schon kümmern oder mal rumfragen bei älteren Studenten, wie die das gemacht haben. Auch mit dem Papierkram bist du ja nicht die Einzige, die das machen muss! Tu dich doch mit deinen Kommilitonen zusammen!
Gehe den Berg langsam an, wenn dir dein Studium wirklich am Herzen liegt! Es wäre allerdings auch zu bedenken, dass dein Fach wenig Zukunft hat, und du wahrscheinlich sehr flexibel sein musst. Es wäre sicher eine gute Übung für dich, dich deinen Ängsten zu stellen!
 

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